Bundesrat Stenographisches Protokoll 694. Sitzung / Seite 113

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gen- und Ankündigungsabgabe der Länder – die in der Sache selbst natürlich gute Gründe für sich hat – und von einer Vereinheitlichung des Abgabenverfahrensrechtes lesen, sei mit einem großen Fragezeichen versehen. Wir fürchten nämlich, dass der Vereinheitlichungsdruck sehr bald auch vor der Finanzhoheit der Länder nicht Halt machen würde. Dass mehr Steuerhoheit der Länder weniger Finanzausgleichsmasse bedeutet, möchte ich aus der Sicht meines Landes nur am Rande, aber doch durchaus teilnahmsvoll erwähnen.

Nationalratspräsident Fischer hat die Sorge geäußert, dass aus dem geplanten Verfassungs­kon­vent ein Regierungskonvent werden könnte. Mich beschäftigt aus Ländersicht eine ganz andere Sorge. In der von den Präsidenten des Nationalrates und des Bundesrates gemeinsam vorgenommenen Weichenstellung für den Konvent gab es zwei für die Länder wesentliche Fixpunkte – ich füge an dieser Stelle einen Dank dafür ein, was der derzeitige Präsident des Bun­desrates in einer für die Länder sehr vorteilhaften Weise in diesen Vorschlag eingebracht hat –: Erstens soll die Einrichtung des Konvents nicht einseitig durch den Bund, sondern im Wege einer politischen Vereinbarung aller Gebietskörperschaften als gemeinsames Projekt er­fol­gen, bei dem alle wesentlichen Rahmenbedingungen gemeinsam festgelegt werden. Zwei­tens sollen nicht nur alle Landesregierungen, sondern auch alle Landtage mit zwei Vertretern eingebunden sein.

Das orientiert sich ganz offenkundig an der von Österreich beim EU-Konvent gerne wahrge­nom­menen Möglichkeit einer entsprechenden Repräsentanz der Gesetzgebungsorgane. Nach Tisch liest es sich nun möglicherweise etwas anders: Von zwei Vertretern der Landtage – das heißt, von einer Einbeziehung auch der zweitstärksten Partei – ist angesichts der Festlegung auf rund 50 statt 80 Konventsmitglieder natürlich keine Rede mehr. Es ist auch völlig offen, ob jeder Landtag mit einem eigenen Mitglied mitwirken kann oder ob vielleicht die Landtags­prä­sidentenkonferenz nur gemeinsame Vertreter entsenden darf. Wie hätte wohl der österreichi­sche Nationalrat reagiert, wenn man ihm bedeutet hätte, dass im EU-Konvent leider nur Ver­treter der einzelnen Regierungen und im Übrigen nur ein gemeinsamer Vertreter der kleineren Staaten Platz finden könne? – Die Einbindung der einzelnen Gesetzgebungsorgane war eine wesentliche Voraussetzung für den Stellenwert des EU-Konvents, und es wäre völlig verfehlt, bei uns aus einem Österreich-Konvent plötzlich einen Bundeskonvent machen zu wollen.

Was sich die Länder in diesem Fall und ganz allgemein vom Bund wünschen, lässt sich sehr einfach und allgemein verständlich zusammenfassen: vom Bund nicht schlechter behandelt zu werden, als dieser sich selbst in der Europäischen Union behandelt wissen will! Angesichts der weitgehenden Zusagen des Bundeskanzlers nach faktischer Wahrung der Einstimmigkeit – nicht nur in wichtigen Angelegenheiten der EU, sondern auch in den wichtigen Fragen der Bun­desstaatlichkeit in Österreich – haben wir heute erfreulicherweise wirklich keinen Anlass, an die­ser Bereitschaft zu zweifeln. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie des Bundesrates Schennach.)

17.35


Präsident Herwig Hösele: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Karl Boden. Ich erteile es ihm.

17.35


Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Meine Herren Staatssekre­tä­re! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatssekretär Morak pflegte in einigen seiner Reden, die ich schon gehört habe, meist zu sagen: Es wurde bereits alles gesagt, aber nicht von je­dem. – Ich darf daher zusammenfassend noch ein paar Bemerkungen einbringen – ange­sichts der langen Rednerliste wurde tatsächlich schon sehr viel gesagt – und möchte auf den Punkt kommen: Bewerten wir die Regierung nach ihren Taten! – Gefordert vom Bundeskanzler der Regierung Schüssel I im Jahr 2000.

Die Taten der Regierung sahen so aus, dass die Legislaturperiode vier Jahre dauern sollte, aber nach nicht einmal drei Jahren das gesamte Programm zu Ende war. Das ist eine Tat, die man bewerten kann. Ein anderes Instrument, mit dem man vielleicht messen kann (Bundesrat Fasching: Vom Volk schon bewertet worden, Herr Kollege!), ist: Die Freiheitliche Partei ist mit 26,9 Prozent der Stimmen angetreten. Messen wir sie an ihren Prozentzahlen: minus 16! Das


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