Bundesrat Stenographisches Protokoll 690. Sitzung / Seite 295

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lich die Notariatskanzlei behalten und durch einen Notarsubstituten weiterführen lassen. Das ist aber in Ihren Augen offenbar keine Verflechtung! Das hat in Ihren Augen seine Unabhängigkeit und die Objektivität seiner Amtsführung in keiner Weise gefährdet, obwohl in dieser Ära zahllose Gesetze ergangen sind, die auch das Notariat betroffen haben.

Ich würde sogar die Behauptung aufstellen – obwohl ich an meiner hohen Wertschätzung für den ehemaligen Minister Michalek festhalte und auch keinen sachlichen Vorwurf erhebe; dass ich nicht missverstanden werde! –, Minister Michalek hat wesentlich mehr für das Notariat getan als Herr Dr. Böhmdorfer für die Anwaltschaft. Es ist völlig richtig, ich war in der Arbeitsgruppe zur Zivilprozessreform dabei. Obwohl ich selbst aus einer Anwaltsfamilie stamme, möchte ich mich nicht dazu äußern, wie unsachlich die Anwaltschaft gegen all das agiert hat, was im Sinne des Rechtssuchenden in dieser Reform herbeigeführt werden sollte.

Noch einmal zurück zum Pachtschilling: Wenn Sie sagen, rechtlich mag all das in Ordnung sein, aber politisch sei es nicht korrekt, dann kann ich wiederum nur im Sinne Ihrer alten Eigentums-Ideologie meinen: Politisch korrekt ist wohl nur der Verzicht aufs Eigentum, denn offenbar gilt, "Eigentum ist Diebstahl"! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Wenn Sie meinen, dass die Rechtsberufe gegen den Herrn Bundesminister für Justiz eingestellt sind, dann weiß ich nicht, welche Sie meinen. Obwohl er, wie ich schon erwähnt habe, keineswegs als Lobbyist für die Anwaltschaft unterwegs war, steht die Anwaltschaft nach wie vor voll hinter ihm, und zwar auch unter wechselnden Präsidentschaften.

Falls Sie die Richtervereinigung meinen, so kann ich Ihnen nur eines sagen: Wir haben jüngst einen Habilitanden an unserem Institut gehabt – er ist ein hoher Richter –, der mir gesagt hat: Na ja, diese Richtervereinigung ist leider nicht repräsentativ für uns; das ist ähnlich wie bei der Gewerkschaft, die Funktionäre rekrutieren sich da meistens von selbst, das geht nicht von der Basis nach oben, und die Präsidentin der Richtervereinigung ... (Bundesrat Reisenberger: Damit disqualifizieren Sie sich! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)  – Ja, das kann ich Ihnen jederzeit belegen. Ich habe nicht meine Meinung geäußert, sondern ich habe einen hohen Richter zitiert, der das so sieht. (Bundesrat Konecny: Einen namenlosen roten Richter! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Bieringer gibt das Glockenzeichen.)  – Ja, ich kann es Ihnen sagen. Es ist der jetzige Universitätsdozent Dr. Gerhard Kodek.

Ich kenne auch die Präsidentin der Richtervereinigung. Ich schätze sie persönlich, wir haben persönlich ... (Bundesrat Konecny: Ich werde es ihr ausrichten!) – Ja, gerne, tun Sie es! Sie kann es auch von mir persönlich hören. Ich habe persönlich zu ihr ein viel besseres Verhältnis, als es leider offenbar zwischen dem Herrn Bundesminister und ihr besteht. (Bundesrat Konecny: ... auch durch den Professor Böhm ihre Grüße aus!) Allerdings muss ich sagen, dass ihre Ausführungen bereits ein Ausmaß angenommen haben, das von der Richterschaft so nicht getragen wird, weil es nicht einmal mehr berufsständisch motiviert ist, sondern teilweise nur noch ideologisch verstanden werden kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Als Letztes nun zum Weisenbericht: Wenn Sie ihn genau gelesen haben – ich teile ihn in diesem Punkt nicht –, wissen Sie, es sollte dabei herauskommen, dass in Österreich im Grunde nicht einmal der "bösen" freiheitlichen Fraktion Entscheidendes vorzuwerfen ist. Ein Bauernopfer hat man gebraucht, und leider ist da offenbar der Herr Bundesminister ins Visier geraten, und zwar auf der Grundlage, dass in der Tat keine persönlichen Anhörung von ihm stattgefunden hat, was rechtsstaatlich ja bemerkenswert ist. Aber Weise sind vielleicht an den Grundsatz des rechtlichen Gehörs nicht gebunden.

Was wird in diesem Bericht kritisiert? – Im Grunde die österreichische Gesetzgebung! (Bundesrat Konecny: Oh!) Die österreichische Gesetzgebung, ja (Bundesrat Konecny: So habe ich das nicht gelesen!): dass wir Privatanklagedelikte haben, die die Gerichte, wenn sie sie nicht in verfassungskonformer Interpretation "weginterpretieren", zu Schuldsprüchen veranlassen, die das Gesetz erfordert hat. Mittlerweile hat sich ja die Justiz weitestgehend der Straßburger Judikatur angeschlossen.


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