Bundesrat Stenographisches Protokoll 699. Sitzung / Seite 8

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Der Bundesrat habe grundsätzlich drei Möglichkeiten, auf Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates zu reagieren: Er kann Einspruch erheben, er kann beschließen, keinen Einspruch zu erheben, und er kann die für einen Einspruch offene Frist von acht Wo­chen verstreichen lassen. In allen drei genannten Fällen sei damit das Gesetz­gebungs­verfahren in den beiden Kammern des Parlaments beendet. ,In der gestrigen‘ – er be­zieht sich da auf die Bundesrats-Sitzung vom 23. Juni – ,Bundesrats-Sitzung kam es zu der seltenen Situation, dass weder der Antrag, Einspruch zu erheben, noch der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, eine Mehrheit fand. Im Zuge der Debatte wurde auch kein Verfahrensantrag – nämlich Vertagung oder Ausschussrückverweisung – ge­stellt beziehungsweise angenommen. Somit kann davon ausgegangen werden, dass sich der Bundesrat verschweigen wollte‘, meint Zögernitz.“ (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Das, Herr Kollege Konecny, ist unsere Rechtsauffassung. Der Bundesrat hat sich mit seinem Abstimmungsvorgang verschwiegen. Das können Sie noch so sehr belächeln, es ist so. Nach Ablauf der 8-Wochen-Frist wird das Gesetz vom Präsidenten des Bun­desrates an den Bundeskanzler weitergeleitet werden müssen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.16

 


Präsident Hans Ager: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Professor Böhm.

 


10.16

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Wir führen hier eine Debatte zur Geschäftsordnung. Daher versage ich mir in diesem Rah­men jede Stellungnahme zu der an sich kontroversiellen politischen Frage, ob das Budgetbegleitgesetz 2003 und die darin enthaltene Teilreform des Pensionssystems sowie auch ganz andere Themen, wie der Ankauf von Abfangjägern, noch weiterer parlamentarischer Auseinandersetzung bedürften.

Zur Frage nach der Auslegung des Geschäftsordnungsgesetzes halte ich Folgendes fest – das Wesentliche ist bereits gesagt worden –: Konsens zwischen allen Parteien besteht meines Erachtens darin, dass der Bundesrat in seiner 697. Plenarsitzung am 23. Juni dieses Jahres weder einen Beschluss auf Erhebung eines Einspruchs noch einen solchen auf Nicht-Erhebung eines Einspruches gefasst hat.

Nach allgemeiner Auffassung in Lehre und Praxis läuft das im Ergebnis – ich betone: aber nur im Ergebnis! – auf dasselbe hinaus, als hätte der Bundesrat formell gar kei­nen Beschluss gefasst, sei es, dass er innerhalb von acht Wochen keine Sitzung an­beraumt hätte oder bis zum Ablauf dieser Frist zu keiner Entscheidung gelangt wäre. Somit wäre sein Vorgehen als Verschweigung, besser: als Verzicht auf sein Ein­spruchsrecht zu werten, sieht doch der maßgebliche Artikel 42 des B-VG vor, dass der Gesetzesbeschluss des Nationalrates ohne weiteres in Kraft tritt, wenn der Bundesrat nicht innerhalb von acht Wochen einen begründeten Einspruch erhebt.

Eben das trifft im vorliegenden Fall zweifellos zu. Jede Auslegung des Geschäftsord­nungsgesetzes des Bundesrates muss im Lichte dieser Bestimmung im Zweifel ver­fassungskonform ausgelegt werden.

Dissens hingegen besteht zwischen uns offenbar darin, dass es bedeutungslos wäre, dass der Bundesrat durchaus nicht untätig geblieben ist, sondern sehr wohl einen Beschluss gefasst hat. Unbestritten hat er nämlich über den Antrag des zuständigen Ausschusses, keinen Einspruch zu erheben, abgestimmt und insofern eine, wenn auch negative, Entscheidung darüber getroffen. Somit ist dieser Verhandlungsgegenstand


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