Stenographisches Protokoll

701. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

 

Donnerstag, 9. Oktober 2003

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Stenographisches Protokoll

701. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 9. Oktober 2003

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 9. Oktober 2003:  9.01 – 12.45 Uhr

                                                                                                    15.02 – 18.29 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Hochwasseropferentschädigungs- und Wieder­aufbau-Gesetz 2002 und das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert werden

2. Punkt: Antrag der Bundesräte Jürgen Weiss, Hans Ager, Anna Elisabeth Hasel­bach, Ludwig Bieringer, Professor Albrecht Konecny, Dr. Peter Böhm, Stefan Schenn­ach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, das Volksabstimmungs­gesetz 1972, das Volksbefragungsgesetz 1989, das Volksbegehrengesetz 1973, die Europawahlordnung, das Wählerevidenzgesetz 1973 und das Europa-Wählerevidenz­gesetz geändert werden

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch und das Konsumentenschutzgesetz geändert werden (Zivilrechts-Änderungsgesetz 2004 – ZivRÄG 2004)

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Eigenkapital ersetzende Ge­sellschafterleistungen (Eigenkapitalersatz-Gesetz – EKEG) geschaffen wird sowie mit dem die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung, das Unternehmensreorganisations­gesetz und das Übernahmegesetz geändert werden (Gesellschafts- und Insolvenz­rechtsänderungsgesetz 2003 – GIRÄG 2003)

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, das Rechtsanwalts­tarifgesetz, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das Bundesgesetz über den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassung von euro­päischen Rechtsanwälten in Österreich sowie die Notariatsordnung geändert werden

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Umstellung des Grund­buchs auf automationsgestützte Datenverarbeitung und die Änderung des Grund­buchsgesetzes und des Gerichtskommissärsgesetzes (Grundbuchsumstellungsge­setz – GUG) geändert wird (GUG-Novelle 2003)

8. Punkt: Vereinbarung zwischen der Republik Österreich und dem Vereinigten König­reich Großbritannien und Nordirland über die Ausdehnung des Anwendungsbereiches


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
701. Sitzung / Seite 2

des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen auf die Ballei Guernsey

*****

Inhalt

Bundesrat

Schreiben des Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüssel betreffend Nominie­rung eines Mitgliedes in den Wirtschafts- und Sozialausschuss der Europäischen Union gemäß Artikel 23c Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz ........................................................................................................ 32

Sitzungsunterbrechung ............................................................................................... 70

Personalien

Entschuldigung ................................................................................................................. 9

Fragestunde (97.)

Finanzen .......................................................................................................................... 9

Paul Fasching (1275/M-BR/03); Klaus Gasteiger, Dr. Klaus Peter Nittmann

Reinhard Todt (1279/M-BR/03); Mag. John Gudenus, Dr. Franz-Eduard Kühnel

Ing. Franz Gruber (1276/M-BR/03); Günther Molzbichler, Christoph Hagen

Johanna Schicker (1280/M-BR/03); Ulrike Haunschmid, Herta Wimmler

Dr. Robert Aspöck (1282/M-BR/03); Josef Saller, Anna Schlaffer

Herwig Hösele (1277/M-BR/03); Günther Kaltenbacher, Engelbert Weilharter

Theodor Binna (1281/M-BR/03); Dr. Klaus Peter Nittmann, Franz Wolfinger, Elisabeth Kerschbaum

Germana Fösleitner (1278/M-BR/03); Adelheid Ebner, Engelbert Weilharter

Ulrike Haunschmid (1283/M-BR/03); Sonja Zwazl, Johanna Auer

Stefan Schennach (1284/M-BR/03); Gottfried Kneifel, Werner Stadler, Dr. Klaus Peter Nittmann

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 31

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 32

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 32


Bundesrat
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701. Sitzung / Seite 3

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Landesverteidigung betreffend die Beschaffung der Eurofighter-Kampfflugzeuge als teuerste Fehlentscheidung in der Geschichte der Zweiten Republik (2119/J-BR/03) ............................................................................ 70

Begründung: Albrecht Konecny ................................................................................... 70

Dr. Peter Böhm (tatsächliche Berichtigung) ................................................................ 77

Bundesminister Günther Platter ................................................................................ 77

Debatte:

Klaus Gasteiger ............................................................................................................ 82

Dr. Franz-Eduard Kühnel ............................................................................................ 86

Klaus Gasteiger (tatsächliche Berichtigung) ................................................................ 90

Johann Kraml ............................................................................................................... 91

Ing. Gerd Klamt ............................................................................................................ 95

Stefan Schennach ........................................................................................................ 96

Mag. Gerhard Tusek .................................................................................................... 99

Günther Kaltenbacher ............................................................................................... 103

Ulrike Haunschmid .................................................................................................... 104

Johann Giefing ........................................................................................................... 107

Wilhelm Grissemann ................................................................................................. 109

Hedda Kainz ................................................................................................................ 110

Dr. Klaus Peter Nittmann .......................................................................................... 114

Entschließungsantrag der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überprüfung von Ausstiegsszenarien aus dem Kaufvertrag für die Eurofighter, Bericht an den Bundesrat – Ablehnung ............................................................................................................  112, 116

Verhandlungen

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. September 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederauf­bau-Gesetz 2002 und das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert werden (203/A und 210 d.B. sowie 6862/BR d.B.) ......................................... 33

Berichterstatter: Johann Kraml .................................................................................... 33

Redner:

Martina Diesner-Wais .................................................................................................. 33

Ernst Winter .................................................................................................................. 34

Ulrike Haunschmid ...................................................................................................... 35

Elisabeth Kerschbaum ................................................................................................ 36

Gottfried Kneifel ........................................................................................................... 37

Klaus Gasteiger ............................................................................................................ 38

Christoph Hagen .......................................................................................................... 40

Günther Molzbichler .................................................................................................... 42

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser ................................................................ 43

Stefan Schennach ........................................................................................................ 44

Entschließungsantrag der Bundesräte Günther Molzbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gleichbehandlung des Bundeslandes Kärnten bei der Ent­schädigung für Hochwasserschäden im Rahmen des Hochwassers 2003 – Ab­lehnung .....................................................................  43, 45


Bundesrat
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701. Sitzung / Seite 4

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 45

2. Punkt: Antrag der Bundesräte Jürgen Weiss, Hans Ager, Anna Elisabeth Haselbach, Ludwig Bieringer, Professor Albrecht Konecny, Dr. Peter Böhm, Ste­fan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes (136/A-BR/03 sowie 6863/BR d.B.) ...... 46

Berichterstatter: Ing. Franz Gruber .............................................................................. 46

Redner:

Jürgen Weiss ................................................................................................................ 46

Albrecht Konecny ........................................................................................................ 48

Dr. Peter Böhm ............................................................................................................. 50

Stefan Schennach ........................................................................................................ 51

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gemäß Artikel 41 Abs. 1 B-VG dem Nationalrat den dem schriftlichen Ausschussbericht angeschlossenen Ge­setzesvorschlag zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung zu unterbreiten ........................................................................................... 52

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. September 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, die Nationalrats-Wahl­ordnung 1992, das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, das Volksabstimmungs­gesetz 1972, das Volksbefragungsgesetz 1989, das Volksbegehrengesetz 1973, die Europawahlordnung, das Wählerevidenzgesetz 1973 und das Europa-Wäh­lerevidenzgesetz geändert werden (171/A, 95/A, 17/A und 163 d.B. sowie 6860/BR d.B., 6861/BR d.B. und 6864/BR d.B.)                52

Berichterstatter: Johann Höfinger ................................................................................ 52

Redner:

Herwig Hösele .............................................................................................................. 53

Adelheid Ebner ............................................................................................................. 55

Dr. Peter Böhm ............................................................................................................. 56

Ilse Giesinger ................................................................................................................ 57

Stefan Schennach ........................................................................................................ 58

Johann Giefing ............................................................................................................. 59

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 60

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. September 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch und das Konsu­mentenschutzgesetz geändert werden (Zivilrechts-Änderungsgesetz 2004 – ZivRÄG 2004) (173 d.B. und 212 d.B. sowie 6865/BR d.B.)                    60

Berichterstatterin: Johanna Auer .................................................................................. 60

Redner:

Ilse Giesinger ................................................................................................................ 61

Manfred Gruber ............................................................................................................ 61

Dr. Robert Aspöck ....................................................................................................... 62

Staatssekretärin Ursula Haubner ............................................................................... 63

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 64


Bundesrat
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701. Sitzung / Seite 5

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. September 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Eigenkapital ersetzende Gesell­schafterleistungen (Eigenkapitalersatz-Gesetz – EKEG) geschaffen wird sowie mit dem die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung, das Unternehmensreorga­nisationsgesetz und das Übernahmegesetz geändert werden (Gesellschafts- und Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2003 – GIRÄG 2003) (124 d.B. und 211 d.B. sowie 6866/BR d.B.)     ............................................................................................................................... 64

Berichterstatterin: Anna Schlaffer ................................................................................ 64

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. September 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, das Rechtsanwaltstarifge­setz, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das Bundesgesetz über den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassung von europäischen Rechtsanwälten in Österreich sowie die Notariatsordnung geändert werden (174 d.B. und 213 d.B. sowie 6867/BR d.B.) ........................................................................................ 64

Berichterstatterin: Anna Schlaffer ................................................................................ 64

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. September 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Umstellung des Grundbuchs auf automationsgestützte Datenverarbeitung und die Änderung des Grundbuchs­gesetzes und des Gerichtskommissärsgesetzes (Grundbuchsumstellungsge­setz – GUG) geändert wird (GUG-Novelle 2003) (193 d.B. und 214 d.B. sowie 6868/BR d.B.)                   64

Berichterstatterin: Anna Schlaffer ................................................................................ 64

Redner:

Ilse Giesinger ................................................................................................................ 65

Dr. Elisabeth Hlavac ..................................................................................................... 66

Dr. Robert Aspöck ....................................................................................................... 67

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 5, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 69

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 6, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 69

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 7, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 69

8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. September 2003 betreffend eine Vereinbarung zwischen der Republik Österreich und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland über die Ausdehnung des Anwendungsbereiches des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen auf die Ballei Guernsey (55 d.B. und 215 d.B. sowie 6869/BR d.B.) .................................................. 69

Berichterstatterin: Anna Schlaffer ................................................................................ 69

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 70

Eingebracht wurden

Berichte ......................................................................................................................... 32

III-249/BR: Bericht über die Tätigkeit der Volksanwaltschaft im Jahr 2002


Bundesrat
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701. Sitzung / Seite 6

III-250/BR: Bericht über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 2002 (Grü­ner Bericht 2002)

III-251/BR: Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahre 2004 gemäß § 9 LWG

III-252/BR: Tätigkeitsberichte des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfas­sungsgerichtshofes für die Jahre 2001 und 2002; vorgelegt vom Bundeskanzler

Anfragen der Bundesräte

Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend Sanierung des Amtsgebäudes Enns ÖÖ für den Bezirksgerichtssprengel Enns (2114/J-BR/03)

Klaus Gasteiger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend eine fragwürdige Personalentscheidung des Justizministers – Notariat Kufstein (2115/J-BR/03)

Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Bundesrates Hans Ager betreffend die Verwendung von offiziellem Briefpapier der Republik Öster­reich durch den Präsidenten des Bundesrates Hans Ager zur Wahlwerbung für den ÖVP-Spitzenkandidaten bei den Tiroler Landtagswahlen Herwig van Staa (2116/J-BR/03)

Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Solidarität mit Berlusconi (2117/J-BR/03)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Deutschkurse für Ausländer und Rekordeinbürgerungsquote (2118/J-BR/03)

Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung betreffend die Beschaffung der Eurofighter-Kampfflugzeuge als teuerste Fehlentscheidung in der Geschichte der Zweiten Republik (2119/J-BR/03)

Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Stundenkürzungen an den Schulen (2120/J-BR/03)

Jürgen Weiss, Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Mineralölsteuerbefreiung für Flugzeugtreibstoffe (2121/J-BR/03)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesräte Reinhard Todt, Kolleginnen und Kollegen (1903/AB-BR/03 zu 2074/J-BR/03)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Anna Elisabeth Haselbach, Dr. Vincenz Liechtenstein, Kolleginnen und Kollegen (1904/AB-BR/03 zu 2080/J-BR/03)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen (1905/AB-BR/03 zu 2076/J-BR/03)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desräte Jürgen Weiss, Kolleginnen und Kollegen (1906/AB-BR/03 zu 2071/J-BR/03)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen (1907/AB-BR/03 zu 2108/J-BR/03)


Bundesrat
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701. Sitzung / Seite 7

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen (1908/AB-BR/03 zu 2079/J-BR/03)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desräte Jürgen Weiss, Kolleginnen und Kollegen (1909/AB-BR/03 zu 2082/J-BR/03)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Bundes­räte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen (1910/AB-BR/03 zu 2105/J-BR/03)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Bundes­räte Hans Ager, Kolleginnen und Kollegen (1911/AB-BR/03 zu 2086/J-BR/03)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Bundesräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen (1912/AB-BR/03 zu 2106/J-BR/03)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Bundesräte Hans Ager, Kolleginnen und Kollegen (1913/AB-BR/03 zu 2085/J-BR/03)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen (1914/AB-BR/03 zu 2112/J-BR/03)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen (1915/AB-BR/03 zu 2081/J-BR/03)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Anna Schlaffer, Kol­leginnen und Kollegen (1916/AB-BR/03 zu 2113/J-BR/03)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesräte Hans Ager, Kolle­ginnen und Kollegen (1917/AB-BR/03 zu 2087/J-BR/03)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen (1918/AB-BR/03 zu 2104/J-BR/03)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Bundesräte Hans Ager, Kollegin­nen und Kollegen (1919/AB-BR/03 zu 2090/J-BR/03)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Bundesräte Gottfried Kneifel, Kol­leginnen und Kollegen (1920/AB-BR/03 zu 2101/J-BR/03)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Bundesräte Hans Ager, Kolleginnen und Kollegen (1921/AB-BR/03 zu 2088/J-BR/03)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Bundesräte Gott­fried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen (1922/AB-BR/03 zu 2103/J-BR/03)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Bundesräte Hans Ager, Kolleginnen und Kollegen (1923/AB-BR/03 zu 2091/J-BR/03)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Bundesräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen (1924/AB-BR/03 zu 2100/J-BR/03)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Bundesräte Hans Ager, Kolleginnen und Kollegen (1925/AB-BR/03 zu 2095/J-BR/03)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Bundesräte Gott­fried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen (1926/AB-BR/03 zu 2096/J-BR/03)


Bundesrat
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701. Sitzung / Seite 8

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Bundesräte Hans Ager, Kolleginnen und Kollegen (1927/AB-BR/03 zu 2092/J-BR/03)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Bundesräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen (1928/AB-BR/03 zu 2099/J-BR/03)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesräte Klaus Gasteiger, Kolleginnen und Kollegen (1929/AB-BR/03 zu 2084/J-BR/03)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen (1930/AB-BR/03 zu 2107/J-BR/03)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desräte Hans Ager, Kolleginnen und Kollegen (1931/AB-BR/03 zu 2094/J-BR/03)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen (1932/AB-BR/03 zu 2097/J-BR/03)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Hans Ager, Kollegin­nen und Kollegen (1933/AB-BR/03 zu 2089/J-BR/03)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen (1934/AB-BR/03 zu 2102/J-BR/03)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Bundesräte Hans Ager, Kolleginnen und Kollegen (1935/AB-BR/03 zu 2093/J-BR/03)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Bundesräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen (1936/AB-BR/03 zu 2098/J-BR/03)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Bundesräte Klaus Gasteiger, Kolleginnen und Kollegen (1937/AB-BR/03 zu 2110/J-BR/03)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Bundesräte Hedda Kainz, Kolleginnen und Kollegen (1938/AB-BR/03 zu 2111/J-BR/03)

 



Bundesrat
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701. Sitzung / Seite 9

Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

 


Präsident Hans Ager: Ich eröffne die 701. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 700. Sitzung des Bundesrates vom 23. und 24. Juli 2003 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Entschuldigt hat sich das Mitglied des Bundesrates Uta Barbara Pühringer.

Fragestunde

 


Präsident Hans Ager: Wir gelangen nunmehr zur Fragestunde. Ich beginne jetzt – um 9.01 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.

Bundesministerium für Finanzen

 


Präsident Hans Ager: Wir kommen nunmehr zur 1. Anfrage an den Herrn Bundes­minister für Finanzen. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Paul Fasching, um die Formulierung der Anfrage.

 


Bundesrat Paul Fasching (ÖVP, Burgenland): Sehr verehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1275/M-BR/2003

„Welche Maßnahmen zur Verwaltungsreform wurden im Bereich des Bundesministe­riums für Finanzen durchgeführt?“

 


Präsident Hans Ager: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesrat! Die Verwaltungsreform ist uns in der Bundesregierung ein sehr großes Anliegen. Wir treiben zurzeit in etwa 70 Verwaltungsreformprojekte voran. Ich beschränke mich darauf, die wichtigsten Maßnahmen im Bereich des Bundesministe­riums für Finanzen darzustellen.

Erster Themenbereich: Reform der Finanzverwaltung. Wir haben einen massiven Um­bau in der gesamten Aufbau- und Ablauforganisation der Finanzverwaltung. Wir redu­zieren beispielsweise die Finanzämter von 80 auf 43, was die Organisation betrifft, er­halten aber alle Standorte. Wir erreichen damit massive Effizienzsteigerungen, größere Kundenfreundlichkeit und massive Fortschritte, was die Verkürzung der Erledigungs­dauer bei Anträgen betrifft. Einsparungspotenzial: 250 Millionen € langfristig ab 2005 pro Jahr.

Zweiter Punkt: Verwaltungsreform im Bereich des Budgetwesens. Wir haben in Zusam­menarbeit mit Arthur Anderson, einem externen Berater, in meinem Ressort wie auch in allen anderen Ressorts massive Einsparungspotenziale aufgedeckt. Insgesamt er­gibt sich in allen Ressorts ein Einsparungspotenzial in der Höhe von 250 Millionen € pro Jahr.

Dritter Punkt: Reform des Bundesbeschaffungswesens. Es geht dabei um eine Bünde­lung der Beschaffungsvolumina. Wir haben gesagt: Wir wollen nicht mehr in jedem Ministerium eine getrennte Beschaffungsabteilung, sondern eine Bundesbeschaffungs­organisation für die Republik mit einem Einsparungspotenzial in der Höhe von 29 Mil­lionen €, das wir bereits im ersten Jahr gehoben haben.


Bundesrat
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701. Sitzung / Seite 10

Nächstes Beispiel: Reform der Zollverwaltung. Dabei geht es um den Beitritt der Erwei­terungskandidaten zur Europäischen Union. Damit ist selbstverständlich eine massive Strukturveränderung im Zoll verbunden. Es geht auch um eine Restrukturierung in einem gemeinsamen Projekt mit dem Innenministerium. Einsparungspotenzial: 50 Mil­lionen € pro Jahr.

Letztes Beispiel, das ich erwähne: Reform des Bundesministeriums für Finanzen in der Zentralleitung selbst. Wir haben gesagt: Wir müssen selbstverständlich beim Kopf mit den Umbaumaßnahmen beginnen. Wir haben eine Sektion, drei Gruppen, 14 Abtei­lungen und 29 Referate im Bundesministerium für Finanzen unter meiner Verantwor­tung eingespart.

 


Präsident Hans Ager: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Paul Fasching (ÖVP, Burgenland): Hat Ihr Ressort, Herr Bundesminister, die vorgegebenen und von der Bundesregierung beschlossenen Personalabbaumaß­nahmen erfüllt?

 


Präsident Hans Ager: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Bundesrat Fasching! Wir haben mittlerweile auch in einem Rechnungshofbericht bestätigt bekommen, dass das Bundesministerium für Finanzen seine Zielvorgaben nicht nur erfüllt, sondern sogar um 584 Vollbeschäftigungs-Äquivalente übererfüllt hat. Insofern konnten auch Überschreitungen bei anderen Ressorts aufgefangen werden, und die Bundesregie­rung konnte ihre ehrgeizigen Ziele, was eine Reduktion der Zahl der öffentlich Bediens­teten betrifft, voll und ganz erfüllen.

 


Präsident Hans Ager: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Klaus Gasteiger gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Herr Finanzminister! Welche Kosten wurden dadurch – unter Berücksichtigung von Ausgliederungen – netto nachweislich einge­spart?

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
701. Sitzung / Seite 11

Präsident Hans Ager: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich kann Ihnen jetzt die Zahl betreffend die Einsparungen allein bei Ausgliederungen nicht mündlich sagen. Ich kann Ihnen das gerne schriftlich nachreichen, wenn Sie wollen. In Summe haben wir, nur um die ausgabenseitige Einsparungspolitik der Bundesregierung zu verdeutlichen, seit dem Jahr 2000 bis zum heutigen Tag nur über die Ausgabenseite bereits mehr als 14 Milliarden € eingespart, und zwar im gesamten Budgetbereich, nicht nur im Verwal­tungsbereich, also überall dort, wo wir Strukturreformen gemacht haben. Diese 14 Mil­liarden € Einsparungen auf der Ausgabenseite des Budgets haben mittlerweile dazu beigetragen – ich glaube, das freut uns alle –, dass wir in der Abgabenquote, meine Damen und Herren, bereits heuer das Niveau von 43,9 Prozent erreichen. Sie kennen die Diskussion, dass man uns lange Zeit gesagt hat, wir hätten die höchsten Abgaben­quoten. Wir sind bereits heuer bei 43,9 Prozent; das langjährige Niveau in den neunzi­ger Jahren war 44,4, 44,6 Prozent. Daher: Sie sehen, dass diese Maßnahmen, die wir gesetzt haben, greifen. Aber Sie bekommen das selbstverständlich nachgereicht.

 


Präsident Hans Ager: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Dr. Klaus Nittmann gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Dr. Klaus Peter Nittmann (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Bundes­minister! Guten Morgen! Meine Frage lautet: Für die von Ihnen erwähnten Reformmaß­nahmen haben Sie auch externe Berater herangezogen. Welche Kosten sind dem Steuerzahler daraus entstanden?

 


Präsident Hans Ager: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Wir haben ja mehrere De­batten über externe Berater in der Vergangenheit führen dürfen. Ich nenne Ihnen einige Beispiele:

Reform der Finanzverwaltung, die ich vorher angesprochen habe: Beraterkosten: 450 000 €, dem gegenüber steht ein Einsparungspotenzial für den Bund mit 250 Millio­nen € pro Jahr.

Arthur Anderson-Beraterkosten: 4,29 Millionen €, Einsparungspotenzial für den Bund: 250 Millionen € pro Jahr.

BundesbeschaffungsGesmbH: Beraterkosten: 2,6 Millionen € einmalig, Einsparungs­potenzial, welches für den Bund bereits erreicht wurde, im ersten Jahr: 29 Millionen €, im zweiten Jahr wird es bereits über 40 Millionen € liegen.

Kosten- und Leistungsrechnung: Beraterkosten 35 000 € pro Jahr, Einsparungspoten­zial 300 000 € pro Jahr.

Zollverwaltungsreorganisation, die von mir vorher angesprochen wurde: Beraterkosten: 335 000 €, Einsparungspotenzial 50 Millionen € pro Jahr.

Ich kann also nur noch einmal sagen: Jeder Euro, den wir hier investiert haben, ist gut investiertes Geld, weil wir damit ein Vielfaches für den Steuerzahler einsparen konnten.

 


Präsident Hans Ager: Wir gelangen nunmehr zur 2. Anfrage. Ich bitte den Anfrage­steller, Herrn Bundesrat Reinhard Todt, um die Formulierung der Frage.

 


Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Herr Finanzminister! Meine Frage lautet:

1279/M-BR/2003

„Wie lautet Ihre Zusage beziehungsweise die Zusage des Bundesministeriums für Fi­nanzen an das Bundesministerium für Landesverteidigung, die Mehrkosten des Euro­fighters im Betrieb gegenüber dem Betrieb des Draken aus den Budgetmitteln des Bundesministeriums für Finanzen zu decken?“

 


Präsident Hans Ager: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Bundesrat Todt! Das Bundesministerium für Finanzen hat in seiner Zustimmung zur Beschaffung der Luft­raumüberwachungsflugzeuge dem Bundesministerium für Landesverteidigung die Be­reitstellung von 32 Millionen € jährlich für die Betriebskosten des Eurofighters ab dem Jahr 2007 zugesagt. Damit sollen die im Vergleich zum Drakenbetrieb höheren Be­triebskosten abgedeckt werden.

Die jährlichen Betriebskosten für den Eurofighter werden vom Bundesministerium für Landesverteidigung mit knapp unter 50 Millionen € beziffert. Ich darf der Vollständigkeit halber hinzufügen, dass wir diese Zusage selbstverständlich unter der Bedingung ge­troffen haben, dass die erforderlichen haushaltsrechtlichen Genehmigungen des Natio­nalrates durch das so genannte Ankaufsgesetz auch tatsächlich erteilt werden, was, wie wir wissen, mittlerweile der Fall ist.

 


Präsident Hans Ager: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Welche jährlichen Kosten werden aus dieser Zusage des Bundesministeriums für Finanzen dem Steuerzahler für den teuren Euro­fighter-Betrieb entstehen?

 


Präsident Hans Ager: Bitte, Herr Minister.

 



Bundesrat
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Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Bundesrat! Wie ge­sagt, die jährlichen Gesamtkosten für den Betrieb der Eurofighter werden vom Bundes­ministerium für Landesverteidigung mit etwas unter 50 Millionen € beziffert. Ich bin jetzt nicht der große Experte, um Ihnen sagen zu können, was die Draken gekostet haben. (Bundesrat Gasteiger: Wer soll es sonst wissen als Sie?) Aber wir haben zurück­gehende Betriebskosten beim Draken gehabt. Der letzte Wert, den wir vom Bundes­ministerium für Landesverteidigung bekommen haben, lag in der Bandbreite – das ist jetzt von mir nur angegeben – zwischen 12 und 15 Millionen €. Daher sehen Sie, dass wir Mehrkosten in der Größenordnung von 30 bis 32 Millionen € haben werden.

Ich verweise aber auch darauf, dass wir mit dieser Beschaffung erstens sehr erfolg­reich waren, was die Verhandlungsführung und das ursprünglich gestellte Angebot und den letztgültig vereinbarten Preis betrifft.

Zum Zweiten möchte ich darauf verweisen, dass Bundesminister Bartenstein sehr erfolgreich war, was die Gegengeschäfte anlangt. Wir haben immerhin ein Potenzial in der Höhe von 4 Milliarden € an Gegengeschäften in wichtigen forschungsrelevanten, innovationsrelevanten, technologierelevanten Bereichen ausverhandeln können (Bun­desrat Konecny: Gegengeschäfte?), die sicherlich für die Beschäftigung und für die Investitionen in Österreich wertvoll sein werden.

 


Präsident Hans Ager: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Mag. John Gudenus gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! Eigentlich wollte ich Sie jetzt ad hoc fragen: Was ist ein Gegengeschäft? – Aber das möchte ich jetzt sein lassen. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Meine Frage, die ich mir vorbereitet habe, lautet: Welches Ministerium zahlt die Zwi­schenlösung vom 1. Jänner 2004 bis 2007, vielleicht sogar 2008, vom Auslaufen der Draken bis zu dem Zeitpunkt, wo die Draken kommen?

 


Präsident Hans Ager: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Bundesrat Gudenus! Kommen tun die Eurofighter, das ist klar. Die Übergangslösung ist erst vom Bundes­minister für Landesverteidigung auszuverhandeln. Das ist meines Wissens bis jetzt letztgültig noch nicht passiert. Wir werden dann selbstverständlich das Gespräch mit Bundesminister Platter zu führen haben.

Aber ich glaube, dass es wirklich nicht entscheidend ist, ob es jetzt das Bundesministe­rium für Finanzen oder das Bundesministerium für Landesverteidigung bezahlt. Am Ende des Tages sind es immer wir, also der Steuerzahler. Insofern ist die Frage, über welches Budget es abläuft, sekundär.

 


Präsident Hans Ager: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Dr. Franz-Eduard Kühnel gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Dr. Franz-Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Minister! Welche Zusagen des Bundesministeriums für Finanzen zur Mittelbereitstellung gibt es insgesamt?

 


Präsident Hans Ager: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundes­rat! Das Bundesministerium für Finanzen hat die Bereitstellung der Mittel zur Finanzie­rung der beiden Lieferverträge in der Höhe des Ankaufsgesetzes wie folgt zugesagt:

Das ist für den Vertrag 1, also für die Flugzeuge im engeren Sinn, ein Betrag in der Höhe von 1,337 Milliarden € und für den Vertrag 2, also Logistik und Ausbildung, ein Betrag in der Höhe von 632 Millionen €. In Summe waren das ursprünglich 1,969 Mil-


Bundesrat
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liarden €, wir konnten dann aber final durch das Festlegen günstiger Finanzierungs­konditionen und eines günstigen fixen Zinssatzes den Gesamtbetrag noch auf 1,940 700 Milliarden € reduzieren.

 


Präsident Hans Ager: Wir kommen nunmehr zur 3. Anfrage. Ich bitte den Anfrage­steller, Herrn Bundesrat Ing. Franz Gruber, um die Formulierung der Frage.

 


Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Herr Minister! Meine Frage lautet:

1276/M-BR/2003

„Welche Erfolge gibt es im Bereich der Betrugsbekämpfung durch die Organe der Finanz beziehungsweise des Zolls?“

 



Bundesrat
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Präsident Hans Ager: Herr Bundesminister, bitte.

 



Bundesrat
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Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundes­rat Gruber! Die Betrugsbekämpfung im Finanz- und Zollbereich, also im gesamten Be­reich der Abgabenverwaltung, ist uns ein ganz besonderes Anliegen und hat eine große Priorität. Ich glaube, dass wir diesbezüglich sehr maßgebliche Erfolge erreichen konnten.

Wir haben beispielsweise rund 103 000 Prüfungsmaßnahmen der Finanzämter im Jahr 2002 durchgeführt. Das hat zu einem Prüfungsergebnis in der Höhe von über 1,57 Milliarden € geführt. Allein bei den Prüfungsfällen, an denen die Steuerfahndung beteiligt war, haben wir einen Mehrertrag im Ausmaß von ungefähr 100 Millionen € ge­habt.

Wir haben Umsatzsteuersonderprüfungen gemacht, um einen anderen Bereich anzu­sprechen, der besonders betrugsanfällig ist, nämlich den Umsatzsteuer- beziehungs­weise Vorsteuerbetrug. Es gab eine verstärkte Prüfungstätigkeit in Hochrisikobe­reichen, wie es zum Beispiel der Transportbereich oder der Baubereich ist. Wir haben durch diese Prüfungen Zusatzerträge in der Höhe von 271 Millionen € erreicht.

Wir haben – drittes Beispiel –, was die Kontrolle der illegalen Ausländerbeschäftigung betrifft – diese Kompetenz ist seit dem 1. Juli 2002 vom BMWA in das BMF gewech­selt –, allein im zweiten Halbjahr 2002 7 814 Kontrollen durchgeführt. Wir haben 2 151 illegal beschäftigte Ausländer festgestellt. Es hat 1 277 Anzeigen und Verstöße gege­ben. 2,7 Millionen € an Verwaltungsstrafen waren die Folge.

Ein anderes Beispiel: Zigarettenschmuggel. Wir haben von Seiten der Zollverwaltung im letzten Jahr 60 Millionen Zigaretten beschlagnahmt.

Daher glaube ich, dass wir in der Betrugsbekämpfung sehr aktiv, sehr erfolgreich sind, und wir haben beim vorletzten Ministerrat einen weiteren Aktionsplan zur forcierten Be­trugsbekämpfung präsentiert.

 


Präsident Hans Ager: Wird vom Anfragesteller eine Zusatzfrage gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Molzbichler gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Günther Molzbichler (SPÖ, Kärnten): Herr Bundesminister! Ein für die SteuerzahlerInnen besonders interessanter Bereich der Betrugsbekämpfung ist der Be­trug mit Förderungen aus öffentlichen Mitteln.

 


Herr Bundesminister! Wie viele Betrugshandlungen konnten bei solchen Förderungen in den letzten Jahren aufgedeckt werden, und wie war die Entwicklung bei der Be­kämpfung des so genannten Förderbetruges?

Präsident Hans Ager: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundes­rat! Das kann ich Ihnen deswegen nicht beantworten, weil das nicht in die Zuständig­keit der Vollziehung des Bundesministeriums für Finanzen fällt. Wir nehmen in der Finanzverwaltung, das heißt Steuer- und Zollverwaltung, vor allem dort, wo es um Ab­gaben im weiteren Sinn geht, eine Prüfungstätigkeit vor und nicht dort, wo es um Sub­ventionsbetrug geht.

Ich glaube, da sind vor allem diejenigen Ressorts aufgerufen, die tatsächlich in ihrer Verantwortung Subventionen, Förderungen vergeben, und es sind natürlich auch die einschlägigen Rechnungshofberichte beziehungsweise die Berichte, die es von der Europäischen Kommission auf europäischer Ebene gibt, heranzuziehen.

 


Präsident Hans Ager: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Chris­toph Hagen gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Herr Bundesminister! Welche weiteren Maßnahmen planen Sie zur Bekämpfung der Schwarzarbeit?

 


Präsident Hans Ager: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundes­rat! Ich habe gesagt, dass wir seit 1. Juli 2002 diese Kompetenz haben. Es waren bisher im Bereich der Kontrolle der illegalen Ausländerbeschäftigung in etwa 90 Mit­arbeiter tätig. Wir haben vor, die Zahl der Mitarbeiter in diesem Bereich „Kontrolle illegaler Ausländerbeschäftigung“, KIAB genannt, zu verdoppeln – mit eine Maßnahme in unserer Reorganisation der Zollverwaltung.

Wir haben mit den Budgetbegleitgesetzen 2003, wie Sie wissen, eine umfangreiche Kompetenzerweiterung zugestanden bekommen, nämlich insofern, als wir nicht mehr nur illegale Ausländer zu kontrollieren haben, sondern als wir illegale Beschäftigung ganz grundlegend, also für Ausländer und für Inländer, zu überprüfen haben, und zwar nicht mehr nur im steuerrechtlichen Bereich, sondern auch im arbeitsrechtlichen, im sozialversicherungsrechtlichen und im gewerberechtlichen Bereich. Daher können Sie davon ausgehen, dass wir die Anzahl der Kontrollorgane verdoppeln.

Wir haben beispielsweise auch im Umsatzsteuerbereich ein Reverse Charge-System eingeführt, das den Vorsteuerbetrug in Hochrisikobereichen nach Verhandlungen mit der Europäischen Union geradezu gesetzlich ausschließen soll.

Betrugsbekämpfung ist uns ein ganz, ganz wichtiges Anliegen im Themenbereich ille­gale Beschäftigung einerseits und andererseits in den Bereichen, bei denen es um Ab­gabenbetrug im weiteren Sinn und natürlich auch um grenzüberschreitenden Steuer- beziehungsweise Zollbetrug geht.

 


Präsident Hans Ager: Wir gelangen nunmehr zur 4. Anfrage. Ich bitte die Anfrage­stellerin, Frau Bundesrätin Johanna Schicker, um die Formulierung der Frage.

 


Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Herr Bundesminister! Meine Frage an Sie lautet:

1280/M-BR/2003

„Wie garantieren Sie nachhaltig einen österreichischen Kernaktionär an der voest­alpine, wenn seit dem jüngsten Abverkauf ein Rekordanteil von 46 Prozent der Aktien in der Hand ausländischer Investoren ist?“

 


Präsident Hans Ager: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrte Frau Bundes­rätin! Ich darf Ihnen sagen, dass wir auf das, was wir mit der Privatisierung der Voest erreicht haben, stolz sind. (Lebhafte ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Kraml: Super!) – Sie wollen es vielleicht nicht hören, meine Damen und Herren von der SPÖ, aber Faktum ist, dass während Ihrer Regierungszeit (Bundesrat Gasteiger: Einen Bauchfleck seid ihr gelandet! – Bundesrat Manfred Gruber: Peinlich! Genauso peinlich wie die Gehälter!) sozialdemokratische Bundeskanzler und sozialdemokra­tische Finanzminister dafür verantwortlich waren, dass die Voest riesige Zuschüsse der Steuerzahler gebraucht hat. Die Voest war jahrzehntelang ein Verlustunternehmen. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler.) In Ihrer Verantwortung liegt es, dass tausende Arbeitsplätze verloren gegangen sind. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundes­rates Manfred Gruber.)

Und Sie wissen wahrscheinlich, dass es ein Bundeskanzler Vranitzky und ein Bundes­finanzminister Klima waren, die unter ihrer Verantwortung die Teilprivatisierung der Voest beschlossen haben, weil sie gewusst haben (anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ – Ruf bei der ÖVP: Zuhören! – Präsident Ager gibt das Glockenzeichen – Bun­desrat Manfred Gruber: Sie waren an der Sanierung nicht beteiligt!), dass die Teilpri­vatisierung der einzige Weg war, um die Voest auf Erfolgskurs zu bringen. (Bundesrat Manfred Gruber: Sie waren nicht daran beteiligt! Sie verkaufen Familiensilber!)

Wir haben nichts anderes gemacht, als diesen erfolgreichen Weg der Teilprivatisierung fortzusetzen, und zwar in Richtung einer Vollprivatisierung. Wenn Sie sich ansehen, was da herausgekommen ist, dann sehen Sie, es ist eine österreichische Lösung, die wir erreichen konnten, meine Damen und Herren, und zwar insofern ... (Bundesrat Manfred Gruber: Eine ÖVP-Lösung!) – Vielleicht sind Sie dagegen, aber wir haben erreichen können, dass die Mitarbeiter stärker am Unternehmen beteiligt sind, als Sie selbst es jemals geschafft haben! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Manfred Gruber: Dagegen haben wir nichts!)

Das heißt: Uns ist die Identifikation der Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen ein großes Anliegen! Heute liegen bereits 10,3 Prozent der Aktien in der Mitarbeiterstiftung, etwas, das diese Bundesregierung umgesetzt hat und unter Vorgängerregierungen nicht mög­lich war. (Bundesrat Gasteiger: Verscherbelt habt ihr den Rest!)

Sie wissen, dass die ÖIAG weiterhin die Stimmrechte für die Umtauschanleihe hält; das heißt: 15 Prozent werden im Stimmrecht weiterhin von der ÖIAG ausgeübt. Damit haben wir bereits eine österreichische Kernaktionärsstruktur – Mitarbeiter: 10,3 Pro­zent, ÖIAG: 15 Prozent – von 25,3 Prozent! Darüber hinaus wissen Sie auch, dass 23 Prozent der Aktien bei einer Gruppe von oberösterreichischen Investoren, die ein langfristiges Engagement angekündigt haben und damit zur Nachhaltigkeit der österrei­chischen Kernaktionärsstruktur beitragen, liegen. (Bundesrat Gasteiger: Das schauen wir uns an, wie langfristig das ist, das Engagement!)

 


In Summe, meine Damen und Herren, liegen zurzeit in etwa 66 Prozent der Voest-Aktien in österreichischer Hand, daher kann man Folgendes festhalten: Wir haben einen starken oberösterreichischen Kern, wir haben die Mehrheit der Aktien in österrei­chischer Hand, und insofern können Sie sicher sein, die Voest bleibt österreichisch! (Bundesrat Gasteiger: Garantieren Sie, dass die nicht verkauft werden?) Die Entschei­dungszentrale bleibt in Österreich (Bundesrat Manfred Gruber: Sie streuen den Leuten Sand in die Augen!), Forschung und Entwicklung bleiben in Österreich, also eine Lösung, die für die Mitarbeiter sehr positiv ist und für die Zukunft des Unternehmens richtig und wichtig war! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Ing. Franz Gruber. – Bundesrat Gasteiger: Rede keinen Blödsinn, Gruber! – Bundesrat Ing. Franz Gruber – in Richtung SPÖ –: Die Leute belogen habt ihr! – Bundesrat Fasching: Wieder einmal!)


Bundesrat
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Präsident Hans Ager: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Herr Bundesminister, Sie haben gemerkt, dass die Antwort nicht zufrieden stellend war.

Ich darf trotzdem meine Zusatzfrage stellen: Ist es richtig, Herr Bundesminister, dass die dilettantische Vorgangsweise der Bundesregierung bei der Voest-Privatisierung – und das Wort „dilettantisch“ stammt nicht von mir, sondern von wesentlichen Fach­leuten; wir brauchen nur die Presse nachzulesen – dazu geführt hat, dass der Börse­kurs trotz momentan guten Börseumfelds gesunken ist und mit heutigem Tag – ich habe dies soeben dem „Standard“ entnommen – bei 31,2 € je Aktie, also weit unter dem Wert der Aktie von rund 36 € noch vor wenigen Wochen (Ui-Rufe bei der SPÖ) und auch unter dem Zielkurs von 42 € je Aktie, der von der ÖIAG selbst begebenen Wandelanleihe liegt?

 


Präsident Hans Ager: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrte Frau Bundes­rat! Dilettantisch war an der Industriepolitik der österreichischen Bundesregierung unter Führung sozialdemokratischer Bundeskanzler und Finanzminister, dass mehr als 50 000 Arbeitsplätze in verstaatlichten Unternehmen verloren gingen, dass der Steuer­zahler mehr als 3 Milliarden € zuschießen musste (Beifall bei der ÖVP und bei Bundes­räten der Freiheitlichen – Bundesrat Manfred Gruber: Das werden Sie vermutlich in zehn Jahren auch noch sagen!) und dass Sie von der SPÖ uns 6 Milliarden € an Schulden in der Österreichischen Industrieaktiengesellschaft übergeben haben.

Ich darf sagen, dass wir diese Schulden von 6 Milliarden € auf 2 Milliarden € reduziert haben. Bei uns sitzen keine politischen Sekretäre und Ex-Politiker in den Aufsichts­räten (Bundesrat Manfred Gruber: Nein, aber Freunde!), sondern bei uns sitzen Unter­nehmerpersönlichkeiten in diesen Aufsichtsräten. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundes­räten der Freiheitlichen. – Bundesrat Gasteiger: Freunderlwirtschaft! Günstlinge!)

Wenn Sie von einem schlechten ... (Bundesrat Manfred Gruber: Ihre politischen Freunde ...!) – Ich wollte Ihnen ja nur signalisieren, dass mir die Fragestellung genauso wenig gepasst hat, wie der Frau Bundesrätin vorhin meine Antwort nicht gepasst hat.

Sehr geehrte Frau Bundesrat! Sie sagen, der Verkaufspreis sei nicht in Ordnung ge­wesen. Ich darf Ihnen mitteilen, dass die ÖIAG die Voest-Aktien mit 17,27 € in den Büchern stehen gehabt hat. 17,27 € – erreicht haben wir einen Verkaufspreis von 32,5 €! Wenn Sie einige Monate zurückgehen, dann werden Sie draufkommen, dass die Voest-Aktien zu Beginn dieses Jahres zu ungefähr 22 € an der Börse gehandelt worden sind. Wir haben nicht für 22 € verkauft, sondern wir haben eine ungefähr 40-prozentige Wertsteigerung der Voest-Aktien alleine in diesem Jahr zum Anlass genom­men, um ein All-time-high von 36 € pro Aktie, das die Voest heuer erreicht gehabt hat, meine Damen und Herren – und wenn man 34 Prozent eines Unternehmens über die Börse, über den Markt verkauft, weil das unserer Ansicht nach gescheit ist für den Standort und das richtige Instrument, um die Voest österreichisch zu erhalten, dann ist völlig klar, dass Sie nicht den Höchstwert erreichen werden –, zu nutzen, weil wir auch für die vielen tausenden Kleinaktionäre, für die Mitarbeiter, für die Österreicherinnen und Österreicher, die auf diesen Anlagewert gesetzt haben, eine Kursphantasie auf­rechterhalten wollten und mussten!

 


Insofern hat die ÖIAG, dessen seien Sie versichert, mit dem Verkauf dieser Anteile einen sehr, sehr schönen Gewinn gemacht. Wir haben zu wesentlich höheren Kursen verkauft, als Sie den IPO der Voest im Jahr 1995 gemacht haben. Ich darf Ihnen also versichern: Der Vergleich macht uns sicher in dieser Frage! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)


Bundesrat
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Präsident Hans Ager: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Haun­schmid gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Finanzminister! Das von Landeshauptmann Pühringer geplante Vorkaufsrecht zugunsten des Landes Oberösterreich an den Aktien der voestalpine, welches von Teilen oberösterreichischer Aktionäre dem Land angeboten wurde, ist ja lediglich eine Sicherheit dafür, dass es zu keinem Aktienverkauf an solche Unternehmen kommen kann, welche kein vorrangiges Interesse am Konzernstandort der voestalpine AG in Österreich haben. Eine nachhal­tige Absicherung der heimischen Interessen ist dadurch jedoch keinesfalls gegeben. Daher frage ich Sie:

Welche Maßnahmen gedenken Sie zu setzen, damit im Sinne des Privatisierungsauf­trages vom 24. Juni dieses Jahres die Einheit des Unternehmens gewahrt bleibt, die Forschungs- und Entwicklungskapazitäten erhalten und ausgebaut werden sowie die Entscheidungszentrale in Österreich erhalten bleibt?

 


Präsident Hans Ager: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Frau Bundesrat! Ich habe versucht, das vorhin auszuführen. Es liegt mir auch ein Bericht der ÖIAG vor, der be­sagt, dass jene Ziele, die im Privatisierungsauftrag gesetzt worden sind, aus Sicht der ÖIAG mit dieser Privatisierung über die Börse voll und ganz erreicht worden sind, näm­lich vor allem deshalb, weil 68,5 Prozent der Voest-Aktien heute in österreichischer Hand sind. Ich darf es noch einmal sagen: Mitarbeiter 10,3 Prozent, Kleinanleger 6,3 Prozent, institutionelle Anleger 36,9 Prozent sowie die Stimmrechte der Umtausch­anleihe von 15 Prozent. Ausländisch werden nur 31,5 Prozent gehalten.

Daher können Sie sicher sein, dass all diese Punkte des Privatisierungsauftrages mit dem österreichischen Kernaktionär auf der einen Seite, mit dem starken oberöster­reichischen Kern an Aktionären zum Zweiten und mit der deutlichen österreichischen Mehrheit an diesem Unternehmen insgesamt sichergestellt sind.

 


Präsident Hans Ager: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Herta Wimmler gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrätin Herta Wimmler (ÖVP, Steiermark): Herr Bundesminister! Als Steirerin möchte ich Sie fragen: Welche Privatisierungen sind in der nächsten Zeit noch ge­plant?

 


Präsident Hans Ager: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrte Frau Wimm­ler! Was die Privatisierung der Zukunft betrifft, so kennen Sie den Regierungsauftrag vom 1. April 2003, wonach folgende Privatisierungen in dieser Periode vorgesehen sind: Böhler-Uddeholm AG mit einem ÖIAG-Anteil von 25 Prozent, VA Technologie AG mit einem zurzeit verbleibenden Bundesanteil von 15 Prozent, die österreichische Bergbauholding, an der wir noch 100 Prozent halten, die Telekom Austria AG, an der wir 47,2 Prozent haben, sowie die Österreichische Post AG, bei der zu prüfen ist, ob die Suche nach einem strategischen Partner oder ein Alleinbleiben der Post mehr Sinn macht.

Die Übertragung eines maßgeblichen Anteils der Österreichischen Postbus AG an private Wettbewerber nach der nunmehr nach der kartellgerichtlichen Entscheidung durchgeführten Übertragung von der ÖIAG an die ÖBB ist ein weiteres wichtiges Anliegen, weil wir immer gesagt haben: Es geht nicht darum, dass die ÖIAG an die ÖBB verkauft und damit ein Geschäft quasi in staatlichem Umfeld zustande kommt, sondern es sollen auch Anteile der Postbus AG an private Unternehmer weitergegeben


Bundesrat
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werden. (Bundesrat Manfred Gruber: Die guten Linien werden verscherbelt! Den Rest zahlen die Gemeinden!) Das ist in einem Regierungsbeschluss entschieden, Größen­ordnung: Zumindest ein Drittel sollte auch hier an private Unternehmer gehen.

 


Präsident Hans Ager: Wir gelangen nunmehr zur 5. Anfrage.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Dr. Aspöck, um die Formulierung seiner Frage.

 


Bundesrat Dr. Robert Aspöck (Freiheitliche, Salzburg): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1282/M-BR/2003

„Wie ist der aktuelle Stand bei der Reform der Zollverwaltung?“

 


Präsident Hans Ager: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundes­rat Aspöck! Wir haben im Bereich der Zollverwaltung eine Vereinbarung mit dem Innenministerium geschlossen, dass mit der Erweiterung der Europäischen Union in Summe 1 030 Mitarbeiter aus dem Bereich des Bundesministeriums für Finanzen in das Bundesministerium für Inneres überführt werden. Wir haben gesagt: Die Sicherheit in unserem Land ist uns ein ganz wichtiges Anliegen, daher wollen wir die Potenziale, die in der Zollverwaltung frei werden, auf der einen Seite nutzen, um die Exekutive dort, wo es notwendig ist, zu verstärken, und zum Zweiten, um die Betrugsbekämpfung im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Finanzen zu forcieren.

Diese einschneidende Strukturänderung trifft also vor allem die Zollwache. Wir haben da eine umfassende Analyse gemacht und uns in einer kundenorientierten Unter­suchung die Kernbereiche Zölle, Verbrauchssteuern, Verbote, Beschränkungen und illegale Beschäftigung angesehen. Zurzeit versuchen wir eine in 14 Wirtschaftsräume gegliederte Struktur des Zolls aufzubauen. Zielsetzungen sind auch hier, die Hierar­chie-Stufen wegfallen zu lassen, bürgerfreundlicher, kunden- und serviceorientierter zu werden. Es sind zurzeit Pilotmodelle in Umsetzung. Und wir werden so wie in der Steuerverwaltung selbst auch hier in den nächsten Monaten und Jahren einen flächen­deckenden Roll-out dieser grundsätzlichen Reform durchführen.

 


Präsident Hans Ager: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Dr. Robert Aspöck (Freiheitliche, Salzburg): Herr Bundesminister! Können Sie garantieren, dass sich für jene Zollwachebeamten, die beim Bundesministerium für Finanzen verbleiben, keine finanziellen Nachteile ergeben?

 


Präsident Hans Ager: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Bundesrat! In dem vorhin angesprochenen Ressortübereinkommen zwischen dem Bundesministerium für Inneres, dem Bundesministerium für Finanzen und dem ebenfalls einbezogenen Bun­deskanzleramt haben wir unter Punkt 4 festgehalten, dass bezüglich der besoldungs­rechtlichen Stellung der betroffenen Bediensteten grundsätzlich keine Schlechterstel­lung eintreten darf, soweit der neue Tätigkeitsbereich mit der bisherigen Verwendung vergleichbar ist. Wir haben auch in § 113g des Gehaltsgesetzes eine Regelung ge­schaffen, wonach angesichts des Umfangs der im Zuge der EU-Erweiterung erforderli­chen Reorganisationsmaßnahmen ein außerordentlicher und in Ansehung der System­kriterien angemessener Ausgleich in der besoldungsrechtlichen Stellung erfolgen soll.

Ich darf Ihnen also versichern, dass wir gemeinsam mit der Personalvertretung daran gearbeitet haben, dass eine schwierige Veränderung in der Zollwache, in der Zollver-


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waltung für die Mitarbeiter so motivierend und positiv wie möglich gestaltet werden kann.

 


Präsident Hans Ager: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Saller gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Herr Bundesminister! Gibt es Widerstände gegen dieses Vorhaben aus dem Kreis der Kollegenschaft? (Bundesrat Gasteiger: Oho! Interessante Frage!)

 


Präsident Hans Ager: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Bundesrat! Ganz offen gesagt: Ja! Diese Widerstände gibt es selbstverständlich. Ich verstehe sie auch, denn wenn man eine Zollwache mit einem Personalstand von etwas mehr als 2 000 Mitar­beitern auf der einen Seite als Einheit abschafft, weil es ein wichtiger Teil der Konzep­tion der Verwaltungsreform ist, Polizei und Gendarmerie einerseits sowie dazu noch die Zollwache in einen exekutiven Wachkörper zusammenzuführen, dann brechen wir damit natürlich mehrere Tabus im Bereich Verwaltungsreform, vor allem, wenn man an die letzten Jahrzehnte denkt und vergleicht, was früher zustande gebracht wurde und welch ehrgeiziges Ziel wir uns in dieser Angelegenheit vorgenommen haben.

Umgekehrt, glaube ich, liegt es in unserer Verantwortung, jene Potenziale, die mit der Erweiterung der Union frei werden, weil Zollgrenzen in wesentlichen Bereichen wegfal­len, zu nutzen und auch zu überlegen, wie wir zu mehr Sicherheit einerseits und zu verstärkter Betrugsbekämpfung andererseits kommen.

Das heißt: Ja, es gibt Widerstände! Wir versuchen, dem durch Transparenz, durch um­fassende Information, durch umfassende Kommunikation und vor allem auch dadurch, dass wir den Betroffenen Perspektiven in finanzieller und beruflicher Hinsicht, also vom Karriereweg her, offen halten, zu begegnen. Wir wollen also nach der Zusammenle­gung von Zoll- und Steuerverwaltung zu einer gemeinsamen Finanzverwaltung jenen Mitarbeitern, die in der Zollwache, also im Finanzressort verbleiben, wirklich neue Karrieremöglichkeiten eröffnen.

 


Präsident Hans Ager: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrat Anna Schlaffer gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrätin Anna Schlaffer (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Eine Ihrer Begründungen für die Reform der Zollverwaltung war immer wieder auch die Vermeidung von Doppelgleisigkeiten. Durch die Reform wird die bisher zur Durchfüh­rung von eigenständigen Kontrollhandlungen berechtigte uniformierte und bewaffnete Zollexekutive aufgelöst und in zivile Zollbeamte umorganisiert – da Sie selbst wie auch Ihr Staatssekretär vor kaum einem dreiviertel Jahr davon gesprochen haben, dass die österreichische Zollwache auch nach der EU-Osterweiterung ein effizienter und unver­zichtbarer Wachkörper im Bundesministerium für Finanzen ist und bleiben wird (Bun­desrätin Giesinger: Frage! Was ist die Frage? – Bundesrat Gasteiger: Kommt schon!), eine für mich jetzt unverständliche Maßnahme!

Meine Frage lautet daher: Wo sehen Sie zukünftige Einsparungen sowie die Vermei­dung von Doppelgleisigkeiten, wenn nach der Reform zivile Zollbeamte Anhaltungen beziehungsweise Kontrollen auf zum Beispiel Autobahnparkplätzen nicht mehr wie bisher eigenständig, sondern nur mehr in Anwesenheit von Gendarmeriebeamten vor­nehmen dürfen?

 


Präsident Hans Ager: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Frau Bundesrat! Unser Interesse muss es sein, dort, wo es möglich ist, Kosten aus diesem System für den


Bundesrat
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Steuerzahler herauszunehmen und zu versuchen, Schnittstellen, die zwischen Innen­ministerium und Finanzministerium teilweise auch heute noch weitgehend überlappend vorhanden sind, klar zu beseitigen. Insofern begrüße ich sehr, dass wir erstmals in der Geschichte das Ziel festgelegt haben – und auch dessen Verwirklichung schaffen wer­den –, einen einheitlichen exekutiven Wachkörper zu formen.

Dass das für jene beiden Einheiten, die vom Namen her untergehen, nicht angenehm ist, gestehe ich voll und ganz zu. Dass wir dort, wo es um Betrugsbekämpfung geht, auch bisher schon eine enge Zusammenarbeit mit der Exekutive gesucht haben – ob das nun der Finanzbereich oder der Zollbereich war –, davon können Sie ausgehen. Denken Sie etwa an die Sondereinsatzgruppen, die wir im Baubereich und in anderen Hochrisikobereichen geschaffen haben! Dass diese nur gemeinsam mit der Exekutive vorgehen können, weil es dabei um die Verletzung mehrerer Tatbestände geht, einer­seits sicherlich abgabenrechtlich, aber andererseits auch solche, die eben in der Kom­petenz des Innenministeriums liegen, ist klar.

Ich darf auf Deutschland und andere Mitgliedsländer der Europäischen Union verwei­sen, wo in der Betrugsbekämpfung gemeinsam und ressortübergreifend agiert wird. Und es funktioniert auch in Österreich hervorragend!

 


Präsident Hans Ager: Wir gelangen nunmehr zur 6. Anfrage.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Hösele, um die Formulierung der Frage.

 



Bundesrat
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Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1277/M-BR/2003

„Welche zukünftigen Schritte sind im Bereich E-Government (Finanzonline) in Ihrem Ressort geplant?“

 


Präsident Hans Ager: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundes­rat Hösele! Es ist das Thema E-Government meiner Meinung nach ein ganz wichtiges für die gesamte Bundesregierung. Dass wir versuchen müssen, die elektronischen Medien entsprechend zu nützen, auch um auf der anderen Seite wiederum Verwal­tungseinsparungen erzielen zu können, ist völlig klar.

Es sind im Bereich des E-Government bis zum Jänner 2005 mehrere Ausbaustufen ge­plant: Wir wollen auf der einen Seite ein Unternehmerpaket verfügbar haben – das wird im April nächsten Jahres der Fall sein –, sodass es möglich wird, die Umsatzsteuer­erklärungen und -bescheide elektronisch zu erstellen, ebenso Körperschaftssteuer­erklärung und Steuerbescheid. Zusätzlich geht es uns darum, Familienbeihilfen und Familienzulagen ab Dezember 2004 elektronisch abwickeln zu können.

Was die Zollerklärungen betrifft, planen wir im Versand ab Juli 2004 so weit zu sein, im Import/Export-Bereich ab Jänner 2005. Und was Finanz-Online betrifft, so wollen wir natürlich über die Bürgerkarte und eine Implementierung der Bescheid-Zustellung über einen öffentlichen Zustelldienst den nächsten wesentlichen Schritt tun.

Ich darf versichern: Es ist wirklich einer der großen Vorteile, die wir in Österreich errei­chen konnten, dass wir diesbezüglich im Vergleich zu den allermeisten Ländern in der Europäischen Union eine wirklich hervorragende Vorreiterposition einnehmen, wir sind weiter als die meisten anderen Länder. Und diesen Vorsprung sollten wir versuchen uns zu bewahren!

 


Präsident Hans Ager: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Herr Bundesminister! Sie haben die Zollerklärungen erwähnt. Wir haben in der letzten Anfrage die Zollverwaltung insge­samt debattiert. Gibt es weitere Schritte in der Zollverwaltung?

 


Präsident Hans Ager: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Bundesrat Hösele! Auch in der österreichischen Zollverwaltung ist E-Government natürlich ein wesent­liches Thema. Es geht hier vor allem um die Zollabfertigung als das erste Element von E-Zoll quasi, also von „E-Finanz“ zu „E-Zoll“. Das heißt, dass die Zollabfertigung durch Bedienstete der Zollverwaltung in den Zollämtern oder in den Betriebsstätten der Wirt­schaftsbeteiligten aus unserer Sicht in Zukunft nicht mehr der Regelfall sein soll, son­dern wir möchten versuchen, auch das so stark wie möglich auf die elektronische Ebene zu verlagern.

Natürlich geht es beim Thema E-Zoll auch um die Zollanmeldung. Wir wollen in einem vereinfachten Verfahren die Zollanmeldung entsprechend elektronisch regeln können und damit deutliche Zeitverkürzungen, Produktivitätseffizienzgewinne für die Wirtschaft und natürlich auch für die öffentliche Verwaltung umsetzen.

 


Präsident Hans Ager: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Kalten­bacher gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Günther Kaltenbacher (SPÖ, Steiermark): Herr Bundesminister! Das Bun­deskanzleramt hat einen Entwurf für ein E-Government-Gesetz zur Begutachtung aus­gesandt, welches am 21. Oktober 2003 im Ministerrat beschlossen werden soll. Ihr Ressort hat dazu eine äußerst negative Stellungnahme abgegeben. Im Gegensatz zum BKA, welches keine Mehrkosten im Entwurf aufweist, hat das Finanzministerium auf hohe Kosten, die durch die Einführung des E-Government entstehen, aufmerksam ge­macht.

Wie hoch schätzen Sie nach gegenwärtigem Kenntnisstand die Kosten der Umsetzung des E-Government im Bundesministerium für Finanzen in den nächsten fünf Jahren?

 


Präsident Hans Ager: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundes­rat! Nachdem das eine enorm schnelllebige Materie ist, nachdem es davon abhängt, welche Prioritäten wir tatsächlich setzen, welche Projekte wir zu welchem Zeitpunkt umgesetzt haben wollen, ist es enorm schwierig, Ihnen jetzt – bei der Einjährigkeit des Budgets – die Kosten für die nächsten fünf Jahre zu sagen.

Ich kann Ihnen nur sagen: Wir haben zurzeit, was FinanzOnline betrifft, zum Beispiel 143 000 Bürger, die FinanzOnline nutzen, 70 000 Unternehmer, 2 200 Gemeinden, 3 300 Wirtschaftstreuhänder, 870 Rechtsanwälte und 460 Notare. Wir führen 87 000 Ar­beitnehmerveranlagungen, 700 000 Umsatzsteuervoranmeldungen, 500 000 Kommu­nalsteuerbemessungsgrundlagen elektronisch durch – um Ihnen einen Eindruck dar­über zu vermitteln, was jetzt schon läuft.

Das Projektbudget für E-Government im Bundesministerium für Finanzen für das Jahr 2003, das ich Ihnen nennen kann, beträgt 2,9 Millionen €. Das Projektbudget für 2004 – ein Budget, das ja auch schon beschlossen ist – beträgt 3 Millionen €.

 


Präsident Hans Ager: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Weil­harter gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Bundesminister! Viele Familien und vor allem ältere Menschen haben keinen Zugang zum Internet. Wie


Bundesrat
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wollen Sie im Bereich des E-Government verhindern, dass es zur Bildung einer Zwei­klassengesellschaft kommt?

 


Präsident Hans Ager: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundes­rat Weilharter! Natürlich ist der Internetzugang zur Verwaltung eine zusätzliche Mög­lichkeit, was die Kommunikation mit der Verwaltung betrifft. Auf der einen Seite müssen wir sehen – da gebe ich Ihnen völlig Recht –, dass insbesondere ältere Men­schen keinen Internetzugang haben, dass es nicht unser Anliegen sein kann, sie zu benachteiligen, ist ganz selbstverständlich. Aber auf der anderen Seite müssen wir, glaube ich, auch sehen, dass es darum geht, Möglichkeiten zu eröffnen, die der ge­samten Bevölkerung – ob jung oder alt – zur Verfügung stehen.

Dass wir in Österreich im internationalen Vergleich eine relativ hohe Internetnutzer­dichte haben, ist gut für das Land und die Möglichkeiten, die damit verbunden sind; gerade auch, wenn man im Jahr der Menschen mit Behinderungen an behinderte Men­schen denkt, die damit völlig neue Möglichkeiten der Inanspruchnahme von Verwal­tungsleistungen haben.

Ich denke, dass das auch für viele ältere Menschen durchaus positiv ist und dass das auch eine Frage unserer gemeinsamen Verantwortung ist, für Bewusstseinsbildung, In­formation, Kommunikation zu sorgen, um damit auch die Hemmschwelle zu nehmen, die vielleicht ältere Menschen in besonderer Weise beim Umgang mit Computern und dem Internet haben könnten. Ich glaube, das ist eine gemeinsame Aufgabe.

 


Präsident Hans Ager: Wir gelangen nunmehr zur 7. Anfrage. Ich bitte den Anfrage­steller, Herrn Bundesrat Binna, um die Formulierung der Frage.

 


Bundesrat Theodor Binna (SPÖ, Steiermark): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1281/M-BR/2003

„Wie hoch wird die gesamte Neuverschuldung im Bereich der Schieneninfrastruktur bis ins Jahr 2010 sein?“

 


Präsident Hans Ager: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Bundesrat Binna! Ich kann Ihnen nicht sagen, wie hoch die Neuverschuldung bis ins Jahr 2010 sein wird, denn auch da gilt die Einjährigkeit des Budgets; ich bin auch nicht der ÖBB-Vorstand, nicht der Aufsichtsrat und auch nicht der für die Österreichischen Bundesbahnen zuständige Minister. Sie wissen, dass die 100 Prozent Eigentumsanteile vom BMVIT wahrgenommen werden. (Bundesrat Gasteiger: Wofür haben Sie überhaupt die Ver­antwortung, Herr Minister? Eigentlich für nichts verantwortlich, gerade der Finanzminis­ter!)

Ich kann Ihnen nur sagen, dass die Reform, die wir gemeinsam mit dem BMVIT aus­verhandelt haben, eine richtungweisende und längst überfällige Reform ist; eine Re­form, die helfen soll, im Bereich der Österreichischen Bundesbahnen 1 Milliarde € bis zum Jahr 2010 einzusparen – eine Verantwortung, die wir dem Steuerzahler gegen­über ganz dringend wahrnehmen müssen –, eine Reform, die helfen soll, mittelfristig ein nachhaltig ausfinanziertes System Bahn inklusive der Infrastrukturinvestitionen zu erreichen.

Das heißt, richtig ist – wenn Sie das ansprechen –: Wir starten bei einer Infrastruktur­offensive, die mit Bundesminister Gorbach vereinbart ist, von Investitionen in der Höhe


Bundesrat
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von 1 bis 1,2 Milliarden € pro Jahr, was wesentlich mehr ist, als Vorgängerregierungen gemacht haben, weil es uns ein Anliegen ist, ein vernünftiges Produkt Bahn für die Kunden zustande zu bringen. Wir starten mit Neuverschuldungen, haben aber jetzt – ich glaube, das ist auch ein wesentlicher Erfolg dieser Bahnreform – 6,1 Milliarden € an Schulden von den ÖBB in die Finanzschuld der Republik übernommen, das heißt eine wesentliche Teilentschuldung erreicht.

Wir starten mit Eigenkapitalquoten im Güterverkehr, Personenverkehr von 70 bis 80 Prozent, durchgerechnet auf das Gesamtunternehmen von 41 Prozent – Eigenkapi­talausstattungen, wie sie sich Unternehmer in der Privatwirtschaft nur wünschen können –, mit der Zielsetzung, dass die Neuverschuldung der ÖBB degressiv sein soll. Das heißt, wir werden und wollen ein nachhaltiges System schaffen.

 


Präsident Hans Ager: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Theodor Binna (SPÖ, Steiermark): Schließen Sie zwangsweise Verkäufe von ÖBB-Immobilien und ÖBB-Kraftwerken bis ins Jahr 2010 aus? (Bundesrat Gastei­ger: Interessant!)

 


Präsident Hans Ager: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundes­rat! Ich weiß nicht, wie Sie „zwangsweisen Verkauf“ definieren. (Bundesrat Gasteiger: Verscherbeln – Definition!) Dass ich für den Verkauf von nicht betriebsnotwendigem Vermögen bin, davon können Sie ausgehen. Dass wir aber, wenn Sie etwa Kraftwerke ansprechen, kein Interesse daran haben können, weil wir ja den Strom für die Öster­reichischen Bundesbahnen selbst brauchen und nicht etwas verkaufen werden, was wir dann teurer wieder zukaufen (Bundesrat Gasteiger: Euch traue ich es zu!), das ist ebenso richtig wie die Tatsache, dass wir betriebsnotwendiges Vermögen selbstver­ständlich behalten wollen, ausbauen wollen und besser nutzen wollen, als das jetzt der Fall ist.

Wenn ich an Bahnhöfe und andere Infrastrukturbestandteile denke, die aus meiner Sicht in einem verlotterten Zustand sind – wenn ich das umgangssprachlich sagen darf –, dann muss ich sagen, dass wir da andere Produkte, bessere Botschaften an die Kunden brauchen, damit die Bahn besser angenommen und stärker frequentiert wird. Da müssen wir moderner werden, wie das in anderen Städten in Europa der Fall ist, wo man hineingeht und Shopping Center, attraktive Angebote, Geschäfte, Lebens­mittelbereiche vorfindet, was bei uns zurzeit leider nicht der Fall ist.

Das heißt, ich gebe Ihnen Recht, wenn Sie sagen, dass wir 30-jährige Defizite haben, und Sie werden sehen, dass wir das in den nächsten Jahren bewältigen werden. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

 


Präsident Hans Ager: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Dr. Nitt­mann gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Dr. Klaus Peter Nittmann (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Bundes­minister! Das Streikrecht ist ohne Zweifel eine soziale Errungenschaft ersten Ranges. Es muss aber trotzdem die Frage erlaubt sein: Mit welchen zusätzlichen Kosten rech­net die Bundesbahn auf Grund des Streiks der Eisenbahner beziehungsweise der Wei­gerung, Überstunden zu leisten?

 


Präsident Hans Ager: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Erstens halte ich es für ein Unternehmen, das dem Steuerzahler pro Jahr 4,4 Milliarden € an Kosten verursacht, wirklich für den falschen Zugang. Ich finde es völlig legitim, wenn eine Gewerkschaft politisch sagt, sie sei mit einer Reform nicht einverstanden. Darüber kann man politisch


Bundesrat
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diskutieren. Bundesminister Gorbach und sein Staatssekretär Helmut Kukacka haben wirklich eine Fülle von Gesprächen gesucht und zu erreichen versucht, dass man diese ÖBB-Reform auf eine gemeinsame Basis stellen kann. Mein Verständnis, Herr Bun­desrat, endet aber dort, wo Mitarbeiter die Kundschaft zu bestreiken beginnen, denn, meine Damen und Herren, hier wird das Unternehmen geschädigt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das ist einfach kontraproduktiv, denn wenn Mitarbeiter das Unternehmen schädigen, dann bleibt als Konsequenz für die Mitarbeiter selbst nur noch übrig, dass sie selbst ihre Arbeitsplätze wegrationalisieren, weil die Defizite des Unternehmens größer wer­den, weil die Kundschaft sagen wird: Mit dem Unternehmen fahre ich nicht mehr! (Ruf bei der SPÖ: Das macht eh ihr!)

Politisch anderer Meinung zu sein ist das eine, auf der anderen Seite aber Reformen dort, wo sie dringend geboten sind, gemeinsam umzusetzen, würde ich mir auch von der Eisenbahnergewerkschaft wünschen, weil ich einfach den Eindruck habe, dass die Eisenbahnergewerkschaft sagt: Reform nein, diese Reform darf auf keinen Fall statt­finden! – Ich sage Ihnen: Das ist unverantwortlich: 4,4 Milliarden € pro Jahr, 7 Prozent der gesamten Budgetausgaben pro Jahr nur für die Bahn. (Zwischenruf des Bundes­rates Manfred Gruber.) Es ist wichtig und notwendig, dass wir endlich diese Reform umsetzen, zum Wohl des Steuerzahlers, der Kundschaft, der ÖBB und auch der Mit­arbeiter, denn die werden in Zukunft in einem leistungsorientierten, marktorientierten Unternehmen arbeiten können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Hans Ager: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Franz Wolfinger gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Franz Wolfinger (ÖVP, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Wie hoch ist der jährliche Zuschussbedarf der ÖBB aus Mitteln des Bundes?

 


Präsident Hans Ager: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Bundesrat Wolfinger! Ich habe es gerade angesprochen: Der Zuschussbedarf an die ÖBB – budgetär, außerbudgetär – beläuft sich im Jahr 2003 auf 4,4 Milliarden €. Das ist eben eine Grö­ßenordnung von über 7 Prozent der Gesamtausgaben unseres Budgets; und das jedes Jahr, mit einer steigenden Kostendynamik.

Wir haben gemeinsam mit Bundesminister Gorbach berechnet, dass wir ohne Reform im Jahr 2010 bereits bei 5,1 Milliarden € wären. Unser Ziel ist es daher, uns 1 Milli­arde € zu holen, von 5,1 auf 4,1 Milliarden € zurückzukommen. Das wäre dann eine Reduktion der Ausgaben für die Österreichischen Bundesbahnen von mehr als 7 Pro­zent der Gesamtausgaben auf etwas über 5 Prozent. Ich denke, das müsste man für den Steuerzahler dringend umsetzen, gleichzeitig aber auch – und das ist die Heraus­forderung – eine Verbesserung der Infrastruktur und des Produktes ÖBB für die Kund­schaft zustande bringen und damit das Produkt attraktiver machen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Manfred Gruber: Schöne Worte, allein mir fehlt der Glaube!)

 


Präsident Hans Ager: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrat Kersch­baum gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Sie haben uns vorhin von den neuen herrlichen Bahnhöfen, die wir sehen werden, vorgeschwärmt. Ich möchte jetzt wissen, ob mit dieser 1 Milliarde € im Jahr alle dringend notwendigen und im Generalverkehrsplan vorgesehenen Schienenpro­jekte auch verwirklicht und umgesetzt werden können, insbesondere im Hinblick auf Anschlüsse zu den neuen Mitgliedsländern im Osten.

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
701. Sitzung / Seite 25

Präsident Hans Ager: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Frau Bundesrätin! Ich habe es vorhin angesprochen und glaube aus ehrlicher Überzeugung, dass wir 30-jährige Defizite in diesem Bereich haben. Die Infrastruktur ist bei weitem nicht in dem Zustand, in dem sie sein sollte. Unser System Bahn ist heute nicht wettbewerbsfähig, egal ob im Vergleich mit der Schweiz, Deutschland oder Frankreich, und deswegen investieren wir jetzt maßgeblich in die Österreichischen Bundesbahnen und in die Infrastruktur. Die 1 bis 1,2 Milliarden € pro Jahr bis zum Jahr 2010, die wir mit Hubert Gorbach vereinbart haben, sind in etwa das Doppelte dessen, was noch 1995/1996 in die Bahn investiert wurde.

Sie können daher davon ausgehen: Das ist uns ein wesentliches Anliegen, gerade vor dem Hintergrund der Erweiterung der Europäischen Union. Und der GVP ist damit ge­sichert. (Zwischenruf der Bundesrätin Kerschbaum.)

 


Präsident Hans Ager: Wir gelangen nunmehr zur 8. Anfrage. Ich bitte die Anfragestel­lerin, Frau Bundesrat Germana Fösleitner, um die Formulierung der Frage.

 


Bundesrätin Germana Fösleitner (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Meine Frage lautet:

1278/M-BR/2003

„Wie ist der aktuelle Stand bei der Reorganisation der Finanzämter?“

 



Bundesrat
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701. Sitzung / Seite 26

Präsident Hans Ager: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Frau Bundesrätin Fösleit­ner! Ich habe es schon angesprochen: Es ist zurzeit eine umfassende Reorganisation der gesamten Finanzverwaltung im Laufen. Es geht um die Schaffung einer service­orientierten, bürgernahen, kostengünstigen, effizienten und flexiblen Organisation.

Wesentliche Kerninhalte sind auch in Verbindung mit einer AWOG-Verordnung, die wir im April erlassen haben, zu sehen, nämlich dass wir die Zusammenfassung von 80 auf 43 Finanzämter erreichen, allerdings bei Aufrechterhaltung aller Standorte, weil uns das im Sinne von Bürgernähe und Kontakt ein sehr wichtiges Anliegen ist.

Es geht darum, Kompetenzen zu verlagern, und zwar vom Bundesministerium für Finanzen hinunter zu den Finanzämtern, von den Finanzlandesdirektionen hinunter zu den Finanzämtern. Wir wollen, dass die Mitarbeiter wesentlich mehr Verantwortung tragen.

Wir haben letzte Woche zum Beispiel im Burgenland ein so genanntes Infocenter eröff­net, und ich bin froh darüber, dass diese Reform positiv voranschreitet, und zwar auch in die Richtung – Sie müssten das erleben –, dass unsere Finanzverwaltung von „Kun­den“ zu sprechen beginnt. Es wird gesagt: Unsere Kundschaft kommt in die Finanz­verwaltung. Ich glaube, dass das ein wichtiger Zugang zur Serviceorientiertheit ist. Und wenn dann am Ende für die Mitarbeiter neue Chancen stehen, neue Chancen im Sinne von mehr Verantwortung, größerer Leistungsorientierung, mehr Motivation, bei diesem Prozess dabeizusein, und für den Steuerzahler 250 Millionen € eingespart werden können, dann ist das eine Reform, die sich wirklich sehen lassen kann.

 


Präsident Hans Ager: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrätin Germana Fösleitner (ÖVP, Oberösterreich): Wird die geplante gemein­same Prüfung der lohnabhängigen Abgaben bereits durchgeführt, und welche Erfolge zeigen sich?

 


Präsident Hans Ager: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Diese gemeinsame Prüfung findet zurzeit schon statt. Die Vorarbeiten für die gemeinsame Prüfung der lohnabhän­gigen Abgaben, also Lohnsteuer, Kommunalabgabe und Sozialversicherung, haben im September 2002 Platz gegriffen. Wir haben damals die Schulungen für 250 Lohn­steuerprüfer der Finanzverwaltung und für 250 Prüfer der Gebietskrankenkassen vor­genommen. Der Probebetrieb wurde zu Beginn des Jahres 2003, also heuer gestartet, seit April läuft der Vollbetrieb.

Ich meine, dass es insofern eine sehr wichtige Reform ist, als wir den Unternehmen nicht mehr zumuten, dass drei unterschiedliche Prüfungsteams für sehr ähnliche Abga­ben kommen, sondern dass eine Prüfung zu einem Zeitpunkt über alle drei Abgaben durchgeführt wird. Das ist eine wesentliche Steigerung der Effizienz, kostet den Unter­nehmer weniger Zeit und ist daher eine längst überfällige Maßnahme. Für die Finanz­verwaltung ist sie auch insofern positiv, als wir damit eine höhere Prüfungsdichte erreichen werden und, wie ich glaube, am Ende das Tages auch höhere Ergebnisse herauskommen werden.

Das heißt: in Summe ein großer Erfolg und eine wichtige Strukturveränderung, und zwar sowohl für die Wirtschaft als auch für die Finanzverwaltung.

 


Präsident Hans Ager: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrat Adel­heid Ebner gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrätin Adelheid Ebner (SPÖ, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Die Re­form der Wirtschaftsräume sollte mit 1. Jänner 2004 abgeschlossen sein. Meine Frage: Ist dieser Termin realistisch, und bis wann kann mit dem Abschluss der Reform ge­rechnet werden?

 


Präsident Hans Ager: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrte Frau Bundes­rätin! Wir haben die Reform relativ knapp nach meinem Eintreten in das Bundesminis­terium für Finanzen begonnen, weil wir vor dem Problem gestanden sind, dass zum Beispiel Lohnsteuerprüfer bereits im Innendienst tätig werden mussten, weil meine Vorgänger mit dem Rasenmäher drübergefahren sind und gesagt haben, dass einfach Leute abgebaut und die Stellen nicht nachbesetzt werden. Das war zwar im Sinne der Kostenreduktion gescheit, wenn es aber dann dazu führt, dass man bei weniger Mit­arbeitern die Struktur gleich lässt, dass 20 Mitarbeiter die gesamte Aufgabenpalette wahrnehmen müssen und die Lohnsteuerprüfer im Innendienst sind, dann macht das keinen Sinn mehr. Das war für uns der wesentliche Grund dafür, dass wir eine grund­legende Reorganisation brauchten, um eben mit weniger Mitarbeitern die gleichen Aufgaben wahrnehmen zu können.

Wir sind zurzeit, nachdem wir zwei Pilotprojekte erfolgreich abgeschlossen haben, bei der flächendeckenden Umsetzung in zwei Bundesländern, Kärnten und Steiermark. Es wird heuer beziehungsweise Anfang nächsten Jahres flächendeckend umgesetzt sein, und wir gehen dann Stück für Stück an die Umsetzung in den anderen Bundesländern in Österreich.

Ich denke, dass das ein sehr sinnvoller Weg ist, weil wir aus Pilotprojekten Erfahrun­gen gewinnen konnten, weil wir laufend Prozessverbesserungen durchführen.

Wann das abgeschlossen sein wird, kann ich jetzt nur ganz grob sagen: Ich glaube nicht, dass wir 2004 fertig sein werden, aber im Jahr 2005 werden wir österreichweit eine neue, flächendeckend wesentlich bessere Finanzverwaltung haben, 250 Millio­nen € einsparen, einige tausend Mitarbeiter weniger in der Finanzverwaltung haben,


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
701. Sitzung / Seite 27

aber jene, die bleiben, sind dann besser ausgebildet, besser motiviert, besser bezahlt, sodass es eine Win-win-Situation ist, für die Steuerzahler einerseits und für unsere Mitarbeiter andererseits.

 


Präsident Hans Ager: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Engel­bert Weilharter gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Bundesminister! Hat die Neuorganisation der Finanzverwaltung Auswirkungen auf das Rechtsmittelverfah­ren?

 


Präsident Hans Ager: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundes­rat! Ich glaube, einer der wesentlichen Erfolge dieser Reform der Finanzverwaltung ist, dass wir den unabhängigen Finanzsenat geschaffen haben.

Daher: Ja, natürlich hat sie Auswirkungen auf das Rechtsmittelverfahren. Wir wollten einfach eine weisungsfreie Behörde haben. Wir haben mit Wirkung 1. Jänner 2003 das Berufungsverfahren in Abgabensachen des Bundes neu geregelt. Das primäre Ziel waren die Verbesserung des Rechtsschutzes für den Bürger, also für den Steuerzah­ler, und eine Angleichung an europarechtliche Normen. Anstelle der bisherigen Rechts­mittelabteilungen in den einzelnen Finanzlandesdirektionen entscheidet nun der unab­hängige Finanzsenat als weisungsfreie Behörde – praktisch das Pendant zu den Be­zirksverwaltungsbehörden, sprich zum UVS im Verwaltungsbereich.

Der Sitz dieses unabhängigen Finanzsenates ist in Wien, Außenstellen gibt es in Feld­kirch, Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Linz, Salzburg und Wien. Das ist ein Modell, das heuer neu umgesetzt wurde – ich glaube, richtungsweisend für eine bessere rechtliche Stellung des Bürgers, des Steuerzahlers.

 


Präsident Hans Ager: Wir gelangen nunmehr zur 9. Anfrage. Ich bitte die Anfrage­stellerin, Frau Bundesrat Haunschmid, um die Formulierung der Frage.

 



Bundesrat
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701. Sitzung / Seite 28

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Finanzminister, meine Frage lautet:

1283/M-BR/2003

„Wie verhindern Sie eine Verringerung des Tabaksteueraufkommens durch den EU-Beitritt der neuen Beitrittsländer?“

 


Präsident Hans Ager: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Frau Bundesrätin Haun­schmid! Um das Tabaksteueraufkommen auch nach der EU-Erweiterung zu sichern, sollen die Mengenbeschränkungen, die wir im privaten Reiseverkehr haben, insbeson­dere die so genannte 25-Stück-Regelung, weiter aufrecht bleiben für den Bereich, der sozusagen nach der Erweiterung dazukommt. Wir haben eine Übergangsfrist ausver­handelt, die Sie kennen, und bis dorthin ist auf europäischer Ebene ein Heranführen der einzelnen Preise im Tabakwarenbereich geplant.

Österreich liegt mit seinen Preisen zurzeit, würde ich sagen, etwa im gehobenen Mittel­feld. Wir gehen davon aus, dass in den Ländern Ungarn, Tschechien, Slowakei und so weiter die Preise angehoben werden – das ist eine europäische Verpflichtung. Und wir hoffen, dass wir auf diesem Weg das Tabaksteueraufkommen mittel- bis langfristig sichern können.

 


Präsident Hans Ager: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Sind Einfuhrbe­schränkungen im gemeinsamen Markt überhaupt zulässig, Herr Finanzminister?

 


Präsident Hans Ager: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich gehe davon aus, dass diese 25-Stück-Regelung zulässig ist. Es gibt sie in Österreich seit mehreren Jahren; sie wurde bereits vor meiner Amtszeit eingeführt. Es war dies eine wesentliche Maß­nahme, um das Tabaksteueraufkommen zu sichern. Man hat im langjährigen Verlauf wirklich gesehen, dass es einen Einbruch bei der Tabaksteuer gegeben hat, und mit dieser 25-Stück-Regelung konnte das Aufkommen gesichert werden. Bis jetzt ist es völlig konform. Es gibt keine andere Entscheidung, zum Beispiel des Europäischen Ge­richtshofs, und ich hoffe, dass das so bleibt. (Bundesrätin Haunschmid: Wir auch!)

 


Präsident Hans Ager: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrat Zwazl gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Wird trotz dieser Restriktionen nicht ein Teil der Käufe in den benachbarten Beitrittsländern zu einer Verminderung des Tabaksteueraufkommens führen?

 


Präsident Hans Ager: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Frau Bundesrat Zwazl! Natürlich haben Sie Recht, dass wir mit den benachbarten neuen Mitgliedstaaten hier auf Grund des Preisgefälles ein Problem haben; ich habe es bereits angesprochen. Wir hoffen eben, dass mit der beabsichtigten spürbaren Erhöhung der Tabaksteuer in diesen Ländern und den damit verbundenen Preiserhöhungen – auch den Preiser­höhungen, die in Deutschland angekündigt worden sind, die wiederum zu Verlagerun­gen durchaus im österreichischen Interesse führen könnten – der Einkaufstourismus, der natürlich stattfindet, eingebremst werden kann.

Das Preisgefälle ist auf jeden Fall ein Problem, aber, wie gesagt, die Entscheidungen sind auch aus unserer Sicht insofern richtig, als klar ist, dass es angesichts einer heute noch weiter auseinander klaffenden Situation zu einer Heranführung beim Preis von Tabakwaren kommen wird.

 


Präsident Hans Ager: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Johanna Auer gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrätin Johanna Auer (SPÖ, Burgenland): Herr Bundesminister! Ihren Ausfüh­rungen habe ich aber trotzdem nicht entnommen, wie viel Sie konkret an Minderein­nahmen erwarten.

 


Präsident Hans Ager: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Nachdem ich kein Hell­seher und auch nicht Spekulant bin, kann ich Ihnen das wirklich schwer beantworten, weil zurzeit das Tabaksteueraufkommen einfach gut läuft. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Da könnten Sie mich auch fragen, wer die nächsten Zahlen im Lotto richtig tippt. Ich kann es Ihnen auch nicht sagen.

Also, um ernsthaft zu sein: Das Tabaksteueraufkommen läuft zurzeit gut, zufrieden stellend. Sie wissen, dass wir im letzten Jahr eine Erhöhung in diesem Bereich vorge­nommen haben. Wir haben den Mehrertrag von ungefähr 80 Millionen € den Sozialver­sicherungen für Gesundheitszwecke zur Verfügung gestellt. Ich glaube, dass es durch­aus gescheit war zu sagen: Mehreinnahmen in diesem Zusammenhang werden für den Gesundheitsbereich eingesetzt. Ich kann nur hoffen, dass es stabil bleibt. Aus heutiger Sicht habe ich keinen Anlass zu sagen, dass es hier maßgebliche Einbrüche geben


Bundesrat
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könnte, aber das wird signifikant davon abhängen, welche Preiserhöhungen in den ost­europäischen Ländern vorgenommen werden, wo wir diesbezüglich in Österreich liegen, welche Entscheidungen wir treffen.

Ich glaube, man muss immer sehen, dass man nicht nach oben hin ad infinitum gehen kann, selbst wenn wir wahrscheinlich einen politischen Konsens haben werden, dass Erhöhungen im Tabakwarenbereich grundsätzlich gescheit sind, weil wir natürlich die gesundheitsgefährdende Wirkung kennen. Aber irgendwann ist man an einem Punkt angelangt, wo Preiserhöhungen natürlich zu Mengenreduktionen führen und daher nicht unbedingt mehr Erträge zu erwarten sind. Aber aus heutiger Sicht glaube ich, dass mit einer Stabilität des Aufkommens zu rechnen ist.

 


Präsident Hans Ager: Wir gelangen nunmehr zur 10. Anfrage. Ich bitte den Anfrage­steller, Herrn Bundesrat Stefan Schennach, um die Formulierung der Frage.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage:

1284/M-BR/2003

„Welche Schritte haben Sie als zuständiger Ressortchef für die Bankenaufsicht konkret beim Verdachtsfall Insider-Handel des Voest-Vorstandsvorsitzenden in die Wege ge­leitet?“

 


Präsident Hans Ager: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundes­rat Schennach! Gemäß § 1 Abs. 3 des Finanzmarktaufsichtsbehördengesetzes zählt die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben und Befugnisse, die im Wertpapierauf­sichtsgesetz und im Börsegesetz geregelt sind, zur Wertpapieraufsicht. Ermittlungen im Falle des Verdachts des Missbrauchs von Insider-Informationen gemäß § 48a Bör­segesetz sind ja Teil der Wertpapieraufsicht, für welche gemäß § 1 Abs. 1 FMABG seit 1. April 2002, wie Sie wissen, die Finanzmarktsaufsichtsbehörde, also die FMA zustän­dig ist.

Ich habe als Bundesminister für Finanzen diese zuständige Behörde ersucht, die not­wendigen Schritte zu setzen, wobei mir die FMA damals auch mitgeteilt hat, dass sie bereits tätig geworden ist.

 


Präsident Hans Ager: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Herr Bundesminister! Nachdem seit gestern an Sie auch öffentliche Fragen bezüglich Ihres eigenen Kaufs und Verkaufs von Aktien gerichtet wurden und ich ja annehme, dass dieser Verkauf nicht vermö­gensmindernd war, stelle ich die Frage: Können Sie ausschließen, dass bei Ihrem Kauf und Verkauf von YLine-Aktien Insider-Wissen bevorzugend gewirkt hat?

 


Präsident Hans Ager: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Das ist jetzt keine Frage, die in meinen Vollzugsbereich fällt, wie Sie wissen, ich beantworte sie Ihnen aber trotz­dem sehr gerne.

 


Ich war ein völlig unbedeutender Kleinaktionär der YLine, schon bevor ich Bundes­minister für Finanzen wurde. Alles andere, was Herr Pilz behauptet hat, ist – wie meistens – falsch und frei erfunden und hat wenig Ähnlichkeit mit der Realität. Und ich darf Ihnen versichern, dass ich in keiner Weise irgendein Insider-Wissen hatte.


Bundesrat
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Präsident Hans Ager: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Kneifel gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Erachten Sie die gegenwärtigen Kompetenzen und Instrumente der Finanzmarktaufsicht für aus­reichend, oder ist hier Ihrer Meinung nach Reformbedarf gegeben?

 


Präsident Hans Ager: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundes­rat Kneifel! Ich denke, wir haben mit dieser Reform der Finanzmarktaufsicht eine durchaus richtungweisende Institution geschaffen. Es sind Deutschland und einige andere Länder in diese Richtung gegangen, dass man sagt: unabhängig, und zwar organisatorisch unabhängig, finanziell unabhängig, vor allem aber was die Kompetenz betrifft unabhängig.

Sie wissen, wir haben eine Allfinanzaufsicht zustande gebracht, das heißt: Bankenauf­sicht, Versicherungsaufsicht, Wertpapieraufsicht, Pensionskassenaufsicht. Diese Be­hörde gibt es seit dem Jahr 2002. Ich glaube, die Umsetzung ist sehr gut, sodass diese Behörde auch Reputation, Anerkennung in diesen Aufsichtsbereichen erworben hat. Aber natürlich kann man immer eine Diskussion über die Frage führen: Wo muss man im rechtlichen Rahmenbereich von unserer Seite auch nachjustieren?

Ich glaube, dass der Insider-Handel – das Beispiel, das nachgefragt worden ist – durchaus ein Punkt ist, wo wir uns gemeinsam fragen sollten. Insider-Handel ist kein Kavaliersdelikt, das man hier anzupassen hat, zu schärfen hat, um auch im internatio­nalen Vergleich zu signalisieren: Der Finanzplatz Österreich ist uns wichtig. Da gibt es ein strenges Regelement, da gibt es eine strenge Kontrolle dahinter.

Da hat die Diskussion begonnen, und diese Diskussion sollten wir zu einem guten Ende führen.

 


Präsident Hans Ager: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Werner Stadler gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Werner Stadler (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Warum haben Sie als zuständiger Ressortchef für die Bankenaufsicht konkret keinen Grund zur Untersuchung des Verdachts auf Insider-Handel bei den auch am Anteilskauf in­teressierten Mitgliedern des Voest-Aufsichtsrates und Magna-Managers Wolf und des Chefs der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, Scharinger,  gesehen?

 


Präsident Hans Ager: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Bundesrat! Ich bin nicht Ihrer Meinung, dass wir bei jedem Aufsichtsrat der ÖIAG von Insider-Wissen aus­gehen müssen. Das ist ganz klar nicht der Fall, denn wenn Sie sich ansehen, welche Unterlagen dem Aufsichtsrat der ÖIAG, die ja kein Konzern ist – die ÖIAG ist kein Konzern, sondern eine Beteiligungsholding – zur Verfügung stehen, dann können sie sich eine Voest-Aktie kaufen und werden den gleichen Informationsstand – ich gebe zu, anders aufbereitet, aber vom Grundsatz her den gleichen Informationsstand – haben wie Aufsichtsräte der ÖIAG. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


Ich darf Ihnen aber sagen: Ich habe überall dort, wo ich auch nur den leisesten Ver­dacht gehabt habe oder mir ein Gerücht oder sonst etwas zu Ohren gekommen ist, die Finanzmarktaufsicht ersucht, tätig zu werden. Das heißt, ich habe ganz konkret auch die Finanzmarktaufsicht ersucht, in Bezug auf Aktienkäufe von Aufsichtsräten der Voest – auch Aufsichtsräte der Voest! – selbst tätig zu werden und zu untersuchen, ob man hier völlig korrekt vorgegangen ist.


Bundesrat
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Präsident Hans Ager: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Dr. Nitt­mann gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Dr. Klaus Peter Nittmann (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Bundes­minister! Die rechtswidrige Aktienspekulation durch den Vorstandsvorsitzenden, die fragwürdige Pardonierung dieser Machenschaften durch den Aufsichtsrat, insbeson­dere durch den Aufsichtsratsvorsitzenden Streicher, und die daraufhin einsetzende politische Vernebelung durch Landeshauptmann-Stellvertreter Erich Haider sind in Summe degoutant.

All das wäre nicht möglich gewesen, wenn der Insider-Handel nicht als Kavaliers­delikt – Sie haben es vorhin gesagt – gelten würde. Herr Kollege Kneifel hat es schon angesprochen, ich möchte Sie aber trotzdem fragen: Sollte es nicht strengere Rege­lungen für den Insider-Handel geben?

 


Präsident Hans Ager: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Bundesrat! Ich bin völlig Ihrer Meinung, dass der Eindruck, der dadurch in der Öffentlichkeit entstanden ist, ein sehr schlechter ist. Dass man mit diesen Handlungen dem Börsenplatz und Finanzplatz Wien einen wirklichen Bärendienst erwiesen hat, das ist überhaupt keine Frage. Man ist mit dieser Thematik zu allererst von Seiten des Vorstandsvorsitzenden schlecht umgegangen – eine Handlung, die mir völlig unerklärlich war und noch immer ist, weil ich sie nicht nachvollziehen und nicht verstehen kann, noch dazu, wo es hier um einen eigentlich sehr verdienten Vorstandsvorsitzenden geht, der 30 Jahre hin­durch in diesem Unternehmen ausgezeichnete Arbeit geleistet hat.

Dass dieses Beispiel eines ist, das zu Diskussionen geführt hat und das zu einer Ver­schärfung der strafrechtlichen und auch der verwaltungsrechtlichen Tatbestände führen sollte, ist auch meine Meinung. Wir sind da in einer Diskussion mit dem Justiz­ministerium, und ich denke, dass dem Nationalrat und dem Bundesrat in absehbarer Zeit ein Vorschlag unterbreitet werden wird.

 


Präsident Hans Ager: Die Fragestunde ist beendet.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Hans Ager: Eingelangt sind Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Ministervertretungen. Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung dieser Schreiben.

 


Schriftführer Christoph Hagen: „Der Herr Bundespräsident hat am 29. Septem­ber 2003, GZ 300.100/47-BEV/2003, folgende Entschließung gefasst:

Auf Vorschlag des Bundeskanzlers betraue ich für die Dauer der Verhinderung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein innerhalb des Zeit­raumes vom 8. bis 10. Oktober 2003 die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer mit der Vertretung.

Hievon beehre ich mich mit dem Ersuchen um gefällige Kenntnisnahme Mitteilung zu machen.“

Zweites Schreiben:

„Der Herr Bundespräsident hat am 3. Oktober 2003, GZ 300.100/48-BEV/2003, fol­gende Entschließung gefasst:

Auf Vorschlag des Bundeskanzlers betraue ich für die Dauer der Verhinderung des Bundesministers für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer innerhalb des Zeitraumes vom 8. bis


Bundesrat
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10. Oktober 2003 den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsu­mentenschutz Vizekanzler Mag. Herbert Haupt mit der Vertretung.

Hievon beehre ich mich mit dem Ersuchen um gefällige Kenntnisnahme Mitteilung zu machen.“

Einlauf

 


Schriftführer Christoph Hagen: Ein weiteres Schreiben – der Herr Bundeskanzler schreibt hier an den Herrn Präsidenten des Bundesrates –:

„Sehr geehrter Herr Präsident! In Entsprechung der Bestimmung des Artikels 23c Abs. 5 B-VG darf ich Ihnen mitteilen, dass das österreichische Mitglied des Wirtschafts- und Sozialausschusses (WSA) der Europäischen Union, Präsident Fritz Dinkhauser, am 3. Juli 2003 sein Mandat zurückgelegt hat.

Als Nachfolger für Präsident Dinkhauser hat die Bundesregierung am 12. August 2003 über Vorschlag des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) Herrn Mag. Heinz Peter, Direktor der Kammer für Arbeiter und Angestellte Vorarlberg, als Konsumenten­vertreter für den WSA nominiert.

Die förmliche Ernennung erfolgt gemäß Art. 259 Abs. 1 EGV durch den Rat. Mit dem förmlichen Beschluss des Rates ist im Laufe des September zu rechnen.

Mit freundlichen Grüßen“– gezeichnet vom Herrn Bundeskanzler.

 


Präsident Hans Ager: Danke. Dient zur Kenntnis.

Eingelangt sind auch die Anfragebeantwortungen 1903/AB bis 1938/AB, die den An­fragestellern übermittelt wurden. Die Anfragebeantwortungen wurden vervielfältigt und sind bereits allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen. In diesem Zusammenhang verweise ich auf die im Saal verteilte Liste der eingelangten Anfragebeantwortungen.

Den eingelangten Bericht über die Tätigkeit der Volksanwaltschaft im Jahr 2002, Tätig­keitsberichte des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes für die Jahre 2001 und 2002, vorgelegt vom Bundeskanzler, sowie den Antrag 136/A-BR/2003 der Bundesräte Jürgen Weiss, Hans Ager, Anna Elisabeth Haselbach, Ludwig Bierin­ger, Professor Albrecht Konecny, Dr. Peter Böhm, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes habe ich dem Aus­schuss für Verfassung und Föderalismus zur weiteren geschäftsordnungsmäßigen Be­handlung zugewiesen.

Den weiters eingelangten Bericht über die Lage der österreichischen Landwirt­schaft 2002 (Grüner Bericht 2002) und den Bericht der Bundesregierung über Maßnah­men für die Land- und Forstwirtschaft im Jahre 2004 gemäß § 9 LWG habe ich dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ebenfalls zur weiteren geschäftsordnungsmäßigen Behandlung zugewiesen.

Eingelangt sind jene Beschlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind. Ich habe diese Beschlüsse sowie den von mir bereits genannten Antrag 136/A/BR-2003 den in Betracht kommenden Ausschüssen zur Vorberatung zu­gewiesen.

Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen darüber abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet. Ich habe alle diese Vorlagen auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.


Bundesrat
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Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Hans Ager: Ich beabsichtige, die Debatte über die Punkte 5 bis 7 der Tagesordnung unter einem abzuführen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Dies ist nicht der Fall. Wir werden daher in diesem Sinne vorgehen.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsident Hans Ager: Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, gebe ich bekannt, dass mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundes­rates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Professor Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Beschaffung der Euro­fighter-Kampfflugzeuge als teuerste Fehlentscheidung in der Geschichte der Zweiten Republik an den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung vorliegt.

Im Einvernehmen mit der Fraktion und dem Bundesminister für Landesverteidigung verlege ich die Behandlung der Dringlichen Anfrage auf 15 Uhr.

Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

1. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. September 2003 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Ge­setz 2002 und das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert werden (203/A und 210 d.B. sowie 6862/BR d.B.)

 


Präsident Hans Ager: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Kraml übernommen. Ich bitte um den Bericht.

 


Berichterstatter Johann Kraml: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Be­richt des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 24. Septem­ber 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbaugesetz 2002 und das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert werden, liegt Ihnen schriftlich vor. Ich komme zum Beschluss des Ausschusses:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 7. Oktober 2003 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Hans Ager: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zum Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Martina Diesner-Wais. Ich erteile ihr dieses.

 


10.19

Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Zuerst einen wunder­schönen guten Morgen! – Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren im Bundesrat! Ich selbst komme aus dem Waldviertel, das vor einem Jahr von einer furchtbaren Hochwasserkatastrophe heimgesucht wurde. Viele Häuser wurden stark beschädigt, Felder wurden verwüstet, und teilweise konnten Ernten nicht mehr einge­fahren werden.


Bundesrat
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Ein Jahr später werden wir von einer extremen Dürre heimgesucht. Das heiße, nieder­schlagsarme Wetter im Sommer war für viele sicherlich besonders schön – denken wir etwa an den Tourismus und die Getränkeindustrie –, aber in der Landwirtschaft hinter­ließ das heiße Wetter ohne Regen große Schäden.

Im Getreideanbau gab es bereits große Einbußen. Im Kartoffelanbau, insbesondere im Stärkebereich, rechnen wir mit 30 bis 40 Prozent Minderertrag. Im Ackerbau besteht die Möglichkeit einer Ernteversicherung, die aber nicht wirklich die Schäden abdeckt: Bei einem hundertprozentigen Ernteausfall kann der Bauer maximal 20 Prozent erhal­ten. Der gesamte Ernteausfall wird auf zirka 300 Millionen € geschätzt.

Besonders katastrophal sind die Schäden im Grünlandbereich. In meiner Gegend, im Waldviertel, konnte nur der erste Schnitt eingefahren werden, und davon 20 Prozent weniger – der zweite und dritte Schnitt fielen gänzlich aus. Dies hat zur Folge, dass es im Winter zu einer Futterknappheit kommen wird, und daher müssen Raufuttermittel wie Heu und Stroh zugekauft werden. Die Dürre machte aber auch vor anderen Län­dern nicht halt, und daher werden die Preise für Futtermittel noch steigen.

Sie werden sich nun die Frage stellen: Warum gibt es keine Versicherung für das Grünland? – Ich muss Ihnen sagen, sehr viele Bauern hätten lieber eine Versicherung abgeschlossen, als nun wieder als Bittsteller dazustehen, aber bis jetzt besteht keine Möglichkeit dazu.

Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen allen herzlichen Dank dafür aussprechen, dass alle Fraktionen im Finanzausschuss dem Antrag zugestimmt haben, die 3 Millio­nen seitens des Bundes bereitzustellen; diese Summe wird dann auch von den Bun­desländern zur Verfügung gestellt werden. Dieses Geld wird aber nicht breit gestreut, sondern es erhält nur jener etwas, der Futter zukauft und das mit Rechnung belegt und einen Antrag stellt. Die Entschädigung beträgt pro Hektar mindestens 150 € und pro Betrieb maximal 3 000 €. Diese Dürrehilfe ist sicher nur ein Tropfen auf den heißen Stein, soll aber dazu beitragen, dass die geschädigten Bauern nicht Teile ihrer Tierbe­stände zum Verkauf bringen müssen und dadurch einen großen Preisverfall im Rinder­bereich einleiten.

Ich danke Ihnen, dass Sie alle die bedrohliche Lage in der Landwirtschaft erkannt haben und dass wir durch diesen Beschluss gemeinsam einen kleinen Beitrag dazu leisten können, schlimme Auswirkungen zu verhindern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

10.22

 


Präsident Hans Ager: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Bundesrat Winter. Ich erteile ihm dieses.

 


10.23

Bundesrat Ernst Winter (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir heute über Kata­strophenschäden reden, dann muss meiner Meinung nach auch für den Katastrophen­schutz in der Zukunft Platz in der Debatte sein – er wird ein wichtiges Thema sein müssen.

Ich darf Ihnen sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir als sozialdemokra­tische Fraktion werden dem Beschluss des Nationalrates vom 24. September 2003, mit dem das Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz und das Kata­strophenfondsgesetz 1996 geändert werden, unsere Zustimmung erteilen.

Ich kann aus eigener Erfahrung seit der Hochwasserkatastrophe im Vorjahr im Kamp­tal, von der viele meiner Bezirksbewohner und auch viele Freunde betroffen waren, sagen, dass die Hilfe für die Opfer damals wie heute eine politische und auch mensch-


Bundesrat
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liche Verpflichtung für uns ist. Diese Hochwasserkatastrophe war die schlimmste der letzten Jahrzehnte, ja des letzten Jahrhunderts. Wenn wir einerseits von schweren Un­wettern, andererseits von großen Dürreschäden heuer sprechen müssen, so möchte ich sagen, dass es mir und meiner Fraktion wichtig ist, dass wir keine zusätzlichen Wirtschaftsförderungen an große Agrarbetriebe geben, sondern dort helfen, wo wirklich Not ist: Förderungen für jene, die sie verdienen, und nicht Förderungen für jene, die damit verdienen! (Bundesrat Fasching: So ein Schmarren! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wir sind uns hier im Hohen Haus wohl einig darin, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass, wenn es Schäden gibt, geholfen werden muss. Solidarität ist in der heuti­gen Zeit sehr wichtig und sehr wertvoll.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird aber auch der vorbeugende Schutz gerade im Bereich des Hochwassers wichtig sein. Ich glaube, dass die finanziellen Mittel erhöht werden sollten, um wirklich aktiven Hochwasserschutz auch in Zukunft leisten zu können. Natürlich müssen auch die Länder und Gemeinden ihren Beitrag in Bezug auf die Raumordnung leisten. Denn ich glaube, es ist viel besser, vorzubeugen, als in Zukunft immer wieder mit Schäden beschäftigt zu sein, die in der Vergangenheit ungemein großes menschliches Leid verursacht haben oder vielleicht noch verur­sachen werden.

Ich hoffe, wir können bald wichtige und richtige Schritte in diese Richtung hier im Hohen Haus beschließen. – Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.26

 


Präsident Hans Ager: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Haun­schmid. Ich erteile ihr dieses.

 


10.26

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Meine Damen und Herren! Solch dringende Anträge, wie sie von meinem Kollegen Nationalratsabgeordneten Scheuch gestellt wurden, waren und sind wichtig. Bei Katastrophen ist zu helfen und gemeinsam so rasch als möglich eine So­forthilfe zu beschließen. Auch ich möchte mich dem Dank dafür anschließen, wenn ich nur zurückdenke an die Hochwasserkatastrophe, von der nicht nur Niederösterreich, sondern vor allem auch mein Heimatland sehr stark betroffen war. Es ist immer wieder schön, wenn gute Anträge gemeinsam beschlossen werden, und es wäre wunderbar, wenn nicht immer eine Katastrophe Anlass wäre, dass gute Anträge gemeinsam beschlossen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP. – Bundesrat Gasteiger: Das liegt an euch, nicht an uns! – Bundesrätin Schlaffer: Wir haben immer gute Anträge, nur stimmt ihr nicht mit!)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass es wichtig ist, dass diese Umschichtung vorgenommen wird. Es ist wichtig, dass die Katastrophenhilfe in einem beachtlichen Ausmaß sichergestellt wird. Wir haben es heuer bei der Dürre gesehen, dass wir nicht davor gefeit sind, dass immer wieder eine Katastrophe, eine unvorhergesehene Kata­strophe über uns hereinbricht. Wenn sie sich auf den Tourismus heuer teilweise auch sehr positiv ausgewirkt hat, so möchte ich doch feststellen, dass die Missernte in der Folge natürlich auch für die Tourismusbetriebe und für die Konsumenten nicht positiv sein kann, weil eine wesentliche Teuerung stattfinden musste oder muss. Daher ist es umso wichtiger, dass wir vorzeitig und rechtzeitig Schutzmaßnahmen setzen.

Ich bedanke mich an dieser Stelle bei unserem Landesrat Hans Achatz, der voriges Jahr sofort Initiativen in Bezug auf den Hochwasserschutz ergriffen und neue Richt-


Bundesrat
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linien für die Prävention erarbeitet hat. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Es ist nicht so, wie Herr Kollege Matznetter von den Sozialdemokraten gesagt hat, dass in Wien nichts passiert wäre. Auch in Wien sind voriges Jahr wesentliche Mängel zutage getreten, es waren auch Kollegen von mir im zu Wien gehörigen Donauraum sehr betroffen. Sich so mit Lorbeeren selbst zu schmücken wäre angesichts dieser furchtbaren Katastrophe nicht unbedingt notwendig.

Aber ich möchte noch einmal Dank aussprechen an alle, die am Einsatz beteiligt waren, an alle, die voriges Jahr und auch heuer tatkräftig mitgeholfen haben. Egal, wo­her die Hilfe gekommen ist, ob es Nachbarschaftshilfe war, ob Hilfe von der Politik aus geleistet wurde – es war ein großartiges Zusammenhalten, und man sieht daran, dass Österreich in manchen Dingen einmalig und sehr positiv ist. Ich bedanke mich noch einmal. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

10.29

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Frau Kollegin Haunschmid, nachdem ich gesehen habe, dass Sie auf der heutigen Rednerliste nicht mehr aufscheinen, darf ich ... (Bundesrätin Haunschmid: O ja, bei der Dringlichen!) – Ah, bei der Dringlichen. Dann werde ich meine guten Wünsche für Sie später anbringen. (Bundesrätin Haun­schmid: Danke schön!)

Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


10.30

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Damen und Herren! Wir hatten im Vorjahr das große Hochwasser, wir hatten heuer die große Dürre. Was jetzt passiert und worum es heute geht, ist die Katastrophenverwaltung – leider geht es nicht um mehr. Die Katastrophenverwaltung funktioniert in Österreich einigermaßen gut, obwohl es noch einige Unsicherheiten gibt. Die Leute wissen nicht, wie viel sie jetzt von ihren Schäden ersetzt bekommen. Es ist auch nicht so ganz be­kannt ... (Zwischenruf bei der ÖVP.) Eine Bagatelle kriegen sie? Ich habe auch schon einmal gehört, dass es nicht so viel sein soll.

Es gibt dann noch die ORF-Soforthilfeaktion, wo die Spenden von der Regierung ver­doppelt wurden, aber im Nationalrat nicht ganz geklärt wurde, wer zuständig ist, der Herr Finanzminister oder der Herr Bundeskanzler. Vielleicht ist das schon geklärt. Aber letztendlich ging es bei dieser Frage nur um die Katastrophenverwaltung. Was mir aber sehr fehlt, ist, dass man im Vorhinein schon gegen die Entstehung dieser Katastrophen etwas gut, was sehr gut möglich wäre. (Zwischenruf des Bundesrates Fasching.) Wir haben es schon im Vorhinein gewusst, und dass eine Klimaänderung kommt, das ist nicht erst jetzt im Nachhinein bekannt geworden, ich glaube, das wissen die Wissen­schafter schon seit langem.

Es gibt einen zweiten Punkt, den die Wissenschafter und viele andere Leute schon seit langem wissen, nämlich dass es auch einen ökologischen Hochwasserschutz gibt. Dieser ökologische Hochwasserschutz besteht einerseits in Rückbauten von Flüssen. Es gab in Tirol einmal ein Musterprojekt an der Großache, wo das dann mit den Über­flutungen, auch im Vorjahr, einigermaßen gut funktioniert hat und die dort lebenden Menschen dann nicht so sehr betroffen waren. Anstatt dieses Projekt einmal ein bisschen nachzuahmen ... (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Bitte? Ich verstehe Sie jetzt leider nicht. Erkannt haben Sie es noch nicht. Das Gefühl habe ich, denn in Nieder­österreich kommt es sehr wohl trotz der Erkenntnis, dass es Rückbauten geben sollte, vor, dass Flüsse nach wie vor begradigt werden, dass die Uferbebauungen entfernt werden. Das ist am Kamp so, und das ist auch in der Nähe von Hollabrunn so.


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Ein weiteres Problem sind die Flächenversiegelungen. Das ist auch nicht neu und nicht unbekannt. 40 Prozent der Fläche in Österreich sind bewohnbar. 12 Prozent der Fläche Österreichs sind bereits verbaut, und es wird immer wieder neu gewidmet: Täglich werden 15 bis 25 Hektar neu versiegelt. Flächenversiegelungen führen dazu, dass das Wasser schneller abfließt, dass es nicht so gut im Boden versickern kann, das ist bekannt.

Die Widmungspolitik der Gemeinden ist nach wie vor davon geprägt, dass mit Widmun­gen in Bauland leider Geld verdient werden kann und dass Rückwidmungen gerade in Gebieten, wo Überflutungsflächen wären, schwer möglich sind, weil die Leute dann mit finanziellen Verlusten zu rechnen hätten. Hier muss aber gegengesteuert werden, sonst werden die Menschen weiterhin ihre Häuser in überflutungsgefährdeten Gebie­ten bauen. (Ruf bei der ÖVP: Die SPÖ hat ja mit der roten Zone Probleme!) Ich habe kein Problem mit der roten Zone.

Es gibt ein weiteres Problem, für das ich keine Lösung gefunden habe: Durch die Über­flutung von Heizöltanks sind ziemlich viele landwirtschaftliche Flächen kontaminiert worden, auch Grundwasser ist kontaminiert worden. Und was geschieht? – Die Leute kaufen sich wieder Heizöltanks. Es gibt keine Förderung, die einen Anreiz bietet, auf eine andere Energie umzusteigen. Und bei der nächsten Überflutung wird wieder ge­nau das Gleiche passieren, weil es keine spezifischen Förderungen in diesem Bereich gibt. Allein in Salzburg sind bei der Katastrophe im Vorjahr 40 000 Liter aus beschädig­ten Tanks ausgelaufen.

Es gibt dann noch einige andere Probleme: Die Intensivlandwirtschaft, das Waldster­ben, all das führt dazu, dass unser Boden nicht mehr so viel Wasser aufnehmen kann und dass wir beim nächsten Hochwasser wieder nicht geschützt sein werden.

Es ist ja bekannt, dass all diese Katastrophen nicht von allein passieren, dass der Treibhauseffekt sehr wohl dafür verantwortlich ist. Ich denke, das streitet jetzt niemand mehr ab. Das hat vielleicht vor einigen Jahren noch jemand bestritten, aber inzwischen sind sich da alle einig.

Wenn ich mir den Generalverkehrsplan anschaue und die vielen Bürgerinitiativen, die es gibt, die sich fürchten vor der Belastung durch den neuen Verkehr, der aus dem Osten, aus dem Westen kommen wird und dem wir neue Straßen statt neuen Schie­nen zur Verfügung stellen, und wenn ich mir das ElWOG anschaue und daran denke, dass die Windkraftbetreiber wirklich gerne investieren würden, aber keine Möglichkeit dazu haben, ihre Windkraftwerke auch anzuschließen, um im Bereich der Energie CO2 einzusparen, dann muss ich sagen, in diesem Bereich fehlt mir der ökologische Klima­schutz sehr wohl.

Ich würde sagen, für den Bereich der Katastrophenverwaltung gibt es ein Plus/Minus und für den natürlichen Hochwasserschutz und vor allem für den Klimaschutz gibt es nach wie vor ein dickes Minus, da fehlt noch vieles. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

10.35

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet: Herr Bundesrat Kneifel. – Bitte.

 


10.36

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geschätzte Frau Präsiden­tin! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Kerschbaum! Es ist relativ leicht, alles immer auf einen Grund zurückzuführen, monokausal zu argu­mentieren und zu sagen, alles im Bereich des Hochwassers sei auf den Klimawandel zurückzuführen. (Bundesrätin Kerschbaum: Es waren viele Gründe!) Frau Kollegin!


Bundesrat
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Wissen Sie, wann das größte aller Hochwässer war, das in Linz an der Donau je ge­messen wurde? – Im Jahr 1501. Damals war die Donau nicht reguliert, hat sich aus­breiten können nach allen Seiten und auf alle Nebengewässer – und es war das größte Hochwasser damals, die größte derartige Katastrophe. Damals war aber noch keine Rede von einer Klimaveränderung, damals hat es noch keine Industrieabgase gegeben und, und, und.

Sie haben ja nicht ganz Unrecht, Frau Kollegin, aber immer alles auf einen Grund zu­rückzuführen ist ein bisschen zu einfach. Die Dinge sind etwas komplizierter. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber dass wir heute noch immer mit den Folgen der Hochwasserkatastrophe des Vor­jahres beschäftigt sind, ist ein Beweis dafür, wie groß und wie nachhaltig die Auswir­kungen, die Schäden und die Folgen dieser Katastrophe sind. Es haben sich damals viele freiwillige Helfer, Einrichtungen, Institutionen, Private, Medien, Interessenvertre­tungen eingesetzt, um rasch und wirksam zu helfen. Aber wir haben heute noch ein kleines Problem: Weil die Folgen so groß und so nachhaltig sind, ist es nicht möglich, innerhalb einer bestimmten Frist alle Schäden zu beseitigen.

Es wurde im Vorjahr ein Sonderprogramm beschlossen, eine so genannte befristete Sonderprämie für katastrophenbedingte Investitionen nach dem § 108 Einkommen­steuergesetz, und es ist beim besten Willen nicht möglich, bis Jahresende – so lange gilt nämlich diese Sonderregelung – alle Schäden in Ordnung zu bringen. Und es wäre ein Akt der Ungerechtigkeit, diese Sonderbegünstigung, diese Sonderprämie ersatzlos auslaufen zu lassen, wenn man andererseits weiß, dass viele Schäden einfach auf Grund der großen Menge und der Intensität bis Jahresende, wenn diese Prämie ausläuft, nicht beseitigt und die Ersatzinvestitionen getätigt werden können.

Herr Finanzminister! Deshalb ersuche ich Sie, diese Sonderprämie für katastrophenbe­dingte Investitionen gemäß § 108 Einkommensteuergesetz nicht auslaufen zu lassen, weil viele Häuser erst errichtet werden müssen, um dann die Maschinen hineinstellen zu können, Maschinen, die eben dann erst untergebracht werden können, wenn das Gebäude errichtet ist. Das wäre mir ein großes Anliegen, weil gerade gewerbliche, industrielle Investitionen bei manchen Betrieben nicht binnen dieser Jahresfrist getätigt werden konnten.

Deshalb ersuche ich Sie, diese Sonderprämie zumindest um ein weiteres Jahr zu ver­längern, damit auch diese Menschen in den Genuss dieser Förderung kommen. Es stellt ja keine besondere Mehrbelastung für das Budget dar, denn diese Schäden – es kann daran ja nicht mehr herumgedeutelt werden – sind alle objektiv festgehalten, die kennt man ja. Deshalb wäre dies ein Akt der Gerechtigkeit.

Vielleicht bietet das Konjunkturpaket III eine Möglichkeit, diese Maßnahmen hineinzu­verpacken und so auch jenen diese Begünstigung zukommen zu lassen, die es auf Grund der großen Schäden und der Fülle der Investitionen nicht bis Jahresende ge­schafft haben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.40

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Gasteiger. – Bitte.

 


10.40

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Gleich vorweg: Selbstverständlich wird unsere Fraktion dem Gesetzesvorschlag zustimmen. Ich sage „selbstverständlich“ deshalb, weil wir uns die Solidarität mit jenen, denen es schlechter geht, groß an die Fahnen heften. Ich denke, eine Dürrekata-


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strophe ist eine Katastrophe ähnlich der Hochwasserkatastrophe im vergangenen Jahr. Wahrscheinlich wird man große Vorsorgemaßnahmen treffen müssen, um solche Kata­strophen in Zukunft tunlichst zu verhindern.

Erlauben Sie mir einen Satz zur Hochwasserkatastrophe des vergangenen Jahres: Auch meine Gemeinde Kaltenbach, 1 175 Seelen groß, ist letztes Jahr von der Hoch­wasserkatastrophe betroffen gewesen. Insgesamt ist im gesamten Gemeindegebiet ein Gesamtschaden von 27 Millionen Schilling oder 1 962 000 € entstanden: 140 000 € Gesamtschäden bei Privaten, 136 000 € Gesamtschäden bei Gewerbe/Industrie, 193 000 € Gesamtschäden in der Landwirtschaft, 117 000 € bei den Gebietskörper­schaften. Allein die Gemeinde Kaltenbach hat 1 374 000 € an Gesamtschäden zu ver­buchen gehabt.

Da habe ich nicht einmal das Problem, weil es – Gott sei Dank – genügend Spender, Gönner, Helfer und so weiter gibt, die versucht haben, die Schäden zu minimieren. Nur: Wenn ich lese, dass der Herr Bundeskanzler beim 50. Österreichischen Gemein­detag gesagt hat, er verspreche den Gemeinden, sie nicht im Stich zu lassen – Beisatz Getränkesteuer, das Vorhaben Notstandshilfe, Sozialhilfe und das Beispiel in meiner eigenen Gemeinde, die die Unwetterkatastrophe sehr viel Geld gekostet hat, da wir die Zuschüsse des Bundes, aber auch des Landes über Monate nicht bekommen haben –, dann muss ich sagen, das ist eigentlich eine Farce. (Zwischenruf des Bundesrates Kritzinger.) – Ja, ja, das hat auch lange gedauert, und das hat medialen Druck beim zuständigen Herrn Landesrat gebraucht, das weißt du ganz genau, Herr Kollege. Dann ist es relativ rasch gegangen. Innerhalb von drei Tagen war der Regierungsbeschluss dann da, nachdem ich einmal medial aufgeheult hatte.

Auf alle Fälle wünsche ich den durch die Dürrekatastrophe Betroffenen, wenn wir die­ses Gesetz heute beschließen – es ist gut so, dass wir dieses Gesetz beschließen –, dass sie schneller an das Geld kommen, als dies bei uns der Fall war. Uns hat dies letzten Endes sehr viel Geld gekostet.

Aber, sehr geehrte Damen und Herren, auf Grund des klar definierten Wählerauftra­ges, der mich mit einem direkten Mandat für den Tiroler Landtag ausgestattet hat, erlaube ich mir, in meiner letzten Rede hier im Bundesrat – sollte gerade heute nicht noch etwas staatspolitisch Wichtiges und Notwendiges ausbrechen, man weiß ja nie, was passiert – noch ein paar Gedanken zum Ausdruck zu bringen.

Ich kann mich noch gut erinnern: Im April des Jahres 1999, als der Tiroler Landtag be­ziehungsweise meine Fraktion gesagt hat, für mich sei das Bundesratsmandat reser­viert, war ich ursprünglich nicht so wahnsinnig begeistert. Ich hatte mir halt einfach eingebildet, dass ich Mitglied des Tiroler Landtages werden, auch in Innsbruck tätig sein wolle, „mit Gschaftln und Gscheitln“. Auf alle Fälle war das, wenn ich jetzt ein paar Jahre zurückschaue, nicht das Schlechteste, das mir beschert hat, in Wien meine politische Arbeit zu lernen und auch einiges mitzubekommen.

Die Grundlagen der Politik, die Grundlagen – ich war damals ein kompletter Neuling in diesem Geschäft – der Demokratie kann man, glaube ich, nirgendwo besser lernen als im Bundesrat. Zum einen wird man über alle Fraktionen hinweg sehr freundschaftlich, sehr kameradschaftlich aufgenommen. Sollte es einmal irgendwo eine Hilfe brauchen, auch über die Fraktionen hinweg, steht jeder für jeden ein – von den politischen Ge­plänkeln einmal abgesehen. Diese Zeit war insgesamt sehr schön. Ich habe sehr viele Freunde kennen lernen dürfen, auch fraktionsübergreifend, aber in meiner Fraktion ganz besonders. Ich habe in den letzten vier Jahren sehr viele kommen und gehen gesehen. Ich glaube, dass es eine gute Grundlage dafür ist, in Tirol für die Tirolerinnen und Tiroler das Bestmögliche in einer Koalition oder in der Opposition – da wird halt die Zunge dann ein bisschen schärfer sein – zu erreichen. (Zwischenruf des Bundesrates


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Fasching.) – Nein, das liegt nicht an uns. Hör sofort auf, sonst erzähle ich dir gleich noch ein Gschichtl.

Auf alle Fälle war es eine sehr schöne Zeit. Ich habe sehr viel lernen dürfen. Ich möchte mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hier im Hohen Haus bedan­ken, bei den Mitarbeitern aus der Bundesratskanzlei, bei den Mitarbeiterinnen und Mit­arbeitern aus meiner Fraktion, sprich aus der Parlamentsfraktion, die mir, wenn ich etwas gebraucht habe, binnen kürzester Zeit immer zugearbeitet haben, und ich habe das, was ich gebraucht habe, auch bekommen.

Ich möchte meinen Kolleginnen und Kollegen aus der Fraktion danke sagen, aber auch den anderen. Ich möchte mich auch bei den Präsidentinnen und Präsidenten bedan­ken, denn ich bin – ihr kennt mich – eben ein leidenschaftlicher, emotioneller Mensch. Ich habe versucht, nicht in die untere Schublade zu greifen, keine Frage (Zwischen­rufe), aber es sind halt manchmal die Zügel mit mir durchgegangen, und die Präsiden­tinnen und Präsidenten haben eben dann das Pferd immer wieder ein bisschen ge­stoppt. Ich darf mich bei euch bedanken, dass ihr mir immer wieder mahnend auf die Schulter geklopft und gesagt habt: Freund, so geht es aber nicht!

Aber nichtsdestotrotz wünsche ich Ihnen, euch allen und euren Familien viel Gesund­heit. Ich wünsche allen politischen Mandataren, die noch weiterarbeiten – denn ein paar scheiden ja aus – das Beste für unsere Republik Österreich, für die Bürgerinnen und Bürger. Ich wünsche meiner Fraktion selbstverständlich Länder übergreifend, dass sie die nächsten Wahlen genauso gewinnt wie die letzten zwei – selbstverständlich auch bezogen auf die Bundeswahlen. (Bundesrätin Roth-Halvax: In Niederösterreich!) Ich wünsche allen einfach alles Gute.

Ich möchte schließen mit dem Satz: Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

10.48

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Lieber Kollege Gasteiger! Es hat auch uns sehr gefreut, dich hier bei uns zu haben.

Und da du auch die Präsidenten angesprochen hast: Du hast natürlich auch immer wieder dafür gesorgt, dass sie, wenn das so dahingeplätschert ist – auch Präsidenten neigen dann unter Umständen dazu, nicht mehr wirklich alles zu hören –, wieder etwas gehört haben, wenn du deine Meinung artikuliert hast. (Heiterkeit.)

Ich möchte dir wirklich auch im Namen des Präsidenten und des Vizepräsidenten herz­lich für deine Arbeit danken, aber auch für deine kameradschaftliche Art, die wir ja alle hier gespürt haben.

Wir wünschen dir alles Gute, viel Erfolg sowohl in deiner Gemeinde als auch im Land­tag. Ich bin überzeugt davon, du wirst auch im Landtag ein sehr geschätzter Mandatar sein. Alles, alles Gute! (Allgemeiner Beifall.)

Zum Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Hagen. – Bitte.

 


10.49

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsiden­tin! Herr Minister! Frau Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Nach solch einem Abgang, muss man jetzt sagen, ist es relativ schwierig, wieder zur Tagesord­nung zurückzufinden. (Zwischenruf des Bundesrates Gasteiger.) Ich möchte deswe­gen auch nicht unbedingt über das Hochwasseropferentschädigungsgesetz sprechen, wobei es für mich (Bundesrat Weiss: Eine Abschlussrede!) – das ist für mich keine Ab­schlussrede – ein Gesetz ist, das einmal hinter die Kulissen blicken lassen sollte, denn bei Katastrophen gibt es immer Hilfseinsätze. Es gibt Leute, die sich zur Verfügung


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stellen, die dort helfen, ihre Freizeit zur Verfügung stellen, teilweise sogar ihren Job riskieren.

Deswegen möchte ich heute über die Hilfestellung durch die Feuerwehren sprechen und hier Vorschläge für gesetzliche Grundlagen machen, die man in Zukunft vielleicht speziell in den Ländern behandeln sollte. (Bundesrat Weiss: Bundesgesetzgebung!) Wir sind ja die Länderkammer, deswegen möchte ich das hier einmal anschneiden, da­mit man vielleicht in den Ländern die ersten Schritte setzt und dann in der Bundesge­setzgebung zu einem gemeinsamen Nenner kommt.

Die Feuerwehren helfen, wo Not am Mann ist, und das ist natürlich bei Katastrophen­einsätzen speziell der Fall. Es handelt sich oft um sehr lange, ja tagelange Einsätze. Ich glaube, dass wir hier gefordert sind, gesetzliche Bestimmungen zu schaffen.

Wenn man nämlich mit Feuerwehrleuten spricht und dann hört, dass sie für einen Ein­satz – normalerweise erfolgt dieser in der Freizeit –, wenn sie vom Job weggehen, Ur­laub nehmen müssen und teilweise nicht mehr bei der Feuerwehr mitmachen können, weil die Betriebe sagen, es komme sie zu teuer, wenn jemand weg ist, dann müssen wir hier einmal darüber nachdenken, welche Maßnahmen wir hier setzen können, um diese Betriebe zu entschädigen und diesen Feuerwehrleuten, die ihre Freizeit für Pro­ben und so weiter zur Verfügung stellen, die ihr Leben im Einsatz riskieren, durch ge­setzliche Bestimmungen zu garantieren, dass sie diese Hilfseinsätze wahrnehmen können.

Wir müssen uns im Klaren sein, dass die Gemeinden im Prinzip Leute rekrutieren, zwangsverpflichten könnten, wenn es nicht so viel Freiwillige gäbe, die diese Arbeit wahrnehmen. Man muss den Hut ziehen vor diesen Leuten für ihren Einsatz, für die vielen Stunden, die sie in diese Aufgabe investieren, um der Allgemeinheit zu helfen.

Ich glaube, dass das ein ganz wichtiges Thema ist, das hier aufgegriffen werden sollte. Vielleicht auch eine Empfehlung an die Bundesregierung: Vielleicht könnten wir ge­meinsam einen Antrag hier einbringen in die Richtung gehend, dass es ein Entschädi­gungsgesetz für Betriebe geben sollte, die diese Leute zur Verfügung stellen oder vom Arbeitsplatz weggehen lassen.

Mit Schaudern hat mich allerdings ein Artikel in den Vorarlberger Medien vor einigen Tagen erfüllt. Da gibt es einen grünen Landtagsabgeordneten namens Rauch – der Name ist vielleicht bezeichnend dafür, dass ihm die Feuerwehr nicht so gut gefällt, vielleicht sieht er es gerne rauchen –, der den Vorschlag gemacht hat, Feuerwehren zusammenzulegen. Das halte ich schon für etwas schwierig. Ich muss mich schon fragen, wie eine Zusammenlegung von Feuerwehren funktionieren soll. Habe ich dann zum Beispiel im Bezirk Bregenz drei Feuerwehren, kommen die dann eine halbe Stun­de später, wenn der Brand vorbei und alles runtergebrannt ist? – So kann es nicht sein!

Ich meine, dass wir die Arbeit der Feuerwehren schätzen sollten. Die Feuerwehren sind mittlerweile landesmäßig so gut organisiert, dass sie genau festlegen, welche Region welches Fahrzeug anschafft, welche Gerätschaften dort benötigt werden. Das wird dann aufgeteilt, Nachbarschaftshilfe wird groß geschrieben.

Ich meine allerdings, es wäre der falsche Weg, wenn Feuerwehrhäuser aufgelöst würden, wie man es bei den Gendarmerieposten teilweise gemacht hat, wogegen die Grünen waren, aber für die Auflösung von Feuerwehren treten sie plötzlich ein. Das ist, glaube ich, der falsche Weg. Das kann ich nur auf das Schärfste verurteilen.

Ich sage einfach: Es ist notwendig, dass jede Gemeinde eine Feuerwehr hat – und zwar angesichts der vielen Aufgaben, die die Feuerwehren wahrnehmen, sei es der Verkehrsdienst bei Veranstaltungen, sei es die Brandwache bei Veranstaltungen. Wenn man bei Versammlungen der Feuerwehr hört, wie viele Einsätze und wie viele


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Aktionen diese Leute freiwillig machen und wie viel Zeit sie dafür aufwenden, dann muss man, glaube ich, sagen, es ist der falsche Weg, wenn man Feuerwehren auf­lösen möchte. Das kann es nicht sein.

An die Kollegen der grünen Fraktion: Wenn Sie mit Ihrem Kollegen Rauch ein ernstes Wörtchen sprechen, sieht er das vielleicht auch ein. Bei Leuten, die solche Vorschläge machen, ist es dann meist so: Wenn es dann bei ihnen wirklich einmal raucht, dann kommt ihrer Ansicht nach die Feuerwehr viel zu spät. Man muss einmal wissen, wie es ist, wenn man solch einen Schaden hat und wartet, aber es kommt niemand.

Das ist genauso bei der Exekutive mit der Ausdünnung des ländlichen Raumes, wie wir es jetzt haben. Ich kann Ihnen auch hier noch ein Beispiel bringen. In meinem Bezirk ist es leider so, dass man jetzt Patrouillen streicht, weil man kein Personal mehr hat. Ich habe seit zehn Jahren darauf aufmerksam gemacht. Schon unter den SPÖ-Innen­ministern, wie sie auch alle geheißen haben, habe ich vorausgesagt, dass es ein Sicherheitsdefizit geben wird.

Da sollte man Schritte setzen. Wir sind heute so weit, dass wir, wie gesagt, verschie­dene Aufgaben mit der Exekutive im Hinblick auf Sicherheit nicht mehr bewerkstelligen können. Da haben wir große Probleme. Bitte, Finger weg von der Feuerwehr! Das wäre, glaube ich, der falsche Weg.

Kurz noch zum Herrn Finanzminister. Das Hochwasseropferentschädigungsgesetz ist für mich immer so etwas, was mir ein bisschen unter den Fingernägeln brennt. Ich kann mich erinnern: Es war vorgesehen eine Steuerreform 2003, diese ist von der Regierung Schüssel I geplant gewesen. Die damalige Regierung hat aber gesagt, dass man ziemlich viel Geld für die Entschädigung der Hochwasseropfer brauche. Man hat, glaube ich, von 2 Milliarden € oder sogar mehr gesprochen. Jetzt höre ich, dass eigent­lich nur die Hälfte dieses Geldes verbraucht worden ist.

Eine Empfehlung an den Herrn Finanzminister: Da müssten noch Ressourcen vorhan­den sein, die man jetzt vielleicht umschichten und für eine vorgezogene Steuerre­form 2004 verwenden könnte.

Meine Bitte an Sie, Herr Finanzminister, lautet, dass Sie dieses Geld suchen. Vielleicht ist es irgendwo im Ministerium verschwunden. Vielleicht finden Sie es und bringen es in eine vorgezogene Steuerreform 2004 ein. Ich glaube, die Österreicher würden es Ihnen danken, und das steht ihnen auch zu. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

10.57

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bun­desrat Molzbichler. – Bitte.

 


10.57

Bundesrat Günther Molzbichler (SPÖ, Kärnten): Frau Präsidentin! Frau Staatssekre­tärin! Herr Bundesminister! Im Zusammenhang mit den enormen Schäden, die durch die Unwetter in Kärnten im heurigen August verursacht wurden, gab es eine Erklärung des Herrn Bundeskanzlers bei der Eröffnung der Kärntner Herbstmesse, wo der Herr Bundeskanzler verlautete, es gäbe 1 Million € als Entschädigung für die Hochwasser­opfer im Gailtal.

In der Debatte über den gegenständlichen Gesetzesantrag im Nationalrat am 24. Sep­tember 2003 hat der Kärntner FPÖ-Abgeordnete Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ausgeführt, er sei froh, berichten zu können, dass für das Bundesland Kärnten große Teile dieser Entschädigung bereits geflossen sind. Die Geldmittel seien bei den Betroffenen ange­kommen und die Regierung habe dafür gesorgt, dass jeder Betroffene in Kärnten in der gleichen Höhe wie jeder Betroffene in Oberösterreich Entschädigungen bekomme.


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Herr Kollege Scheuch spricht unter anderem von 2 Millionen €, die geflossen sein sollten. – Ich weiß nur nicht, wohin, wahrscheinlich in die Wüste Gobi, denn dieser Geldfluss ist in Kärnten bis dato noch nicht angekommen.

Frau Kollegin Mag. Scheucher von der ÖVP sprach vor kurzem von der Zahlung einer weiteren Million für die Entschädigung der Hochwasseropfer im Gailtal. – Auch da ist bis heute noch nichts vorhanden. Diese Aussagen der Kärntner Abgeordneten sind bedauerlicherweise so nicht wahr, denn bisher sind von den öffentlichen Mitteln nur 72 000 € geflossen, welche über das Nothilfswerk zirka 16 betroffenen Familien über­wiesen wurden. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Grasser.) – Herr Bun­desminister! Bis dato haben wir davon noch gar nichts gesehen, also ist es für mich nicht relevant.

Daher bringe ich folgenden Entschließungsantrag zur Verlesung:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Molzbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gleichbehandlung des Bundeslandes Kärnten bei der Entschädigung für Hochwasserschäden im Rahmen des Hochwassers 2003, eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 1

Der Bundesrat wolle beschließen:

Entschließung

Die Bundesregierung wird ersucht, den durch die Hochwasserschäden im Som­mer 2003 betroffenen und geschädigten Kärntnerinnen und Kärntnern raschest die zugesagten Mittel zu überweisen. Die Höhe dieser Entschädigungen soll für vergleich­bare Schäden sich an jenen Entschädigungen orientieren, die im Bundesland Ober­österreich und Niederösterreich gewährt wurden.

*****

(Bundesrätin Roth-Halvax: Wir reden ja von 2002! Wir reden ja vom Gesetz 2002!) Das ist schon klar, ja, aber in diesem Entschließungsantrag geht es um das Jahr 2003, um die Kärntnerinnen und Kärntner im Gailtal, wo heuer große Hochwasserschäden verursacht worden sind. Die Versprechungen sind bis dato nicht eingelöst worden (Zwi­schenruf des Bundesrates Ing. Franz Gruber), und mich stört es gewaltig, Kollege Gruber, dass diese Geldmittel, die versprochen wurden, nicht geflossen sind. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.01

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Der Antrag der Bundesräte Molzbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gleichbehandlung des Bundeslandes Kärnten bei der Entschädigung für Hochwasserschäden im Rahmen des Hochwassers 2003 ist ge­nügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Grasser. – Bitte.

 


11.01

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Frau Vizepräsidentin! Hoher Bundesrat! Ich wollte mich nicht am Schluss der Debatte noch zu Wort melden, ich bitte, das nicht als Unhöflichkeit zu verstehen, ich hätte es auch nicht gemacht, aber ich will jetzt einfach aufklären, nämlich was den Entschließungsantrag betrifft.


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Erstens ist es mir ein Anliegen, zu sagen: Selbstverständlich behandeln wir alle Bun­desländer gleich! Ich bitte, das einfach anzuerkennen, das ist überhaupt keine Frage. Ob es jetzt Schäden an Hab und Gut Privater oder Schäden in der Infrastruktur sind, wir behandeln jedes Bundesland gleich. Natürlich ist klar, dass – was das Hochwasser­opferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz und die Bundesmittel, die geflossen sind, betrifft – für die Schäden Privater vor allem in Niederösterreich und in Oberöster­reich, teilweise auch noch in Salzburg eine Schwerpunktsetzung erfolgt ist. Ich denke, das ist klar mit der Schadenslage verbunden. Auch was die Infrastruktur betrifft, waren Niederösterreich und Oberösterreich leider unter jenen Bundesländern, die am stärks­ten geschädigt waren.

Ich darf noch einmal die Zahlen im Zusammenhang mit Kärnten anführen, Herr Bun­desrat Molzbichler: für Schäden an Hab und Gut Privater 0,5 Millionen € und für Schä­den an der Infrastruktur 2,9 Millionen €. Kärnten hat heuer im März 500 000 € überwie­sen bekommen – für andere Dinge, als Sie angesprochen haben –, und Kärnten wird, wie vereinbart mit dem Bundesland Kärnten, am 1. Oktober 1 Million € für das Gailtal überwiesen bekommen.

Entschließungsanträge zu stellen steht jedem frei. Ich kann nur sagen: Es wird jeder gleich behandelt! Das ist sichergestellt! Die Mittelüberweisung geschieht – wie zu­gesagt, und zwar auch vom Herrn Bundeskanzler – am 1. Oktober. (Bundesrätin Schicker: Ist geschehen!)

Ich möchte mich, wenn ich schon am Wort bin, ganz grundlegend auch dafür bedan­ken, dass es in dieser Angelegenheit eine Gemeinsamkeit von Nationalrat und Bun­desrat gibt. (Bundesrat Bieringer: Die Überweisung ist bereits geschehen! 1. Okto­ber! – Bundesrätin Schicker: Die Überweisung ist geschehen!) – Die Überweisung ist geschehen, vielen Dank, ich bin offensichtlich mit dem Terminkalender ein bisschen durcheinander. (Bundesrat Konecny: Angekommen?) Die Überweisung sollte bereits geschehen sein. (Bundesrat Konecny – in Richtung des Bundesrates Molzbichler –: Ruf einmal an, ob es schon angekommen ist!)

Ich möchte mich, wie gesagt, dafür bedanken, dass man, angesichts der vielen Dinge, die politisch oft trennend sind, in dieser Frage, wo es um eine wirkliche Solidarität für die Opfer gegangen ist, die Gemeinsamkeit gefunden hat. In jeder Phase war das so. Ich denke, dass es enorm wichtig war, dass man von Beginn an signalisiert hat, schnelle Hilfe ist angesagt. Sie wurde von uns allen geleistet, im politischen Konsens.

Das war wichtig, um den Betroffenen wieder Hoffnung zu geben und eine Perspektive entstehen zu lassen. Wir können uns alle vorstellen, wie es ist, wenn das Haus über­schwemmt wird. Einige von Ihnen waren wahrscheinlich vor Ort, ich war vor Ort, wir haben das Ausmaß der Katastrophe gesehen, und ich kann sagen: Dieser politische Schulterschluss, dieses Zeichen der Solidarität, auch die riesige Spendenbereitschaft, die es seitens der Österreicherinnen und Österreicher gegeben hat, sind Beweis dafür, dass man in unserem Land, wenn jemand in Not ist, zusammensteht. Ich danke Ihnen für diese politische Bereitschaft. (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen und den Grünen.)

11.04

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


11.05

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sie haben natürlich vollkommen recht, Herr Bun-


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701. Sitzung / Seite 45

desminister, es war wichtig, in dieser Situation rasch zu handeln, und es wurde in einer großen gemeinsamen Aktion auch rasch Hilfe geleistet.

Was mich in diesem Zusammenhang nur interessieren würde: Die Bundesregierung hat damals 18 Millionen € an Spendengeld zur Verfügung gestellt – obwohl: das mit den Spenden ist so eine Sache, ich würde eher sagen, sie hat auf Steuereinnahmen der betroffenen Gebiete verzichtet –, und interessant wäre es, natürlich auch im Sinne der Spender, zu wissen, für welche Zwecke dieses Geld im Speziellen eingesetzt wurde.

Ich habe mich aber eigentlich zu Wort gemeldet, um die Vorarlberger Diskussion hier doch ein bisschen zurechtzurücken. (Zwischenruf des Bundesrates Weiss.) – Die von Herrn Hagen aus Vorarlberg entfachte Diskussion.

Meine Damen und Herren! Es ist keinesfalls daran gedacht, in Vorarlberg eine Entvöl­kerung an Feuerwehren vorzunehmen, sondern der Vorschlag des Landtagsabgeord­neten Rauch zielte lediglich darauf ab, in Kleinstgemeinden eine gemeinsame Nutzung von Feuerwehrhäusern vorzusehen. Im gesamten Spitalswesen zum Beispiel wird überlegt beziehungsweise werden Pläne entworfen, wie Geräte optimiert werden können, indem sie gemeinsam genützt werden, und auch in diesem Fall kam der Vor­schlag, im Zusammenhang mit der technischen Ausstattung der einzelnen Feuerweh­ren so genannte Feuerwehrschwerpunkte zu schaffen, wo die teuren Geräte, von Atemschutzgeräten bis hin zu schweren Löschfahrzeugen und so weiter, konzentriert sind, um in den Kleinstfeuerwehren das Engagement der lokalen Bevölkerung zu unterstützen. Das ist genau das, was Herr Hagen so sehr begrüßt hat. Darum ist es gegangen, aber keineswegs um eine feuerwehrmäßige Verarmung Vorarlbergs.

Das Vereinsgesetz und die entsprechenden Belastungen in den letzten Jahren für Feuerwehrfeste, die für das Fund-Raising ganz wichtig sind, waren ein härterer Schlag gegen die Feuerwehren als der Vorschlag, einen Geräteplan zu erstellen, nach wel­chem zentrale Feuerwehrschwerpunkte mit schwerem Gerät geschaffen werden. – Nichts anderes war gemeint, und das wollte ich hier zurechtrücken. (Beifall bei den Grünen, der SPÖ und des Bundesrates Bieringer.)

11.07

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist geschlos­sen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Molzbichler und Kollegen auf Fassung einer Ent­schließung betreffend Gleichbehandlung des Bundeslandes Kärnten bei der Entschädi­gung für Hochwasserschäden im Rahmen des Hochwassers 2003 vor.

Ich lasse nun über diesen Entschließungsantrag abstimmen und bitte jene Bundes­rätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Ent­schließung ist daher abgelehnt.


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2. Punkt

Antrag der Bundesräte Jürgen Weiss, Hans Ager, Anna Elisabeth Haselbach, Ludwig Bieringer, Professor Albrecht Konecny, Dr. Peter Böhm, Stefan Schenn­ach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung des Bundes-Verfassungsge­setzes (136/A-BR/2003 sowie 6863/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Ing. Gruber übernommen. Ich bitte Ihn um den Bericht.

 


Berichterstatter Ing. Franz Gruber: Frau Vizepräsidentin! Herr Finanzminister! Frau Staatssekretärin! Hoher Bundesrat! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfas­sung und Föderalismus über den Antrag der Bundesräte Jürgen Weiss, Hans Ager, Anna Elisabeth Haselbach, Ludwig Bieringer, Professor Albrecht Konecny, Dr. Peter Böhm, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher erübrigt sich dessen Verlesung, und ich komme sogleich zur Antragstellung.

Als Ergebnis seiner Beratung stellt der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus somit den Antrag, der Bundesrat wolle gemäß Artikel 41 Abs. 1 B-VG beschließen, dem Nationalrat den dem schriftlichen Ausschussbericht angeschlossenen Gesetzes­vorschlag zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung zu unterbreiten.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein. Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Bundesrat Weiss. – Bitte.

 


11.11

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Vizepräsidentin! Frau Staatssekre­tärin! Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen! So uneinig wir uns im Som­mer über den Inhalt des Budgetbegleitgesetzes waren, so übereinstimmend war das Unbehagen mit der Rechtsform einer Paketlösung mit 90 einzelnen Bundesgesetzen. Dieses Unbehagen ist ebenso parteiübergreifend wie die durch viele Jahre zurückzu­verfolgende Nutzung durch die verschiedensten Regierungskonstellationen, wobei den Grünen noch die Gnade der späten Geburt zukommt. (Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.)

Ab welcher Schwelle die Quantität einer Sammelnovelle in das qualitative Problem einer Verletzung des parlamentarischen Prinzips umschlägt und ob es eine solche zah­lenmäßige Schwelle überhaupt gibt, das wird der Verfassungsgerichtshof klären, aber selbst unter der Annahme der Verfassungsmäßigkeit, von der ich jetzt einmal ausgehe, ist die Rechtsform einer umfangreichen Sammelnovelle aus mehreren Gründen proble­matisch.

Erstens: Wie der Verfassungsgerichtshof selbst zum Pensionsreformgesetz 2000 fest­gestellt hat, ist diese gesetzgeberische Praxis der Erkennbarkeit des Rechts – ich zitiere – äußerst abträglich.

Zweitens: Die Zusammenfassung von Gesetzesbeschlüssen führt, häufig noch in Ver­bindung mit Zeitdruck, in der Praxis dazu, dass das Begutachtungsverfahren entweder von selbst ins Leere läuft oder gar ins Leere laufen gelassen wird. Das ist für die Qualität und Praxistauglichkeit der einzelnen Gesetze außerordentlich nachteilig.


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Drittens: Im Bereich der Gesetzgebungsorgane wird die sorgfältige Beratung durch die fachkundigen und zuständigen Ausschüsse unterlaufen, wenn sie im Budget- bezie­hungsweise im Finanzausschuss konzentriert wird. Auch das ist der Qualität der Ge­setze nicht förderlich.

Viertens: Die übertriebene Nutzung von Sammelnovellen entwertet auch die legisti­schen Richtlinien der Bundesregierung, wonach die Verbindung einzelner Gesetzes­änderungen zu einem einzigen Gesetzesbeschluss nur ausnahmsweise und nur bei sachlichem Zusammenhang zulässig ist. Wie schon bei früheren Budgetbegleitgeset­zen, die teilweise sogar noch eine Vermischung mit Verfassungsbestimmungen vor­sahen, wurde auch im letzten Anlassfall die Berufung auf diese Ausnahme etwas überstrapaziert. Es wurden nämlich Gesetze nicht nur novelliert, sondern mehrfach auch neu geschaffen. Ein sachlicher Zusammenhang mit dem Budget ist beispiels­weise bei einer verschärften Bonitätsprüfung im Glücksspielgesetz, bei der Festlegung einer Gültigkeitsdauer von Rezepten des Arztes und bei vorübergehenden Maßnah­men im Bereich des Strafaufschubes nicht zu erkennen.

Fünftens: Durch Sammelgesetze wird die parlamentarische Diskussion stark kompri­miert. Im Jahre 2000 hatten wir im Bundesrat 107 Gesetzesbeschlüsse zu behandeln, im Jahre 2001 waren es 150, und das wegen der Neuwahlen verkürzte Jahr 2002 brachte es auf 101 Gesetzesbeschlüsse. Heuer werden wir bis Ende Oktober 63 Ge­setzesbeschlüsse behandelt haben. Mit dem jüngsten Budgetbegleitgesetz allein kamen wir auf 90 Bundesgesetze. Das ist im Durchschnitt der letzten Jahre nahezu eine gesamte Jahresproduktion. Dass auf diese Weise viele Einzelfragen nicht mehr mit der wünschenswerten Klarheit und der notwendigen Transparenz für die Öffent­lichkeit diskutiert werden können, liegt auf der Hand.

Sechstens können durch die Einbindung in ein Paket umstrittene und für sich allein abzulehnende Regelungen auch politisch immunisiert werden; im Sinne einer Güterab­wägung müssen sie zähneknirschend in Kauf genommen werden. Auf diese Weise wird vor allem den Ländern immer wieder ein Einverständnis abgenötigt, das für ein­zelne Maßnahmen an sich nicht so zu erhalten gewesen wäre. Sammelnovellen können somit auch als Instrument unsachlicher Junktimierung eingesetzt werden.

Schließlich wird siebtens auch das Einspruchs- und Zustimmungsrecht des Bundes­rates durch die politische Wirkung eines Sammelgesetzes faktisch ins Leere laufen ge­lassen. Vom Umfang her ist das so, als ob der Bundesrat nur einmal oder zweimal im Jahr zusammentreten und die in der Zwischenzeit angefallenen Gesetzesbeschlüsse unter einem absegnen würde. Es liegt auf der Hand, dass auch auf diese Weise die Funktion einer zweiten Kammer ausgehöhlt werden würde.

Mit der Vorlage eines Gesetzesantrages an den Nationalrat wollen wir dieser Aushöh­lung in sachgerechter Weise entgegenwirken. Wir würden damit ein der zweiten Lesung im Nationalrat vergleichbares Instrument in die Hand bekommen, ohne so weit gehen zu wollen, auch ein einzelnes Gesetz aufzuschnüren, was natürlich zum legisti­schen Problem unvollständiger Gesetze führen könnte. Darum geht es ausdrücklich nicht, sondern um die Wiederherstellung jenes eigentlich natürlichen Zustandes, der ohne die Zusammenfassung in einer Sammelnovelle bestehen würde.

In diesem Zusammenhang möchte ich noch eine offene Frage ansprechen, nämlich die nach dem weiteren Schicksal von Gesetzesanträgen des Bundesrates. Sie werden dem Nationalrat übermittelt und dort dem zuständigen Ausschuss zugewiesen. Im Gegensatz zu Gesetzesanträgen, die von einzelnen Nationalratsabgeordneten einge­bracht werden, gibt es selbst für einstimmig zustande gekommene Anträge des Bun­desrates keine dem § 69 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Nationalrates entspre-


Bundesrat
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chende Möglichkeit, eine spätestens innerhalb von drei Monaten stattfindende erste Lesung zu verlangen.

Natürlich könnte man auf die Idee kommen, unser Anliegen zusätzlich von wohl ge­sonnenen Abgeordneten als Selbständigen Antrag einbringen zu lassen, um auf diese Weise eine inhaltliche Behandlung im Nationalrat zu erreichen. Befriedigend wäre das natürlich nicht, und daher sollten wir – am besten wieder gemeinsam – darauf einwir­ken, dass die Parlamentsklubs nicht nur von einer Stärkung des Bundesrates reden, sondern auch an ihr arbeiten.

Vielleicht kann auch unser Tiroler Bundesratspräsident dem Tiroler Nationalratspräsi­denten sagen: Mander, ’s ist Zeit! (Allgemeiner Beifall.)

11.17

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Professor Konecny. – Bitte.

 


11.17

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Vizepräsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Vizepräsident Weiss hat ... (Ruf bei der ÖVP: Frau Staatssekretärin!) Frau Staatssekretärin – aber doch nicht zum Gegenstand, Sie arbeiten ja noch an etwas. Ich wollte Sie nicht stören. (Staatssekretärin Haubner: Aber ich habe ein großes Ohr!) Sie haben ein großes Ohr, gut. (Neuerlicher Zwischenruf bei der ÖVP.) Der Zwischenruf war auch sehr typisch.

Herr Vizepräsident Weiss, dem ich trotz dieses unqualifizierten Zwischenrufes das ihm zustehende Lob nicht vorenthalten will, hat ... (Bundesrat Dr. Kühnel: Wenn man eine Dame nicht begrüßt, dann ist das bitte letztklassig! – Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.) Gut, Herr Kollege, wenn Sie sonst keine Sorgen haben.

Ich habe die Frau Staatssekretärin begrüßt, als sie hereingekommen ist, aber ich rede sie auch gerne an, obwohl Sie mit dem Gegenstand tatsächlich nichts zu tun hat. Wir beschäftigen uns jetzt mit unserem Antrag an den Nationalrat. – Vielleicht nehmen Sie das einmal zur Kenntnis, werter Kollege.

Ich nehme einen dritten Anlauf, um mich bei Herrn Vizepräsidenten Weiss zu bedan­ken; vielleicht wird Sie das doch so weit beruhigen, dass Sie zuhören können. Ich meine, dass das eine wirklich wichtige und – das sage ich auch sehr ehrlich – mutige Initiative war. Ich will auch überhaupt nicht verhehlen, dass ich von diesem Antrag, den wir zwar alle unterschrieben haben, den aber Herr Vizepräsident Weiss ausgearbeitet und uns unterbreitet hat, sehr beeindruckt war.

Man muss – und das wurde schon gesagt – klar sehen, dass es zwar nicht diese Bundesregierung war, die die Sammelnovellen erfunden hat, wahrlich nicht, ich will auch keinen politischen Vorwurf daraus destillieren, aber wenn es etwas gibt, dann wuchert es. Das ist nicht nur bei Krebsgeschwüren, sondern auch bei verfassungs­rechtlich problematischen Regelungen der Fall.

Diese Sammelnovellen haben über die Jahre eine massive Tendenz gehabt, immer umfangreicher zu werden. Am Anfang ging es darum, dass gleich gelagerte Themata durch eine Reihe von Gesetzen geregelt werden sollten – wir kennen alle die völlig unproblematischen Sammelnovellen, in denen sämtliche sozialversicherungsrechtliche Regelungen in einem oder mehreren Punkten analog geändert werden –, und bei den Budgetbegleitgesetzen, wo das schon früher sehr viel breiter angelegt war, waren es zumindest noch Themata, die tatsächlich mit dem Budget in Verbindung standen, weil sie unmittelbar die Grundlagen geschaffen haben, auf denen die Budgetzahlen aufge­baut haben.


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Es ist aber kein Zufall, das dieser Antrag jetzt eingebracht und, wie ich unterstellen darf, einstimmig beschlossen wird, denn wir haben mit dem heurigen Budgetbegleitge­setz doch eine neue Qualität erreicht, weil darin ausdrücklich Themen inkludiert waren, die mit dem zu beschließenden – nicht von uns, vom Nationalrat beschlossenen – Budget in keinem sachlichen Zusammenhang standen, sondern wo eben vieles unter­gebracht wurde.

Es hat auch – daran ist zu erinnern – im Bundesrat eine politische Situation gegeben, wo Mitglieder dieses Hauses – Vizepräsident Weiss hat das angesprochen – sich über­legen mussten: Was kaufen sie jetzt mit ihrer Stimme mit? – Ich kann sachlich und ver­fassungsrechtlich nicht einsehen, wieso ein Mandatar, der vielleicht für die Pensions­reform ist, aber den Ankauf der Eurofighter nicht für der Weisheit letzten Schluss hält (demonstrativer Beifall des Bundesrates Mag. Gudenus) – das werden wir heute noch diskutieren können –, keine Möglichkeit haben soll, das durch sein Abstimmungsver­halten zum Ausdruck zu bringen. Verbal kann er alles tun, aber selbst der Abgeordnete zum Nationalrat kann zwar in zweiter Lesung sozusagen seine Herzensstimmung zum Ausdruck bringen, aber dort, wo es gilt – nämlich dort, wo das Gesetz in der vorgeleg­ten Fassung abgestimmt wird –, sind es nicht nur die Bundesräte, die in einer Güterab­wägung sagen müssen: Ja, doch nicht!, oder eben, wie das Herr Kommissar Fischler bei seiner ersten Brüsseler Pressekonferenz so schön gesagt hat: Dann müssen wir die Krot halt schlucken. – Er hat das mit anderer, kehligerer Stimme gesagt, aber ich imitiere das nicht.

Ja, genau das ist es! Ich glaube, das ist mit dem Respekt vor der parlamentarischen Entscheidung hier und im Nationalrat nicht zu vereinbaren, wobei – und auch darauf wurde bereits hingewiesen, das ist ja der Kern dieses Antrages – dem Bundesrat faktisch ein Einspruchsrecht genommen wird oder, wie man es auch sagen könnte, ein Einspruch aufgezwungen wird.

Stellen wir einmal theoretisch den Fall in diese Halle, es hätte aus der Überlegung heraus – nehmen wir an, wir hätten sie geteilt! –, dass das unsozial ist, der Bundesrat gemeint, die Pensionsreform sollte in dieser Form vom Bundesrat beeinsprucht wer­den! Wir hätten überhaupt keine andere Möglichkeit gehabt, als die Frist, die wir darin für den Abschluss des Kaufvertrages betreffend die Eurofighter gehabt haben, hinaus­zuschieben, was immer die individuelle Haltung eines Mitglieds des Bundesrates ge­wesen wäre, und umgekehrt! – Das meine ich mit „Zwang zum Einspruch“. Wenn ich gegen einen Punkt den begründeten Einspruch erhebe, kann ich trotzdem nur die gesamte Vorlage in den Nationalrat zurückschicken und blockiere, wo es Fristenläufe gibt, damit vielleicht etwas, was ich gar nicht blockieren will.

Es ist also nicht nur die eine Seite, dass wir keinen punktuellen Einspruch erheben können, sondern wir sind allenfalls auch – wir haben es nicht getan – zu einem umfas­senden Einspruch gezwungen, der so gar nicht intendiert ist. – Sehen Sie, da bin ich schon sehr an der Grenze dessen, was der Entscheidungsfähigkeit eines Parlaments zumutbar ist.

Deshalb unterstützen wir diesen Antrag aus ganzem Herzen, wissen, was der unmittel­bare Anlass war, wo es eben auch im Bundesrat zu einer schwierigen Situation gekom­men ist, aber wir wollen das ganz bewusst nicht als politische Waffe verwenden und sagen: Diese Regierung – da muss ich jetzt zur Frau Staatssekretärin zeigen, sonst bin ich wieder unhöflich – hat uns das eingebrockt!, sondern sagen: Hier geht es um ein grundsätzliches Problem, von dem wir alle gleichermaßen betroffen sind! Das ist unabhängig davon, ob wir Opposition oder Regierungspartei sind. Wir wissen ja, so etwas kann sich ja auch relativ rasch ändern.


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Darüber hinaus sollten wir ein Zweites tun – auch da stimme ich dem Herrn Vizepräsi­denten Weiss emphatisch zu –: Es kann einfach nicht hingenommen werden, dass wir wohl überlegte, wohl begründete und im gegenständlichen Fall offensichtlich einstim­mig beschlossene Gesetzesvorschläge dem Nationalrat unterbreiten und dass das Einzige, das wir tun können, die Möglichkeit ist, uns im Kalender zum voraussichtlichen Datum der nächsten Nationalratswahl einzutragen: Wieder einbringen, weil mit Ende der Gesetzgebungsperiode verfallen!.

Ob das von Präsident zu Präsident geht – der Herr Präsident ist gerade in seinen Amtsräumen –, weiß ich nicht, aber die politische Deklaration, dass wir uns in unseren Klubs und auf allen institutionellen Ebenen, die den Bundesrat mit dem Nationalrat ver­binden, dafür stark machen sollten, dass dieser Antrag auch tatsächlich in Verhandlung gezogen – und vielleicht sogar beschlossen – wird, das sollten wir uns in einer Art Rütlischwur gegenseitig versichern.

Selbstverständlich wird meine Fraktion diesem Antrag zustimmen. Ebenso selbstver­ständlich hoffe ich, das wir mit gemeinsamer Kraft das zumindest einmal auf die Tagesordnung des Nationalrates bringen können. (Beifall bei der SPÖ, den Grünen und bei Bundesräten der ÖVP.)

11.27

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Professor Dr. Böhm. – Bitte.

 


11.27

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Da meine Vorredner alles Wesentliche bereits in äußerst überzeugender und beeindru­ckender Weise gebracht haben, kann ich mich ziemlich kurz fassen.

Die freilich nicht erst unter dieser Bundesregierung, sondern auch bereits unter frühe­ren zunehmend erlassenen Sammelnovellen begegnen immer mehr berechtigter Kritik, so nicht zuletzt auch von Seiten des früheren Präsidenten des Verfassungsgerichts­hofes Professor Adamovich. Auch in seinem Erkenntnis zum Pensionsreformge­setz 2000 hatte der Verfassungsgerichtshof, wie ja bereits erwähnt worden ist, zutref­fend darauf verwiesen, dass dieses legistische Vorgehen der Erkennbarkeit des Rechts und damit der Rechtssicherheit äußerst abträglich ist.

Mit unserem heutigen Gesetzesvorschlag an den Nationalrat, den wir in erfreulichem parteiübergreifendem Konsens erstatten, geht es uns allerdings nicht primär um eine – uns selbst ja verwehrte – Reform dieser abzulehnenden legistischen Praxis, sondern vielmehr ist es, wie bereits ausgeführt, unser Anliegen, der damit zwangsläufig verbun­denen Einschränkung der Mitwirkungsrechte des Bundesrates an der Bundesgesetz­gebung bewusst entgegenzutreten, kann doch der Bundesrat – auch das ist schon sehr eingehend behandelt worden – zu derartigen Sammelnovellen nur im Ganzen Stellung nehmen, dass heißt, ihnen nur vollinhaltlich zustimmen oder gegen sie als Ganzes Einspruch erheben. Mit anderen Worten gesagt: Er kann nicht bestimmte darin enthaltene Gesetze annehmen und einzelne andere von ihnen ablehnen.

Dadurch verliert sein ohnehin grundsätzlich nur suspensives Vetorecht, das zudem auf ein Gesetz als solches und nicht auch auf seine Teile bezogen ist, noch mehr an real­politischem Gewicht. Anders als dem Nationalrat, der ja immerhin zumindest das Instrument der zweiten Lesung hat, fehlt somit dem Bundesrat die Möglichkeit, über einzelne Teile eines Gesetzes beziehungsweise Gesetzeskomplexes getrennt und daher gegebenenfalls auch unterschiedlich abzustimmen.


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Im Blick auf diese Aushöhlung der Rechte des Bundesrates erscheint es uns unabding­bar, dass er künftig wenigstens zu jedem Teil einer Sammelnovelle Einspruch erheben kann. Dem Artikel 42 Abs. 2 B-VG soll daher folgender Satz hinzugefügt werden: 

„Der Einspruch des Bundesrates kann sich auch auf einzelne in einem Gesetzesbe­schluss des Nationalrates zusammengefasste Gesetze beziehen.“

In einem weiteren Satz wäre dann klarzustellen, dass die vom Einspruch nicht betroffe­nen Teile des Gesetzesbeschlusses beurkundet und kundgemacht werden können.

Dieser nach meiner Überzeugung wohl begründete, absolut legitime Vorschlag, das Bundes-Verfassungsgesetz entsprechend zu ändern beziehungsweise zu ergänzen, bietet zugleich, wie auch schon sehr stark zum Ausdruck gebracht wurde, den Anlass für einen dringlichen Appell an den Nationalrat: In Abkehr von seiner die Kooperation zwischen dem Nationalrat und dem Bundesrat verletzenden Praxis, Gesetzesvor­schläge des Bundesrates in der laufenden Gesetzgebungsperiode vorsätzlich auf die lange Bank zu schieben oder überhaupt nicht zu behandeln, möge er den heute zu beschließenden Antrag ernst nehmen und einer seriösen Prüfung unterziehen.

Auch meine Fraktion wird dieser Vorlage daher mit allem Nachdruck zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen, bei Bundesräten der ÖVP und bei der SPÖ.)

11.31

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


11.31

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Es ist gut, dass es zu dieser nachdenklichen Nachlese über eine sehr heftige Debatte der Monate Mai, Juni und letztlich Juli hier im Bundesrat kommt und dass dies auch den heute vorlie­genden gemeinsamen Antrag zur Konsequenz hat.

Ich möchte auch namens meiner Fraktion dem Herrn Vizepräsidenten danken. Ich nehme an, Herr Vizepräsident, Sie haben sich mit dieser Initiative nicht nur Freunde gemacht, und insofern sind die Worte des Herrn Professors Konecny, dass dies ein mutiger Schritt ist, doppelt zu unterstreichen. Das ist tatsächlich ein mutiger Schritt, denn wir können hier vielleicht einen Schlussstrich unter eine Praxis ziehen, die ja nicht nur der Verfassungsgerichtshof kritisiert hat, sondern in einer ganz besonders heftigen Art und Weise auch der Rechnungshof, der gesagt hat, diese Form von Sammelge­setzen sei unerträglich, diese Gesetze seien intransparent. Der Rechnungshof hat das Parlament beziehungsweise den Nationalrat auch schon mehrmals aufgefordert, von dieser Praxis abzugehen. Es geht dabei ja nicht um sachliche Sammelnovellen, son­dern um riesige Querbeetmaterien, die letztlich auch – wie auch schon Vizepräsident Weiss, wenngleich in charmanteren Worten, gesagt hat – auf eine Minimierung, wenn nicht faktisch in einigen Fragen sogar auf eine Ausschaltung des Parlamentarismus hinauslaufen. Man macht es sich leicht, eine große Materie schnell durchzuziehen.

Herr Vizepräsident Weiss! Sie haben gesagt, wir auf Seiten der Grünen hätten die „Gnade der späten Geburt“, aber es hat mittlerweile ja jede der anderen drei hier ver­tretenen Fraktionen, in unterschiedlichen Perioden, dieses Ohnmachtsgefühl empfun­den, das wir in den letzten Jahren immer wieder hatten, wenn genau solche Sammel­gesetze eingelangt sind, egal, wie die jeweilige Regierung zusammengesetzt war. Aber eines möchte ich schon betonen – und deshalb ist diese Reaktion und dieser gemein­same Schritt natürlich auch besonders zu würdigen –: Dieses letzte, über 90 Gesetze auf 700 Seiten betreffende Budgetbegleitgesetz hatte ein bisher unvorstellbares Aus­maß und eine ebensolche Qualität, denn da wurde nicht nur novelliert, sondern es


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wurde eine ganze Reihe neuer und mit dem Budget in keiner Weise zusammenhän­gender Gesetze hineingepackt.

Es ist wahrscheinlich angesichts dessen, was der Nationalrat und der Bundesrat da in zwei Beschlüssen zumindest behandelt haben – das Ergebnis ist ja hier nicht so ein­deutig gewesen –, nicht vermessen zu sagen, dass wahrscheinlich – und ich halte die Wette – nur drei Dutzend Menschen in dieser Republik wissen, was da in den Kammern des Hohen Hauses tatsächlich beschlossen wurde; und ich glaube, dass drei Dutzend bereits zu hoch gegriffen ist. Deshalb ist es wichtig, dass es zu dieser gemein­samen Initiative kommt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.35

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus ihre Zustimmung geben, den gegenständlichen Geset­zesvorschlag gemäß Artikel 41 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz dem Nationalrat zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung zu unterbreiten, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. September 2003 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, die Nationalrats-Wahlord­nung 1992, das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, das Volksabstimmungsge­setz 1972, das Volksbefragungsgesetz 1989, das Volksbegehrengesetz 1973, die Europawahlordnung, das Wählerevidenzgesetz 1973 und das Europa-Wählerevi­denzgesetz geändert werden (171/A, 95/A, 17/A und 163 d.B. sowie 6860/BR, 6861/BR und 6864/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Höfinger übernommen. Ich bitte ihn um den Bericht.

 


Berichterstatter Johann Höfinger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekre­tär! Ich komme zum Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 24. September 2003 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, das Volksabstimmungsgesetz 1972, das Volksbefragungsgesetz 1989, das Volksbegehrengesetz 1973, die Europawahlord­nung, das Wählerevidenzgesetz 1973 und das Europa-Wählerevidenzgesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher erübrigt sich dessen Verlesung, und ich darf sogleich zur Antragstellung kommen:

 


Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 7. Oktober 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zum Wort gemeldet ist Herr Professor Hösele. – Bitte.

 


11.37

Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Verehrte Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der im Nationalrat von allen vier Parteien gefasste Beschluss zu diesem Tagesordnungspunkt – und ich gehe davon aus, dass der Beschluss auch hier heute einstimmig sein wird – ist ein deutliches Zeichen des Konsenses, der gerade in fundamentalen demokratiepolitischen Fragen wichtig ist.

Dieser Beschluss schafft sicher auch mehr Gerechtigkeit, und zwar insofern, als je­mand, der das 18. Lebensjahr vollendet hat und volljährig geworden ist, nunmehr auch tatsächlich mit Erreichung des 18. Lebensjahr wählen kann. Er schafft – man denke hier etwa daran, dass bei der Nationalratswahl im vergangenen November elf Monate lang Personen eines Jahrgangs nicht wählen konnten – auch eine größere Mitgestal­tungsmöglichkeit für junge Staatsbürgerinnen und Staatsbürger.

In ähnlicher Weise wird auch das passive Wahlrecht neu geregelt, sodass nunmehr im Hinblick darauf der Tag der Vollendung des 19. Lebensjahrs für die Kandidatur zum Nationalrat und der Tag der Vollendung des 35. Lebensjahrs für die Kandidatur zum Bundespräsidenten in gleicher Weise mit dem Wahltag zusammengeführt wird. Dies würde es zum Beispiel auch ermöglichen, dass Frau Dr. Glawischnig als Bundespräsi­dentschaftskandidatin zur Wahl antreten könnte, wenn sie wollte – was sie vor diesem heutigen Beschluss nicht könnte.

Es ist aber auch noch auf eine andere Sache hinzuweisen – wir haben das am Dienstag im Ausschuss auf Grund der Anfrage des Herrn Vizepräsidenten Weiss debattiert –: Verfassungsartikel 95 sieht vor, dass die Landtagswahlordnungen die Bedingungen des aktiven und passiven Wahlrechtes nicht enger ziehen dürfen, als die Bundesverfassung sie für Wahlen zum Nationalrat zieht.

Das bedeutet, dass sowohl in Kärnten als auch in Salzburg die Landtagswahlordnun­gen noch vor der Landtagswahl geändert werden müssen, um nicht eine verfassungs­widrige Situation entstehen zu lassen, und dass auch bei den anderen Bundesländern diese Sache überprüft werden muss, weil es da keine Übergangsbestimmungen gibt. Es ist vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes schon überprüft worden. In beiden Bundesländern ist es noch nicht geregelt worden, obwohl man es schon hätte regeln können.

Die heutige Novellierung ist ein erfreulicher Schritt, aber nur ein kleiner Erfolg. Eine umfassende Verfassungs- und Wahlrechtsdiskussion ist auch noch im Zusammenhang mit dem Österreich-Konvent zu führen. Ich darf einige wenige Punkte anführen, die teil­weise schon seit Jahren Gegenstand von Diskussionen sind, die aber in diesem Zu­sammenhang besonders beachtet werden müssen.

Erstens: Auf den sehr wichtigen Punkt der Briefwahl und des E-votings möchte ich nicht sehr intensiv eingehen, weil das meine Kollegin Giesinger anschließend tun wird, ich möchte lediglich festhalten, dass das in vielen europäischen Demokratien mittler­weile Standard ist und dass die Wahlbeteiligungen der letzten Wochen im urbanen Raum neuerdings dazu heftigen Anlass gegeben haben.

Außerdem geht es – zweiter Punkt – auch um eine ehrliche Diskussion darüber, ob mehrheitsbildende Elemente im Wahlrecht erwünscht sind oder nicht. Auch sozial­demokratische Exponenten, wie etwa Dr. Gusenbauer oder Bürgermeister Häupl, haben sich für eine ehrliche Diskussion um ein solches Mehrheitswahlrecht ausgespro-


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701. Sitzung / Seite 54

chen. Persönlich bin ich angesichts der österreichischen politischen Kultur skeptisch gegenüber einem reinen Mehrheitswahlrecht. Mir scheint das Modell eines minderhei­tenfreundlichen Mehrheitswahlrechts, wie es zum Beispiel der Grazer Politologe Dr. Klaus Poier formuliert hat und auch immer wieder in Diskussion gebracht hat, außerordentlich überlegenswert, denn ich möchte eine angemessene Repräsentanz der FPÖ und der Grünen in österreichischen Parlamenten auch unter Bedingungen eines mehrheitsbildenden Wahlrechts nicht missen.

Wenn man sich auf Bundesebene zu einem solchen mehrheitsbildenden Wahlrecht nicht durchringen kann, dann kann ich mir vorstellen – damit komme ich zum dritten Punkt –, dass im Rahmen einer größeren Verfassungsautonomie für die Bundesländer dies auf Landes- oder Gemeindeebene ermöglicht wird, wenn der entsprechende Landtag dies wünscht. Diese Verfassungsautonomie müsste auch die Kreation der Landesorgane, inklusive der Möglichkeit einer Direktwahl des Landeshauptmannes, ermöglichen.

Viertens, und damit komme ich zur Frage – auch das ist in Österreich verstärkt in die Diskussion gekommen, ist aber in Deutschland ein wesentlich intensiverer Diskus­sionspunkt gewesen; dort ist es eine Initiative von Exponenten aller vier Bundestags­parteien, angeführt vom Bundestagspräsidenten Thierse; es ist eine Minderheitsposi­tion, aber doch eine beachtliche –, wie das mit einem Kinderstimmrecht angesichts der demographischen Entwicklung der Bevölkerung in den europäischen Demokratien sein sollte. Ich möchte das nur aufs Tapet bringen. Ich sehe dies nicht als einen Punkt, der umgesetzt werden müsste, sondern meine, dass dieses Thema zu diskutieren ist, so wie anderseits die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre – das ist der fünfte Punkt – zu diskutieren ist. Diesbezüglich bin ich der Meinung, dass man die Ergebnisse, die es auf Gemeindeebene gibt, evaluieren sollte. In Graz und auch im Burgenland ist, glaube ich, auf Gemeindeebene schon so gewählt worden, und in Kärnten ist das auch mög­lich. Das ist also auch ein wichtiger Diskussionspunkt.

Letzter, sechster Diskussionspunkt: Ich glaube, wir alle sind mit der gegenwärtigen Wahlkreisgestaltung bei Nationalratswahlen nicht sehr glücklich, und das kann man auch auf die Landesebene herunterbrechen. Bürgerinnen und Bürger wollen konkrete Persönlichkeiten und nicht anonyme Parteilisten wählen. Die gegenwärtige Wahlkreis­einteilung zu den Nationalratswahlen ist, wenn ich das steirische Beispiel hernehme, mit acht Nationalratswahlkreisen, die eigentlich keine historisch gewachsenen Einhei­ten repräsentieren – es sind nicht die Bezirke, wir haben 16 Bezirke; es sind aber auch nicht die vier Wahlkreise, die es bei Landtagswahlen gibt und die es bis zum Jahre 1970 auch bei Nationalratswahlen gegeben hat –, zu überlegen. Es stellt sich die Frage, ob da nicht andere Modelle besser wären. Vielleicht wäre das System der deutschen Bundestagswahl ein mögliches Modell, wo man sozusagen Fifty-fifty-Listen­wahlrecht und Einer-Wahlkreise hat.

Das waren einige Punkte, die in weiter führenden Wahlrechts- und Verfassungsdiskus­sionen, insbesondere im Österreich-Konvent, zu diskutieren wären.

In Bezug auf die heute vorliegenden Novellierungen darf ich namens der ÖVP-Fraktion mitteilen, dass wir selbstverständlich gerne den vorliegenden Gesetzesbeschlüssen des Nationalrates unsere Zustimmung erteilen werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.45

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Ebner. – Bitte.

 



Bundesrat
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701. Sitzung / Seite 55

11.45

Bundesrätin Adelheid Ebner (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Geschätzte Damen und Herren! Ich kann mich in vielen Dingen dem Herrn Professor Hösele anschließen, ich möchte mich heute je­doch mit den 16-Jährigen und 17-Jährigen beschäftigen. Die Senkung des Wahlalters von 18 auf 16 Jahre wurde schon mehrmals andiskutiert und in einigen Bundesländern auch umgesetzt. So liefern etwa die Steiermark und das Burgenland den eindeutigen Beweis dafür, dass diese jungen Menschen am politischen Geschehen in unserem Lande interessiert sind.

Im Burgenland zum Beispiel haben die 16- und 17-Jährigen im Durchschnitt am meis­ten vom Wahlrecht Gebrauch gemacht. Das ist eine Bestätigung dafür, dass diese Per­sonengruppe politisch mitgestalten möchte. Diese jungen Menschen haben sehr wohl ein genaues Ziel und konkrete Vorstellungen von der politischen Arbeit. Sie überneh­men heute kaum die politische Einstellung ihres Elternhauses, nein, sie bilden sich eigene Meinungen über die Politik und über ihre Vertreter. Sie sind bestens informiert, sei es aus den Medien, sei es durch persönliche Gespräche mit Parteifunktionären, aber vor allem aus dem Internet. Sämtliche Studien zeigen, dass die heutige Jugend sehr wohl dafür ist, auch mit 16 Jahren wählen gehen zu dürfen.

Ein glaubhaftes Argument zu finden, dass gegen eine Senkung des Wahlalters spricht, ist schwierig. Im Gegenteil: Es spricht vieles dafür! 16-Jährige müssen zukunftsorien­tierte Entscheidungen für ihr weiteres Leben treffen. Sie müssen sich für einen Beruf, für eine Lehre oder für eine weiterbildende Schule entscheiden. Sie müssen in ihrem Alltagsleben schon eine Menge Verantwortung übernehmen. Sie dürfen tägliche Rechtsgeschäfte abwickeln, sie dürfen Verträge unterfertigen und sie verfügen oft schon über ein eigenes Einkommen. Sie sind Konto-Inhaber (Bundesrat Dr. Kühnel: Mit 16 Jahren? – Bundesrat Reisenberger – in Richtung des Bundesrates Dr. Küh­nel –: Mit 15! Informieren Sie sich besser!), und viele von ihnen liefern an den Staat Steuern ab, Gelder, mit denen der Staat wirtschaftet. Aber gerade dieser Staat räumt diesen Jugendlichen derzeit kein Recht auf Mitbestimmung ein.

Es ist schade, dass man diesen jungen Leuten den Zugang zur Politik verwehrt. Wem sie bei Wahlen ihre Stimme geben möchten, ist ihnen in jedem Falle zuzutrauen – abgesehen davon, dass in so genannten Reformzeiten von Politikern weit reichende Entscheidungen getroffen werden, die auf Jahrzehnte auf das Leben dieser Jugend­lichen Einfluss haben.

Geschätzte Damen und Herren! Bei der Änderung der Wahlordnung ist die Berichti­gung dahin gehend gelungen, dass Erstwähler, die das Wahlalter – derzeit 18 Jahre – am Wahltag erreicht haben, von ihrem Wahlrecht auch tatsächlich Gebrauch machen können. Dies war bislang nicht so, da für die Wahlzulassung ein Stichtag und nicht die Vollendung des 18. Lebensjahres von Belang war. Die Änderung ist ein kleiner und erfreulicher Erfolg.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehen wir unsere Jugendlichen als gleichbe­rechtigte Mitbürger dieser Gesellschaft, unserer Gesellschaft an! Einige der Bundes­rätinnen und Bundesräte in diesem Saal werden Kinder im Alter von 16 und 17 Jahren haben. Fragen Sie sie einmal nach ihrer Meinung! Sie werden bestätigt bekommen, dass sie zur Wahl gehen möchten. Binden wir diese Teenager in die politische Dis­kussion – sei es als Wähler oder als Wählbare – ein! Es wäre zeitgemäß das Wahlalter auf 16 Jahre abzusenken. Der demokratischen und politischen Kultur in unserem Lande kann es jedenfalls nur guttun, wenn die 16-Jährigen den Weg zur Wahlurne antreten dürfen.


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Junge Menschen sind die Zukunft unseres Landes. Behandeln wir sie auch als solche und lassen wir sie mitbestimmen und mitgestalten! Unsere Fraktion ist dazu auf alle Fälle bereit. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

11.50

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist als Nächster Herr Professor Dr. Böhm. – Bitte.

 


11.50

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Damen und Herren des Hohen Hauses! Der uns heute hier vorliegende Gesetzesbeschluss des Nationalrates zielt darauf ab, dass alle österreichischen Staatsbürger, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, von diesem Tag an auch tatsächlich ihr aktives Wahlrecht bei Nationalratswahlen, Wahlen zum Europaparlament, Bundespräsidentenwahlen, Volksabstimmungen und Volksbefragun­gen ausüben können. Erachtet man diese Altersgrenze für sachlich berechtigt, so müsste zweifellos ihr Erreichen spätestens am Wahltag und nicht zu einem mehr oder weniger früheren Stichtag maßgeblich sein. Dafür trete ich persönlich und tritt meine Fraktion vorbehaltlos ein. Das ist einfach eine Frage der Wahlgerechtigkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ohne politische Notwendigkeit, aber doch durch meine geschätzte Vorrednerin veran­lasst, deklariere ich mich indes für bundesweite Wahlen – ich sage nicht: kommunale oder Landesrätewahlen – und Abstimmungen persönlich und auch ohne Präjudiz für meine Fraktion, in der das auch nicht ausdiskutiert ist, als Gegner einer weiteren Her­absetzung des Wahlalters, und zwar aus zwei für mich tragenden Gründen, die in der Nationalratsdebatte so klar von keiner Fraktion ausgesprochen worden sind. Es ist aber heute die Thematik schon angesprochen worden.

Zum einen spreche ich mich deshalb dagegen aus, weil ich die damit notwendig ver­bundene und teilweise schon heute vereinzelt erkennbare Verpolitisierung der Schulen, der Lehrerschaft und ihres Unterrichts und damit die ideologische Prägung der Schüler ganz entschieden ablehne. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zum anderen bin ich deshalb gegen die Herabsetzung des Wahlalters, weil ich es für eine gewisse Abwertung des Wahlrechts und der seine Ausübung vorauszusetzenden politischen Urteilsfähigkeit erachte, das Wahlrecht auch Minderjährigen zuzugestehen, die demgegenüber ohne Genehmigung durch ihren gesetzlichen Vertreter bestimmte Rechtsgeschäfte noch gar nicht gültig abschließen können. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Bedauerlicherweise wurde auch diese Relation im Nationalrat wohl von allen Fraktio­nen völlig verkannt, denn Geschäfte des täglichen Lebens, die auch Minderjährige, ja sogar Unmündige abschließen können, oder Verpflichtungen, die mündige Minderjäh­rige im Rahmen des ihnen zur freien Verfügung überlassenen Einkommens oder im Rahmen ihres eigenen Erwerbseinkommens eingehen können, sind meines Erachtens mit solchen Transaktionen, die ihnen nicht offen stehen und die vielmehr der Geneh­migung durch ihren gesetzlichen Vertreter, ja unter Umständen sogar einer pfleg­schaftsbehördlichen, das heißt gerichtlichen Genehmigung bedürfen, nicht vergleich­bar.

Wie soll das Wahlrecht im Vergleich zu dieser bürgerlich-rechtlichen Abstufung der Ge­schäftsfähigkeit eingeordnet werden? Auch dem Erwachsenenstrafrecht unterliegen sie vorher nicht.

Meinen Sie wirklich, meine Damen und Herren von der SPÖ und von den Grünen, dass das Wahlrecht wie der Kauf einer Semmel, einer Tageszeitung oder dergleichen


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701. Sitzung / Seite 57

oder auch nur wie Rechtsgeschäfte im Rahmen dessen, was ein Schüler oder ein Lehrling finanzieren kann, eingestuft werden soll? Ich würde das verneinen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber zurück zum Thema unserer Vorlage: Darin begrüße ich auch sehr, dass alle Österreicher und Österreicherinnen, die das 19. Lebensjahr vollendet haben, bei Natio­nalratswahlen und Europawahlen und diejenigen, die das 35. Lebensjahr vollendet haben, bei Bundespräsidentenwahlen passiv wahlberechtigt sein sollen, wenn sie am Wahltag dieses Alter erreicht haben. Die zuletzt genannte Regelung will ich entgegen medialer Berichterstattung durchaus nicht als „lex Glawischnig“ werten, denn da ich das grundlegende Prinzip der Neuordnung bejahe, freue ich mich ehrlich, dass meine ehemalige Dissertantin für die Bundespräsidentenwahl kandidieren dürfte, wenn sie wollte.

Vor allem aber sieht meine Fraktion ein von den Freiheitlichen seit jeher verfochtenes Anliegen verstärkt, Auslandsösterreicherinnen und Auslandsösterreichern ihr Wahl­recht zu sichern. Wenn man zu jenem Zeitpunkt, zu dem man das 17. Lebensjahr voll­endet hat, bereits im Ausland wohnt, kann man in Hinkunft rechtzeitig vor einer Wahl einen Antrag auf Eintragung in die Wählerevidenz nach den jeweils maßgeblichen Gesetzen stellen. All diese demokratiepolitischen Verbesserungen des Wahlrechtes begrüßen wir Freiheitliche und stimmen daher Ihrer Beschlussfassung aus innerster Überzeugung zu. – Ich danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.55

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist als Nächste Frau Bundesrätin Giesinger. – Bitte.

 


11.55

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Wie bereits schon mehrmals erwähnt, wird mit diesem Gesetz sichergestellt, dass Jugend­liche mit Vollendung des 18. Lebensjahres das aktive Wahlrecht bei allen Wahlen in Österreich – Nationalratswahl, Bundespräsidentenwahl, Europawahl, Volksabstimmun­gen und Volksbefragungen – ausüben und auch Volksbegehren unterstützen können. Dies ist einerseits ein Ernstnehmen der Jugend von Seiten der Politik, bedeutet aber andererseits auch gleichzeitig, dass Jugendliche diese Verantwortung wahrnehmen. Dass es nicht möglich war, mit dieser Gesetzesänderung auch gleichzeitig die Brief­wahl einzuführen, bedauere ich außerordentlich. Der Grund dafür ist, dass eine Zwei­drittelmehrheit im Parlament notwendig ist, und leider SPÖ und Grüne dies nicht wollen.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch erwähnen, dass mehrere Landtage schon des Öfteren die Briefwahl gefordert haben, vor allem in Vorarlberg ist dies eine uralte For­derung. In den letzten Jahren wurden von uns Bundesräten aus Vorarlberg, aber auch von anderen Bundesräten schon mehrmals Initiativen dahin gehend gesetzt, aber leider blieben diese bisher ohne Erfolg.

Ich persönlich bin auch überzeugt davon, dass die Briefwahl aus demokratiepolitischen Gründen notwendig ist. Auch Bundesrat Professor Hösele hat in seiner Rede einige sehr wichtige Begründungen für die Briefwahl angeführt, die ich noch verstärken und unterstützen möchte.

Ich fordere also abschließend die Bundesräte von der SPÖ und von den Grünen auf, sich in ihren Parteien für die Briefwahl einzusetzen. Vielleicht kann gerade der Bundes­rat, der ja heute schon mehrere einstimmige Beschlüsse gefasst hat beziehungsweise einstimmige Meinungen hatte, da Vorbildwirkung dahin gehend haben, dass vom Bun-


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desrat ausgehend in den anderen zwei Parteien, in der SPÖ und bei den Grünen, diese Initiative gesetzt wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.58

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


11.58

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Frau Kollegin Giesinger, Sie fordern die Bundes­räte von der SPÖ und von den Grünen auf, in ihren Fraktionen dahin gehend zu wir­ken, dass die Briefwahl eingeführt wird. Ich kann das nur zurückgeben: Ich fordere Sie von der ÖVP und die Bundesräte von den Freiheitlichen auf, in Ihren Fraktionen dahin gehend tätig zu werden, dass wir endlich zu einer bundesweiten Senkung des Wahl­alters auf 16 Jahre kommen. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.)

Ja, lieber Herr Kollege, wir beschränken das Wahlalter auch nicht nach hinten. Gehen Sie davon aus, dass die Jugendlichen zu dumm sind, um an Wahlentscheidungen teil­zunehmen, die ihr zukünftiges Leben betreffen? Wir sagen auch nicht, dass das Wahl­alter mit 80 Jahren beschränkt werden soll, weil vielleicht danach eine Verwirrung ein­tritt oder weil vielleicht danach eine Desorientierung im Leben stattfindet. Das sagen wir auch nicht! Aber es geht darum, dass Jugendliche über Politik dermaßen genau und vielfach dermaßen umfassend Bescheid wissen und sich so sehr engagieren, dass sie in der Lage ... (Bundesrat Dr. Aspöck: Sie fordern die Entmündigung von Leuten mit 80 Jahren!) Nein, das fordere ich nicht! Ich habe gesagt, wir fordern das auch nicht, Herr Kollege! (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) Nein, Sie haben das viel­leicht, ich nicht! Ich bin ja nicht im Pensionistenverband, ich bin ja noch Gott sei Dank rüstig.

Ich sage nur: Sie unterstellen den Jugendlichen, dass sie zwischen 16 und 18 Jahren nicht in der Lage sind, über ihre politische Zukunft mit zu entscheiden. Das tun Sie! Sie meinen offensichtlich, die Jugendlichen seien zu dumm, sie seien zu desorientiert. (Rufe bei den Freiheitlichen: Nein! – Bundesrat Dr. Kühnel: Das ist eine Unterstel­lung!)

Übrigens, Herr Kollege Kühnel, mein Sohn ist 14 und hat auch ein eigenes Konto. Sie hat es offensichtlich schon verwundert, dass ein 16-Jähriger ein eigenes Konto haben kann. Man kann auch schon mit 14 ein eigenes Konto haben! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Ich weiß nicht, wie viel mein Sohn abhebt und wofür er das Geld verwendet, aber ich bin sicher, dass er so viel aus der Kinderstube mitbekommen hat, dass er das Geld auch richtig verwenden wird. (Staatssekretär Morak: Bei welcher Bank ...?) – Herr Staatssekretär, wenn Sie mich nach der Bank fragen: Werbung machen wir hier nicht!

Aber es gibt, wie Sie als Vater ja sicher wissen, bei 14-Jährigen den Schutz, dass sie nicht ins Minus kommen dürfen. Kinder können auch in den Ferien Geld dazuver­dienen, aufs Konto legen (Bundesrat Kritzinger: Das ist keine Begründung!), und sie können vor allem auch Rechtsgeschäfte in einem bestimmten Rahmen tätigen.

Und was betrifft die Politik? – Die Politik betrifft auch das alltägliche Leben von Jugend­lichen. In den alltäglichen Dingen sind Jugendliche mit 16, auch schon mit 15, Herr Kol­lege Böhm, selbst tätig und können weit reichende Entscheidungen treffen. Zu sagen, man geht in ein Gymnasium oder macht eine Lehre, das ist wirklich eine lebens­wichtige Entscheidung. (Bundesrat Dr. Böhm: Das bestimmen aber die Eltern!)


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Warum sollen Jugendliche nicht sagen können: Ich gehe wählen!? Warum haben Sie solche Angst vor den jungen Menschen und ihren politischen Voten? Das verstehe ich nicht!

Liebe Frau Kollegin Giesinger! Sie werden wahrscheinlich in Ihrer Partei nicht aktiv werden. Ich sage Ihnen auch, warum ich bei zwei Dingen ebenfalls nicht aktiv werden werde, nämlich bei der Briefwahl und beim E-Voting. Es geht doch immer um zwei wichtige Dinge: um das geheime und persönliche Wahlrecht. Die Frage ist, ob bei der Briefwahl und beim E-Voting das geheime und persönliche Wahlrecht tatsächlich ge­sichert ist. (Bundesrat Hösele: Wieso geht das in Deutschland? Die Deutschen betrü­gen offensichtlich!)

Ich sage nicht, dass die Deutschen betrügen, ich problematisiere hier nur zwei Dinge, nämlich dass das persönliche und geheime Wahlrecht nicht unbedingt gesichert ist. Wenn wir hier Vorkehrungen dazu treffen, bin ich ein glühender Verfechter all dessen, was Wählen leichter macht und mehr Menschen in politische Wahlentscheidungen ein­bindet. Da gehört das Wahlalter 16 genauso dazu, wenn wir hier ein passendes Modell finden. Das, was wir bisher hatten, befriedigt mich nicht.

Bei der Wahl des Jahres 2002 sind mehr als 80 000 junge Menschen nicht nur um ein Jahr vertröstet worden, sondern bis zu ihrem 21. Lebensjahr vom Wahlrecht ausge­schlossen worden, da wir in Österreich ja nicht das Recall-System haben. Hätten wir das Recall-System, wäre die Bundesregierung wahrscheinlich von der Bevölkerung „zurückgerufen“ worden (Heiterkeit bei Bundesräten der SPÖ) und wir hätten Neuwah­len. Aber wir haben dieses Recall-System in Österreich nicht, also müssen wir von einer ganzen Legislaturperiode ausgehen. Diese Menschen dürfen erst mit 21, respek­tive 22 Jahren erstmals wählen. Da sind sie vielleicht verheiratet, möglicherweise schon hoch verschuldet oder hoch in den positiven Zahlen, haben schon an den Aktienmärkten spekuliert und so weiter. Und dann sind sie zum ersten Mal wahlbe­rechtigt. Das ist doch eine Perversion!

Und das ändern wir hier. Ich kann nur sagen: Bitte kommen Sie aus diesen Mauern, aus diesen Gräben, dass das Wahlalter 16 das Böse, das Üble schlechthin ist, endlich einmal heraus! Geben wir doch den jungen Menschen jenen Platz in der Gesellschaft, den sie sich verdienen, nämlich als mitbestimmungsfähige, gleichwertige Bürger! (Bei­fall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.04

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Giefing. Ich erteile ihm das Wort.

 


12.04

Bundesrat Johann Giefing (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich nehme heute gerne zu diesem Thema Stellung, weil ich seit 30 Jahren in der Gemeindeverwaltung arbeiten darf. Ich habe vor 30 Jahren in meiner Heimatgemeinde bei jeder Wahl das Wählerverzeichnis erstellt, damals mit der Schreibmaschine geschrieben, und mit den Haushaltslisten verglichen. Es gab zu diesem Zeitpunkt noch keine EDV, wie wir sie heute vorfinden. Daher freut es mich, dass nun endlich eine längst fällige und notwendige Regelung, nämlich eine Berichti­gung der Wahlordnung, dazu führt, dass dieser zur damaligen Zeit durchaus verständ­liche Stichtag mit 1. Jänner eines Jahres nun abgeschafft wird.

Dieses Thema ist von allen Parteien schon lange diskutiert worden. Es ist mit den heutigen Möglichkeiten der EDV nicht mehr einsichtig, dass Personen, die, wenn die Wahlen zum Beispiel im November stattfinden, schon elf Monate lang 18 Jahre alt


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sind, von der Wahl ausgeschlossen sind. Das war bisher schon ungerecht und wider­sprach auch der Einführung des Wahlalters.

Bei einer Dezemberwahl konnten zum Beispiel 80 000 Personen, per Verfassung wahl­berechtigt, nicht wählen. Dies bedeutete in der Praxis, dass all jene, die zu Beginn des letzten Jahres 18 Jahre alt geworden sind, zum ersten Mal mit knapp 23 Jahren an einer Nationalratswahl teilnehmen konnten und durften. Im Zusammenhang mit dem Zentralen Melderegister kann in Zukunft durchaus sichergestellt werden, dass das neue System zum Stichtag der Wahl auch funktioniert. Ich freue mich daher, dass nun die Vernunft gesiegt hat und junge Menschen, die das Wahlalter zum Wahltag erreicht haben, ihr Wahlrecht auch tatsächlich ausüben können.

Über eine Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre ist auch heute schon viel gesprochen worden. Ich sehe das als ersten Schritt, der logische zweite Schritt muss die Möglich­keit sein, tatsächlich mit 16 zu wählen, denn Demokratie ist ein Recht auf Mitbestim­mung, Demokratie ist kein Recht des Alters. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.07

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. September 2003 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch und das Konsumenten­schutzgesetz geändert werden (Zivilrechts-Änderungsgesetz 2004 – ZivRÄG 2004) (173 d.B. und 212 d.B. sowie 6865/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Auer. Ich bitte um den Bericht.

 


Berichterstatterin Johanna Auer: Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatsekretärin! Hohes Haus! Ich bringe den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 24. September 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das all­gemeine bürgerliche Gesetzbuch und das Konsumentenschutzgesetz geändert werden (Zivilrechts-Änderungsgesetz 2004).

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher zur Antragstellung:

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 7. Oktober 2003 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gehen in die Debatte ein.

 


Als erste Rednerin ist Frau Bundesrätin Giesinger vorgesehen. Ich erteile ihr das Wort.


Bundesrat
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12.09

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatsekretärin! Hoher Bundesrat! In diesem Zivilrechts-Änderungsgesetz geht es meiner Meinung nach vor allem darum, dass nachbarschaftliche Streitigkeiten zuerst in Form einer Mediation außergerichtlich gelöst werden müssen. Die Klage ist nur zulässig, wenn innerhalb von drei Monaten ab Einleitung des Schlichtungsverfah­rens keine gütliche Einigung erzielt werden kann. Nachbarschaftliche Streitigkeiten kommen leider immer öfter vor, und es ist oft unmöglich, dass zwei Nachbarn miteinan­der zu einer Einigung kommen. Daher ist es äußerst sinnvoll, dass zuerst in Form von Gesprächen beziehungsweise einer Mediation versucht wird, eine gütliche Einigung zu erzielen.

Außerdem wird im § 364 Abs. 1 dezidiert angeführt, dass Eigentümer benachbarter Grundstücke bei der Ausübung ihrer Rechte aufeinander Rücksicht zu nehmen haben. Ebenso wird das Recht auf Wahrung der Privatsphäre beziehungsweise dessen erhebliche Verletzung durch Ersatzanspruch einer Entschädigung geregelt.

Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass im Konsumentenschutzgesetz klarge­stellt wird, dass Pauschalreisende bei erheblichen Reisemängeln Anspruch auf Ersatz der entgangenen Urlaubsfreuden haben. (Beifall bei der ÖVP.)

12.11

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Manfred Gruber. Ich erteile ihm das Wort.

 


12.11

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir Sozialdemokraten sehen den Beschluss des Nationalrates, mit dem das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch und das Konsumentenschutzgesetz geändert werden soll, als einen Schritt in die rich­tige Richtung, ein Beschluss, der dem Umstand Rechnung trägt, dass einige Probleme einer Lösung durch den Gesetzgeber bedürfen.

Punktuell zu erwähnen wäre das Nachbarschaftsrecht, der Schutz der Privatsphäre so­wie Verbesserungen beim Konsumentenschutz. Nachbarrechtlicher Streit – ich glaube, ich könnte mich da auf einige Kollegen im Haus berufen – geht auch an Bürgermeis­tern nicht spurlos vorüber. Solche Streitigkeiten sind meistens sehr heftig, emotional, ja es kommt unter Umständen auch zu Handgreiflichkeiten. Sehr oft wird erwartet, dass der Bürgermeister als eine Art Schiedsrichter fungiert. (Bundesrat Dr. Aspöck: Weil überzogene Quellenansprüche gestellt werden!)

In dieser Gesetzesnovelle ist nun vorgesehen, Schlichtungsstellen einzurichten, die an­gerufen werden müssen, bevor man zu Gericht geht. Ich hoffe, dass diese Schlich­tungsstellen ihre Aufgabe erfüllen werden können, den Gerichtsbetrieb, der ohnedies auf Grund restriktiver Sparmaßnahmen in seiner Funktionalität dramatisch behindert ist, zu entlasten.

Gut gefällt uns auch, dass Eigentümer benachbarter Grundstücke ausdrücklich aufge­fordert werden, bei der Ausübung ihrer Rechte aufeinander Rücksicht zu nehmen. Schikanöses Vorgehen gegenüber Nachbarn wird in Zukunft als erhebliche Verletzung der Privatsphäre gesehen. Es wird nun ausdrücklich ein immaterieller Schadenersatz zuerkannt, wenn ein gewisser Grad an Erheblichkeit überschritten wird.

Wer von uns kennt nicht jemanden, der voller Urlaubslust weggefahren und voller Ur­laubsfrust wieder nach Hause gekommen ist? – Konsumentenschützer, Ombudsfrauen und Ombudsmänner sowie die Medien berichten eigentlich ständig darüber. Daher ist diese ausdrückliche Regelung im Konsumentenschutzgesetz zu begrüßen. Die Recht-


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sprechung ist nun gefordert, dies zu konkretisieren. Die Gerichte sind aufgefordert, richtlinienkonforme Entscheidungen zu treffen, besonders bei der Bewertung immate­rieller Schäden.

Damit wird der allgemeinen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes Rech­nung getragen, es erfolgt eine Anpassung an die allgemeine europäische Rechtsent­wicklung. Daher werden wir Sozialdemokraten, wie ich schon eingangs erwähnt habe, diese Veränderungen und Verbesserungen mittragen. Es ist dies ein Schritt in die rich­tige Richtung, und hoffentlich nicht der letzte. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ, den Grünen und bei Bundesräten der ÖVP.)

12.14

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Aspöck. Ich erteile ihm das Wort.

 


12.14

Bundesrat Dr. Robert Aspöck (Freiheitliche, Salzburg): Herr Präsident! Frau Staats­sekretärin! Verehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Wie nicht anders zu er­warten war, haben Frau Kollegin Giesinger und in weiterer Folge Herr Kollege Gruber schon alles Wesentliche, alle wesentliche Bestimmungen genannt.

Ich habe mir nur einen Aspekt herausgesucht, um zu zeigen, wie fortschrittlich man im Bundesministerium für Justiz mitsamt dem gegenwärtigen Justizminister und seinen Beamten eigentlich denkt. Wenn ich mir die Urfassung des § 354 ABGB anschaue, dann haben die Gründerväter dieses ABGB, die so genannte Zeiller-Kommission, wie folgt textiert:

„Als ein Recht betrachtet, ist Eigentum das Befugnis“ – es steht hier wirklich „das“ –, „mit der Substanz und den Nutzungen einer Sache nach Willkür zu schalten, und jeden anderen davon auszuschließen.“

Diese rein römisch-rechtliche Betrachtungsweise – man darf nicht vergessen, dass das römische Recht in seinen Anfängen das Recht einer ganz kleinen privilegierten Kaste war – ist damals in das ABGB übernommen worden. Dieser Betrachtungsweise steht aber eine andere in unserer Geschichte tief verwurzelte soziale Betrachtungsweise gegenüber: Eigentum ist nicht nur Recht, sondern kann auch Pflicht sein.

Diese soziale Betrachtungsweise des Eigentums findet sich, wie auch aus der einstim­migen Beschlussfassung zu diesem Gesetz hervorgehen wird, auch in allen politischen Lagern dieses Landes wieder. Die Formulierung, dass die Nachbarn bei der Ausübung ihrer Rechte aufeinander Rücksicht zu nehmen haben, bringt diese Grundhaltung zur sozialen Gebundenheit des Eigentums hervorragend zum Ausdruck. Dem Herrn Bun­desminister und seinen Beamten an dieser Stelle vielen Dank für diese großartige Formulierung!

Auch die dazu gehörige Mediation vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung oder – besser gesagt – möglichst zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung ist ein Schritt in die richtige Richtung. Die Novelle bringt, wie bereits von den Vorrednern ausgeführt, noch einige weitere Novellierungen mit sich, die durchaus positiv zu be­trachten sind. Ich darf daher namens meiner Fraktion sagen, dass wir dieser Novelle zustimmen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

12.17

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Wortmeldung: Frau Staatssekretärin Haub­ner. – Bitte.

 



Bundesrat
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701. Sitzung / Seite 63

12.17

Staatssekretärin im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Ursula Haubner: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Bundesrates! Ich darf mich in Vertretung des Herrn Bundesministers für Justiz an Sie wenden, der heute bei einer Justizministerkonferenz im Ausland weilt, und möchte mich für die vorangegangenen Redebeiträge bedanken, was die Änderun­gen des Zivilrechts-Änderungsgesetzes 2004 anbelangt.

Ich glaube, diesen entnommen zu haben, dass große Übereinstimmung bei allen Fraktionen vorherrscht, dass wir hier Änderungen und Verbesserungen im Sinne der Konsumenten vorgenommen haben und dass es ein, wie manche Redner gesagt haben, erster und wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist. Hier werden Rechte und Wünsche, aber auch der Schutz der Konsumenten ganz klar formuliert. Das ist gerade auch mir als Staatssekretärin im Konsumentenschutzressort ein sehr großes Anliegen. Ich freue mich daher natürlich auch, dass diese Novellierung im Sinne der Konsumen­ten zustande gekommen ist.

Die Verbesserungen im Bereich des Nachbarschaftsrechts wurden schon erwähnt, auch das in Zukunft mögliche Schmerzengeld für entgangene Urlaubsfreuden bei Pau­schalreisen, das aber sehr ausgewogen gehandhabt werden wird. Dass es in Zukunft nicht wegen jeder Kleinigkeit zu einer Entschädigung kommen kann, sondern letztend­lich dort, wo wirklich Schaden und entgangene Urlaubsfreuden entstanden sind, ist klar.

Ich möchte noch darauf hinweisen, dass gerade auch im Verbraucherrecht ganz we­sentliche Punkte wie zum Beispiel ein unbefristetes Rücktrittsrecht bei Haustürgeschäf­ten enthalten sind, vor allem wenn der Unternehmer den Kunden nicht ordnungsgemäß belehrt und informiert hat.

Was für uns Konsumentenschützer sehr wichtig ist, ist eine Pflicht zur Herausgabe der Allgemeinen Geschäftsbedingungen an die Verbraucherverbände. Wir haben in der Vergangenheit gesehen, dass es in diesem Bereich sehr viele Benachteiligungen und sehr viele Details gegeben hat, die eingeklagt werden mussten beziehungsweise wo darauf hingewiesen werden musste, dass sie nicht rechtmäßig sind. Es gibt in diesem Gesetz vor allem auch eine Erweiterung der Informationspflichten für Makler.

Ich glaube daher, wir zeigen gemeinsam – Regierung und Parlament, auch die Länder­kammer –, dass uns der Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten sehr wichtig ist. Wir zeigen aber auch, dass wir im Interesse der seriösen Anbieter handeln, dass wir unfaire Praktiken aufzeigen können, und dass wir auch Möglichkeiten haben, in Hinkunft gegen schwarze Schafe vorzugehen.

Herr Kollege Aspöck, ich werde gerne Ihren Dank an den Herrn Bundesminister und an seine Beamten weiterleiten. Ich bedanke mich auch für Ihre Debattenbeiträge. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.20

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dieses wird offenkundig nicht gewünscht.

Wir kommen zur Abstimmung.


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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

5. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. September 2003 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem ein Bundesgesetz über Eigenkapital ersetzende Gesellschafterleis­tungen (Eigenkapitalersatz-Gesetz – EKEG) geschaffen wird sowie mit dem die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung, das Unternehmensreorganisationsge­setz und das Übernahmegesetz geändert werden (Gesellschafts- und Insolvenz­rechtsänderungsgesetz 2003 – GIRÄG 2003) (124 d. B. und 211 d. B. sowie 6866/BR d. B.)

6. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. September 2003 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Dis­ziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das Bundesgesetz über den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassung von europäischen Rechtsanwälten in Österreich sowie die Notariatsordnung geändert werden (174 d. B und 213 d. B. sowie 6867/BR d. B.)

7. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. September 2003 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Bundesgesetz über die Umstellung des Grundbuchs auf auto­mationsgestützte Datenverarbeitung und die Änderung des Grundbuchsgesetzes und des Gerichtskommissärsgesetzes (Grundbuchsumstellungsgesetz – GUG) geändert wird (GUG-Novelle 2003) (193 d. B und 214 d. B. sowie 6868/BR d. B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zu den Punkten 5 bis 7 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Die Berichterstattung über diese Punkte hat Frau Bundesrätin Schlaffer übernommen. Ich bitte sie darum.

 


Berichterstatterin Anna Schlaffer: Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretä­rin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 24. September 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Eigenkapital ersetzende Gesellschafter­leistungen – Eigenkapitalersatz-Gesetz – geschaffen wird sowie mit dem die Konkurs­ordnung, die Ausgleichsordnung, das Unternehmensreorganisationsgesetz und das Übernahmegesetz geändert werden – Gesellschafts- und Insolvenzrechtsänderungs­gesetz 2003.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher sogleich zur Antrag­stellung:

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 7. Oktober 2003 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


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Ich bringe weiters den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Natio­nalrates vom 24. September 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Rechts­anwaltsordnung, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das Bundesgesetz über den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassung von europäischen Rechtsanwälten in Österreich sowie die Nota­riatsordnung geändert werden.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, ich verzichte daher auf die Verlesung.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 7. Oktober 2003 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Zuletzt bringe ich den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Natio­nalrates vom 24. September 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes­gesetz über die Umstellung des Grundbuchs auf automationsgestützte Datenverarbei­tung und die Änderung des Grundbuchsgesetzes und des Gerichtskommissärsge­setzes – Grundbuchsumstellungsgesetz – geändert wird.

Da Ihnen auch dieser Bericht schriftlich vorliegt, beschränke ich mich wiederum auf die Antragstellung:

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 7. Oktober 2003 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammen­gezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Erste Rednerin ist Frau Bundesrätin Ilse Giesinger. Ich erteile ihr das Wort.

 


12.24

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Hoher Bundesrat! Ich möchte von diesen drei Tages­ordnungspunkten zwei Tagesordnungspunkte herausgreifen und über diese sprechen.

Als Erstes möchte ich zum Insolvenzrechtsänderungsgesetz Stellung nehmen. Da der Oberste Gerichtshof aus dem Gesellschaftsrecht ableitet, dass von Gesellschaftern gewährte Kredite in einer Krise nicht zurückgefordert werden können, wird das mit diesem Gesetz nun auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Somit besteht für Gesell­schafter Rechtssicherheit, wenn sie dem Unternehmen Kredite gewähren, und das ist sehr, sehr wichtig.

Als Zweites möchte ich zum Grundbuchsumstellungsgesetz einige Worte sagen. Durch dieses Gesetz wird eine elektronische Urkundensammlung im Grundbuch ermöglicht. Im Firmenbuch sind die gesetzlichen Voraussetzungen bereits erfüllt. Dadurch ist es möglich, dass ab 2004 Online-Abfragen auf die Urkunden des Firmenbuches und des Grundbuches möglich werden. Allerdings sind für die Grundbuchsabfrage Verwaltungs­abgaben zu entrichten, die von den beiden Bundesministern für wirtschaftliche Angele­genheiten und Justiz im Einvernehmen noch festzusetzen sind. Die Firmenbuchab­frage kostet derzeit 2 € pro Urkunde, und ich nehme an, dass dieser Preis beim Grund­buch nicht höher werden wird.

Ich möchte jedoch bei dieser Gelegenheit erwähnen, dass zum Beispiel bei einer grundbücherlichen Sicherstellung eines Kredites 1,2 Prozent der Kreditsumme für die Eintragung bezahlt werden müssen. In letzter Zeit verlangen Banken – auch auf Grund negativer Erfahrungen – vermehrt grundbücherliche Sicherstellungen. Dies bedeutet in der Praxis, dass ein Kreditnehmer, zum Beispiel eine Firma, bei einem Kredit von


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500 000 € an Eintragungsgebühr 6 000 € bezahlt. Man muss sich das einmal überlegen: 6 000 € nur an Eintragungsgebühr!

Dies ist meiner Meinung nach untragbar. Ich fordere die zuständigen Stellen auf, hier so schnell wie möglich eine Änderung herbeizuführen! Ich bitte auch Sie, Frau Staats­sekretärin, dies mit dem Justizminister zu besprechen. Es bleibt ja nicht nur bei dieser 1,2-prozentigen Eintragungsgebühr; dazu kommen noch 0,8 Prozent Kreditsteuer sowie verschiedene Bankspesen, auch für die Erstellung des Vertrages und so weiter, sodass dann bis zu zirka 3 oder 4 Prozent an Spesen hinzukommen, wenn man einen Kredit aufnimmt, und das ist meiner Meinung nach untragbar. Gerade auch für kleine Gewerbetreibende kann das tödlich sein, oder es wird ihnen überhaupt nicht mehr möglich sein, einen Kredit aufzunehmen. Daher ersuche ich, dies möglichst zu mini­mieren und zu reduzieren, weil ich denke, dass die grundbücherliche Eintragung ja nicht so lange dauert, dass zum Beispiel bei 500 000 € dann 6 000 € gerechtfertigt wären.

Abschließend möchte ich zu diesem Punkt erwähnen, dass wir in der Politik die Rah­menbedingungen in verantwortungsvoller Weise erstellen müssen – vor allem auch im Interesse der gesamten Bevölkerung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.29

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Dr. Hlavac. Ich erteile ihr das Wort.

 


12.29

Bundesrätin Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Ich kann es kurz machen: Wir werden allen drei Entwürfen zustimmen beziehungsweise keinen Einspruch gegen die Be­schlüsse des Nationalrates erheben.

Was die Frage des Grundbuches betrifft, möchte ich Frau Kollegin Giesinger Recht geben; sie hat eine Problematik angesprochen, die tatsächlich erwägenswert wäre. An­sonsten begrüßen wir den Beschluss, da es sich hier um eine Serviceleistung handelt, die zweifellos positiv zu sehen ist. Die Gerichte sind, genauso wie andere staatliche Stellen, als Serviceeinrichtungen gegenüber dem Bürger zu sehen. Ich denke daher, dass das ein positiver Beschluss ist.

Zum ersten Entwurf, dem betreffend Gesellschafts- und Insolvenzrechtsänderungsge­setz , möchte ich anmerken, dass wir auch diesen Entwurf positiv beurteilen, da es ver­nünftig ist, zu verhindern, dass Sanierungen von Betrieben erschwert werden. Wenn es also einen brauchbaren Sanierungsplan gibt, dann soll es auch Erleichterungen geben. Wir sind ebenfalls dafür.

Im Nationalrat hat es einige Unruhe gegeben, weil der Kreditschutzverband Bedenken gegen einzelne Punkte gehabt hat und dann keine Debatte mehr dazu stattfand. Das finde ich eigentlich bedauerlich. Ich weiß, dass der Herr Bundesminister bereit gewe­sen wäre, diese Fragen zu behandeln, aber die Vorsitzende des Justizausschusses war dazu nicht bereit. Ich halte das nicht für gescheit. Das ist eine schiefe Optik, und das ist eigentlich nicht notwendig.

Zum dritten Entwurf, dem Komplex Rechtsanwälte, möchte ich sagen, dass es erstens natürlich notwendig ist, die EU-Richtlinie umzusetzen, dass aber auf jeden Fall Maß­nahmen gegen die Geldwäscherei begrüßt werden müssen. Es ist ja auch die Finan­zierung des internationalen Terrorismus davon betroffen; auch das ist natürlich sehr positiv. Wir dürfen aber neben dieser Terrorismusbekämpfung nicht übersehen, dass eigentlich die Geldwäscherei das ganz große Problem ist, das insbesondere auch in Österreich eine Rolle spielt auf Grund der Versuche vor allem der Ost-Mafia, hier Geld


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rein zu waschen. Das ist ein Problem, mit dem wir auch international immer wieder konfrontiert werden, weil gegen uns Vorwürfe erhoben werden, dass wir hier nicht streng genug sind. Daher ist es positiv zu sehen, dass auch die Rechtsanwälte und die Notare eine Anzeigepflicht erhalten und dass sie von der Verschwiegenheit in diesem Fall befreit werden.

Wir hatten allerdings im Ausschuss eine, glaube ich, ganz interessante Diskussion über die Frage des Schadensersatzes: Was geschieht, wenn jemand zu Unrecht ver­dächtigt worden ist, Geldwäscherei zu betreiben und dieses Delikt zu begehen, und da­durch ein Schaden entsteht? – Das kann sehr wohl der Fall sein. Ich erinnere mich im Zusammenhang mit den Banken daran, dass es bereits vorgekommen ist, dass einem Unternehmer fälschlich vorgeworfen worden ist, Geldwäscherei zu betreiben. Das Geschäft ist dann blockiert worden, und es ist ein ziemlich großer Schaden entstanden. Da stellt sich dann schon die Frage des Schadensersatzes. Es wird interessant sein zu sehen, welche Auswirkungen diese Bestimmung hat und ob unter Umständen eine Verfassungswidrigkeit vorliegt, wie auch Herr Professor Böhm mutmaßt.

Ansonsten gibt es, wie gesagt, unsere volle Zustimmung. In meinem Fall geht es eigentlich fast nicht anders, ich war im Europäischen Parlament Schattenberichterstat­terin für die Geldwäsche gerade in der Zeit, in der die große Richtlinie gemacht wurde. Jede Maßnahme gegen die Geldwäscherei ist zu begrüßen, daher findet dies unsere Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.34

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächstem erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Aspöck das Wort.

 


12.34

Bundesrat Dr. Robert Aspöck (Freiheitliche, Salzburg): Herr Präsident! Frau Staats­sekretärin! Hohes Haus! Ich hoffe, dass Kollegin Dr. Hlavac zum Beruf des Anwaltes am Ende meiner Ausführungen einen anderen Zugang hat, als sie ihn jetzt in ihrem Redebeitrag gehabt hat.

Ich darf die Frage des Schadenersatzes vorwegnehmen. Frau Kollegin, diese stellt sich nicht nur, wenn ich heute irrtümlicherweise irgendjemanden verdächtigt habe, wenn ich ihn beim Bundesminister für Inneres oder beim Bundeskriminalamt angezeigt habe und sich dann herausstellt, dass das falsch war. Dann können Sie sich ausrechnen, wie viele Klienten noch in meine Kanzlei kommen werden, um Treuhandgeschäfte abzu­wickeln und Gesellschaften zu gründen: keine mehr! – Das aber nur als kleiner Vor­spann.

Es ist klar, dass ich mich als einziger Anwalt hier in dieser Runde mit genau diesem Thema zwar möglichst kurz, aber doch ein bisschen beschäftigen möchte. Es ist den Rechtsanwälten und Notaren hier eine meines Erachtens unzumutbare Verpflichtung aufgebürdet worden. Warum und wie, darauf werde ich am Schluss meines Redebei­trags noch zu sprechen kommen.

Zu allen anderen Gesetzen sei eines vorweg gesagt: etwa für die elektronische Urkun­densammlung und auch für alles andere noch einmal und zum zweiten Mal, Frau Staatssekretärin, dem Herrn Bundesminister und den Beamten – auch den Anwesen­den, aber hier muss es gar nicht ausgerichtet werden – den herzlichen Dank meiner Fraktion! Es handelt sich um durchwegs sehr gute Gesetze.

Nun aber zurück zu der Verpflichtung der Rechtsanwälte und Notare zur Anzeige – unter Anführungszeichen – „verdächtiger“, was immer das sein mag, Geschäfte beim Innenminister beziehungsweise dem Bundeskriminalamt.


Bundesrat
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Wir haben in Österreich eine sehr hohe Rechtskultur, wie ich meine. Im Rahmen dieser Rechtskultur haben sich die Positionen von Rechtsanwälten, Notaren, Richtern und Staatsanwälten ganz genau herauskristallisiert und sind diese Positionen auch klar definiert. Die Position des Rechtsanwaltes und die des Notars ist dabei stets die der absoluten Vertrauensperson des Mandanten. Es ist hier in diesem Haus hoffentlich unbestritten, dass jedem Menschen ein Verteidiger freier Wahl – es liegt die Betonung auf: „freier Wahl“ – zusteht. Seit Entwicklung der DNA-Analyse wissen wir für jeder­mann sichtbar, dass es weltweit doch eine nicht unerhebliche Zahl von Fehlurteilen immer gegeben hat und auch immer geben wird. Umso wichtiger ist dieses Recht auf einen frei gewählten Verteidiger. Dieser Verteidiger muss das volle Vertrauen seines Mandanten genießen, und der Mandant muss sich voll auf den Verteidiger verlassen können!

Unbestritten ist auch, dass dieses Recht auf einen Verteidiger mit dem Recht auf abso­lute Verschwiegenheitspflicht einherzugehen hat. Nun aber soll diese absolute Vertrau­ensperson für den Klienten – und darin sehe ich den diametralen Gegensatz zur bis­herigen Auffassung über die Tätigkeit des Anwaltes, gleichgültig, ob im Strafrecht oder im Zivilrecht –, nun soll diese absolute Vertrauensperson für den Klienten, und zwar nicht nur als Verteidiger, sondern auch im Bereich des Zivilrechtes, etwa des Vertrags­rechtes, zum potenziellen Anzeiger, sprich Vernaderer, beim Bundeskriminalamt wer­den. Wie soll das gehen? – Das passt nicht zum österreichischen Selbstverständnis von Anwalt und Notar als absolut der Verschwiegenheit unterliegende Vertrauensper­son!

Auf weitere Probleme bei der künftigen Anwendung dieses Gesetzes bin ich bereits eingangs kurz eingegangen. Was ist jetzt wirklich der Fall? Wann soll ich vermuten, dass hier falsches oder – sagen wir – Drogengeld et cetera unterwegs ist?

Ich glaube, man muss gar nicht näher darauf eingehen, sondern man kann sich aufs Grundsätzliche beschränken. Was geschieht mit dem Anwalt oder Notar, dessen begründeter Verdacht, wie ich eingangs erwähnt habe, sich als falsch herausgestellt hat? – Der im Gesetz normierte Schutz wird vielleicht greifen. Ich vermute mit meinem Fraktionsvorsitzenden Professor Böhm eher, dass es sich dabei allenfalls doch um eine Bestimmung handelt, die erfolgreich beim VfGH angefochten werden könnte. Anwalt und Notar sollten nicht zu Hilfssheriffs umfunktioniert werden; und das ist es im Endeffekt! Das mag zwar in anderen Ländern und Kontinenten passen, nicht aber bei uns.

Damit komme ich zum wesentlichen Kern meines Anliegens, nämlich aufzuzeigen, dass Anlassgesetzgebung niemals gut ist – und hier handelt es sich um Anlassgesetz­gebung: Der wahre Anlass liegt nicht in Österreich, der wahre Anlass liegt nicht in Europa, sondern er liegt schlicht und einfach im 11. September 2001 und dem in der Folge von den Amerikanern gegenüber der EU gemachten Druck. Wie man hört, haben die Amerikaner eine Reihe einstmals hoch gefeierter Bürgerrechte längst zu­gunsten einer effizienten – unter Anführungszeichen – „Terrorbekämpfung“ wieder auf­gegeben. George Orwell lässt bestens grüßen, meine Damen und Herren!

Dass wir Europäer – oder besser gesagt: Brüssel – bei solchen Bocksprüngen nicht mittun sollten, liegt auf der Hand. Die EU hat es dennoch getan; für mich völlig unver­ständlich, aber sie hat es im Wege einer Richtlinie getan, sodass weder dem Herrn Bundesminister für Justiz noch seinen Beamten irgendein Vorwurf wegen der Vollzie­hung dieser nun einmal vorgegebenen Richtlinie gemacht werden kann.

Wir müssen – in diesem Punkt sage ich leider: müssen, in den anderen tue ich es gerne – daher allen Gesetzesvorlagen zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Bundesrates Boden.)

 


12.42


Bundesrat
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701. Sitzung / Seite 69

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Danke, ein Schlusswort wird nicht gewünscht.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 24. Sep­tember 2003 betreffend das Gesellschafts- und Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2003.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 24. September 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsan­waltsanwärter, das Bundesgesetz über den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassung von europäischen Rechtsanwälten in Österreich sowie die Notariatsord­nung geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 24. September 2003 betreffend ein Grundbuchsumstellungsgesetz.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

8. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. September 2003 betreffend eine Vereinba­rung zwischen der Republik Österreich und dem Vereinigten Königreich Groß­britannien und Nordirland über die Ausdehnung des Anwendungsbereiches des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen auf die Ballei Guernsey (55 d. B. und 215 d. B. sowie 6869/BR d. B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung hat Frau Bundesrätin Schlaffer übernommen. Ich bitte sie darum.

 


Berichterstatterin Anna Schlaffer: Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekre­tärin! Meine Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 24. September 2003 betreffend eine Vereinba­rung zwischen der Republik Österreich und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland über die Ausdehnung des Anwendungsbereiches des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen auf die Ballei Guernsey.

Da Ihnen der Bericht schriftlich vorliegt, verzichte ich auf die Verlesung.


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Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 7. Oktober 2003 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke. – Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Ich unterbreche nunmehr die Sitzung bis 15 Uhr zum Aufruf der an den Herrn Bundes­minister für Landesverteidigung gerichteten Anfrage.

(Die Sitzung wird um 12.45 Uhr unterbrochen und um 15.02 Uhr wieder aufgenom­men.)

 


Präsident Hans Ager: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Landesverteidigung betreffend die Beschaffung der Eurofighter-Kampfflugzeuge als teuerste Fehlentscheidung in der Geschichte der Zweiten Republik (2119/J-BR/2003)

 


Präsident Hans Ager: Wir gelangen nunmehr zur Behandlung der Dringlichen Anfrage der Bundesräte Professor Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung.

Da diese inzwischen allen Bundesräten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Professor Konecny als erstem Anfragesteller zur Begrün­dung der Anfrage das Wort. – Bitte.

 


15.02

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich gebe ja gerne zu: Es ist nicht die erste Anfrage zu diesem Thema. (Heiterkeit und demonstrativer Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen. – Bundesrat Fasching: Wissen Sie überhaupt, die wie vielte?)

Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich für den Applaus der Regierungsparteien und betrachte diese Zustimmung als Anreiz, dieses Thema noch bei zahlreichen weite­ren Gelegenheiten anzusprechen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Hagen: Bitte nicht!)

Aber auch wenn wir nun zugegebenermaßen bereits viele Stunden – ich habe sie nicht aufsummiert – über dieses Thema debattiert haben, so rechtfertigt nicht nur die Tatsache, dass immer neue und nicht sehr ermutigende Sachverhalte hervorkommen, sondern einfach die Summe der involvierten Beträge, dieses Thema immer wieder auf­zugreifen.


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Wir haben – und das ist kein Geheimnis – in den Debatten zu diesen Dringlichen An­fragen eine klare Position dazu geäußert, in der zum Ausdruck kommt, dass wir in der geopolitischen Situation Mitteleuropas diese Ankaufsentscheidung als solche für falsch halten und dass wir sie angesichts der budgetären Probleme der Republik für doppelt falsch halten.

Für uns ist es geradezu grotesk, mit ansehen zu müssen, wie in breiten Bereichen der staatlichen Verwaltung mit dem Argument, dass kein Geld da sei, Zustände hergestellt werden, die unerträglich sind. Ich will jetzt gar nicht mit einer langen Abfolge von Bei­spielen operieren, aber zu sagen, es sei kein Geld für eine Steuerreform da, man könne sich leider die Bedienerinnen und die Stromrechnung an den Universitäten nicht mehr leisten, aber diese Anschaffung müsse unbedingt sein, das ist meiner Meinung nach eine falsche Priorität. Zudem ist es eine sachlich durch nichts begründbare Haltung der Bundesregierung, die sich darauf festgelegt hat, Abfangjäger – wir haben immer von „Kampfflugzeugen“ gesprochen – anzuschaffen.

Der kleine Schlenker vom vergangenen Herbst, als plötzlich diese 24 Stück nicht mehr unumstößlich waren, sondern sechs davon im Hochwasser „versenkt“ wurden und es jetzt nur mehr 18 sein müssen – wobei all die so genannten fachlichen Argumente mit der gleichen Verve wie vorher für die 24 nachher für die 18 vorgetragen wurden –, hat uns nicht gerade darin bestärkt, diesen Argumenten Glauben zu schenken. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber gerade dann, wenn man die anderen Bereiche weglässt und nicht davon spricht, dass sich etwa die Technische Universität die Stromrechnung nicht mehr leisten kann, sondern einmal den engeren Bereich des Bundesheeres betrachtet, das vor neuen und neu zu definierenden Aufgaben steht und dafür – wie jeder weiß – miserabel ausge­rüstet ist, muss die Frage dieser Flugzeuge ein zweites Mal auf einer zweiten Ebene gestellt werden.

Es ist die Frage, ob es nicht doch vordringlicher ist, jene Ausrüstung zu beschaffen, die bei den absehbaren internationalen Einsätzen des österreichischen Bundesheeres schlicht die Leben von Soldaten rettet. Wir haben alle die Bilder von der Mannaus­rüstung der amerikanischen Truppen im Irak gesehen, und wir wissen alle, wie unsere ausschaut. Es mag schon sein, dass man nicht alles, was diese mitschleppen, wirklich braucht. (Bundesrat Steinbichler: Herr Kollege, heißt das, dass Sie für eine Aufrüs­tung des Bundesheeres sind? – Widerspruch bei der SPÖ. – Bundesrat Steinbichler: Das hab ich wirklich nicht, das Gefühl!)

Herr Kollege, Sie haben die letzten 15 Jahre irgendwie verschlafen, was mich bei Ihrer politischen Einsicht nicht wirklich überrascht. Wahr ist, dass das Mech-Paket des Bun­desheeres in einer bestimmten Verhandlungskonstellation die Bedingung unserer Par­tei war, um diesem Paket zuzustimmen – in aller Bescheidenheit. (Bundesrat Dr. Nitt­mann: Keine Kriegseinsätze im Irak! Das ist doch absurd!) – Selbstverständlich und seit eh und je sind wir dafür, dass unsere Soldaten – ganz egal, ob es sich um Prä­senzdiener handelt oder um Berufssoldaten – für jene Einsätze, die vorstellbar und sinnvoll sind, optimal ausgerüstet sind. (Bundesrat Dr. Nittmann: Was reden Sie da?)

Angesichts der wachsenden internationalen Verpflichtungen bestehen wir darauf, dass wir nicht Menschen mit zusammenbrechenden LKW auf gefährliche Bergstraßen in Bosnien schicken und dass wir nicht Menschen, die weder über Nachtsichtgeräte in ausreichender Anzahl noch über entsprechende Splitterschutzwesten verfügen, in Kampfgebiete schicken.

Wenn Sie das in Zweifel ziehen, Herr Kollege, dann haben Sie – nicht Sie, Herr Profes­sor Böhm, entschuldigen Sie, ich habe falsch geschaut –, Herr Kollege Steinbichler, die wehrpolitischen Aussagen der Sozialdemokratie in den letzten zehn Jahren wie so


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vieles andere leider verschlafen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schenn­ach.)

Das also – ich halte das kurz – ist die zweite Ebene der Argumentation. Innerhalb des militärischen Ausrüstungssektors ist die Anschaffung dieser Flugzeuge mit Sicherheit die am wenigsten vordringliche.

Damit kommen wir zur dritten Ebene der Diskussion, die uns insbesondere auch schon bei anderen Dringlichen Anfragen beschäftigt hat. Wenn man über all das einmal hin­wegsieht und einfach sagt, hier gibt es eine grundsätzliche Entscheidung, diese An­schaffung zu tätigen, die von der Bundesregierung getragen wird – ob das auch auf die Mehrheit dieses Hauses zutrifft, weiß ich ja nicht so genau –, dann ist zumindest dar­über zu diskutieren – und das tun wir in der heutigen Dringlichen Anfrage –, welches Gerät angeschafft wird und was dieses Gerät zu leisten im Stande ist.

Noch einmal, damit hier kein Missverständnis entsteht: Die erste Argumentationsebene bleibt aufrecht, ebenso die zweite Argumentationsebene, aber heute wollen wir vor­rangig über die dritte Argumentationsebene sprechen.

Man hat uns also mit dem Argument, dass die Luftraumüberwachungsflugzeuge neut­ralitätspolitisch notwendig sind, natürlich nicht überzeugt, aber man hat dieses Argu­ment wie eine Monstranz vor der Regierungspolitik hergetragen. Man sprach von einem „Luftraumüberwachungsflugzeug“, und jedes Mal, wenn ein Sozialdemokrat „Kampfflugzeug“ gesagt hat, kamen sofort Protestschreie, es seien keine Kampfflug­zeuge.

Ich habe vor mir die „Herald Tribune“ – eine bekanntlich linksradikale Publikation – vom 10. September, in der – Quelle Bloomberg, auch ein bekannter Trotzkist, Marxist oder Ähnliches – klar festgestellt wird, dass die nächste, neue Version – also offenbar jene, die wir bekommen – im Gegensatz zur ersten Version für den Bodenkampf konzipiert ist: „The new version will be able to bomb ground targets.” – Die neue Version wird also in der Lage sein, Bodenziele anzugreifen.

Wir haben von Kampfflugzeugen gesprochen, Sie haben protestiert. – Wir bekommen aber Kampfflugzeuge. Wenn wir sie nicht als Kampfflugzeuge nützen, ist dagegen nichts einzuwenden, aber von der Spezifikation des Geräts kriegen wir Kampfflug­zeuge, damit einmal die Bezeichnung des Vehikels klar ist. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Das Handy der Bundesrätin Haunschmid läutet.) – Frau Kollegin! Wenn Sie sich schon verabschieden, dann bitte nicht so laut. (Bundesrätin Haun­schmid: Entschuldigung! – Bundesrat Dr. Aspöck: Das war aber nicht sehr charmant! Äußerst uncharmant!)

Meine Damen und Herren! Es hat also drei offizielle Bewerber gegeben. Darüber hin­aus gab es weitere Angebote, gewissermaßen außerhalb des geregelten Offerts – nicht präzise in derselben Form, aber durchaus so, dass sie prüfenswert gewesen wären, sowohl das von Dassault als auch das von MiG.

Es wurde uns mitgeteilt, dass von diesen dreien eines überhaupt nicht in Frage komme, und zwar das der Amerikaner, denn da müssten die armen österreichischen Piloten das Bordradar auf den Knien balancieren. Überdies gibt es noch kein Betriebs­programm für dieses Bordradar.

Ich gebe zu, im Eurofighter – so entnehmen wir nun dem deutschen Rechnungshofbe­richt – müssen sie das Bordradar tatsächlich nicht auf den Knien balancieren. Die Knie österreichischer Piloten werden also geschont. Es ist fest eingebaut, aber es gibt dieses auch noch nicht! Es gibt das Bordradar nur als „Dummy“, als Muster. Es ist nicht betriebsfähig, es gibt kein Programm dafür. Vielleicht – das Prinzip Hoffnung ist eines,


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dem ich sehr anhänge – gibt es dieses Bordradar, bis die Maschinen an Österreich geliefert werden.

Meine Damen und Herren! Der Grund für das Ausscheiden des amerikanischen Be­werbers war die Mussbedingung des Vorhandenseins eines funktionsfähigen Bord­radars. Das, was wir gekauft haben, erfüllt diese Mussbedingung nach Urteil des deut­schen Rechnungshofes aber ebenfalls nicht. Dass sie ein Bordradar konzipieren und entwickeln werden, haben sie uns versprochen, aber das haben die Amerikaner auch. Da war es für die österreichische Bewertungskommission jedoch eine Mussbedingung, daher musste dieses Angebot ausscheiden. Den Versprechungen bezüglich der Euro­fighter hat man genügend Glauben geschenkt, um so zu tun, als gäbe es das Bord­radar schon. – Das ist ein zweites Beispiel.

Ein drittes Beispiel: Offensichtlich war bei den Entscheidungen zu Gunsten des Euro­fighter der Hochglanzprospekt das, was man wirklich geprüft hat. Nun wissen wir alle aus der Waschmittelwerbung oder ähnlichen Bereichen, dass man natürlich in einen teuren Prospekt hineinschreiben kann, was einem Spaß macht.

Ohne jetzt seitenweise den deutschen Rechnungshofbericht zu zitieren, muss ich doch sagen (Bundesrat Steinbichler: Das Niveau ist ja sensationell!): Es stellt sich eben heraus, dass all die Versprechungen, die gemacht wurden, in der Realität nicht ein­gehalten werden. (Bundesrat Dr. Nittmann: Der deutsche Verteidigungsminister von der SPD ... alles Unsinn!) – Herr Kollege! Der deutsche Verteidigungsminister hat ein Beschaffungsprojekt geerbt. Ich werde mich über Gespräche, die ich mit ihm darüber geführt habe, hier nicht äußern, weil sie persönlich und vertraulich waren, aber der Satz, dass er dieses Beschaffungsprojekt nicht erfunden hat, sondern dass er es nach vielen Jahren geerbt hat, mag Ihnen andeuten, wie die Sachlage ist. (Bundesrat Dr. Nittmann: Im „Spiegel“ argumentiert er aber anders!) Wenn Sie sich die Gegen­äußerung des Herrn Minister Struck zum Rechnungshofbericht anschauen ... (Bundes­rat Dr. Nittmann: Sie sind ein schwadronierender Märchenonkel! Im „Spiegel“ argu­mentiert er anders!) – Nein, überhaupt nicht. Ich lade Sie ein, sich die Gegenäußerun­gen des Ministers Struck zum Rechnungshofbericht durchzulesen. Ich würde sagen, kritischer kann man, wenn man höflich zu sein beabsichtigt, nicht sein.

Dieses Projekt hat eine entsetzlich lange Geschichte, in der nur eine Konstante festzu­stellen ist: Dass kein Versprechen, ob es um die Leistungsfähigkeit, den Preis oder den Zeitplan ging, jemals eingehalten wurde. (Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann: Die SPÖ hat das auch mit initiiert! Die Draken!) – Nein! Bitte, Frau Kollegin, Sie dürfen uns gerne beschimpfen – oder nein, wir beschimpfen uns nicht, das war ungerecht –, Sie dürfen gerne Kritik an uns üben, aber am tauglichen Objekt. Die Eurofighter wur­den vor 20 Jahren als Kampfmittel im damals noch höchst aktuellen Kalten Krieg konzi­piert. Die SPÖ hat am Kalten Krieg nie als Krieg führende Partei teilgenommen. Das neutrale Österreich auch nicht. Also an der Genese der Eurofighter sind wir wirklich nicht schuld.

Die Regierungen, die dieses Produkt in Auftrag gegeben haben, haben das seinerzeit unter der Annahme – nein, falsch, unter dem Versprechen! – der Produzenten getan, dass diese Maschinen 1991 oder 1992 – ich sage ironisch dazu: also im vorigen Jahr­hundert – einsatzfähig sein würden. – Keine Rede davon!

Es wurde dann das Jahr 2000 als neuer Liefertermin der Prototypen vereinbart. Dieser Liefertermin für den Prototypen wurde schließlich auf 2002 verlegt. Als der Prototyp bei den ersten Flugversuchen 2002 in Spanien von oben nach unten kam – und das relativ hart, er ist also auf gut Deutsch abgestürzt –, wurde der Liefertermin auf 2003 verscho­ben. Die ersten Produkte dieser seit 13 Jahren fälligen Produktionsreihe sind jene, auf die sich die Kritik des deutschen Rechnungshofes bezieht. Es war eine sehr lang-


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wierige Geburt und eine, bei der ganz offensichtlich ein behindertes Flugzeug auf die Welt gekommen ist.

Wir haben immer Kritik daran geübt, dass hier offensichtlich mit Scheuklappen vorge­gangen wird. Man wollte nicht hören, welche Argumente für andere angebotene Flieger sprachen, nichts über den Preis, nichts über die dem begrenzten Aufgabengebiet – nämlich als Luftraumüberwachungsflugzeuge – zuträgliche Ausstattung, die angeboten wurde. Es sollte ganz offensichtlich der Eurofighter werden.

Wir haben uns bei einer anderen Dringlichen Anfrage mit dem Bericht des österreichi­schen Rechnungshofes beschäftigt. Dieser hat – ich sagte es damals – einen „Nichtbe­schaffungsvorgang“ geprüft, weil ja der Untersuchungszeitraum dessen, was vorliegt, im Sommer 2002 endete. Die Entscheidung über die Anschaffung und für diese An­schaffung fiel aber bekanntlich im heurigen Sommer, und wir können mit großer Spannung dem österreichischen Rechnungshofbericht über das zweite Jahr der Geburtswehen der so genannten Abfangflugzeuge entgegensehen.

Es würde mich ja wirklich interessieren, warum jedes Argument, das für einen anderen Anbieter sprach, offensichtlich nicht zum Tragen kommen durfte. Ich werde mich hüten, irgendeine Vermutung auszusprechen, aber dass es außer dem Eurofighter mit dieser Geschichte seiner Geburt kein leistungsfähiges und den österreichischen Bedürfnissen entsprechendes Flugzeug im Angebot gibt, ist mit Sicherheit falsch.

Wir haben nun – nicht wir, sondern Sie, Herr Bundesminister! – den teuersten Einzel­ankaufbeschluss der österreichischen Militärgeschichte – zumindest für die Zweite Republik kann ich das sicher sagen – getroffen, und das in einer Situation, in der nie­mand weiß, was denn dieses Flugzeug tatsächlich kosten wird. Sie geben – und das gilt jetzt für die Anschaffung inklusive Zinsen und Ratenzahlung, das wissen wir alles – einen Betrag, der mit großer Mühe unter der offensichtlich als magisch empfundenen 2 Milliarden-Grenze gehalten wurde, aus.

Angesichts der Leistungsspezifikation dieses Flugzeuges sind offenbar allen außer Ihnen die Grausbirnen aufgestiegen. All jene, die sich als Urheber dieses Projektes selbst in die Pflicht gegeben haben, wissen, wie sehr sie sich verspekuliert haben und wollen wenigstens die finanzielle Belastung reduzieren.

Der deutsche Verteidigungsminister Struck hat klar zum Ausdruck gebracht, dass er nicht bereit ist, den ständigen Preissteigerungen des Eurofighter nachzugeben, und dass er sich, wenn Leistungsspezifikationen nicht erfüllt werden, auch einen entspre­chenden finanziellen Rückhalt – ist gleich Abschlag – vorbehält.

Sie können mich gerne korrigieren, Herr Bundesminister, aber nach unserer Kenntnis ist in dem Kaufvertrag, den die Republik Österreich abgeschlossen, diese Möglichkeit so nicht enthalten.

Es hat sich von den ursprünglich fünf Regierungen, die dieses Projekt getragen haben, eine, nämlich die griechische, inzwischen aus dem Konsortium verabschiedet, weil sie nicht bereit und finanziell auch gar nicht in der Lage ist, ihren Anteil zu tragen. (Bun­desrat Dr. Kühnel: Das ist die „wesentlichste“ Nation, die sich verabschiedet hat!) – Herr Kollege, es ist ein relativ hoch gerüstetes Land mit einer schlagkräftigen Armee, wie Sie besser wissen müssten als ich. Ich würde sagen, Vorurteile gegen Völker, die auf dem Balkan leben, stehen Österreichern nicht gut an. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach.)

Die anderen vier Regierungen, die noch dabei sind, überlegen nun sehr ernsthaft, wie sie die explodierenden Kosten unter Kontrolle halten können. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Platter.) – Ja, Entwicklungskosten, aber diese wirken sich halt auch auf den Preis aus – auch auf den, den Sie zahlen müssen. Die Regierungen ver-


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suchen also zum Teil, die Kosten dadurch unter Kontrolle zu halten, dass die Anzahl der Exemplare, die sie abzunehmen bereit sind, von ihnen wieder in Zweifel gezogen wird.

Fünf Staaten haben das Projekt gestartet, ein Land hat sich verabschiedet, und vier Staaten haben ein flaues Gefühl im Magen. Es gibt genau einen externen Kunden: die Republik Österreich. Sonst ist es nirgendwo auf der Welt gelungen, ein einziges – gut, eines kauft man nicht, also eine Staffel – dieser Flugzeuge an eine Armee, an eine Luftwaffe abzusetzen, und es gibt gute Gründe anzunehmen, dass sich das auch nicht ändern wird.

Es gibt vor allem auch deshalb gute Gründe, das anzunehmen, weil jede dieser Regie­rungen – Sie haben das auch öffentlich gesagt! – genau weiß, dass die Betriebskosten explodieren. Heute Früh – Herr Minister Platter, ich warne Sie, wir schicken Ihnen gerne das Protokoll zu! – hat der Herr Finanzminister bekräftigt, dass er bis zu einem Betrag von 50 Millionen € jährlich bereit ist, aus den Mitteln des sonstigen Budgets – es sind trotzdem Steuergelder, aber nicht aus den Mitteln Ihres Budgets – die Differenz zwischen den Betriebskosten Draken und den Betriebskosten Eurofighter zu subventio­nieren, wenn ich das so sagen darf.

Herr Minister! Sie wissen aber auch, dass Sie das größte Problem haben, den Rest der Differenz irgendwo zusammenzukratzen. Es ist überhaupt keine Frage, dass die Differenz wesentlich mehr als 50 Millionen € pro Jahr ausmacht. Wenn ich die Beträge, mit denen die deutsche Bundesregierung rechnet, auf unsere kleinere Flugzeuganzahl umrechne, so beträgt diese Differenz etwa 78 Millionen €. Herr Minister! Ich wünsche Ihnen aufmerksame Spüraugen bei der Suche nach diesen 28 Millionen, die die Diffe­renz zwischen 50 und 78 darstellen, aber bitte sparen Sie sie nicht bei der Verpflegung der Präsenzdiener ein! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Bundesminister Platter: ... eine ganz tiefe Argumentation!)

Nein, Herr Minister! Sie wissen, dass Sie das Geld brauchen, und Sie wissen, dass Sie es nicht haben. (Bundesrat Bieringer: Herr Kollege! Bleiben Sie ein bisschen sach­licher!) Um es ganz deutlich zu sagen: Herr Minister, ich bin auch nicht dafür, dass Sie es bei der Ausstattung der Unteroffizierskantinen einsparen, zumal es vom Betrag her vermutlich nicht funktionieren würde.

Darf ich Sie jetzt damit konfrontieren, welche Beurteilung – und das stellt ja den Haupt­teil unserer Anfrage dar – der deutsche Bundesrechnungshof – ich bringe es auszugs­weise, einige kleine Beispiele – über diesen selbstverständlich noch nicht in Dienst gestellten Eurofighter getroffen hat?

Der deutsche Bundesrechnungshof entdeckt Minder- und Fehlleistungen beim Seiten­leitwerk, bei den Vorflügeln, bei der Pilotenkanzel und beim Rumpf. Das Bordradar – ich sprach schon davon – weist eine Vielzahl von gravierenden Mängeln auf, deren Be­hebung bisher nicht absehbar ist. Er stellt weiters fest, dass das Flugsicherheitsrisiko für den Ausbildungsflugbetrieb als nicht akzeptabel anzusehen ist. Das Triebwerk er­füllt in 13 genau definierten Bereichen nicht die vertraglich vereinbarten Eigenschaften. (Bundesrat Fasching: Wer sagt das? – Bundesrat Schennach: Der deutsche Fied­ler! – Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.) – Der deutsche Bundesrechnungshof. Sie können ihn gerne dazu befragen, aber der österreichische Rechnungshof wird ja vermutlich, wenn das Zeug einmal da ist, zu ähnlichen Feststellungen kommen müssen.

Von 780 geforderten Verifikationsnachweisen waren mit Stand 30. Juli 2003 47 – das sind etwa 6 Prozent – vollständig akzeptiert, 129 teilweise. Dazu kommen – auch das stellt, ich habe es schon erwähnt, der Bundesrechnungshof ausdrücklich fest – unzu­längliche Leistungen global, ein Besorgnis erregender Zustand des Eurofighter-Pro-


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gramms hinsichtlich der Weiterentwicklung zur zweiten Generation – ich sage noch einmal dazu: das ist das, was wir dann bekommen – und Kosten, die in kaum noch vorhersehbarem Maße steigen.

Es mag ja sein, dass Sie persönlich das dann nicht mehr interessiert, aber den öster­reichischen Steuerzahler werden diese in unabsehbarem Maße steigenden Kosten belasten und er wird sie bezahlen müssen.

Ja sogar die tatsächlichen Kosten pro Flugstunde werden erst Ende des Jahres 2004 – das ist für uns noch zeitgerecht – feststehen, und zwar laut Mitteilung der Erzeuger­seite. Das heißt, wir haben Mitte des Jahres 2003 ein Flugzeug gekauft, von dem uns Ende des Jahres 2004 der Erzeuger sagen wird, wie viel es kostet, damit eine Stunde zu fliegen.

Dazu kommen die ständigen Verspätungen. Der deutschen Bundeswehr wurden für das Jahr 2003 15 Flugzeuge zugesagt. Sie wird im Jahr 2003 die Hälfte davon – Flug­zeuge kann man nicht dividieren, siebeneinhalb Flugzeuge gibt es nicht –, also acht Flugzeuge, bekommen.

Ich frage Sie noch – das ist nicht in unserem Fragenprogramm –: Herr Bundesminister, was macht Sie so sicher, dass wir rechtzeitig die von Ihnen bestellten 18 Flugzeuge bekommen, wenn schon bei der deutschen Bundeswehr ... (Zwischenbemerkung von Bundesminister Platter.) – Irgendwann werden schon irgendwelche kommen, aber Sie werden sich wohl über die Schließung der Lücke Gedanken machen müssen.

Meine Damen und Herren! Hier ist eine Beschaffungsentscheidung getroffen worden, die, selbst wenn man nur den vorgelegten Papieren des Ministeriums glaubt, extrem kostspielig ist. Niemand – Sie auch nicht, Herr Bundesminister, wenn es nicht einmal der Erzeuger weiß – kann abschätzen, wie hoch die tatsächlichen Kosten des Betrie­bes sein werden. Und soweit wir den Vertrag kennen, haben Sie sich der Möglichkeit begeben, Minderleistungsfähigkeiten dieses Flugzeugs durch entsprechende finan­zielle Abzüge wenigstens einigermaßen auszugleichen.

Das ist eine Situation, in die diese Bundesregierung nicht nur sich selbst bringt. Es ist nicht mein Problem – oder sagen wir einmal so –, ich bin nicht rasend negativ betrof­fen, wenn diese Bundesregierung beharrlich ein Projekt verfolgt, das von 75 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher abgelehnt wird, aber ich bin natürlich als Politiker genauso wie als individueller Steuerzahler davon betroffen, wenn hier um ge­schönte 2 Milliarden € etwas angeschafft wird, was unabsehbare Folgekosten verur­sacht. Wir können ja das Zeug nicht kaufen – und keine Bundesregierung, die nach­kommen wird, kann das tun – und sagen, wir haben leider 2 Milliarden ausgegeben und statten jetzt 18 österreichische Kinderspielplätze mit schönen Blechmodellen aus. Das ist unverantwortlich. Wir werden sie aber auch nicht so leicht weiterverkaufen können.

Das heißt, es ist eine Entscheidung getroffen worden, die auf Jahre hinaus das öster­reichische Verteidigungsbudget aufbläht, ohne dass die Landesverteidigung im eigent­lichen Sinn des Wortes irgendetwas davon hat. Denn auch wenn der Herr Finanzminis­ter sagt, das bezahle ich, so als ob er ein private Portokassa hätte – vielleicht hat er eine; ich weiß es nicht, Industriellenvereinigung oder so irgendetwas –, es ist trotzdem Verteidigungsbudget. Er nimmt es Ihnen nicht weg oder nur zum Teil weg, er gibt etwas drauf, aber es sind andere Bereiche, im Bundesheer und anderweitig, für die dann dieses Geld nicht da ist. Und das ist eine negative Weichenstellung, unter der dieses Land in schwerem Maße zu leiden haben wird. (Vizepräsident Weiss über­nimmt den Vorsitz.)


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Herr Bundesminister! Wir haben Ihnen ein Fragenprogramm vorgelegt, in dem wir uns im Wesentlichen mit den bekannt gewordenen Kritiken des deutschen Bundesrech­nungshofes auseinander setzen und worin wir Sie bitten, gemäß Ihrem Informations­stand dazu Stellung zu nehmen. Aber es ist schon klar: Wir halten diese Entscheidung wehrpolitisch und gesamtgesellschaftlich für grundfalsch, und wir werden nicht auf­hören, Sie mit unserer Forderung zu konfrontieren, alle Möglichkeiten zu nützen, um aus diesem unglückseligen Vertrag doch noch auszusteigen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Herr Bundesminister! Als wir Sie das erste Mal mit einer Anfrage zum Thema Euro­fighter konfrontierten, habe ich persönlich und verbindlich, wie ich nun einmal bin (iro­nische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen), meinen Redebeitrag mit dem Satz eingeleitet: Herr Bundesminister, Sie haben noch nichts falsch gemacht. Wir bitten Sie, dafür zu sorgen, dass es so bleibt. – Inzwischen haben Sie – tut mir Leid – etwas ziemlich Gravierendes falsch gemacht, aber mein unerschütterlicher Glaube an das Gute auch in Verteidigungsministern lässt mich hoffen, dass Sie bereit sind, einen begangenen Fehler auch wieder gutzumachen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.38

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Dr. Böhm gemeldet. Ich erteile ihm – unter Hinweis auf die Geschäftsord­nung – das Wort.

 


15.38

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Da ich, anders als die Verfasser dieser Dringlichen Anfrage, den deutschen Rechnungshof nicht mit einem wehrtechnischen Amt oder einem TÜV für Fluggeräte verwechsle, möchte ich folgende Berichtigung anbringen:

Herr Kollege Konecny hat in diesem Zusammenhang davon gesprochen, dass sich die Republik Österreich als Vertragspartner – anders als andere Vertragsstaaten – für den Fall, dass tatsächlich die vertragsgerechte Leistung nicht erbracht werden würde, keinen Abschlag beziehungsweise Rückhalt vorbehalten habe.

Das ist unrichtig, weil nach allgemein bürgerlich-rechtlichen und vertragsrechtlichen Grundsätzen das Prinzip der Gewährleistung gilt. Sollte daher eine Nicht- oder Schlechterfüllung vorliegen, liegt ein Gewährleistungsfall vor, der zur Preisminderung, im Grenzfall bis zur Wandelung, also bis zur Beseitigung des Vertrages führt. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

15.39

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zur Beantwortung der an ihn gerichteten Anfrage erteile ich Herrn Bundesminister für Landesverteidigung das Wort. – Bitte.

 


15.39

Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Geschätzte Damen und Herren! Es ist nun zum wiederholten Male, dass ich die Gelegenheit habe, bei einer Dringlichen Anfrage hier eine Stellungnahme abzugeben; ich muss aber feststellen, dass es immer dieselben Argumente sind, die bei den bis­herigen fünf Dringlichen Anfragen gebracht wurden, und ich werde zum wiederholten Male hier auch eine entsprechende Auskunft geben.

Prinzipiell ist eines feststellbar: dass Sie, meine Damen und Herren der SPÖ, den Kauf von Luftraumüberwachungsflugzeugen prinzipiell ablehnen. Das haben Sie selbst gesagt. Und so ist vielleicht Ihre Argumentation zu verstehen, wenn Sie über den Euro­fighter eine entsprechende Beurteilung abgeben.


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Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir nun, doch noch einmal die Gelegenheit zu nützen, prinzipiell auf die Notwendigkeit der Sicherung unseres Luftraumes etwas näher einzugehen.

Geschätzte Damen und Herren! Durch das In-Kraft-Treten des Eurofighter-Vertrages wird sichergestellt, dass unser österreichischer Luftraum für die nächsten 30 bis 40 Jahre gesichert ist. (Bundesrat Konecny: Er hat aber nur 25 Jahre Lebensdauer! Heutige „Presse“!) – Dazu werde ich Ihnen eine Information geben: Es geht nicht um die Jahre, es geht um die Flugstunden. Daher ist sichergestellt, dass wir mit den Euro­fightern eine aktive Luftraumsicherung zwischen 30 bis 40 Jahre haben. (Bundesrätin Kainz: Aber Sie haben kein Geld zum Fliegen!)

Meine Damen und Herren! Es ist Ihnen bekannt, dass Ende des Jahres 2005 der Draken, das derzeitige Luftraumüberwachungsflugzeug, abrüsten wird. Es folgt nun ein Spitzengerät, das auf höchstem technischem Niveau die Luftraumsicherung durchfüh­ren wird. (Zwischenruf des Bundesrates Manfred Gruber.) Darüber hinaus ist der Kauf dieses Eurofighter der Türöffner für die europäische Hochtechnologie.

Ich war dort, geschätzte Damen und Herren, wo der Eurofighter hergestellt wird. Das ist in Manching in Bayern. In Manching wird der Eurofighter vom Beginn bis zum Schluss hergestellt. Es ist auch aus dieser Sicht, nicht nur auf Grund der Sicherung des Luftraumes, die für mich die primäre Bedeutung hat, es ist auch für die Wirtschaft eine unglaubliche Chance, was die Gegengeschäfte betrifft, denn es können Gegenge­schäfte in der Höhe von 4 Milliarden € gemacht werden. Ich sage Ihnen, ich kenne sehr viele Unternehmungen, die froh sind und sich bedanken, dass es zu dieser europäi­schen Entscheidung gekommen ist, dass mit diesem Kauf das Tor zur europäischen Hochtechnologie aufgemacht wurde. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Nun etwas Grundsätzliches. Sie haben heute die Neutralität strapaziert. Ich möchte ganz kurz auf die Bedrohungslage zu sprechen kommen. Eines ist klar: Es hat sich in den letzten Jahren, in den letzten eineinhalb Jahrzehnten sehr viel verändert. Früher, als wir zwischen den Fronten lagen, haben wir uns vorwiegend mit der territorialen Verteidigung auseinander gesetzt, heute schaut die Situation völlig anders aus.

Wo ist das größte Bedrohungspotential? – Das ist die organisierte Kriminalität (Bun­desrat Kraml: Dazu brauchen wir die Kampfflieger? – Bundesrätin Kainz: Dazu brauchen wir die Eurofighter?), das ist der internationale Terrorismus. (Bundesrat Man­fred Gruber: Und davor schützt uns der Eurofighter? Das ist ja lächerlich!) Alle Militär­experten werden Ihnen sagen, dass die größte Gefahr von der Luft ausgeht, wenn man insbesondere den internationalen Terrorismus hernimmt. Wir wissen alle, was sich in Amerika zugetragen hat.

Dazumal, als der Irak-Konflikt war, waren wir alle sehr froh darüber, dass wir unseren Luftraum geschützt haben. Damals ist es plötzlich still geworden. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Auch die Opposition ist sehr still geworden, weil wir froh waren, dass wir wäh­rend des Irak-Konfliktes eine aktive Luftraumsicherung hatten.

Es ist völlig absurd zu glauben, dass wir ohne Luftraumüberwachung und ohne Luft­raumsicherung auskommen. Nennen Sie mir eine Nation in Europa, die darauf verzich­tet! Das ist nicht der Fall. Wir können aber einen anderen Weg gehen, wir können schauen, dass wir uns Leistungen zukaufen, dass andere Staaten diese Arbeit für uns übernehmen. Glauben Sie, das wird zum Nulltarif passieren? Ich sage, das wird sehr, sehr viel Geld kosten. Ich als Verteidigungsminister habe die Verantwortung. Sie nehmen sie nicht wahr, geschätzte Damen und Herren der SPÖ. Ich habe die Verant­wortung und trete für eine aktive Luftraumüberwachung und Luftraumsicherung ein. (Beifall bei der ÖVP.)


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Bei dieser Gelegenheit lassen Sie mich eines sagen ... (Bundesrat Manfred Gruber: Und dazu brauchen wir die Eurofighter?) – Sie haben zwar eine sehr laute Stimme, ich kann Sie aber trotzdem akustisch nicht verstehen. (Bundesrat Konecny: Geben wir ihm ein Mikrophon!) Ich möchte Ihnen bei dieser Gelegenheit Folgendes sagen: Ich bin sehr stolz darauf, dass wir eine hervorragende Fliegertruppe haben, die gerade beim Irak-Krieg gezeigt hat, was sie kann. Ich bin auch stolz darauf, dass diese Flieger­truppe Löscheinsätze macht, Rettungseinsätze, Evakuierungen durchführt und darüber hinaus eine großartige Leistung für die Republik Österreich erbringt. (Bundesrat Konecny: Mit Eurofightern einen Rettungseinsatz?)

Ich sage Ihnen das aus dem Grund, weil durch Ihre Argumentation alles madig ge­macht wird, was die Fliegertruppe betrifft. (Bundesrat Konecny: Wie kommen Sie darauf?!) Ich bedanke mich bei ihr ausdrücklich für diese hervorragenden Leistungen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrat Konecny: Können Sie mir erklären, dass der Eurofighter als Luftambulanz geeignet ist?!)

Meine Damen und Herren! Ein Zweites: Unterschätzen Sie nicht, dass der Besitz von Luftraumüberwachungsflugzeugen auch eine entsprechende vorbeugende Wirkung hat. Es ist doch nochwendig, dass man weiß, dass eine Nation selbst diese Maßnahme in die Hand nimmt, selbst ein aktive Luftraumüberwachung und Luftraumsicherung hat. Das hat aber auch mit dem subjektiven Sicherheitsgefühl der Österreicherinnen und Österreicher zu tun.

Geschätzte Damen und Herren! Ich weiß, dass diese Beschaffungsmaßnahme nicht populär ist, aber Sie tragen sehr viel dazu bei, dass sie unpopulär ist. (Bundesrat Konecny: Wir haben gute Argumente!) Sie verwenden diese Beschaffung von Luft­raumüberwachungsflugzeugen für parteipolitisches Hickhack. Das ist für mich nicht nachvollziehbar, und ich erinnere Sie daran, dass Sie früher, als Sie Regierungsverant­wortung hatten, völlig anders gehandelt haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun zu den einzelnen Kritikpunkten, die Sie betreffend den deutschen Rechnungshof­bericht und diese angeblichen Meldungen vorgetragen haben. Lesen Sie die Stellung­nahme des deutschen Verteidigungsministeriums nach, lesen Sie nach, was Ihr Partei­kollege in Deutschland, Verteidigungsminister Struck, geschrieben hat! Er weist diese Kritikpunkte zurück und hält natürlich fest daran, dass diese Luftraumüberwachungs­flugzeuge für Deutschland angeschafft werden. (Bundesrat Konecny: So hat er das nicht gesagt!)

Unabhängig davon: Dieser Bericht hat mit unserer Beschaffung nichts zu tun und ist auch nicht nachvollziehbar. (Bundesrat Konecny: Ach so?) Es ist auch nicht die Auf­gabe von Österreich, einen deutschen Rechnungshof-Rohbericht zu argumentieren und Stellungnahmen dazu abzugeben. Entschuldigung, das ist doch nicht die Aufgabe der Republik Österreich! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Wieso? Wenn es um dasselbe Flugzeug geht?)

Jetzt sagen ich Ihnen etwas, weil Sie immer die Befürchtung haben, dass da das eine oder andere nicht funktionieren wird: Wir haben einen Vertrag abgeschlossen. Er ist abgeschlossen und endgültig. Verabschieden Sie sich davon, dass irgendjemand von diesem Vertrag zurücktreten wird!

Zum Zweiten sind in diesem Vertrag detaillierte Spezifikationen enthalten, und es wird dann, wenn die Eurofighter nach Österreich kommen, ein Abnahmeverfahren geben. (Bundesrat Konecny: Ja, ja, das gibt es in Deutschland auch!) Ich gehe davon aus, dass dann auch alles in Ordnung sein wird, aber sollte eine Schlechterfüllung oder eine Nichterfüllung dieses Vertrages vorliegen, dann gibt es die Sanktionen, die im Vertrag festgelegt sind, und diese Sanktionen greifen dann, bis hin sogar zum Rücktritt von diesem Vertrag, meine Damen und Herren. Daher: Keine Sorge, dass hier etwas nicht


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in Ordnung sein wird! Man muss das Ihnen gegenüber einmal ganz klar zum Ausdruck bringen. (Bundesrat Konecny: Werden Sie den Vertrag veröffentlichen? Wo ist der Vertrag, Herr Bundesminister?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren der SPÖ! Es beunruhigt mich wirklich zutiefst, wenn die SPÖ den deutschen Rechnungshof-Rohbericht, der einem Veröffentlichungs­verbot unterliegt, auf die Homepage der SPÖ stellt. (Bundesrat Konecny: Wir haben nur dasselbe gemacht wie Sie!) Hier auf diesem Rechnungshof-Rohbericht steht „Ver­schluss. Nur für den Dienstgebrauch“, und Sie stellen so etwas in das Internet, damit es weltweit öffentlich gemacht wird. (Bundesrat Konecny: Sie haben ihn auch weiter­gegeben!) Ich muss das sehr verurteilen, dass die SPÖ so eine Vorgangsweise wählt. Ich würde mich schämen, so eine Maßnahme gesetzt zu haben, wenn „Verschluss“ gegeben ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrat Konecny: Wir haben von Ihnen gelernt!)

Der Vollständigkeit halber möchte ich Ihnen zum Vertrag noch einiges sagen. Öster­reich erhält 18 Flugzeuge der Tranche 2. Der Festpreis beträgt 1 959 Millionen €. Das ist – ich sage das deutlich, damit man ein Gespür hat, wie teuer das ist – die Hälfte des Defizits eines halben Jahres der ÖBB. (Bundesrat Konecny: Die Hälfte eines halben Jahres? Entweder die Hälfte oder ein halbes Jahr!) – Das ist die Hälfte des durch­schnittlichen Jahreszuschusses an die ÖBB, damit das richtig gesagt wird. (Bundesrat Konecny: Das ist schon richtiger! Ganz aber auch nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich weiß, das hören Sie nicht gerne, aber das ist der Fall. Der Jahreszu­schuss an die ÖBB beträgt 4,4 Milliarden €. (Bundesrat Manfred Gruber: Das ist mit den Pensionen! Sagen Sie nicht immer nur Halbwahrheiten, sagen Sie die ganze Wahrheit!)

Jetzt kommen wir zu den Pensionen. Wissen Sie, wie teuer dieser Eurofighter einen einzelnen Österreicher kommt? – Das ist ein einmaliger Betrag von 250 €! Das sei ein­mal klar zum Ausdruck gebracht, damit man weiß, dass das keine Summen sind, mit denen man in der Pensionssicherung bessere Maßnahmen setzen hätte können. (Bei­fall bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Versuchen Sie einmal zu sammeln, was die Leute dazu alles denken!)

In diesem Paket, in diesem Vertrag sind inkludiert: Bordkanonen, Waffenträger, Flug­simulatoren, Piloten- und Technikerausbildung – das ist ebenfalls dabei –, Ersatzteile, Instandsetzung und Wartungseinrichtungen.

Der Lieferplan sieht so aus, dass wir im Jahre 2007 vier Eurofighter bekommen (Bun­desrat Konecny: Vielleicht!), im Jahre 2008 zwölf und im Jahre 2009 zwei Flugzeuge.

Das Einstiegspaket ist derzeit so weit, dass ich Verhandlungen mit den Verteidigungs­ministern der Betreibernationen geführt habe. Jetzt wird auf Expertenebene weiterver­handelt, damit wir ein gutes Einstiegspaket haben werden, damit dieser Übergang, bis wir die neuen Eurofighter im Jahre 2007 und 2008 haben, gut bewältigt werden kann.

Betreffend die Betriebskosten, die heute wiederum angeführt wurden, sage ich Ihnen, dass eine Deckelung dieser Betriebskosten bis zu 50 Millionen € vorgesehen ist. Und es stimmt, dass der Finanzminister zugesichert hat, dass wir jene Betriebskosten, die über die Betriebskosten der Draken hinausgehen, vom Finanzministerium bekommen werden. (Bundesrat Manfred Gruber: Steuermittel! Alles Steuergeld!) Daher wird da­durch das Verteidigungsbudget nicht belastet. (Bundesrat Konecny: Das geht in die Millionen!)

Was die Belastung des Verteidigungsbudgets betrifft, darf ich Ihnen auch sagen, dass diese Beschaffungsmaßnahme nicht vom Verteidigungsministerium bezahlt werden muss – Sie alle wissen das – und dass es mir – weil Sie über die Soldaten geredet


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haben – auch gelungen ist, im Jahre 2003 und im Jahre 2004 je 69 Millionen € zusätz­lich zur Verfügung zu bekommen, damit wir wichtige Beschaffungsmaßnahmen durch­führen können. Es werden 12 000 Kampfanzüge bestellt, die heuer und im nächsten Jahr ausgeliefert werden. Interessant ist, dass es da auch Kampfanzüge heißt, aber da beschwert sich niemand. Beim Black Hawk sagt auch niemand, dass das ein Kampfflugzeug ist, aber wenn das Militär eine Tätigkeit durchführen muss, dann wird diese Diktion wohl richtig sein.

Nun zur Beantwortung Ihrer einzelnen Fragen.

Zur Frage 1:

Die Gegenäußerung meines Ressorts wurde am 29. September 2003 dem Rech­nungshof übermittelt.

Zur Frage 2:

Dieser Bericht ist in meinem Ressort am 22. September 2003 mit der Publizierung auf der Homepage des SPÖ-Parlamentsklubs bekannt geworden. Ich habe Ihnen gesagt, dass Sie diesen Bericht öffentlich gemacht haben. (Bundesrat Boden: Nach Ihnen! Einen Monat nach Ihnen!)

Zur Frage 3:

Hiezu verweise ich auf meine einleitenden Ausführungen.

Zur Frage 4:

Meine Aussagen in diesem Zusammenhang bezogen sich auf das umfangreiche, im Detail dokumentierte Testverfahren zur Feststellung der Serienreife des Eurofighter Typhoon und nicht auf den eigentlichen Vergabevorgang in Österreich. (Bundesrat Konecny: Oh, sehr interessant!)

Zu den Fragen 5 bis 9:

Hiezu verweise ich auf meine einleitenden Ausführungen.

Zu den Fragen 10 bis 12:

Grundlage eines militärischen Vergabeverfahrens ist ein Pflichtenheft, eine neutrale technische Leistungsbeschreibung und ein Bewertungskatalog. Nach diesen Vorgaben wurde der Bestbieter ermittelt. Die konkreten technischen Aspekte beziehungsweise Leistungsmerkmale werden im Zuge der Abnahme auf ihre vollständige Erfüllung über­prüft.

Zu den Fragen 13 und 16:

Diese Kosten beruhen auf seriösen Berechnungen. Sie sind abhängig von der kon­kreten Nutzung der Luftfahrzeuge und den anfallenden Flugstunden. (Bundesrat Konecny: Wenn man gar nicht fliegt, kommt es billig!) Es ist mit Betriebskosten von bis zu 15 Millionen € pro Jahr zu rechnen. (Bundesrat Konecny: Wie viel?) – 50 Millio­nen €. (Bundesrat Konecny: Pro Jahr? So hat die Frage gelautet!)

Zu den Fragen 14 und 15:

Die von Ihnen angesprochene Flugerprobung in den Jahren 1996 und 1997 diente aus­schließlich der Erstellung des Pflichtenheftes. Im eigentlichen Vergabevorgang wurde mit keinem der angebotenen Bieterflugzeuge ein Erprobungsflug durchgeführt.

Zur Frage 17:

Hiezu verweise ich auf meine einleitenden Ausführungen.


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Zu den Fragen 18 und 19:

Der Vertrag wurde, wie bereits mehrmals festgehalten, zu einem für Österreich äußerst günstigen Festpreis abgeschlossen. (Bundesrat Konecny: Das werden wir erst sehen!)

Zur Frage 20:

Es gilt österreichisches Recht. Abgesehen von den im österreichischen Zivilrecht nor­mierten Sanktionen bei Schlecht- oder Nichterfüllung eines Vertrages wurden im Ver­trag zusätzliche Bestimmungen aufgenommen, die die österreichische Rechtsposition stärken.

Zur Frage 21:

Dieser angebliche Sachverhalt ist mir nur aus Medienberichten bekannt. Ich darf Ihnen aber mitteilen, dass SPD-Minister Struck, ebenfalls Verteidigungsminister einer Euro­fighter-Betreibernation, offensichtlich unaufgeregt mehrfach in der Öffentlichkeit folgen­den Standpunkt vertreten hat – und jetzt zitiere ich ihn –:

Dieses Programm wird unverändert fortgesetzt. Weder an der Stückzahl noch am Be­stellungszeitraum wird sich etwas ändern. – Zitatende.

Ich habe mit Verteidigungsminister Struck vor ungefähr einem Monat und zuletzt auch in Athen ein Gespräch geführt, und ich sage Ihnen, er kann manches in Österreich nicht verstehen. (Bundesrat Konecny: Das hätte ich ihm schon erklärt!)

Zur Frage 22:

Im Sinne des Beschlusses der Bundesregierung im Juli dieses Jahres habe ich den Auftrag gegeben, Gespräche mit den in Betracht kommenden befreundeten Nationen, das sind also die Betreibernationen, über die befristete Überlassung von Luftraumüber­wachungsflugzeugen aufzunehmen. Mit diesem Einstiegspaket wird gewährleistet wer­den, dass die österreichische Souveränität auch in der Zeitspanne zwischen dem Ablauf der Nutzungsdauer des bisherigen Luftraumüberwachungsflugzeuges Draken und der Inbetriebnahme des Nachfolgemodells Eurofighter in vollem Umfang gewahrt bleibt. (Beifall bei der ÖVP.)

15.57

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gehen nun in die Debatte ein, in der die Redezeit eines jeden Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Gasteiger das Wort. – Bitte.

 


15.57

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Na, wie das Leben eben so spielt: Am Vormittag habe ich gesagt, das ist meine Abschieds­rede und ich werde nichts mehr sagen, außer wenn sich staatspolitische Notwendigkeit ergibt. (Lebhafte Heiterkeit.) In meiner Funktion als Vorsitzender des Landesverteidi­gungsausschusses des Bundesrates sehe ich schon die staatspolitische Notwendig­keit, zur Dringlichen Anfrage an den Herrn Minister betreffend die Causa Abfangjäger etwas zu sagen. Es tut mir Leid, Herr Minister, dass ich mich da doch noch einmal zu Wort melden muss. (Bundesminister Platter: Ich bin gespannt, was es Neues gibt!)

Ich kann mich noch gut erinnern – ich weiß nicht, wie oft das war, aber wir haben ja oft schon in dieser Art über die Abfangjäger diskutiert –, dass ich immer gesagt habe, das ist nicht Ihre Verantwortung gewesen. Sie haben ein Stück von Ihren Vorgängern ge­erbt – konkret war es der freiheitliche Minister Scheibner, der das Ganze damals in die Wege geleitet hat –, aber natürlich können wir Sie jetzt nicht aus der Verantwortung


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entlassen, weil Sie diesen Vertrag letztendlich unterschrieben haben. Das heißt, ab jetzt sind natürlich Sie für das Ganze verantwortlich.

Ich habe damals gesagt – ich kann mich noch gut erinnern –: Herr Minister, steigen Sie aus dem Vertrag aus, unterschreiben Sie ihn nicht! Dann sind Sie der Hero der Bun­desregierung. Ich gebe es Ihnen schriftlich, habe ich damals gesagt: Sie sind der nächste Kanzlerkandidat. – Aber leider ist es nicht so, und deshalb werden wir Sie eben noch mit einigen Fragen quälen müssen, Herr Bundesminister. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer.)

Sie haben zuerst von einem Spitzengerät mit höchstem technischem Niveau geredet. – Das mag schon möglich sein, Herr Minister, aber so lapidar abkanzeln möchte ich diesen deutschen Rechnungshofbericht nicht. Der deutsche Rechnungshof ist zwar nicht der österreichische, das ist schon richtig, aber ich denke, dass dieser Bericht sehr wohl eine Grundlage bildet, weil wir über Dinge wie über Type und technischen Zu­stand des Eurofighter noch massiv diskutieren werden müssen. Wenn alleine – und da nehme ich nur einen Satz heraus – 5 Prozent ... (Neuerlicher Zwischenruf des Bundes­rates Mag. Himmer.) – Ja, der war 1997 der größte Kritiker, das mag schon sein! Deswegen versteht er es ja jetzt, im Jahre 2003, nicht, warum wir dieses Gerät kaufen, wenn es offensichtlich damals schon Probleme gegeben hat.

Aber aus dem deutschen Rechnungshofbericht zitiert, genügt für mich ein Satz: bei minus 5 Grad nicht einsatzfähig. – Ja, wie oft haben wir denn minus 5 Grad? – Mehr als oft genug haben wir in über 1 000 Meter Höhe minus 5 Grad! (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Die haben auf die globale Erderwärmung vertraut!) – Das kann schon möglich sein. Die globale Erwärmung werden sie ja wahrscheinlich auch noch anbieten, damit die Eurofighter überhaupt fliegen können. (Anhaltende Zwischen­rufe bei der ÖVP.)

Interessant sind die ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Mir gefällt das ja! Deswegen tue ich mir das an, weil mir das gefällt, Herr Kollege Steinbichler. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ja, er allein ist es wert, der Kollege Steinbichler!

Allein die Gegengeschäfte – wenn ich mir da zum Beispiel die Homepage des Bundes­ministers für Arbeit und Wirtschaft anschaue – sind auch nicht ganz uninteressant. (Ruf bei der ÖVP: Wollten Sie nicht aufhören?) – Ich bliebe ohnehin viel lieber da, dieses Thema spritzt mich wieder! – Die Gegengeschäfte, wie man sie der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft entnehmen kann, sprechen auch Bände. Ich weiß schon, dass Sie einem Unternehmer in meiner Gemeinde gesagt haben, Sie verstehen meine Haltung nicht, also dass ich hier im Plenum gegen die Eurofighter eintrete, während dieser Unternehmer meiner Gemeinde mit dem österreichischen Bundesheer Geschäfte macht. Ich gratuliere dem Unternehmer und dem Bundesheer, weil sie offensichtlich beide gute Vertragspartner sind. Nur eines, Herr Minister, müssen Sie schon zugeben: Bis heute hat es diese Gegengeschäfte mit diesem Unter­nehmer noch nicht gegeben. Da ist noch nichts da. Und deswegen ist das für mich eigentlich eine diffuse Angelegenheit. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Mag. Himmer: Es ist auch noch kein Eurofighter in Österreich!)

Das wird auch noch länger dauern, meine ich. (Bundesrat Steinbichler: Sie sind da schlecht informiert! Sie werden doch nicht glauben, dass es da vorher schon Aufträge gibt!)

Herr Minister! Sie haben davon gesprochen, dass es darum geht, den Luftraum zu schützen, und von sicherheitspolitischen Notwendigkeiten, weswegen diese 18 Euro­fighter eben angekauft werden müssen. Ich bin überzeugt: Wenn es diese große Bedrohung wirklich gibt, dann werden unsere 18 Eurofighter wahrscheinlich auch zu wenig sein, um diese Szenarien abzuwenden. Ich gehe davon aus, dass es dieses


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Bedrohungsbild für uns wahrscheinlich nicht geben wird, weil wir, so habe ich das zumindest einmal vernommen, eigentlich eher von befreundeten Staaten umgeben sind, unter denen es diese Aggressoren einfach nicht gibt.

Eine Berichtigung, Herr Minister: Sie haben gesagt, wir sollen Ihnen einmal aufzählen, wie viele Staaten in Europa keine Abfangjäger haben, und Sie haben vergessen, zu erwähnen, dass Slowenien keine Abfangjäger hat, dass Luxemburg keine Abfangjäger hat, auch Irland keine Abfangjäger hat und auch die Neuseeländer – zugegeben, das sind keine Europäer – aus diesem Geschäft ausgestiegen sind. (Ruf bei der ÖVP: San Marino!) Sehen Sie, dann sind es also ohnehin schon mehrere.

Herr Minister! Madig machen wollen wir die Fliegertruppe nicht, im Gegenteil! Wir schätzen die Herren Offiziere, wir schätzen die Fliegertruppe. Das ist überhaupt kein Thema, im Gegenteil! Man will aber versuchen, dem österreichischen Steuerzahler einen 2-Milliarden-€-Flop – und das ist nichts anderes – zu ersparen. 2 Milliarden € sind eine Menge Geld, für die wir uns über die nächsten Jahre hinweg massiv hinaus­lehnen werden müssen. (Bundesrat Steinbichler: Und bei Ihren Betriebsbesuchen werden Sie sich dann mit den Aufträgen brüsten, die Sie gemacht haben!) Nein, das mache ich nicht. Da hole ich mir den Herrn Minister und sage: Geh schau, geh du durch die Firma! – Das ist überhaupt kein Thema, da brauchen wir nicht darüber zu diskutieren. Ich will mich nicht mit fremden Blumen schmücken, Herr Kollege Stein­bichler! (Bundesrat Steinbichler: Bravo!) Das ist dann das Geschäft vom Herrn Minister. Keine Frage!

Sie haben auch gesagt, dass der deutsche Rechnungshofbericht mit uns nichts zu tun hat. Das mag schon sein, und da gebe ich Ihnen vollkommen Recht. Wie gesagt, der deutsche Rechnungshof ist nicht der österreichische! (Bundesrat Konecny: Der Flieger ist aber derselbe!) Die große Gemeinsamkeit ist aber, dass wir dasselbe Flug­gerät haben werden und dass es mit diesem Fluggerät sehr wohl schon Probleme gegeben hat. Ich verweise da zum Beispiel auf Italien oder Spanien, wo passiert ist, dass ein Flieger wieder zünden hätte sollen, aber einfach auf den Boden gefallen ist und kaputt war. Das sind Dinge, wo das Ganze schon sehr schwammig ist.

Eines noch: Sie haben gesagt, der Vertrag ist unterschrieben, rechtsgültig und da fährt die Eisenbahn drüber, da gibt es nichts mehr. Herr Minister! Ich fordere Sie auf: Geben Sie der Opposition eine Kopie dieses Vertrages, zeigen Sie uns den einmal! Wenn ich andererseits höre, dass es doch Gewährleistung gibt, und Sie sogar sagen, dass man auch wieder zurücktreten kann, verstehe ich nicht mehr, wo sich die zwei Regierungs­fraktionen eigentlich noch einig sind und wo nicht. (Bundesrat Konecny – in Richtung Bundesrat Dr. Böhm –: Sie haben gesagt, es steht im Vertrag!) Ja eben! Und Sie, Herr Minister, haben gesagt, es steht nicht im Vertrag. Ich weiß nicht, was da dahinter steht! (Zwischenruf bei der SPÖ: Das weiß ja das ganze Kabinett nicht, oder? – Gegenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Interessant ist, was deutsche Zeitungen und Zeitschriften darüber schreiben. Die „Süd­deutsche Zeitung“, also nicht gerade irgendein Lercherl-Papier, vom 12. September 2003 hat eine halbe Seite zu dem Thema gebracht – ich zitiere –:

„Ein teurer Vogel gerät ins Trudeln“. „Das Prestigeobjekt des neuen Jagdflugzeuges“ – die reden schon von Jagdflugzeug! – „droht zur Dauerbelastung für den Wehretat“ – in Deutschland draußen – „zu werden – und hat unerwartete Macken“.

Interessant ist es also schon, wenn man den deutschen Rechnungshofbericht und die Medienberichte heranzieht. Man könnte allerdings auch sagen: Es ist eine deutsche Zeitung gewesen! Was hat das mit uns zu tun? – „Vernichtende Kritik am Euro­fighter.“ – Was ist denn das? – Die „Kleine Zeitung“! Auch nicht gerade ein unbekann-


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tes Blatt! (Bundesminister Platter: Auch nicht das Evangelium!) Auf alle Fälle, Herr Minister, ist es einfach Fakt, dass es Probleme gibt.

Interessant ist natürlich auch Ihre Berechnung der 250 € pro Einwohner. Ich wäre schon gespannt, wie eine Volksbefragung darüber ausgehen würde, wer von den Österreicherinnen und Österreichern freiwillig 250 € für diese Jagdflugzeuge – (auf die zitierte Zeitung weisend) das haben wir jetzt ja bestätigt erhalten – zahlen würde, wenn ich höre, dass über 70 Prozent eigentlich aus dem Vertrag aussteigen wollen. (Bundesrat Boden: Nicht einmal einen Euro!) Das ist einfach Fakt! (Bundesrat Mag. Himmer: Machen wir doch eine Volksbefragung darüber, wer für die Eisenbahn zahlen will, für die ÖBB, wenn Sie das wollen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich habe es nicht nur einmal gesagt, ich habe es öfters gesagt: Es hat auch zwei andere Anbieter gegeben. Nehmen wir die russische MiG, die wir um die Erlassung der Staatsschulden kostenlos oder vielleicht um einen Euro, damit es ein offizielles Ge­schäft gewesen wäre, bekommen hätten können. Um den Erlass der Staatsschulden, die wir ohnehin nicht mehr bekommen! Und so schlecht werden die russischen MiGs ja nicht sein, denn die werden auch in anderen Ländern geflogen.

Interessant ist auch, dass die Manager von Lockheed Martin, also dem Produzenten der amerikanischen Fluggeräte, der F-16, behaupten, den Kriterien des österreichi­schen Bundesheeres voll gerecht geworden zu sein. Und das ist jetzt besonders interessant: Im Vorjahr hat die zuständige Heereskommission vor der Typenentschei­dung die Bewertungen der US-Jets eingestellt, weil Angaben zu zwei Kriterien gefehlt haben sollen. Im Herbst letzten Jahres hat allerdings der damalige Verteidigungsminis­ter Scheibner schriftlich bestätigt, dass die F-16 trotzdem den Kriterien entsprechen. Warum hat man dazumal zu den Amerikanern gesagt, dass einiges an den Kriterien gefehlt hat, und der Minister bestätigt ein halbes Jahr später, dass es trotzdem gepasst hat?

Deswegen sage ich auch: Irgendetwas – und das ist der schlechte und der fahle Beige­schmack – stimmt einfach nicht. Sie haben mir gesagt, Herr Minister, die millimeterge­naue Dokumentierung von damals war die Grundlage dieser Entscheidung. Ich ver­stehe allerdings nicht, auf welcher Basis dann ein Jahr später der Vertrag unterschrie­ben worden ist. Das ist mir noch nicht ganz klar, und ich denke, da müssen wir in unserer Fraktion wahrscheinlich noch ein bisschen in die Tiefe arbeiten. Das werden wahrscheinlich meine Nachfolger tun müssen. (Bundesrat Steinbichler: Kompensa­tionsgeschäfte!) Es tut mir Leid, dass ich es nicht selbst tun kann, denn das wäre eine eigene, interessante Geschichte.

Trotz allem, Herr Minister, auch wenn es die x-te Dringliche in der ganzen Angelegen­heit ist, sehen Sie, dass uns Sozialdemokraten die Landesverteidigung sehr wohl ein Anliegen ist. Allerdings: Sie haben andere Ansätze und die ÖVP hat andere Ansätze als die Sozialdemokraten. (Bundesrat Steinbichler: Russische Flieger!) Wir sagen nicht: Im Zweifel für die Wirtschaft!, denn da geht es jetzt um wirtschaftliche Interessen, sondern wir sagen: Im Zweifel für die Menschen!, weil 2 Milliarden € einfach eine Menge Geld sind, die wir uns – der Finanzminister sagt es auch – nicht leisten können, und wir um diese 2 Milliarden €, davon bin ich überzeugt, sehr viel anderes Gutes machen könnten.

Herr Minister! Ich wünsche Ihnen, weil das jetzt wirklich meine letzte Rede war, persön­lich alles, alles Gute. Ich wünsche Ihnen das politische Überleben auf dem heißen Stuhl. Das sage ich ganz ehrlich, denn Verteidigungsminister zu sein ist nicht unbe­dingt das Leichteste, und ich denke auch, dass Sie sehr wohl noch auf diverse Fragen


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einiges an Antworten geben werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.10

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Kühnel. Ich erteile ihm das Wort.

 


16.10

Bundesrat Dr. Franz-Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich wollte ich die Ausführungen des Kollegen Gasteiger nicht unbedingt kom­mentieren, aber da er zuerst seine Abschiedsrede gehalten und dann noch eine weitere angefügt hat, muss man doch auf das eine oder andere ein klein wenig ein­gehen. – Herr Professor Konecny, lesen Sie ruhig Ihre Zeitung weiter, damit Sie die Gegenargumente nicht inhalieren müssen, damit Sie noch eine Dringliche Anfrage stellen können in der nächsten Sitzung! (Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheit­lichen. – Bundesrat Konecny: Inhalieren werde ich sie mit Sicherheit nicht!)

Herr Kollege Gasteiger! Der guten Ordnung halber sei festgehalten, dass Sie zwar Vor­sitzender des Landesverteidigungsausschusses des Bundesrates sind, Sie haben aber keine einzige Sitzung abgehalten, um sich in diese Richtung zu profilieren. (Oh-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Konecny: Das ist ein schwacher Vor­wurf! – Gegenruf bei der ÖVP: Vielleicht ein schwacher Vorwurf, aber er trifft zu! – Bun­desrat Konecny: Das ist eine Unverschämtheit, Herr Kollege! Sie kennen doch die Geschäftsordnung des Bundesrates! – Gegenrufe bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Wenn der Präsident eine Vorlage macht ...!) Ich habe das nur festgestellt! Es war nur eine Feststellung von mir. (Bundesrat Konecny: Kollege, lesen Sie die Geschäftsord­nung! – Bundesrat Steinbichler: Unerhört! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die kenne ich! Das war eine Feststellung. (Bundesrat Konecny: Das ist unerhört!)

Herr Kollege Gasteiger, Sie haben uns leider das Unternehmen nicht genannt, das gerne Gegengeschäfte haben möchte. Eines hätte mich besonders ... (Anhaltende Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP und den Freiheitlichen einerseits und der SPÖ andererseits. – Bundesrat Konecny: Entschuldigen Sie sich!) Auf Ihren Befehl, Herr Professor, auf Ihren Befehl sicherlich nicht! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) So! (Bundesrat Konecny: ... Abhaltung einer Präsidialkonferenz! In die­sem ... darf die Geschäftsordnung des Bundesrates nicht zum Gegenstand der Pole­mik gemacht werden! – Weitere heftige Rufe und Gegenrufe zwischen ÖVP und SPÖ.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss (das Glockenzeichen gebend): Bitte fortzusetzen! Wir werden nach der Beendigung dieses Redebeitrags die Sitzung unterbrechen.

 


Bundesrat Dr. Franz-Eduard Kühnel (fortsetzend): Was mich interessiert hätte, Herr Kollege Gasteiger, wäre, um welches Unternehmen in Ihrer Gemeinde Kaltenbach es sich handelt. (Bundesrat Gasteiger: Ich melde mich zu einer tatsächlichen Berichti­gung, da werde ich dann die Antwort schon noch geben!) Aha, gut. (Bundesrat Gastei­ger: Ansonsten ist das ein Geschäftsgeheimnis!)

Sie haben gesagt, dass es in Österreich, weil wir ja von befreundeten Staaten umge­ben sind, Terroranschläge aus der Luft nicht geben kann. Dazu ist festzustellen, dass in Amerika, also in den Vereinigten Staaten, diese Angriffe aus dem Inland erfolgt und nicht von außen gekommen sind. (Bundesrat Konecny: Haben die Abfangjäger das verhindert? Kann mich nicht daran erinnern!)

Sie haben auch gesagt, man sollte eine Volksbefragung machen, ob jeder Österreicher bereit ist, 250 € für die Abfangjäger auszugeben. Das ist ein sehr gefährliches politi­sches Terrain, auf das Sie sich da begeben. Wir haben den Verfassungskonvent, und


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Sie können ja den Vorschlag einbringen, dass in Hinkunft jede zukünftige neue Belas­tung oder Steuer einer Volksbefragung zu unterziehen ist, oder vielleicht auch noch ein Stückchen weiter gehen und verlangen, dass in Hinkunft überhaupt jede Steuer abgefragt werden muss. Da ist dann die große Frage, ob der Staat noch die Mittel zusammenbringt, um seine öffentlichen Aufträge, die in der Verfassung drinnen stehen, erfüllen zu können.

Weil Sie uns die MiG so angedient haben: Ich weiß nur, dass in der Bundesrepublik Deutschland die MiG stillgelegt worden sind, Polen sie auch nicht mehr fliegen will und dafür F-16 erstanden hat.

Herr Professor Konecny, Sie haben heute in hohem Maße die Landesverteidigung be­leidigt, und zwar deswegen, weil Sie unterstellt haben, dass das Essen für die Grund­wehrdiener in Frage gestellt ist, um für die Eurofighter die Betriebskosten – ich nehme an, dass Sie die gemeint haben – oder auch die Beschaffungskosten sicherzustellen. (Bundesrat Konecny: Ich habe genau gesagt, was ich gemeint habe!) Bitte, Herr Pro­fessor, dazu möchte ich schon eines sagen: Das ist eine Argumentation in der Landes­verteidigungsfrage, die Ihres Intellekts wirklich nicht würdig ist!

Dann verlangen Sie bessere Ausrüstungen. – Okay, ist in Ordnung. Wenn man dann weiterfragt, stellt sich jedoch heraus, dass Sie im Grunde genommen gegen die Lan­desverteidigung eingestellt sind. (Bundesrat Konecny: Wie kommen Sie auf diese absurde Idee?) Sie bestreiten das immer. Aber jetzt, nach der siebenten Dringlichen Anfrage, bin ich mir sicher oder, wie heute schon gesagt worden ist, der Vergleich macht einen sicher.

Das Letzte – und daran sieht man, dass Sie eine gewisse Einstellung haben –, das war heute der Vorfall mit Frau Staatssekretär Haubner. Sie ist vom Rednerpult aus ge­sehen links gesessen – das müsste eigentlich ganz angenehm für Sie sein –, und Sie haben sie nicht einmal begrüßt. Und als man Sie darauf aufmerksam gemacht hat, haben Sie versucht, das Problem mit einer flapsigen Bemerkung zu lösen. (Bundesrat Dr. Nittmann: Ein Oberlehrer belehrt den anderen!)

Ich habe in meiner letzten Rede davon gesprochen, dass Sie eigentlich „Professor Stachanow“ bei den Dringlichen Anfragen sind. Und diesem Ruf sind Sie heute wieder voll und ganz gerecht geworden.

Herr Kollege Schennach, heute in der Früh haben Sie eine Bemerkung gemacht, die auch nicht so im Raume stehen bleiben darf, nämlich bezüglich Kalifornien, dass dort ein Governor auf Grund des Recall-Verfahrens abgewählt worden ist. Sie wissen aber schon auch, dass die Ursache für die Abberufung die hohe Verschuldung des Staates Kalifornien war. In Österreich hat sich die Bundesregierung massivst bemüht: 2001, wenn ich mich richtig erinnere, haben wir das Nulldefizit erreicht, und letztes Jahr nach den letzten Angaben minus 0,2 Prozent – also mit Kalifornien nicht vergleichbare Er­gebnisse. (Bundesrat Konecny: Das ist bereits lange her und Sie erinnern sich nur mehr vage!) Und auch hier nur der Hinweis: Wenn Sie das unbedingt haben wollen, dass in Österreich ein Recall-Verfahren wegen hoher Staatsverschuldung möglich sein sollte, dann möchte ich auch Sie dezent an den Konvent verweisen. (Heiterkeit bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Lachen Sie ihn nicht aus!)

Wenn ich jetzt auf die Dringliche Anfrage des Herrn Professors Konecny eingehe, dann ist er wieder einmal seinem Ruf der Langatmigkeit in jeder Richtung gerecht geworden, denn die Argumente, die wir da erfahren haben – und das hat auch der Herr Bundes­minister bereits festgestellt –, waren nicht sonderlich neu.

Verschiedene Passagen, die hier enthalten sind, sind aber doch in gewissem Maße bedenklich, nämlich: Wir sind von befreundeten Staaten umgeben, und daher ist es


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nicht erforderlich, dass wir die Abfangjäger beschaffen. – Das mag schon sein, dass wir von befreundeten Staaten umgeben sind. Wenn ich der Schlussfolgerung dieser Dringlichen Anfrage folge, dann muss ich mich fragen, ob es im europäischen Raum nicht auch andere Länder gibt, die sich in einer ähnlichen Situation wie Österreich ab dem 1. Mai 2004 befinden. Was ist zum Beispiel mit Deutschland? Was ist mit Däne­mark? Was ist mit Schweden? Was ist mit den Benelux-Ländern? Was ist mit Frank­reich? Was ist mit Großbritannien, Irland und so weiter? Die müssten sich dem dann doch auch anschließen, weil sie ja nur von befreundeten Staaten umgeben sind. (Bun­desrätin Kainz: Eigentlich schon!) Alle müssten sagen: Wir rüsten total ab, wir sind eine Friedenszone von vorne bis hinten!

Das mag vielleicht im Moment so sein, doch Sie werden sicher auch die Zeitungen gelesen haben. Wie sieht es denn jetzt im Nahen Osten aus? Wer hätte zum Beispiel vor einer Woche noch damit gerechnet, dass die Israelis Fliegerangriffe auf Syrien unternehmen und damit das Problem weiter hochschaukeln (Bundesrat Konecny: Jeder, der sich dort ein bisschen auskennt!) und auch dazu beitragen, dass sich hier wieder Terrorismus entwickeln kann? Oder ist von Ihnen jemand in der Terrorzelle oder im Terrornetzwerk von Al-Qaida als Informant drinnen, sodass er weiß, dass Österreich sicher nie angegriffen wird?

Dazu ist zu sagen: Die Landesverteidigung ist eine Angelegenheit, die mittelfristig vor­zusorgen hat. Sie funktioniert nicht auf Knopfdruck. Man kann Abfangjäger oder Sonsti­ges nicht einfach im Kaufhaus besorgen. Auch die Leute sind nicht sofort ausgebildet. Das braucht lange Vorlaufzeiten, und nur wenn diese Vorlaufzeiten gesichert sind, kann man die entsprechenden Kapazitäten bereitstellen. Das heißt, die Landesverteidi­gung ist langfristig zu planen.

Wir haben heute über Hochwasser gesprochen, 1999 hat es Lawinen gegeben, oder man denke etwa an Erdbeben – all das sind Ereignisse, die man noch nicht vorher­sagen kann. Und bitte, da wollen wir sehr wohl eine Vorsorge haben, sei es durch Ver­sicherungen, sei es dadurch, dass die entsprechenden finanziellen Mittel für Lawinen­verbau, Dämme und so weiter zur Verfügung gestellt werden oder dass in „roten Zonen“ nicht gebaut werden darf und so weiter. Das wollen wir alles! Nur im Bereich der Landesverteidigung sagen wir immer: Das brauchen wir nicht!

Das nächste Problem sind die Mittelstreckenraketen. Beim Iran ist man nicht sicher, ob sie welche haben, man weiß aber, dass zum Beispiel Nordkorea etwas hat und dass Nordkorea Handel mit diesen Gütern betreibt. Wo die genau hingehen, weiß man nicht. Hoffen wir, dass sie keine Bedrohung für Mitteleuropa bedeuten. Aber es kann eine sein, und daher ist es notwendig, dass der Luftraum bei uns entsprechend geschützt wird. (Bundesrat Gasteiger: Mit Eurofightern?)

Terror ist etwas Unberechenbares, und daher ist Vorsorge zu treffen – und diese Vor­sorge hat jetzt stattzufinden und nicht morgen oder übermorgen. (Bundesrat Konecny: Die kommen aber erst übermorgen!)

Auf der ersten Seite Ihrer Dringlichen Anfrage reden Sie dauernd von der Arbeits­teilung in irgendeinem nebulösen Sicherheitsverbund. Es mag sein, dass wir im Jahre 2030 vielleicht eine europäische Armee haben werden. Aber bitte, das sind immerhin noch 27 Jahre bis dorthin! (Bundesrat Konecny: Wieso kommen Sie auf 2030?) Wir müssen jetzt Vorsorge treffen und nicht irgendwann einmal, wenn uns beiden wahrscheinlich kein Bein mehr wehtun wird.

Bezüglich der Arbeitsteilung würde ich von Ihnen auch gerne einmal erfahren, wie die ausschauen soll. Sind die Österreicher – um das jetzt etwas humorvoll zu formulieren – für die Militärmusik zuständig, sind sie zuständig für die Sanität, für die Garde viel­leicht – und die anderen beschaffen die Marineausrüstung, die Flugzeuge und so wei-


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ter? (Bundesrat Konecny: Marine wäre gut!) Wenn Sie sagen, dass Sie für eine ge­meinsame Beschaffung in der EU eintreten, dann scheint an Ihnen vorbeigegangen zu sein, dass die EU bereits bemüht ist, bei der Rüstungsbeschaffung gemeinsame Wege zu gehen. Während Ihr Bundeskanzler Klima damals der Partnerschaft für den Frieden im Rahmen der NATO – für Sie überhaupt der Gottseibeiuns – beigetreten ist, ... (Bun­desrat Todt: Allein hat er nicht beitreten können!) – Klima war damals Bundeskanzler! (Bundesrat Todt: Das hat er aber nicht allein entscheiden können!) Die ÖVP bekennt sich ja zur Partnerschaft für den Frieden, Sie stellen sie aber in Zweifel! Unter Klima sind wir dem Europakorps der EU beigetreten, und auch das wird jetzt in Zweifel ge­stellt. (Bundesrat Konecny: Sie können natürlich sagen, was Ihnen Spaß macht, aber wenn Sie ernst genommen werden wollen, können Sie das nicht behaupten!) Kaum ist die SPÖ in Opposition, gilt das alles nicht mehr. Sie sind wahrlich Spitzenreiter in Populismus! (Bundesrat Konecny: 11 Prozent plus, das ist „Populismus“?!)

Eines frage ich mich schon: Sie reden doch immer von der internationalen Solidarität. Da gibt es auch ein berühmtes Lied, in dem diese Passage vorkommt. (Bundesrat Konecny: Mehr als eines!) Und diese internationale Solidarität ist bei Ihnen zum Bei­spiel mit der SPD in Deutschland nicht mehr gegeben.

Ich finde es auch sehr bedenklich, dass die SPÖ dauernd auf europäischen Spitzen­unternehmen herumhackt. EADS erzeugt ja nicht nur den Eurofighter oder Typhoon. Sie sind massiv in der Weltraumfahrt tätig, sie erzeugen aber auch den Airbus. (Bun­desrat Konecny: Ja und?) Und Sie machen diese Firma dauernd, wenn es nur irgend­wie geht, madig. Und eines muss man schon sagen: Diese Firma sichert doch einiges an Arbeitsplätzen in Europa, und das ist uns sehr wichtig.

Dann jammern Sie immer, dass die Forschungs- und Entwicklungsquote in Österreich so gering sei. Wenn Sie an der Regierung wären, würden Sie die gleich erhöhen und so weiter. Gut, die Beispiele von früher wollen wir jetzt nicht erwähnen. Aber hier kommt jetzt durch die Kompensationsgeschäfte im Zusammenhang mit dem Euro­fighter-Kauf einiges nach Österreich zurück, sodass wir auf diesem Sektor auch ent­sprechende Produkte entwickeln können. Tatsache ist auch, dass die militärische Forschung, ob uns das jetzt angenehm ist oder nicht, ein Schrittmacher für weitere interessante Produkte ist, genauso die Weltraumforschung.

Nun zum sachlicheren Teil meiner Rede, wenn ich das so sagen darf. Sie haben sich also einen Rechnungshofbericht aus Deutschland zur Grundlage für die heutige Anfrage genommen. Es ist, wie man hier in Österreich dazu sagen würde, ein Rech­nungshofrohbericht, und es ist in gewissem Maße tröstlich, dass auch in Deutschland diese Rohberichte innerhalb kürzester Zeit den Zeitungen, den Medien insgesamt zur Verfügung gestellt werden. Das ist also nicht nur eine österreichische Spezialität.

Dieser Rechnungshofbericht hat seine Schlüsse – zumindest nach den Unterlagen, die mir zur Verfügung gestanden sind – gezogen auf Grund von zwei tatsächlich fliegen­den Eurofightern. (Bundesrat Giefing: Mehr gibt es auch nicht!) Da möchte ich jetzt schon fragen, ob es nicht sinnvoll wäre, den deutschen Rechnungshofbericht, den Endbericht abzuwarten, um erst dann seine Schlüsse zu ziehen.

Sie haben in Ihrer Anfrage unter Berufung auf das „FORMAT“, das bei Ihnen jetzt auf dem Tisch liegt, auch noch erwähnt, dass 75 Prozent der Österreicher gegen den Eurofighter-Kauf seien. Gut, das mag schon sein. Allerdings haben staatspolitisch wirk­lich wichtige Dinge am Anfang sicher nicht immer eine Mehrheit. Und ich warne noch einmal davor, wie ich das auch bereits Kollegem Gasteiger gegenüber betont habe, Politik auf Grund von Meinungsumfragen zu machen, denn dann kommen wir sicher nicht weiter, denn in der Regel wird der Bürger das wählen, was für ihn gerade am angenehmsten ist.


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Nun, Deutschland hat, wie gesagt, diesen Rechnungshofrohbericht. Verteidigungs­minister Struck, der immerhin Sozialdemokrat ist, hat dazu festgestellt, dass nur die Erfahrung mit zwei Flugzeugen seine Grundlage bildet und die 180 Flugzeuge trotz dieses Rechnungshofrohberichts angeschafft werden. Da ist dann schon der Schluss erlaubt, dass, wenn ein sozialdemokratischer Minister in Deutschland diese Entschei­dung trifft, er sich dabei erstens einmal etwas gedacht hat, und zweitens, dass aus dem Rechnungshofrohbericht wahrscheinlich wieder nur jene Passagen in den Zeitun­gen veröffentlicht worden sind, die in eine bestimmte Richtung gehen.

Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages spricht davon, dass der Prüfbericht laienhaft sei – immerhin auch eine bemerkenswerte Fest­stellung. Ich möchte jedoch nicht nur die Deutschen erwähnen, sondern ich möchte auch fragen, welche Auswirkungen dieser Rechnungshofrohbericht eigentlich auf Österreich hat. Im Grunde genommen ist es ein innerdeutsches Problem, das mit der Entscheidung der deutschen Regierung, an dem Kauf der 180 Flugzeuge festzuhalten, gelöst ist. Das muss man zur Kenntnis nehmen. Es ist für Sie traurig, aber es ist so. (Bundesrat Konecny: Was ist traurig daran?)

Man sollte den Endbericht abwarten, und die beschriebene Entwicklung ist wirklich nicht mehr aktuell. Österreich erhält die Flugzeuge 2007, und es ist einem Spitzen­unternehmen wie EADS zuzutrauen, dass bis zur Auslieferung der ersten Flugzeuge gewisse Kinderkrankheiten beseitigt sein werden.

Österreich hat sein eigenes Prüf- und Abnahmeverfahren, und da wird sicher darauf geschaut werden, dass alles in Ordnung ist. Und Österreich hat Vertrauen in den zweit­größten Flugzeug- und Raumfahrtkonzern der Welt, und die österreichische Entschei­dung trägt auch mit dazu bei, dass wir hier in Europa die Arbeitsplätze sichern und nicht nur die Arbeitsplätze in Amerika.

Ich möchte daher an die Sozialdemokraten appellieren – und es ist meine ehrliche Überzeugung, dass dieser Appell vielleicht doch irgendwann einmal Wirkung zeigen wird –: Überlegen Sie, ob Ihre Verhaltensweise gegenüber der Landesverteidigung staatspolitisch klug ist. Die Interessen Österreichs gehören außer Streit gestellt. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.29

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu einer tatsächlichen Berichtigung erteile ich Herrn Bundesrat Gasteiger das Wort. Die Redezeit beträgt 5 Minuten. Ich bitte, den zu be­richtigenden Sachverhalt und den tatsächlichen darzustellen.

 


16.29

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Herr Präsident! Selbstverständlich werden wir uns kurz fassen.

Herr Kollege Dr. Kühnel! Ein Nein zu den Eurofightern bedeutet noch lange kein Nein zur Landesverteidigung, so wie Sie uns das unterstellen. Es geht immer nur um die Frage, wie man das Ganze angeht.

Sie haben behauptet, dass es die MiG-29 europaweit nicht mehr gibt. – Das ist nicht korrekt, Herr Kollege Dr. Kühnel! 1 € verlangt Deutschland ab 2004, dann werden die MiGs, übrigens NATO-kompatible Geräte, an die Polen verkauft. Dieses Geschäft wird 2006 abgeschlossen sein.

Zum Vorwurf, es sei keine Sitzung des Landesverteidigungsausschusses des Bundes­rates abgehalten worden: Am 21. Juli 2003 bin ich angelobt worden. Von diesem Tag an bis heute hat es noch keine Bundesratssitzung gegeben. – Erstens. Zweitens ist es eigentlich die Bundesregierung, die es verhindert, in der Causa Abfangjäger in den Gremien im Nationalrat und im Bundesrat entsprechende Sitzungen abzuhalten, weil


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das äußerst schwierig ist bei einem Sammelgesetz wie dem Budgetbegleitgesetz, bei dem Pensionsreform, Soziales, Gesundheit und so weiter genauso wie auch die Eurofighter mit hineingepackt worden sind. Wir haben immer verlangt, man soll es in Spezialausschüsse geben.

Deswegen können wir – egal, ob wir wollen oder nicht – in dieser ganzen Diskussion keine Debatte abführen. Nicht wir sind die großen Verhinderer, sondern ihr selbst seid die großen Verhinderer in der ganzen Angelegenheit! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.30

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Herr Professor Konecny, bleibt die Anregung, die Sitzung zu unterbrechen, aufrecht? (Bundesrat Konecny: Der Herr Kollege hat das mit großer Verve klargestellt!) – Danke.

Wir gehen in der Redner-Reihenfolge weiter.

Nächster Redner ist Herr Bundesrat Kraml. Ich erteile ihm das Wort.

 


16.30

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Nachdem schon einige Male der deutsche Verteidi­gungsminister Struck angesprochen worden ist und nachdem es auch schon geheißen hat, dass die MiGs nicht mehr fliegen können: Da gibt es auch eine ganz interessante Aussendung, und zwar vom CDU-Wehrexperten Dietrich Austermann, der davon spricht, dass die MiGs besser als die Eurofighter sind. Das geht auch aus dem deut­schen Rechnungshofbericht hervor, den Sie hier bei uns ja nicht hören wollen. Es gibt daher auch Leute von der CDU, die etwas ganz anderes sagen, als Sie uns heute hier immer erklären.

Meine Damen und Herren! Es ist bei jeder Dringlichen Anfrage so, dass es heißt, sie sei entbehrlich oder sie gehe am Thema vorbei. Es ist Ihnen einfach lästig, dass Sie zu diesem Thema, zur Causa Kampfflieger, wieder einmal Stellung beziehen müssen und dass Sie darauf hingewiesen werden. Auch heute, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, müssen Sie sich mit diesem Thema, mit dem Beschaffungsvor­gang, der immer unklarer wird, wieder befassen. (Bundesrat Fasching: Euch fällt sonst nichts ein! Das ist der Grund!)

Herr Bundesminister! Sie tragen sehr wenig dazu bei, dass es in diesem Haus eine Aufklärung darüber gibt. Wir hören bei der nunmehr fünften Dringlichen wieder einmal Ihre kurzen und bündigen Antworten, die uns keinesfalls befriedigen. Daher werden Sie natürlich auch in weiterer Folge wieder damit rechnen müssen, dass Sie gefragt werden.

Herr Bundesminister! Ich denke mir, wenn ich über dieses Thema nachdenke, oft, dass das Thema Sie sehr stark befassen wird. Wenn einen ein Thema sehr stark befasst, dann kommt es einem auch nächtens im Traum unter. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) Auch Ihnen wird das ab und zu unterkommen, Herr Bundesminister, Sie werden ja kein Übermensch sein. Wenn Sie in der Psychiatrie nachfragen, wird Ihnen jeder Psychiater sagen, dass Sie sich auch des Nachts damit befassen. (Bundesrat Dr. Nittmann: Jetzt muss die SPÖ schon das Sandmännchen bemühen! – Weitere Zwischenrufe.)

Dabei wird Ihnen vielleicht auch der deutsche Rechnungshofbericht unterkommen. Was da alles drinsteht, Herr Bundesminister ... (Bundesrätin Giesinger: Wenn Sie nichts mehr wissen, holen Sie etwas von ganz weit her!) Das brauche ich nicht von weitem herzuholen, Frau Kollegin Giesinger, Sie werden auch wissen, dass es so ist. Oder sind Sie eine Frau, die nie träumen kann? – Dann sind Sie beneidenswert, Frau


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Giesinger, wenn Sie nie träumen können. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Kollege Fasching! Ich lebe in Oberösterreich, und wir haben gerade eine große Wahl gewonnen. Wir haben die Wahl deswegen gewonnen, weil Sie so argumentieren, wie Sie eben argumentieren. Genau deshalb haben wir 11,5 Prozent gewonnen! (Bei­fall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Sie haben uns heute auch gesagt, dass Sie 18 Kampfflieger fix bestellt haben. Genau das sagt auch der Rechnungshofbericht aus. Meine Damen und Herren, dazu kommt noch, dass wir in Österreich jetzt die Einzigen sind, die dieses Fluggerät kaufen. Alle anderen sind ausgestiegen. Die Griechen kaufen das nicht mehr, die griechische Regierung ist ein bisschen cleverer als die österreichische. Österreich ist das einzige Land, das an dieser Bestellung noch fix festhält, und die Regierung – das haben wir auch heute gesehen – denkt sich nichts dabei.

Meine Damen und Herren! Wer in den letzten Tagen die internationale Presse verfolgt hat, der konnte lesen, dass auch die vier Trägernationen bei den Eurofightern absolut starkes Bauchweh haben. Das ist nicht anders, das geht aus allen Berichten hervor. Sie alle wissen, dass diese Flieger, die da kommen sollen, einfach nicht das bringen, was der Hersteller uns immer angibt, dass sie einfach die Leistungen nicht bringen, die zum Beispiel Sie von ihnen brauchen. Was die Lebensdauer anbelangt, wird mit 50 Jahren gerechnet. Sie haben heute gesagt, es sind Flugstunden, die da gerechnet werden. Wenn wir so wenig fliegen können, dass die Flugstunden erst in 50 Jahren zusammenkommen, dann werden Ihnen die Flieger höchstwahrscheinlich auf dem Boden verrosten.

Meine Damen und Herren! Die Kosten schauen katastrophal aus. Ich sage Ihnen, dass Sie mit diesen Kampffliegern einfach das österreichische Bundesheer ruinieren! Es wird kein Geld mehr da sein für all die anderen Sachen, von denen wir heute gehört haben: für den Katastrophenschutz, für den Lawinenschutz und all das, wofür sonst noch Geld gebraucht wird – es wird alles in diese Flieger hineingehen!

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Der deutsche Prüfbericht weist auch große Sicher­heitsmängel nach. Sie haben keine Freude mit diesem Bericht, aber der Bericht sagt einfach aus, dass die Triebwerke die Anforderungen nicht erfüllen, dass das Bordradar gravierende Mängel aufweist, dass es beim Seitenleitwerk nicht stimmt, bei den Vor­flügeln, beim Flugzeugrumpf, und bei der Pilotenkanzel gibt es ebenfalls gravierende Mängel. Wenn man sich das anschaut, dann liest man da zum Beispiel über die Sicherheitsmängel:

„Unsere Erhebungen bei verschiedenen Stellen der Bundeswehr haben ergeben, dass bei faktisch allen Komponenten des Eurofighters (Zelle, Triebwerk, Radar, Ausrüstung, Bodendienst- und Prüfgerät, Simulator, Pilotenausrüstung usw.) die Entwicklung weit hinter dem Zeitplan zurückhängt.“ Das gilt vor allem auch für die Software.

Etwas sehr Interessantes wird zum Beispiel über das Bordradar gesagt, von dem heute schon gesprochen worden ist. Da steht zum Beispiel: Die Stabilität der Zielverfolgung ist ungenügend und wird durch eigene Manöver und durch Manöver des Zieles noch verschlechtert.

„Ein reales Ziel wird vom Radar in ein oder mehrere Scheinziele (Geisterziele) aufge­splittet, die abwandern und dann als gültige Ziele geführt werden. Der Pilot kann somit das echte Ziel nicht von Scheinzielen unterscheiden. Ziele werden als sich entfernend angezeigt, obwohl sie sich nähern“, insbesondere unter Instrumentenflugbedingungen.

Ich möchte nicht der Pilot eines dieser Flugzeuge sein, da würde mir angst und bange werden! (Bundesrat Hösele: Dafür sind Sie schon zu alt!) Da bin ich jetzt froh, dass ich


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schon zu alt bin und dass ich vielleicht mit der Brille sowieso nicht als Pilot genommen worden wäre. (Bundesrat Dr. Kühnel: Aber vielleicht als Traummännlein!) Ja, das können Sie sagen, da können auch Sie als Traummännlein gehen. Das ist sehr gut so.

Herr Bundesminister! Es ist heute auch schon angeführt worden, dass Sie einen Schönwetterflieger gekauft haben. – Jetzt ist der Herr Bundesminister gerade nicht da. – Da steht auch drin:

„Die Flugzeugtriebwerke dürfen wegen Vereisungsgefahr bei Lufttemperaturen von weniger als plus fünf Grad Celsius und gleichzeitiger Sicht unter 400 Meter nicht ge­startet werden.“

Das heißt, Sie können diese Kampfflieger in unserer Region, in Österreich, ungefähr ab November bis Mitte März einmotten, oder Sie können sie in den Winterschlaf schicken. Da glaube ich schon, dass wir 50 Jahre brauchen werden, um die Flugstun­den zusammenzubringen!

Der Herr Bundesminister weiß auch ganz genau, dass er einen „Teurofighter“ ein­gekauft hat, bei dem die Betriebskosten noch absolut ungewiss sind. Es gibt keine Berechnungen, die darüber vorliegen.

Meine Damen und Herren! Sicherheitspolitisch brauchen wir diese Kampfflieger auch nicht. Da der Herr Bundesminister heute die organisierte Kriminalität angesprochen hat, frage ich mich, wie ich mit einem Kampfbomber die organisierte Kriminalität be­kämpfen soll. Es ist mir schleierhaft, wie das gehen soll. Ich weiß zum Beispiel, dass verschiedene Länder Satelliten einsetzen, um die Bodenbewegungen aufzuzeichnen, aber dass sie einen Kampfbomber nehmen, ist mir ganz neu. Aber es wird schon irgendetwas dran sein, wenn der Herr Bundesminister sagt, dass unsere Luftraumüber­wachungsgeräte, unsere Kampfbomber jetzt die organisierte Kriminalität beobachten und, was ja noch weit wichtiger ist, bekämpfen werden.

Meine Damen und Herren! Allein schon um den Kaufpreis der Flieger hat es ein langes Rätselraten gegeben. Zuerst hat es geheißen, die 24 Kampfflieger kosten 1,79 Milliar­den €. Jetzt kosten 18 Flieger 1,95 Milliarden €, wie wir heute gehört haben. Das heißt, weniger Flieger sind teurer geworden. Da reden wir noch gar nicht von den Kosten der Zwischenlösung, da reden wir noch gar nicht von den Betriebskosten, das alles ist noch im Unklaren. Der Herr Bundeskanzler hat zum Beispiel 2002 von Betriebskosten in der Höhe von 12 Millionen € gesprochen. Der Herr Bundesminister hat uns erklärt – und zwar war das im Juni dieses Jahres –, dass die Betriebskosten nach Detaildaten deutlich unter 50 Millionen € liegen werden. Na ja, jetzt sieht es ein bisschen anders aus. Die Regierung wünscht sich was, und die EADS soll das spielen – so wird es nicht funktionieren! Da wird der Steuerzahler zuerst einmal tief in die Tasche greifen müssen, und der Herr Bundesminister wird mit seinen Schätzungen hinaufgehen müssen, und zwar auf rund 80 Millionen € jährlich.

Jetzt hätte ich sagen wollen: „wenn der Herr Bundesminister aus seinem Traum er­wacht“, aber weil er nicht da ist, kann ich es nicht sagen. Doch wenn er zum Beispiel aus seinem Traum erwachen würde, dann würde er wissen, dass er eigentlich etwas falsch gemacht hat, dass er einfach ... (Bundesrätin Giesinger: Der Herr Bundesminis­ter lebt nicht in einem Traum, sondern in der Realität!) – Regen Sie sich nicht so auf, Frau Kollegin, der Herr Bundesminister darf ja auch einmal träumen! (Zwischenruf des Bundesrates Manfred Gruber.) Warum soll er das nicht? Das ist ja nichts Verwerf­liches. (Bundesrätin Giesinger: Aber Sie unterstellen ihm ja, dass er in einem Traum lebt!) Ich habe es Ihnen schon gesagt, er kann in der Nacht träumen; er kann ja am Tag Minister sein.


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Meine Damen und Herren! Warum muss es gerade dieser Typ von Kampfflieger sein? Wir alle wissen, dass die anderen Flieger wesentlich besser gewesen wären, aber wir haben dann einen gekauft, der noch überhaupt nicht fliegt. (Bundesrat Dr. Nittmann: Im Deutschen Bundestag würden Sie eine andere Rede halten!) Da ich hier meinen Kollegen Tusek sehe: Er weiß ja, er hat in Oberösterreich einmal gesagt, dass man diese Flieger zum Fotografieren hernimmt. (Bundesrat Dr. Kühnel: Unter anderem!) Unter anderem – na ja, dann haben wir zumindest, wenn die einmal da sind, in Öster­reich die teuersten Fotoapparate der Welt! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach. – Bundesrat Dr. Nittmann: Das ist ein Unsinn! Wenn Sie fotografieren, sind Sie auch kein Fotoapparat!)

Meine Damen und Herren! In Oberösterreich – ich habe das schon gesagt – waren ja vor einigen Tagen Wahlen. In Oberösterreich ist natürlich die Voest, jetzt sage ich: verkauft, verklopft, verscherbelt worden (Bundesrat Manfred Gruber: Passt alles!) – im Gegenwert von ungefähr zwei dieser „Teurofighter“. (Bundesrat Schennach: Drei sind es!) Oder drei, ich lasse da mit mir handeln. – Nur weiß ich auch, dass da noch einige Betriebe verkauft werden müssen, bis wir all dieses Geld herinnen haben werden.

Wenn ich dann höre, dass die ÖVP immer sagt: Na ja, diesen Voest-Verkauf hätte man eben nicht im Wahlkampf diskutieren sollen, das hätte man nach der Wahl machen sollen!, dann frage ich Sie: Soll man den Wählern nicht sagen, was auf sie zukommt? Oder soll man damit warten, bis das irgendwann einmal passiert? – Das wäre Ihnen ja so recht gewesen. Wir haben das nicht getan, und wir haben dafür die Wahl gewon­nen. Ich glaube, das ist auch etwas ganz Schönes und etwas ganz Wichtiges. (Bun­desrat Dr. Kühnel: Hervorragendes Timing!) Ja, ich glaube schon, dass das nicht gerne gehört wird. Das weiß ich, das glaube ich schon. Ich habe es ja auch nicht gerne gehört, wenn wir nichts gewonnen haben und jemand anderer gewonnen hat. Das ist menschlich, ich weiß das schon. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.)

Meine Damen und Herren! Es geht aber auch darum, dass sehr viel Geld ausgegeben wird und dass wir Milliarden für etwas ausgeben, was wir alle nicht brauchen, wie wir heute wissen. Wir wissen auch, dass wir in Österreich ... (Bundesrat Dr. Kühnel: Was Sie nicht brauchen! Sie glauben das!) Ja, ich glaube das, und darauf bin ich auch stolz, dass ich das glaube, das kann ich Ihnen schon sagen. (Bundesrat Dr. Kühnel: Sie haben gesagt, alle! Sie glauben das!) Es ist aber noch etwas ganz anderes: Wir in Oberösterreich, nein, wir in Gesamt-Österreich haben ja, wie ich gelesen habe, 210 000 arbeitslose Bürgerinnen und Bürger, und ungefähr an die 40 000 Menschen sind irgendwo in Schulungsmaßnahmen versteckt. Das sind also 250 000 Einzelschick­sale, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, um die Sie sich eigent­lich kümmern sollten! Aber für Sie sind ja die Kampfflieger wichtiger.

Seit Antritt der schwarz-blauen Bundesregierung ist die Arbeitslosigkeit um 35,7 Pro­zent gestiegen. Noch weit dramatischer gestiegen ist die Zahl der Jugendarbeitslosig­keit, und zwar um 55,1 Prozent. (Ruf bei der ÖVP: Besonders in Wien!) Österreich hat nun einen Arbeitslosenminister, Bartenstein, und einen, sage ich, Schönfärber-Bundes­minister Grasser, denen dazu absolut nichts einfällt. (Beifall bei der SPÖ.) Sie setzen aus dem Budget heraus keine Wirtschaftsimpulse, sie tun nichts gegen die anstei­gende Massenarbeitslosigkeit. Sie betreiben dafür Schönfärberei und stecken das Geld in den milliardenteuren Fehlkauf von Kampffliegern. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Bieringer: Sie tun nur mies machen und alles schlecht machen!)

Ich gebe dem Herrn Vizekanzler schon Recht (Bundesrätin Roth-Halvax: Die größte Arbeitslosigkeit ist in Wien!), wenn er gemeint hat, dass die Regierung in der Wirt­schaftspolitik kolossal gescheitert ist. Ich sage, die Regierung ist nicht nur in der Wirt­schaftspolitik kolossal gescheitert, sondern auch in der Sozialpolitik, in der Gesund­heitspolitik und in der Bildungspolitik! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: „Noch


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mehr Schulden!“) Meine Damen und Herren, dafür haben wir, wenn Gott und die Herstellerfirmen wollen, in einigen Jahren den schönsten und teuersten Schönwetter-Kampfflieger aller Zeiten. (Bundesrat Dr. Kühnel: Ist es jetzt ein Fotoapparat oder ein Kampfflieger?) Sie können ihn ja sowohl als auch verwenden, hat Kollege Tusek gesagt. Sie können Kampf fliegen, und Sie können damit fotografieren, es ist ein Uni­versalgerät. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister – jetzt sind Sie ja wieder da! Herr Bundesminister, ich hoffe, Sie nehmen mir meinen Vergleich mit dem Traum nicht übel. Aber ich appelliere trotzdem an Sie, dass Sie von diesem unsinnigen Ankauf zurücktreten. Wir brauchen die Kampf­flieger nicht, das Bundesheer braucht sie nicht, und die Österreicherinnen und Öster­reicher brauchen sie auch nicht! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schenn­ach. – Bundesrätin Roth-Halvax: Sagen Sie!)

16.48

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Klamt. Ich erteile ihm das Wort.

 


16.48

Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Herr Minister! Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich stehe nicht an, fest­zuhalten, dass ich vor kurzem auch hier in diesem Hause den Beschaffungsprozess zum Abfangjägerkauf kritisch beleuchtet habe. Aus meiner Sicht wurde die Methode Nutzwertanalyse, die immer vorgeschoben wurde, nicht richtig angewendet.

Was kann und was soll die Nutzwertanalyse bewirken? – Die Nutzwertanalyse kann den Entscheidungsprozess von der Gefühlsebene auf die Verstandesebene verlagern und uns helfen, betriebswirtschaftlich vertretbare Lösungen zu finden. Das ist der Zweck und der Sinn einer Nutzwertanalyse. Die Nutzwertanalyse kann aber auch Ver­wirrung stiften, wenn nicht Vergleichbares einem Vergleich unterzogen wird. Meiner Meinung nach ist das europäische Zukunftsprojekt Eurofighter mit bewährten Flug­zeugtypen, die schon lange in Betrieb sind – zum Beispiel F-16 von Lockheed Martin oder Gripen von SAAB –, nicht vergleichbar, sodass die Nutzwertanalyse in der ge­wählten Form nicht zielführend einsetzbar war. Das erlaube ich mir zunächst einmal festzuhalten.

Mehr Klarheit in den Entscheidungsprozess hätte das Bekenntnis der Experten zum Zukunftsprojekt gebracht. Eine klare Absage gegenüber dem Ankauf von Auslauf­modellen, die unsere österreichischen Piloten über Jahrzehnte, auch in Zeiten größerer militärischer Bedrohung als heute, begleitet haben, wäre wichtig gewesen. Natürlich hat sich das sicherheitspolitische Bedrohungsbild in Europa in den letzten Jahren und Jahrzehnten sehr verändert. Natürlich müssen wir uns Gedanken darüber machen, dass wir die anzuschaffenden Flugzeuge und ihre Piloten in einer zukünftigen euro­päischen Verteidigungsgemeinschaft eventuell auch einmal zum Einsatz bringen müssen. Dann ist es natürlich wichtig, dass wir europäische Flugzeuge haben, die auch in Jahrzehnten noch dem neuesten Stand der Technik entsprechen. (Bundesrat Manfred Gruber: Kein Flugzeug entspricht dann in der Technik dem neuesten Stand!)

Damit hätte – wenn ich wieder auf die Nutzwertanalyse zurückkommen darf – zumin­dest ein entsprechender Produktlebenszyklus als Muss-Kriterium in die Betrachtung einfließen müssen. Damit wäre ein klarer Vorteil des Eurofighters gegenüber den Kon­kurrenzmodellen eindeutig zum Ausdruck gebracht worden. Zusammenfassend gesagt, hat mich bei dem Beschaffungsprozess einfach gestört, dass der Zuschlag für den Eurofighter aus einer eher undurchsichtigen Nutzwertanalyse kaum nachvollzieh­bar abgeleitet wurde. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Sicherlich wäre es interessant gewesen, sich in diesem Zusammenhang auch näher mit einer


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MiG-29 zu beschäftigen, wenn sie wirklich zum Anerkennungs-Euro oder gegen Streichen der Staatsschulden zu bekommen gewesen wäre. (Beifall des Bundesrates Mag. Gudenus.)

Mit dem Bekenntnis zu einem europäischen Zukunftsprojekt und den damit verbunde­nen positiven Gegengeschäften im High-Tech-Bereich könnte man den von der Oppo­sition in der Dringlichen Anfrage eingebrachten Problemstellungen auch wesentlich leichter argumentativ entgegentreten. Davon bin ich fest überzeugt. Die vom deutschen Bundesrechnungshof erfassten Mängel würden dann als das gesehen werden können, was sie sind: Sie sind nämlich ganz eindeutig Anfangsmängel von Prototypen, die uns im Jahre 2007 bei der Lieferung der ersten vier Eurofighter hoffentlich erspart bleiben werden. In diese Richtung müssen auch unsere Anstrengungen gehen. Die Entschei­dung zum Eurofighter ist gefallen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Irgend­wann muss man das akzeptieren, und man muss sich das Ziel setzen, daraus jetzt wirklich das Beste zu machen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition! Ihr Verhalten auch bei dieser Dringlichen Anfrage mag aus politisch-taktischen Überlegungen durchaus ver­ständlich sein. (Bundesrat Manfred Gruber: Ist auch berechtigt!) An Glaubwürdigkeit verlieren Sie jedenfalls (Bundesrat Konecny: Na!), insbesondere wenn man die Ent­scheidungen betrachtet, die Sie zum Thema Luftraumüberwachung als Partei in Regie­rungsverantwortung getroffen haben. (Bundesrat Manfred Gruber: Das waren andere Zeiten, Herr Kollege!) Ich darf auf die über Jahrzehnte einstimmig getragenen Be­schlüsse im Landesverteidigungsrat und im Ministerrat sowie auf die Regierungsver­handlungen zwischen SPÖ und ÖVP noch im Jahre 1999 verweisen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Alles hat seine Zeit. Jetzt ist es aus meiner Sicht wirklich an der Zeit, demokratisch zustande gekommene Entscheidungen zu akzeptieren und zu optimieren. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundes­räten der ÖVP.)

16.56

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächstem erteile ich Herrn Bundesrat Schennach das Wort. – Bitte. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Gudenus.)

 


16.56

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Ich bin leider nicht bei Ihnen in der Nachhilfe gewesen, Herr Gudenus, dass ich Ihre hohen Erwartungen im Militärischen erfüllen kann. Ich werde mich bemühen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Herr Verteidigungsminister! Ich bin ja dem Profes­sor Konecny für seine Dringlichen Anfragen zum Thema Eurofighter in keiner Weise böse, sondern muss sagen ... (Bundesrat Dr. Nittmann: Sind Sie ein Trittbrettfahrer?) Nein, Herr Nittmann, er hält auch Sie, er hält uns alle fit mit dieser dringlichen Befas­sung, die wir hier im Bundesrat nun seit Monaten durchführen. Es ist, glaube ich, völlig berechtigt, dass dieses geistige politische Fitnessprogramm zum größten Beschaf­fungsvorgang der Zweiten Republik mit all seinen Vorgängen, seinen dubiosen Dingen hier auch stattfindet. Insofern nehme ich dem Herrn Professor Konecny seine mehr­maligen Dringlichen Anfragen hier in keiner Weise übel. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich will jetzt gar nicht auf die prinzipiellen Dinge eingehen – das haben wir in der Tat schon erörtert und erörtert –, sondern auf diese neue Phase, und das ist es auch, was die Dringliche Anfrage in vollem Umfang rechtfertigt. Es ist immer davon gesprochen worden: Ja, aber die Deutschen machen weiter. – Entschuldigung, die Deutschen haben kein Opting-out mehr! Die stecken in einem Konsortium drin und, Herr Kühnel, sie haben ihre Flieger bereits nach Polen verkauft – ich zitiere –:


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Die Jagdflugzeuge MiG-29 werden an die polnische Luftwaffe übergeben und stehen somit nicht mehr zur Verfügung.

Woher dieser Satz ist, sage ich Ihnen auch. Es ist ja ganz interessant, den deutschen Bundesrechnungshofbericht zu lesen. Ich habe dem Steinbichler kurz hinübergerufen: „Das ist der Fiedler in Deutschland!“, weil er gefragt hat, wer denn das geschrieben hat. (Heiterkeit und Zwischenrufe.) Das ist also der Bundesrechnungshof. Wir alle schätzen den österreichischen Rechnungshof; Sie können mit Sicherheit davon ausge­hen, dass auch der deutsche Bundesrechnungshof eine äußerst seriöse Institution ist.

Ich habe mir für diese Sitzung ein anderes Dokument besorgt, das ich nicht verteilen kann, nämlich die Stellungnahme des deutschen Landesverteidigungsministeriums, die intern an den Bundesrechnungshof in Deutschland gegangen ist. Diese ist jetzt meiner Meinung nach noch interessanter als der Bundesrechnungshofbericht selbst, weil ja ein Ministerium auf einen solchen Bericht kontert. Dass es kontert, versteht ja jeder: Das Ministerium verteidigt sich. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Sie haben gesagt und haben zitiert, der deutsche Rechnungshofbericht sei laienhaft. Ich habe hier die vielen ... (Bundesrat Dr. Kühnel: Eine Aussage von einem Ministe­rium!) Ja, ich habe hier die vielen Seiten des deutschen Verteidigungsministeriums. Auf diesen vielen, vielen Seiten kommt zweimal der Ausdruck vor, das sei „fachtechnisch falsch betrachtet“, und zwar jedes Mal zum selben Problem, nämlich dass man Anstell­winkel und Agilität nicht gleichsetzen kann.

Es wurde zweimal der Bundesrechungshof darauf hingewiesen, dass das fachtech­nisch falsch sei. Ansonsten kommt in diesen sehr ausführlichen Stellungnahmen des deutschen Verteidigungsministeriums der Ausdruck „fachtechnisch falsch“ nicht mehr vor.

Steigen wir einfach einmal ein, weil es für uns tatsächlich interessant ist. – Ich kann den Ausführungen des Herrn Klamt einiges abgewinnen, das muss ich ganz ehrlich sagen. Das Verteidigungsministerium stellt dann selbst fest: Die Entwicklung der Be­waffnung neuer Munition benötigt einen weiteren Finanzbedarf. Halten wir das einmal fest! Es gibt für diese ganz wichtige Frage einen neuen Finanzbedarf.

Flugkörperwarner und Laserwarner fehlen derzeit. Der Bundesrechnungshof Deutsch­land hält fest, dass das ein Mangel sei. Die Antwort war, sie seien noch nicht ent­wickelt. Ihr Fehlen sei daher kein Mangel, denn sie werden später nachgeliefert.

Weiters: das aerodynamisch instabile Design. – Das ist kein uninteressanter Ausdruck. Das eigene Ministerium sagt: das aerodynamisch instabile Design. Beim Anlauf der Produktion werden Probleme zugegeben. Fertigungsprobleme bei den Seitenleitwer­ken und den Canards werden nachgebessert. Es wird darauf hingewiesen, dass das eine Aufgabe der Industrie sei, die sie auf eigene Kosten zu erfüllen habe.

Nun hat Herr Klamt gemeint, wir bekämen Gott sei Dank die zweite Tranche. Seitens des Bundesrechnungshofes wird empfohlen, die zweite Tranche überhaupt zu ver­schieben, und dann kommt ein ganz interessanter Vorschlag, nämlich auf die dritte Tranche – das sind immerhin 68 Eurofighter – zu verzichten und sie durch unbemannte Flugzeuge zu ersetzen. Das deutsche Landesverteidigungsministerium weist allerdings dieses Ansinnen zurück.

Jetzt haben es unsere Aufklärer ein bisschen schwieriger. In dieser Stellungnahme steht: Die Aufgaben des Eurofighters sind nur – das steht wörtlich drinnen – vergleich­bar mit dem luftgestützten Kampf gegen Bodenziele. Das heißt, man kann sie nur mit gleichwertigen Aufgaben vergleichen, und in dieser Stellungnahme steht, sie sind nur vergleichbar mit luftgestütztem Kampf gegen Bodenziele. Alle andere Kritik bezüglich dessen, was sie vielleicht nicht erfüllen, wird zurückgewiesen.


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Wir haben uns immer gefragt, wie das jetzt tatsächlich mit den diversesten Kosten ist. Hier steht: Die Kosten für das gesamte Waffensystem Eurofighter liegen unter Einbe­ziehung der Kosten für die Bewaffnung oder Maßnahmen zur entwicklungstechnischen Betreuung höher als die für die Durchführung der Entwicklung und Beschaffung des Basisflugzeuges Eurofighter veranschlagten Kosten. Dem ist zu zustimmen, sagt das Ministerium. Es gibt also zu, dass die Kosten für das gesamte System höher werden.

Die voraussichtlichen Betriebskosten, also die Life-Cylce-Costs-Berechnungen sind interessant, weil wir ja immer mit Behauptungen und Zahlen konfrontiert werden. Dazu meint das deutsche Ministerium: Soweit neuere Erkenntnisse vorliegen – was hat heute der Herr Finanzminister gemeint; er kennt ja auch nicht die Lottozahlen –, zum Beispiel Materialerhaltungskosten, werden diese natürlich laufend in die Kostenermitt­lung einbezogen. Aber das ist in der Form nicht abzuschätzen.

Ich meine, interessant ist, wir übernehmen diese Anschaffungstechnologie, und Deutschland reduziert erheblich. In diesem Bericht oder in dieser Stellungnahme steht, dass es das Ziel ist, von 728 einsatzfähigen Kampfflugzeugen auf 262 zu kommen, und die Begründung dafür ist, dass man auf Grund der Anpassung an die sicherheits­politische Entwicklung der letzten Jahre und der vorhersehbaren Zukunft weniger braucht.

Es gibt noch eine ganze Reihe von Punkten. Zum Beispiel steht bei der Cockpit-Front­scheibe die endgültige Freigabe noch aus, diese ist noch nicht erfolgt. Dem stimmen Sie zu.

Der Eurofighter ist vom Waffensystem her der MiG 29 deutlich überlegen. Das sagt das Verteidigungsministerium, aber schränkt dann wegen des luftgestützten Radars ein. Das ist etwas ganz Wichtiges, denn der F16 ist mit der Begründung, das Radarsystem wäre für den österreichischen Luftraum nicht geeignet, ausgeschieden. Nun hält das Ministerium fest: Erst nach Vorliegen der Ergebnisse dieser Studie ist zu entscheiden, ob diese Technologie für einen Einsatz im Eurofighter operationell sinnvoll in Frage kommt. Das heißt, wir haben den F16 ausgeschieden, aber man weiß noch gar nicht, ob diese Radartechnologie überhaupt zum Einsatz kommen wird.

Weiters: Die Industrie habe die noch softwareseitigen Mängel auszumerzen sowie die mechanische Hardware möglicherweise auszutauschen und so weiter.

Zu den Betriebskosten: Für eine solche Kalkulationsgrundlage bedarf es zudem der Erkenntnisse aus der Überprüfung des logistischen Konzeptes im Betrieb. Das heißt, wir können es nicht sagen, und deshalb ist – und das ist ein ganz interessanter Satz! –eine seriöse Aussage über belastbare Zahlen nicht möglich.

Das waren die Facts, die uns der Herr Finanzminister, aber auch Ihr Vorgänger, Herr Minister Platter, gesagt haben. Ich weiß, Sie haben dieses faule Ei geerbt. Es tut mir für Sie persönlich Leid, aber das sind die Dinge. Das deutsche Verteidigungsministe­rium hat keine andere Wahl, es hat kein Opting-out. Aber hier ist ein Satz enthalten, der auch in der Stellungnahme Ihres Amtskollegen in Deutschland vorkommt, und der widerspricht Ihren Aussagen, Herr Minister! Der Vertrag geht von einer Lebensdauer von 25 Jahren aus. Der Annahme von einer Lebensdauer von 35 bis 40 Jahren kann daher in keiner Weise gefolgt werden. Ich sage es Ihnen ganz ehrlich, ich weiß, Sie sagen Flugstunden, aber in Deutschland sagt man, dass einer Lebensdauer von 35 Jahren nicht gefolgt werden kann.

Dieser Bericht hat auch eine sehr interessante Sprache, da steht nämlich: Der Zulauf der Flugzeuge ist verspätet. Ich würde einmal glauben, dass man die Produktion und die Lieferung meint, aber Zulauf klingt so nach Kücken; aber gut. Den Zuflug könnte man natürlich auch meinen, sicher. Wir haben gerade den Abflug der Sommervögel,


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aber ich hoffe, dass auch die Eurofighter aus dem Budget fliegen. (Bundesrat Dr. Nitt­mann: Luftschiffe!)

Herr Minister! Ich glaube, Herr Dr. Kühnel hat das gesagt, dass man das Ganze erst an zwei Maschinen getestet hat. Sagen Sie das dazu, und eine davon ist abgestürzt. Das sollte man schon dazusagen. Zählt man den Unfall von Spanien dazu, dann haben wir drei Maschinen getestet, also weist ein Drittel schweren Schaden aus. Sie haben ge­sagt, warum machen Sie die EADS madig. Es geht doch nicht um eine Madigmachung eines Konzerns, sondern es geht einfach darum, sich seriös mit der größten Beschaf­fung zu befassen und damit, was man dafür einkauft. Das, was eingekauft wird, gilt als nicht ausgereift, gilt als absolut zu teuer und als falsches Gerät dafür, was man will.

Herr Dr. Kühnel! Jetzt ist Herr Hösele nicht da, aber ihm muss es das Gesicht zusam­mengezogen haben, als er hörte, was Sie alles in den Konvent hineinstopfen wollen. Das ist nicht der Topf für faule Eier! (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) Nein, Sie haben gesagt: Das besprechen wir im Rahmen des Konvents und so weiter. Bitte der Konvent ist nicht der Mistkübel der Nation und auch nicht der Topf für faule Eier. (Bundesrat Dr. Kühnel: Sie haben doch das faule Ei ...!)

Ich habe das Recall-System für den Zustand der Regierung im Besonderen und im Allgemeinen. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) Fragen Sie die Bevölkerung, ob sie noch Vertrauen in die Amtsgeschäfte der Regierung hat, so wie sie diese führt! Sie werden sehen, dass wahrscheinlich eine Million gleich unterschreiben und sagen wird: Bitte rufen Sie doch diese Regierung zurück! (Bundesrat Manfred Gruber: 6 Pro­zent!) Mischen wir die Karten neu! Sie haben keine Mehrheit! Ich betone: Sie haben keine Mehrheit! (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.)

Nein, Sie können sagen, was Sie wollen, aber sie hat keine Mehrheit. Sie haben vor allem keine Mehrheit für diese Geldvernichtungsgeschichte, für den Eurofighterankauf. Stellen Sie sich einmal vor: Der gesamte Gegenwert für den wichtigsten Industrie­standort, den wir haben, sind drei solche halbunsicheren seltsamen Eurofighter. (Zwi­schenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) Das bekommen wir für den Verkauf der Voest. Stellen Sie sich einmal vor, und das mit einer Lebensdauer von 25 Jahren! Streiten wir jetzt nicht, Herr Platter, treffen wir uns dazwischen, und sagen wir 30 Jahre! Dafür verkaufen Sie die Voest? (Bundesrat Manfred Gruber: Dann sind sie alt!)

Abschließend: 250 € kostet das pro Person. Herr Minister! Ich weiß nicht, ob das geht, aber mein Sohn und ich möchten uns nicht beteiligen. Das wären dann 500 € weniger. Ich würde um einen Vorhalt hier ersuchen, dass wir beide, mein Sohn und ich, uns daran nicht beteiligen müssen. Wenn Sie die 500 € übernehmen, dann bin ich dankbar.

Sie könnten aber auch noch woanders sparen; das ist vielleicht ein Vorschlag. Ihr Adjutant ist der Militärkommandant von Tirol. Das heißt, die Dienststelle ist in Tirol. Sie könnten diese Dienststelle nach Wien verlegen und einen Militärkommandanten in Tirol nachbesetzen. Dann fallen auch keine Reisekosten zwischen der Dienststelle und dem Dienstort an. Das wären erste Möglichkeiten von Einsparungen, damit wären die 500 €, die Sie für mich und meinen Sohn für diese Anschaffung übernehmen, locker einzu­sparen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der SPÖ.)

17.11

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Tusek. – Bitte.

 


17.12

Bundesrat Mag. Gerhard Tusek (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsiden­tin! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute die x-te Dringliche zu diesem Thema. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber


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fünf, sechs oder sieben werden es in etwa sein. (Bundesrat Konecny: Prognostisch hast auf jeden Fall Recht!) Ich denke, die größte Wahrscheinlichkeit sind etwa sechs Dringliche zu diesem Thema.

Der Anlass verbindet die letzte Dringliche zu diesem Thema mit der heutigen. Erinnern wir uns: Bei der letzten Dringlichen ging es um einen österreichischen Rechnungshof-Rohbericht! Der Anlass für diese heutige Dringliche ist ein Bericht des deutschen Bun­desrechnungshofes, der aber auch ein Rohbericht ist. (Zwischenruf der Bundesrätin Auer.) – Frau Kollegin, ich komme noch darauf zu sprechen!

Während es bei der letzten Sitzung unklar geblieben ist – es gab einige Verdächtigun­gen und Anschuldigungen –, wo denn diese undichte Stelle gewesen sein könnte, ist es heute ganz klar: Die Veröffentlichung des Rohberichtes des deutschen Rechnungs­hofes internetmäßig und damit weltweit ging vom Pressedienst der Sozialdemokra­tischen Partei Österreichs aus. Er wurde der Presse angekündigt. Ich zitiere: Der An­frage angeschlossen ist der vollständige Bericht des deutschen Rechnungshofes über den Sachstand des Rüstungsvorhabens Eurofighter. – Zitatende. Diese Pressemel­dung, datiert mit 23. September dieses Jahres, kommt vom Geschäftsführenden Klub­obmann Cap. Das heißt, dass die sozialdemokratische Partei Österreichs die volle Verantwortung dafür übernimmt, dass in das Internet ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die SPÖ übernimmt die Verantwortung für die Veröffentlichung des Rechnungshof-Rohberichtes des deutschen Rechnungshofes, auf dem klar steht: Verschlusssache – nur für den Dienstgebrauch. (Bundesrat Manfred Gruber: Das ist auf dem österreichi­schen auch draufgestanden, und die ÖVP hat ihn weitergegeben!) Zweitens ist dieser Bericht urheberrechtlich geschützt. Eine Veröffentlichung ist nicht zulässig. (Bundesrat Manfred Gruber: Kehren Sie vor der eigenen Tür!)

Ich stelle nur fest, dass es diesmal klar ist, von welcher Seite die Veröffentlichung kommt. (Bundesrat Manfred Gruber: Kehren Sie vor der eigenen Tür! Den österreichi­schen Rohbericht haben Sie selbst ins Internet gestellt! Eine befreundete Firma hat es ins Internet gestellt! Aber nur die positiven Seiten des Rechnungshofberichts! Sie haben nicht einmal den Mut gehabt, den ganzen Bericht hineinzustellen!)

Kehren Sie vor der eigenen Tür! Melden Sie sich, Herr Kollege, zu Wort, dann können Sie Co-Referate halten. Auf einen Zwischenruf gehe ich sehr gerne ein, aber Co-Refe­rate sind meiner Meinung nach zu viel. (Bundesrat Manfred Gruber: Weil du nichts dazu sagen kannst!) Man versteht diese Zwischenrufe sehr schlecht.

Tatsache ist – das ist beweisbar –: Auf der Homepage der SPÖ war der Rohbericht des deutschen Rechnungshofes vom 23. bis 24. September zu lesen, er wurde dann wieder entfernt, weil man draufgekommen ist, dass es offenbar nicht rechtens war.

Das passt auch zu der Sache, dass ein vertraulicher Rechnungshof-Unterausschuss­bericht vom SPÖ-Abgeordneten Kräuter veröffentlicht wurde. Auch das passt richtig dazu. Das dürfte offenbar die neue Strategie der sozialdemokratischen Fraktion sein.

Jede Partei soll es machen, wie Sie es will. Ich halte diese Sache für nicht gut, denn ein Rohbericht ist, wie ich das letzte Mal schon gesagt habe, dazu da, dass man Dinge, die auffallen, feststellt, und dann hat der Betroffene das Recht, zu diesen fest­gestellten Mängeln oder sonst etwas eine Stellungnahme abzugeben. Diese Stellung­nahme wurde abgegeben.

Kollege Schennach! Ich habe auch eine Liste von Argumenten des deutschen Bundes­ministeriums für Verteidigung zum Bericht da. Sie haben einiges zitiert, und ich darf daher auch einiges beziehungsweise ganz weniges zitieren. Es geht vor allem – das wurde beanstandet – um die Leistungsfähigkeit des Eurofighters. Es sind wenige Prototypen in der Testphase, und wenn man in einer Testphase ist, dann sind die


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Bedingungen ganz anders. Stellen Sie sich vor: Wenn Schumacher den neuen Ferrari 2004 testet, dann wird er das sicher nicht auf den schlechtesten Fahrbahnen machen, wird er das auch sicher nicht beim schlechtesten Wetter machen, sondern eher unter günstigen Bedingungen! (Bundesrat Manfred Gruber: Er kauft den Ferrari nicht!)

Wir kommen schon noch auf den Kauf der Eurofighter zu sprechen. Ich werde auch versuchen, ein paar Argumente zu bringen, warum das Ganze wirklich wichtig und richtig ist.

Es wird vor allem die Leistungsfähigkeit im deutschen Rechnungshof-Rohbericht ange­kreidet. Von Seiten des Bundesministeriums für Verteidigung heißt es, dass die Leis­tungsfähigkeit des Eurofighters schon heute insgesamt erheblich über den Standard hinausgeht. Bei den Mängeln handelt es sich großteils um Leistungen, die zwar er­bracht wurden, was Sie alle kritisiert haben, aber es erfolgte noch nicht die Zulassung. Das ist Tatsache! Wenn ein Fluggerät gemäß den Flugsicherheitsvorschriften überprüft werden muss, dann gibt es mehrere Stufen der Überprüfung, und wir sind erst mitten im Zulassungsprozess.

Da Kollege Kraml wieder einmal ein Zitat von mir gebracht hat, zu dem ich mich durch­aus bekenne, und das letzte Mal Kollege Stadler das Zitat gebracht hat, erachte ich es für notwendig, in einigen wenigen Sätzen auf die tatsächlichen Aufgaben, die ein Luft­raumüberwachungsflugzeug, ein Abfangjäger letztlich zu erfüllen hat, einzugehen. Diese Aussage habe ich auch in Linz anlässlich eines oberösterreichischen EU-Kon­vents gemacht. Kollege Stadler hat das letzte Mal gesagt, ich hätte gesagt, die aus­schließliche Aufgabe sei das Fotografieren. Kollege Kraml hat heute gesagt, ich hätte gesagt, es sei die teuerste Kamera der Welt, weil das die ausschließliche Aufgabe wäre.

Ich stehe dazu, dass die Dokumentation eine wichtige Aufgabe ist, aber die wesent­lichen Aufgaben eines Luftraumüberwachungsflugzeuges sind vergleichbar – schade, dass Kollege Stadler nicht da ist, ihn könnte ich es erklären – mit den Aufgaben der Gendarmerie auf dem Boden. Ähnlich wie die Gendarmerie auf dem Boden funktioniert ein Luftraumüberwachungsflugzeug in der Luft.

Wichtig ist die Patrouille in der Luft, ganz wichtig ist auch die Verdichtung der Über­wachung des Luftraumes bei irgendwelchen sensiblen Ereignissen wie internationalen Konferenzen, größeren Sportveranstaltungen und Ähnliches (Bundesrat Kraml: Dazu brauche ich keine Kampfbomber! – Bundesrat Mag. Gudenus: Fährt die Gendarmerie mit einem Maserati?), weiters das Eskortieren und Begleiten von – ganz allgemein aus­gedrückt – besonders sensiblen Lufttransporten und das Abfangen von nicht identifi­zierten Flugobjekten.

Wenn ein Passagierflugzeug vergessen hat, einen entsprechenden Flugplan abzuge­ben, sich nicht gemeldet hat, ist es zu identifizieren – diese werden tagtäglich von unseren Draken identifiziert. Das wird letztlich auch dokumentiert. Es geht um den Typ, es geht um die Zahl der Flugobjekte, es geht darum, ob es sich um ein ziviles oder um ein militärisches Luftfahrzeug handelt. Es geht darum, ob dieses Luftfahrzeug bewaff­net ist. All das wird dokumentiert und kann auch fotografiert werden.

Eine ganz kleine Aufgabe ist also auch die photographische Dokumentation. Es sind aber jedenfalls Abfangjäger, die beim Abfangen grundsätzlich versuchen, das unbe­kannte Luftfahrzeug abzudrängen, wegzuführen oder zur Landung zu zwingen oder, wenn es letztlich sein muss, wenn all diese Dinge nichts nützen, auch abzuschießen, jawohl, auch abzuschießen! Das sind im Wesentlichen die Aufgaben von Abfang­jägern. (Bundesrat Manfred Gruber: Den möchte ich kennen, der diese Entscheidung trifft! Den möchte ich persönlich kennen lernen! ) – Das ist die Frage! (Bundesrat Kraml: Das ist militärische Faselei!) – Ja, ungefähr so ernst nimmt die sozialdemokra-


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tische Fraktion die militärischen Aufgaben – dass sie das Faselei nennt. (Bundesrat Manfred Gruber: Eben weil wir es ernst nehmen, stellen wir diese Frage!) – Haben Sie jetzt etwas gegen diese Aufgaben einzuwenden? Es geht bis zum Abschuss, wenn es notwendig ist. Das ist eine Tatsache! (Bundesrat Manfred Gruber: Sie glauben das, was Sie da reden, wohl selber nicht! Den österreichischen Verantwortlichen möchte ich kennen lernen, der das Signal gibt, eine Verkehrsmaschine abzuschießen! Den möchte ich kennen lernen!)

Es gibt noch genügend andere Möglichkeiten. Normalerweise meldet sich ja dann die­ses Flugzeug und dergleichen mehr. Aber gerade bei einer Terrorbedrohung ... (Bun­desrat Manfred Gruber: Das sind Begründungen, die sind an den Haaren herbei­gezogen!) Das sind Aufgaben, allerdings wollen Sie diese Aufgaben einfach nicht wahrhaben, daher argumentieren Sie, diese Aufgaben gebe es nicht, wir bräuchten keine Abfangjäger. Okay, ich nehme das zur Kenntnis: Diese Aufgaben gibt es Ihrer Ansicht nach nicht! Ist recht! Damit ist dann auch Ihre Argumentation, wonach wir diese Luftraumüberwachungsfahrzeuge nicht brauchen, schlüssig. Sie begeben sich aller­dings damit der Lufthoheit zwei Meter über dem Boden (Bundesrat Manfred Gruber: Es gibt Billigeres und Besseres!) und verknüpfen das mit der Neutralität, an der Sie so festhalten.

Grundsätzlich ist die Entwicklung europaweit eine ganz andere: Es geht europaweit darum, allmählich eine gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik für Europa zu erreichen. Nationalratsabgeordneter Caspar Einem zum Beispiel ist darin genauso wie Abgeordneter zum Europäischen Parlament Voggenhuber mit mir einer Meinung, und es steht auch im Entwurf zur Europäischen Verfassung. Ein weiteres Ziel darin ist, dass ein europäisches Amt für Rüstung, Forschung und militärische Fähigkeiten einge­richtet werden soll und wir in unseren Streitkräften europäisch werden.

Meine Damen und Herren! Ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung von vor 14 Tagen – ich hatte die Möglichkeit, im Rahmen der parlamentarischen Beschwerdekommission unsere österreichischen Truppen im Kosovo zu besuchen; der Herr Bundesminister war drei Wochen vor uns dort – über den hervorragenden Einsatzstand unserer Kräfte und über deren internationale Anerkennung berichten. (Bundesrat Kraml: Jetzt noch, Herr Kollege!) Die Amerikanische Armee zum Beispiel, aber auch die Deutsche Bun­deswehr, die Schweizer haben unsere Leute im Kosovo extra gelobt und gemeint, sie sei eine der besten Armeen der Welt.

Wir machen den Fehler, dass wir unser Bundesheer eher abwertend betrachten. (Widerspruch bei der SPÖ. – Bundesrat Manfred Gruber: Das tun wir nicht, Herr Kollege!) Ich habe große Hochachtung vor den Leistungen unserer Soldaten, im Inland bei Katastrophen oder beim Assistenzeinsatz, aber auch bei diversen Auslandsein­sätzen. (Rufe bei der SPÖ: Wir auch!) Ich möchte mich dezidiert beim Herrn Verteidi­gungsminister und bei den Herren des Ressorts sehr herzlich für die Aufgaben, die unser österreichisches Bundesheer im Inland wie im Ausland erfüllt, bedanken. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Kollege Konecny hat es bereits gesagt: Für die Erfüllung der Aufgaben brauchen wir auch das entsprechende Material, sowohl auf dem Boden – ich bin froh, dass im Kosovo unser österreichischer Radpanzer Pandur im Einsatz ist, denn dieser hat sich bewährt und ist ein Vorzeigeobjekt – als auch in der Luft; und ich bin froh, dass wir bei der Luftraumsicherung jenen Fehler, den wir in den achtziger Jahren gemacht haben, nicht wiederholen, nämlich gebrauchte Luftfahrzeuge wie die Draken anzukaufen, denn die heute noch im Einsatz stehenden Draken sind ... (Bundesrat Manfred Gruber: Wir kaufen lieber solche, die es in Wirklichkeit noch gar nicht gibt!) – Es ist mir aber lieber, auf Entwicklung zu setzen. Wenn zuerst 180 Stück von den Deutschen gekauft wer-


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den, dann können Sie sicher sein, dass wir sehr gute Luftraumüberwachungsflugzeuge bekommen werden. (Ruf bei der SPÖ: Das werden wir sehen!)

Wir haben nun die Möglichkeit, eine fortschrittliche, europäische Lösung zu bekom­men, von der nicht zuletzt auch unsere Industrie und sehr viele Klein- und Mittelbe­triebe profitieren werden. Es geht letztlich darum, ein modernes, technologisch ein­wandfreies Hochleistungsflugzeug zu beschaffen.

Natürlich ist das nicht die billigste Lösung. Aber was sind die Alternativen? Ich wundere mich darüber, dass gerade von Seiten der Grünen und der SPÖ mit den F-16 nostalgisch eine Amerikasehnsucht transportiert wurde. Die Einstellung Ihrer Partei zu Amerika ist mir eher anders in Erinnerung. Der Gripen ist heute nicht mehr genannt worden, aber schon das letzte Mal konnte klargestellt werden, dass es sich hiebei um ein Auslaufmodell handelt. Die Anschaffung von ehemals sowjetischen Flugzeugen würde sicher nicht in ein europäisches Sicherheitssystem hineinpassen.

Daher ist diese Entscheidung gut und richtig. Ich gebe zu, der Eurofighter ist nicht der Billigstbieter, aber der Eurofighter ist der Bestbieter. (Bundesrat Manfred Gruber: Das ist ein Teurofighter!) In diesem Sinne werden wir diese Entscheidung auch entspre­chend durchtragen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

17.28

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Kaltenbacher. – Bitte.

 


17.28

Bundesrat Günther Kaltenbacher (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Verteidi­gungsminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Tusek, genau! Sie haben das Richtige gesagt: Wir brauchen einen Streifenwagen, einen schnellen Strei­fenwagen mit Flügerl, der unseren Luftraum überwacht. Wir sind gegen diesen Abfang­jägertyp, weil er einfach zu kostspielig und technisch so unausgereift ist, dass er für einen etwaigen Einsatz in Österreich im Jahre 2007 nicht in Frage kommt.

Von meinen Vorrednern wurde bereits erwähnt, welche Mängel dieser Typus aufweist, vor allem die Tatsache, dass kein einziger Eurofighter derzeit im Echtbetrieb läuft. Die Einschränkungen dieses Flugzeugtyps sind so groß, dass vorerst einmal auch in Zukunft nur ein eingeschränkter Flugbetrieb möglich sein wird.

Der Draken wird 2005 außer Betrieb gestellt, und die ersten, geleasten, Eurofighter werden Ende 2005 kommen. Die theoretischen Planungen sehen vor, dass die Aus­bildung der Piloten Ende 2004, Anfang 2005 beginnt, jene der Techniker vermutlich etwas früher. Im letzten Quartal 2005 – da werden sie schon über Kärnten brausen, Herr Klamt! – sollen die ersten Flugzeuge als Einstiegspaket nach Österreich überstellt werden, weil sie dann ab Anfang 2006 ... (Bundesrat Mag. Gudenus: 2007!) – Nein, nein! (Bundesrat Mag. Gudenus: Ich bin ganz bei dir, aber das ist leider falsch!) Ab Anfang 2006 sollen sie gemäß den Unterlagen aus dem Verteidigungsministerium bereits Teile der Luftraumüberwachung übernehmen. (Bundesrat Mag. Gudenus: Das ist 2007! Und der Minister Platter hat eben ... über diese Aussage sehr gefreut, dass er so früh kommt! Es ist erst 2007!) – Unabhängig!

Die Frage der Zwischenfinanzierung ist bis heute nicht geklärt. Bis heute ist uns nicht bekannt, auf welche Weise die Zwischenfinanzierung dieser Übergangslösung erfolgen wird. Oder können Sie, Herr Verteidigungsminister, uns darauf eine Antwort geben? (Ruf: Steuerzahler!) – Ja. Wie viel? Wie viel zahlt der Steuerzahler? – Bis dato kennen wir den Betrag nicht. Wir kennen nur die Aussage von Herrn Generalmajor Wolf, der sagt, dass für eine Übergangslösung Deutschland, Italien, Frankreich und Spanien die Bereitschaft bekundet haben, diese Lücke mit Fliegern zu schließen.


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Meine Frage lautet daher: Wie viel kostet diese Lücke für wie viele Flugzeuge? – Diese Frage ist bis dato nicht beantwortet worden. Oder, Herr Kollege, kennen Sie die Finan­zierung? (Bundesrat Mag. Tusek: Die Verhandlungen sind noch im Gange! – Heiterkeit bei der SPÖ.) – Wie immer! Wie immer! Sie sind im Gange.

Sie wollen die Kosten betreffend diese Übergangslösung einfach nicht darlegen. (Bun­desrat Konecny: Ganz richtig!) Das gilt auch für die Betriebskosten. Diesbezüglich muss man den Bericht des deutschen Bundesrechnungshofes schon sehr ernst nehmen. Die Deutschen wissen bis dato nicht, wie viel der laufende Betrieb dieses Flugzeugtyps kosten wird.

Was bedeutet dies umgerechnet auf Österreich? – Es wurde heute schon mehrmals erwähnt. Finanzminister Grasser sagte heute ganz locker in der Fragestunde: weit unter 50 Millionen €. – Sie, Herr Verteidigungsminister, haben gesagt, die Kosten wer­den weit über 50 Millionen € betragen. – Schlüssige Antworten konnten Sie bis dato nicht liefern. (Bundesrat Konecny: Ganz richtig!)

Als jemand, der aus dem Bezirk Judenburg kommt – im Bezirk Judenburg arbeitet und im Bezirk Murau politisch tätig ist –, möchte ich die arbeitsmarktpolitische Komponente ansprechen. Sie kennen diese auch, und ich bitte Sie, Herr Bundesminister, genau zuzuhören: Derzeit werden in der Kaserne Zeltweg für diverse Bereiche, die nicht dem Militärischen zuordenbar sind – in der BGV, in der Küche, aber vor allem, und das ist das Spannende, in der Fliegerwerft –, in Summe 17 Personen gesucht. Da denkt man sich angesichts steigender Arbeitslosigkeit in unserem Bezirk, wo es eine Zunahme um 3 Prozent gibt, was erschreckend ist – vor allem bei den Jugendlichen gibt es eine Zunahme um 25 Prozent –, dass es genau für diese Personen jetzt Arbeitsplätze gäbe, eben im nicht militärischen Bereich.

Ihnen ist es aber gelungen, dass all diese Personen, die für diese Aufgaben in Frage kämen, vorerst die militärische Laufbahn wählen müssen, nämlich eine vierjährige Aus­bildung. Erst danach können sie in den zivilen Bereich überstellt werden.

Noch eine spannende Geschichte: 2003 wurde als „Europäisches Jahr der Menschen mit Behinderungen“ groß angekündigt. Vor allem das Bundesheer in der Steiermark, auch in meinem Heimatbezirk, hat gesagt: Auch wir werden einen Beitrag zu diesem Jahr leisten, wir werden Personen mit Behinderungen einstellen. – Nichts ist gesche­hen! Obwohl es Personen gibt, die über die entsprechenden Qualifikationen verfügen und deren Bewerbungen vorliegen, müssen auch sie den Weg der militärischen Aus­bildung gehen. Da stellt es mir die Haare auf!

Herr Bundesminister! Nicht nur die Frage der ungeklärten Finanzierung, sondern auch der arbeitsmarktpolitische Aspekt wird in keiner Weise angesprochen. Daher können wir von der SPÖ diesen unnötigen, schlecht entwickelten Eurofighter bei gleichzeitig fehlendem Personal nur ablehnen. Das Gesamtprojekt ist einfach zum Scheitern verur­teilt! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.35

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Bundesrätin Haunschmid. – Bitte.

 


17.35

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte mir meinen Abschied von diesem Hohen Haus eigentlich anders vorgestellt, nicht unbe­dingt zum Thema Eurofighter. (Bundesrat Manfred Gruber: Leider können wir mit nichts anderem dienen!) – Es ist schade, wenn Sie kein anderes Thema haben! (Bun-


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desrat Konecny: Welche Dringliche wäre Ihnen denn recht?) – Die Dringlichen nicht, aber es hätte andere, so glaube ich, konstruktivere Themen für Österreich gegeben.

Ich blicke zurück auf sechs Jahre hier im Hohen Haus, mit sehr vielen Höhen und Tiefen. Es war, glaube ich, eine der turbulentesten Zeiten in diesem Hohen Haus, dar­unter eben auch die Diskussionen rund um diese Eurofighter. Es gab in meiner Zeit als Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit einen Besuch in Langenlebarn, bei dem alle Parteien hier in diesem Haus, die mit waren, die Möglichkeit gehabt hätten oder gehabt haben, sich wirklich zu informieren und ganz harte Fragen an Generalmajor Wolf wie auch an führende Persönlichkeiten von EADS zu stellen.

Ich erinnere mich daran, dass Herr Kollege Gasteiger als Vorsitzender des Landesver­teidigungsausschusses nicht mitgekommen ist, und da frage ich ... (Rufe bei der SPÖ und der ÖVP: Da war er es noch nicht!) – Ach, war er noch nicht? – Aber es war auch der damalige Landesverteidigungsausschuss-Vorsitzende nicht mit. Vielleicht hätte er sonst heute ein bisschen anders darüber geredet. (Ruf bei der ÖVP: Das schon!)

Als wir von Langenlebarn weggefahren sind, gab es viel Übereinstimmung unter den Besuchern, aber wenn der Kopf dann im Plenum anderes vorschreibt, dann wird eben auch anders darüber berichtet.

Meine Damen und Herren! Die ehrlichen und offenen Aussprachen, die wir auch hier getätigt haben, waren oft sehr hart, sie waren aber oft auch auf Konsens ausgerichtet. Die SPÖ hat jedoch – das muss ich sagen, wenn ich so darüber nachdenke – in diesen Jahren eigentlich nicht sehr viel dazugelernt, denn Sie hätten die Chance nutzen können (Bundesrat Boden: Man sieht es an der Wahl!) – und diese Zeit hätten Sie gehabt –, das Thema Eurofighter auch einmal von außen kritisch zu betrachten.

Ich bin nicht der Meinung, dass Ihnen die Sicherheit der Menschen und die Sicherheit dieses Landes einfach nichts bedeuten. Das unterstelle ich Ihnen auch gar nicht. Ich unterstelle Ihnen ebenfalls nicht, dass Ihnen die Wirtschaft nichts bedeutet. Ich als Wirtschaftlerin denke da schon auch ein wenig an die Wirtschaft, wenn es um die Anschaffung dieser Abfangjäger geht.

Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Ihnen der Wohlstand in diesem Land so gar nichts bedeutet. Aber dazu gehört neben der Sicherheit eben auch eine funktionie­rende Wirtschaft, und jeder Auftrag an unsere kleinen Firmen ist auch sehr, sehr wichtig.

Gestatten Sie mir heute, an meinem letzten Tag in diesem Hohen Haus, auch zu sagen, dass die freiheitlichen Kollegen und ich unser Handeln und Tun in aller Härte, aber sehr ehrlich und offen ausgerichtet haben. Ich bedanke mich bei meinen freiheit­lichen Kollegen, dass sie diese freiheitliche Gesinnung voll und ganz in dieses Hohe Haus hereingetragen haben. Wir haben unsere eigene Meinung offen gesagt und sie auch durchgesetzt. Darauf bin ich noch heute stolz, ich würde wiederum so abstim­men, hätte ich noch einmal die Gelegenheit dazu.

Freiheitlich denken, meine Damen und Herren, heißt, dass wir nicht auf dieser Welt sind, um so zu sein, wie andere uns haben wollen. Ich würde mir für dieses Hohe Haus eine neue Politik wünschen: Vielleicht kennen einige von Ihnen Pater Rupert Lay, der sagte: „Verantworte, was du tust – ohne Bedingungen.“ – „Handle nicht, um zu haben, sondern um zu sein.“ – „Handle so, dass du niemals unter Gruppennötigung entschei­dest.“

In diesem Zusammenhang erinnere ich mich daran, dass in der Zeit der großen Koali­tion hier in diesem Haus Kollege Konecny mit dem berühmten Daumen immer be­stimmt hat, wie abzustimmen war.


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Neidvoll blicke ich heute auf Kalifornien, wo der neue Gouverneur den alten Gouver­neur einlädt, seine Erfahrungen einzubringen. Das wäre auch für uns in diesem Haus sinnvoll. (Ruf bei der SPÖ: Herr Professor Böhm, haben Sie das gehört?)

Es wäre gelogen, wenn ich sagte, dass nicht Wehmut aufkommt, wenn ich den Bun­desrat verlasse. Es wäre gelogen, wenn ich die Wahlergebnisse von Oberösterreich so einfach wegschiebte. Aber es unterscheidet uns Freiheitliche von anderen Parteien, dass wir sagen: Fallen ist nicht so schlimm, du musst nur einmal mehr aufstehen, als du hinfällst! – Das kann jedem von Ihnen widerfahren – wer sich bewegt, kann stol­pern, meine Damen und Herren, und kann auch Fehler machen. Aber noch viel schlim­mer ist es, sich nicht zu bewegen, gar nichts zu beginnen und nichts zu machen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das haben wir Freiheitliche uns in keiner Weise vorzuwerfen: Wir haben Positives be­wegt, Negatives aufgezeigt, und das, glaube ich, mit gutem Grund. Wir haben sehr viel bewegt, was in früherer Zeit nicht möglich war.

Ich wünsche dem Bundesrat viel Glück, wünsche ihm, dass er der Bedeutung des Nationalrates näher kommt, dass er als das betrachtet wird, was er ist, was er sein soll, nämlich als Sprachrohr der Länder – mit allen Verpflichtungen, aber auch mit allen Rechten. Aber um so anerkannt zu werden, muss, glaube ich, noch ein bisschen besser gelernt werden, destruktive Spannungen in konstruktive aufzulösen, gemein­sam mit anderen Probleme zu lösen, Konsens zu erzielen und zumindest manchmal dazu beizutragen, dass kein Mensch gegen einen anderen Menschen kämpft. Bauen Sie Brücken, etablieren Sie ein Klima des Vertrauens zwischen den Menschen und erfahren Sie, Ihre eigene Aggressivität auch nutzbringend für Ihre Gegner einzusetzen und die anderer konstruktiv zu gestalten! So könnten Sie eigenes wie fremdes Leben bereichern. – Persönlich, meine Damen und Herren, wird das mein neuer Weg sein.

Freiheitliche Gesinnung zu haben heißt auch, für das einzustehen, was wir begonnen und versprochen haben. Daher werden Sie hier eine Ulli Haunschmid zum letzten Mal sehen, aber sicher nicht das letzte Mal hören; wir werden uns auf sachpolitischer Ebene vielleicht begegnen.

Ich bitte Sie heute auf sachpolitischer Ebene um Ihre Unterstützung und wünsche Ihnen ein herzliches Glückauf! (Allgemeiner Beifall.)

17.43

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Frau Kollegin Haunschmid! Vielen Dank für Ihre Worte, die mahnend waren und uns zum Nachdenken anregen.

Die sechs Jahre, die Sie hier bei uns verbracht haben, waren nicht immer ohne Span­nung, um es einmal so zu sagen, aber ich denke, bei aller Härte mancher Worte und Sätze, die hier gefallen sind, haben wir uns letztendlich, wenn wir auseinander gegan­gen sind, doch immer die Hand gereicht und sind wirklich zivilisiert miteinander umge­gangen. Ich hoffe, dass Sie auch diesen Eindruck aus dem Bundesrat mitnehmen – bei aller Härte der Auseinandersetzungen, die es immer wieder gegeben hat.

Frau Kollegin! Wir wünschen Ihnen alles, alles Gute! Ich verhehle es nicht: Natürlich freuen wir uns, wenn politische Auseinandersetzung fortgeführt wird, auch außerhalb dieser Mauern. Menschen, die politisch interessiert sind, geben ihre Gesinnung nicht bei der Garderobe ab, sondern tragen sie immer in sich, und wenn das Herz übergeht, dann muss man halt den Mund aufmachen und etwas sagen.

In diesem Sinne, Frau Kollegin, alles erdenklich Gute, und ich hoffe, dass wir einander wieder begegnen, ohne dass – wie so manchmal hier herinnen – die Fetzen fliegen. Alles Gute! (Allgemeiner Beifall.)


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Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Giefing. – Bitte.

 


17.45

Bundesrat Johann Giefing (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Kommen wir nun wieder zurück zum Hauptthema unserer Dringlichen Anfrage, zum Ankauf der Abfangjäger.

Ich erinnere mich zurück, als der Finanzminister – FPÖ-Mitglied, jetzt nicht ÖVP-Mit­glied – zu Beginn dieser Debatte davon gesprochen hat, dass sich Österreich diese Kampfflugzeuge nicht leisten kann. (Bundesrat Mag. Himmer: Er war nie ÖVP...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Nicht ÖVP-Mitglied. (Bundesrat Konecny – in Richtung ÖVP –: Hat er ja gesagt!) Der Herr Finanzminister hat gesagt, dass sich Österreich das nicht leisten kann – damals war er kurz zuvor bei Stronach ausgestie­gen. In der Folge hat er dann davon gesprochen, dass wir dieses Thema mit Augen­maß angehen sollten und dass wir – ein Mittelmaß – die günstigsten Abfangjäger kaufen werden. Nun mussten wir erfahren, dass die teuersten Fluggeräte angekauft wurden, die sich die Österreicher mit Sicherheit – das würde auch bei Umfragen so gesagt werden – nicht leisten können.

In der Folge hat dann der Herr Bundesminister bei unserer letzten Zusammenkunft da­von gesprochen, dass uns der Einblick in den Rohbericht verwehrt werde. – Wir freuen uns natürlich schon auf diesen Rohbericht. (Bundesrat Steinbichler: Ihr schaut immer die deutschen Berichte an!)

Er hat seinen Rohbericht so dargestellt, dass dieses Kampfflugzeug, wenn ich das auf die PKW-Industrie umpole, dass der Eurofighter der Ferrari unter den Autos wäre. Der deutsche Rohbericht sagt aber im Grunde genommen, dass er das Gegenteil ist, man müsste ihn mit einem Trabi vergleichen, wenn ich das heute so sagen darf.

Wir können uns heute leider nicht auf den österreichischen Rohbericht stützen, wir müssen den Rohbericht der Bundesrepublik Deutschland heranziehen, weil es ja den österreichischen für uns leider nicht gibt, aber das gleiche Flugzeug ist in der gleichen Sache von unserem Nachbarn beurteilt worden, und darüber möchte ich heute ein bisschen sprechen. (Bundesrat Steinbichler: Das haben wir schon fünf Mal gehört! Das ist schon ganz alt!)

Der deutsche Rechnungshof stellt das Projekt Abfangjäger deutlich in Frage. (Bundes­rat Steinbichler: Alte Hüte! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ich weiß, das ist natürlich unangenehm für Sie, das sehe ich ein; die Oberösterreicher lassen grüßen! – Das steht also im Rechnungshofbericht unserer Nachbarn.

In dieser zusammenfassenden Bewertung wird festgestellt, dass der Zustand des Eurofighter-Programms besorgniserregend ist. Ich möchte wieder auf die Fahrzeugin­dustrie zurückkommen (Bundesrat Steinbichler: Nehmen wir die russischen!): Würden Sie heute einen PKW kaufen, von dem man sagt, in sieben Jahren sei das eine oder andere verbessert? – Ich würde das nicht tun. Keiner von uns würde das tun!

Die deutsche Luftwaffe schätzt den Programmstand als hochgradig kritisch und als risikoreich ein. Eine Bestätigung dafür haben wir im Grunde genommen in Spanien be­kommen, wo ein Prototyp unsanft auf dem Boden gelandet ist. (Bundesrat Steinbich­ler: Herr Kollege! Fahren Sie mit einem PKW?) Die Entwicklungs- und Beschaffungs­kosten und Kampfwertsteigerungskosten steigen überdies in einem kaum vorherseh­baren Ausmaß. – Ich würde gern nicht den Trabi, sondern den Ferrari haben (Bundes­rat Steinbichler: Der sieben Jahre gleich bleibt!), wenn ich ihn mir leisten könnte, ich kann es aber nicht.

Mit einem Satz: Es ist nicht abzuschätzen, wie teuer der Eurofighter seinen Betreiber in den nächsten Jahrzehnten tatsächlich kommen wird. Insgesamt liegt das Eurofighter-


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Programm um Jahre hinter dem Zeitplan – genauso, wie wir es bereits vor einigen Monaten angeführt haben –, bemängelt der deutsche Rechnungshof weiter und knüpft daran ein umfangreiches Empfehlungspaket: vom einstweiligen Produktionsstopp – so etwas muss man sich einmal vorstellen: Die schlagen einen Produktionsstopp vor! – bis zur Einbehaltung von Zahlungsraten bis zur nachgewiesenen Leistungserbringung.

Nun höre ich heute vom Herrn Minister, dass dieser Bericht mit Österreich nichts zu tun hat. – Natürlich, aber in der Sache selbst sehr wohl! Wir freuen uns ja schon auf den österreichischen Bericht.

Die Deutschen sagen weiters, man solle die Abnahme von Flugzeugen mit unzuläng­licher Leistung verweigern, um eine kurzfristige und realistische Berechnung der zu erwartenden Betriebskosten durchzuführen.

Das Flugsicherheitsrisiko für den Ausbildungsbetrieb wird als nicht akzeptabel bewer­tet, da das Bordradar eine ganze Vielzahl von gravierenden Mängeln aufweist, deren Behebung nicht absehbar ist.

Das Triebwerk erfülle in 13 erkannten Bereichen nicht die volle operative Fähigkeit be­ziehungsweise die vereinbarten Eigenschaften – die vereinbarten Eigenschaften! Ich frage mich: Was hat denn Österreich vereinbart? – Es enthalte zudem auf Grund der langen Entwicklungszeit elektronische Bauteile, die derzeit nicht mehr hergestellt werden.

Minder- und Fehlleistungen entdeckt der Bundesrechnungshof unter anderem beim Seitenleitwerk, bei den Vorflügeln, bei der Pilotenkanzel, beim Rumpf. (Bundesrat Dr. Nittmann: Das wissen wir jetzt wirklich schon!) – Aber Sie reagieren nicht darauf!

Es ist zwar zu erwarten, dass ein Teil allmählich behoben werden kann, das gestehe ich ein, aber dennoch befürchtet der Rechnungshof ein erhebliches Risiko für das Eurofighter-Programm, bei dem die Deutschen selbst dabei sind. Der Erprobungsrück­stand sei dramatisch: Von den 780 geforderten Nachweisen waren mit Stand 30. Juli 2003 erst 47 vollständig akzeptiert, das sind etwa 6 Prozent – all das können Sie im „Format“ nachlesen –, weitere 129 teilweise, das sind 16,5 Prozent, und von den 3 855 Testflugstunden wurden bisher erst 2 327 Stunden, das sind 60 Prozent, erbracht.

Sie kaufen jetzt ein Flugzeug, das derzeit noch niemand auf der Welt kennt. Wir sehen anhand dieses uns „nichts angehenden“ Rechnungshofberichtes nur, dass das Flug­zeug derzeit nicht flugtauglich ist – aber dieses Flugzeug schaffen Sie an!

Mit einem Satz: Dieses Flugzeug ist bereits vor dem Start abgestürzt! Auch im wahrs­ten Sinne des Wortes, ich erinnere an Spanien. (Bundesrat Steinbichler: ... Luftfahrt­experte!) – Ich bin Nebenerwerbslandwirt. (Bundesrat Steinbichler: Luftfahrtexperte!)

Ich möchte auch zum Ausdruck bringen, dass bei den Österreicherinnen und Österrei­chern keine Freude aufkommen wird, wenn Sie wissen, dass Aktien eines gewinnbrin­genden Betriebes wie der Voest unter ihrem Wert verkauft werden, damit man zwei der 18 Flugzeuge ankaufen kann – sollen es vielleicht sogar drei sein. Ein gut gehender, gewinnbringender österreichischer Betrieb macht also zwei Flugzeuge aus.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Schluss: Stoppen Sie bitte den Beschaf­fungsvorgang dieses Kampfjets, bevor die Österreicher noch mehr Schaden erleiden! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.54

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Grissemann. – Bitte.

 



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17.54

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Der größte Beschaffungsvorgang in der Republik lässt natürlich keinen kalt. Herr Kollege Konecny mit seiner sozialdemokratischen Fraktion hat dazu beigetragen, dass dieser Beschaffungsvorgang ausführlichst diskutiert wurde. Ich bin Ihrer Meinung, Herr Kollege Konecny, dass dieser Beschaffungsvorgang diskutiert wer­den sollte, ausgiebigst diskutiert werden sollte. (Beifall bei Bundesräten der Freiheit­lichen und der SPÖ.)

Ich bin weiters der Meinung, dass die unglaubliche, ungeheuerliche Summe, die für diese Kampfflugzeuge, für diese Flugzeuge – ich relativiere das gerne ein bisschen –, ausgegeben wird, die österreichischen Staatsbürger nachdenklich macht, aber auch dann, wenn das die fünfte oder sechste Dringliche Anfrage dazu ist und wir noch weitere 10 oder 20 Stunden darüber diskutieren: Ich habe heute – ich habe aufmerk­sam zugehört – keine neuen Fakten, keine neuen Gegebenheiten, die wir nicht schon alle gewusst haben, gehört! (Bundesrätin Schicker: Der Rechnungshofbericht war neu! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Sie haben schon Recht, Frau Kollegin. Ich sprach von dem, was wir bisher in Erfahrung gebracht haben.

Ob uns die Sache sorgloser macht? Da gehe ich von Folgendem aus: Wir haben einen demokratischen Entscheidungsprozess hinter uns. Der Kauf dieser Flugzeuge ist nach demokratischen, parlamentarischen Gepflogenheiten ordnungsgemäß zustande ge­kommen. (Rufe bei der SPÖ: Nein! – Bundesrätin Schicker: Die Unterschrift ist nicht ordnungsgemäß geleistet worden! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Das ist meine persönliche Meinung, und die tue ich gerade kund!

Nach meiner persönlichen Meinung ist auch keines unserer 64 Mitglieder des Bundes­rates (Rufe: 62!) ein derartiger Fachmann, dass es schlussendlich wirklich nur nach fachmännischen Kriterien urteilen könnte. Worauf ich mich verlassen kann und worauf sich die Mehrheit im Saal wird verlassen müssen – da gebe ich zu: auch nur mit ge­wissem, ich sage es volkstümlich, Bauchweh –, ist der Rat unserer Experten. Ich habe das schon einmal auch zum Herrn Verteidigungsminister gesagt. Im Endeffekt werden sich nahezu alle Parlamentarier, alle, auf diesen Rat verlassen müssen. Die Verant­wortung wiegt schwer, und niemand kann unseren Experten diese Verantwortung abnehmen. Das, was wir machen müssen, ist, schlussendlich eine Entscheidung zu fällen auf Grund dieser Expertenmeinungen. Diese Entscheidung ist gefallen, sie ist zu tragen und vor allem zur Kenntnis zu nehmen.

Am letzten Tag im Bundesrat habe ich heute den Nachmittag ein bisschen Revue passieren lassen – man kommt in eine etwas neutralere Gelassenheit, und so meine ich meine Ausführungen auch. Im Grunde genommen werden viele Entscheidungen, die in diesem Haus und auch im Nationalrat fallen, von Experten vorgefertigt, vorge­prägt, diese Meinung ist praktisch nachzuvollziehen. Ich glaube, das ist das Problem, das wir Parlamentarier insgesamt haben: dass wir uns in steigendem Maße auf Exper­tenmeinungen verlassen müssen. Ich sage das nur deswegen, weil die Verantwortung unserer Experten und die Prüfung jener Experten, die uns zuarbeiten sollten, in Zukunft in jeder Hinsicht nach strengsten Maßstäben vorgenommen werden müssen, und zwar in Hinblick auf die Verantwortung, die sie zu tragen haben, weil sie uns Entschei­dungsträgern schlussendlich die letztmöglichen Argumente liefern, unmittelbar vor der Abstimmung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zwei, drei Sätze noch: Ich möchte Dank sagen und um Vergebung bitten. Dank sagen zunächst für die Freundschaft und Kollegialität weit über die Parteigrenzen hinweg – man hat viele, viele Freunde in diesem Haus gefun­den, unter allen Couleurs –, um Vergebung bitten, sollte ich einmal emotional jeman-


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dem zu nahe getreten sein – ich hoffe, es war nicht der Fall, ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern, dass einmal etwas ganz Schlimmes passiert wäre.

Dem Bundesrat wünsche ich mehr Beachtung, eine sinnvolle Aufwertung und insge­samt das Gefühl – das würde in letzter Konsequenz auch für den Nationalrat gelten –, dass man sich bei all den Emotionen, die natürlich in dem Hause stattzufinden haben, möchte ich beinahe sagen, draußen vor der Tür noch in die Augen schauen und sich die Hand geben kann. Alles Gute! (Allgemeiner Beifall.)

17.59

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Kollege Grissemann! Ich darf auch Ihnen von hier aus herzlich danke sagen. Sie waren nicht so lange wie Kollegin Haun­schmid bei uns, aber doch auch einige Zeit, in der wir uns kennen lernen konnten. Wir haben Ihre Arbeit hier im Haus geschätzt, aber Sie haben ja nicht nur hier im Haus gearbeitet, Sie haben auch immer wieder an Sitzungen im Ausland teilgenommen. Das ist ja nicht alles selbstverständlich, weil man sich da auch in völlig neue Materien ein­arbeiten muss.

Herzlichen Dank für Ihre Mitarbeit hier im Hause und auch dafür, wie Sie unsere Kammer im Ausland präsentiert haben! Vielen herzlichen Dank für alles, und ich – und ich nehme an, alle Kollegen hier im Haus – wünsche Ihnen für die Zukunft alles er­denklich Gute! (Allgemeiner Beifall.)

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kainz. – Bitte.

 


18.01

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Bevor ich mit einigen Sätzen in die Materie der Eurofighter eingehe, möchte ich eines ganz entschieden klarstellen, und ich bitte auch die Herren des Ressorts, diese Aussage dorthin mitzunehmen, wohin sie gehört: Sie richtet sich an jene, die die Landesverteidigung tatsächlich ausüben.

Die sozialdemokratische Fraktion steht zur Landesverteidigung, sie steht zum Bundes­heer, und sie steht auch dazu, dass dieses Bundesheer ausreichend ausgerüstet und unterstützt werden muss. Es wäre geradezu widersinnig, eine solche Einrichtung schlecht zu machen. Ich habe jetzt die Zahl der Beschäftigten nicht parat, aber ich weiß, dass jährlich etwa 30 000 junge Männer im Rahmen des Grundwehrdienstes durch diese Institution gehen. Ich glaube, allein diese Zahl zeigt, dass eine Partei, die negieren würde, was in diesem Bereich geschieht, der Dummheit geziehen werden müsste. – Das darf ich im Zusammenhang mit meiner eigenen Fraktion sagen, ohne mir einen Ordnungsruf einzuhandeln. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Anders zu sehen ist allerdings die Anschaffung einer Flugzeugtype mit der Begründung der Luftraumsicherung, einer Flugzeugtype – und hier beziehe ich mich auch auf die Aussagen des deutschen Bundesministeriums der Verteidigung –, die in erster Linie dazu geeignet ist, Bodenziele zu bekämpfen. – Ich habe sogar mit dieser Ausdrucks­weise meine Probleme, weil das Wort „Kampf“ nicht dazu passt, dass wir uns in erster Linie im Rahmen der europäischen Friedenspolitik bewegen und Maßnahmen setzen sollen, die Frieden zum Ziel haben. Ich bin aber nicht so realitätsfremd, nicht zu sehen, dass das manchmal leider auch Widerstand und Gegenwehr bedeutet.

Das ist das eine, und das andere ist die Tatsache, dass Österreich immer mehr in die Mitte Europas rückt und wir in Kürze zusätzlich zehn Staaten haben werden, die einen weiteren „Friedensgürtel“ um uns ziehen werden. Und trotzdem haben wir eine Flug­zeugtype angeschafft, die weder die innere Bedrohung durch Terrorismus – in welcher Form auch immer – noch die äußere Bedrohung – Terrorismus und für mich nicht ein­schätzbar die Gefahr eines Angriffes durch andere Länder – abzuwehren imstande ist.


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(Bundesrat Mag. Himmer: Frau Kollegin, warum brauchen wir denn ein Bundesheer Ihrer Meinung nach?)

Ich glaube, es ist müßig, hier über die Aufgaben des Bundesheeres zu diskutieren. Ich glaube, wir haben in den letzten Jahren viele Situationen erleben müssen, in denen das Bundesheer sehr wirkungsvoll seine Bedeutung unter Beweis gestellt und seine Aufgaben in hervorragendem Maße erfüllt hat.

Wir haben aber auch erleben müssen – und es tut mir weh, in einer solchen Zeit leben zu müssen –, dass es Ereignisse wie jenes vom 11. September in New York geben kann. Ich glaube nicht, dass es auch nur einen Experten gibt, der behaupten würde, dass Eurofighter-Kampfflugzeuge dieses Ereignis hätten verhindern können. Tragi­scherweise haben wir den Beweis für diese meine Meinung ja erlebt.

Ich bin der Auffassung, dass die Entscheidung für ein Kampfflugzeug vom Typ her – wobei ich mit „Typ“ die Art des Gerätes meine und nicht die Marke – nicht richtig war. Wir müssen uns in Bezug auf dieses Fluggerät – auch wenn Sie es vielleicht läppisch finden, aber ich glaube, man muss das sehr drastisch darstellen, um auch eine gewisse plakative Wirkung zu erzielen – auch etwa folgenden Vergleich vor Augen halten: Wenn Sie heute in Wien ein Fahrzeug für den Nahverkehr, für den inner­städtischen Verkehr brauchen, dann werden Sie kaum einen Überlandbus anschaffen, dem zudem auch noch ein Scheibenwischer und der Auspuff fehlt. (Bundesrat Mag. Himmer: Das ist richtig!) – Das haben Sie auch verstanden, Herr Kollege. Das beruhigt mich.

Wir können davon ausgehen, dass sich dieses Flugzeug in der Entwicklungsphase be­findet. Ich glaube, dass das Interesse jener, die zu ihrer Entscheidung für diesen Flug­zeugtyp stehen – und ich meine da vor allem die Deutschen –, ein erzwungenes ist, weil sie ja, wie wir alle wissen, an diesem Entwicklungsprozess maßgeblich selbst beteiligt sind und daher dort natürlich darüber hinaus massive industrielle Interessen an der weiteren Produktion dieses Flugzeugtyps vorhanden sind.

Im Zusammenhang damit die Kompensationsverträge für unsere Wirtschaft anzuspre­chen, ist legitim, nur wird den Beweis dafür, dass diese Verträge wirklich im Zusam­menhang mit dem Ankauf dieser Eurofighter stehen, glaube ich, niemand wirklich antreten können.

Es ist auch Kritik an der nicht vorhandenen Garantie in Bezug darauf, dass dieses Flugzeug dann auch dem entspricht, was wir brauchen, anzubringen. Ich gehe einmal davon aus, dass es wenigstens flugtauglich sein wird – obwohl wir natürlich die Pro­bleme im Zusammenhang mit unseren klimatischen Verhältnissen auch bei gewissen Autotypen kennen.

Darüber hinaus werden aber auch von Experten ganz entscheidende Mängel aufge­zeigt, Mängel, die vielleicht behebbar sind, Mängel, die zum jetzigen Zeitpunkt viel­leicht unvermeidbar sind. Das kann aber nicht die Kaufentscheidung und bereits auch eine Preisentscheidung begründen! Ich glaube nicht, dass sich jemand von Ihnen ein Auto kaufen würde, von dem er heute noch nicht weiß, mit welcher Ausstattung er es dann, wenn es überhaupt geliefert werden kann, geliefert bekommt, und er bezahlt dann den vollen Preis dafür.

Ich glaube, für solche Entscheidungen braucht man kein Experte im Bereich kampf­technischer Ausrichtung des Bundesheeres zu sein. Das ist eine Sache des Hausver­standes! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Mag. Himmer: Weil Sie keine Ahnung haben! Völlig falsch!)

Herr Kollege, die Wahrheit ist von sehr vielen – und ich behaupte: von sehr vielen welt­anschaulichen – Dingen bestimmt. In diesem Zusammenhang, muss ich ehrlich geste-


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hen, fehlt mir jegliches Verständnis dafür, dass man mit einer derartigen Beratungs­resistenz an dieser Entscheidung festhält, weil es meiner Einschätzung nach kein wirklich schlagkräftiges Argument geben kann, das diese Entscheidung untermauert. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Mag. Himmer: Weil Sie es nicht verstehen!)

Die Mängel haben wir heute ausreichend auch aus dem deutschen Rechnungshofbe­richt entnehmen können – wobei ich behaupte, dass die Verwendung dieses Berichtes, der ja nicht zur Veröffentlichung freigegeben ist, im Rahmen der sozialdemokratischen Fraktion einen ganz anderen Rechtshintergrund hat als die Veröffentlichung im Rah­men unseres eigenen Ministeriums. Ich nehme an, die Juristen werden mich in dieser meiner Auffassung unterstützen.

Meine Damen und Herren! Es ist heute hier auch gesagt worden, dass wir uns als diejenigen, die politisch entscheiden, auf Expertenmeinungen verlassen müssen. Das mag seine Richtigkeit haben, nur kann uns das Vorhandensein von Expertenmeinun­gen oder das Nichtvorhandensein des eigenen Überblicks über Fach- und Sachargu­mente nicht der politischen Verantwortung entheben.

Die Dringliche Anfrage, auch wenn sie eine bereits öfters gestellte ist, drückt für die sozialdemokratische Fraktion aus, dass wir uns dieser politischen Verantwortung nicht begeben wollen: Wir sind der Meinung, dass diese Kaufentscheidung vor dem Hinter­grund eventuell – und die diesbezüglichen Feststellungen waren ja sehr begründet – vorhandener Mängel getroffen wurde, die in jedem anderen Kaufvertrag zu einer Mängelbehandlung führen würden. – Ich kenne das aus dem Pferdekauf; da gibt es sogar versteckte Mängel, die nachträglich einen Kauf rückgängig machen.

Weil wir der Meinung sind, dass diese Aspekte ... (Zwischenruf des Bundesrates Stein­bichler.)

Herr Kollege! Eigentlich müssten Sie sich bei diesem Thema auskennen. Vielleicht habe ich einen anderen Zugang zu Mängeln, wenn es um Tiere geht, als Sie, aber das sei Ihnen persönlich unbenommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich bringe nun folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Prof. Konecny, Hedda Kainz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überprüfung von Ausstiegsszenarien aus dem Kaufvertrag für die Eurofighter, Bericht an den Bundesrat

Die unterzeichneten Bundesräte stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Bundesminister für Landesverteidigung wird aufgefordert, alles zu unternehmen, um Möglichkeiten für einen Ausstieg aus dem Kaufvertrag Eurofighter zu finden.

Unter einem wird der Bundesminister für Landesverteidigung ersucht, dem Bundesrat so rasch wie möglich einen Bericht vorzulegen, in welchem die Ausstiegsszenarien dargestellt und die Kosten der Varianten mit den Kosten der Vertragsumsetzung ver­glichen werden.

Schließlich wird der Bundesminister für Landesverteidigung ersucht, zur Nachvollzieh­barkeit den Vertrag mit den Anbietern der Eurofighter dem Bericht beizugeben.

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Einige Bemerkungen noch zur Frage der Kosten und dazu, was dieses Ding, das mit so vielen Fragezeichen behaftet ist, kosten wird und dass alles daranzusetzen ist, um Preisreduktionen, wenn schon der Kauf grundsätzlich nicht rückgängig gemacht werden kann, zu erreichen.

Ich möchte Sie als Oberösterreicherin, obwohl diese Frage weit über den Bereich Oberösterreich hinausgeht, daran erinnern, dass zwei dieser Kampflugzeuge in etwa den Wert darstellen, den die Voest-Anteile dargestellt haben. – Ein Fluggerät, das wir nicht brauchen, das zusätzlich Kosten verursachen wird, und dem gegenüber werden Anteile aus einem Herzstück, einem Kernstück der österreichischen Industrie verscher­belt, nämlich Anteile, die in Zukunft weiterhin enorme Gewinne und Wertsteigerung gebracht hätten! Einerseits eine Weiterentwicklung auch im Bereich der Gewinn­situation – und andererseits eine ausschließlich mit Kosten behaftete Entscheidung!

Meine Damen und Herren! Es tut mir sehr Leid, dass ich mich bei meiner Abschieds­vorstellung, wenn Sie so wollen, bei meinen letzten Worten, die ich von dieser Stelle aus an Sie richte, mit einem solchen Negativthema beschäftigen muss, einem Thema, das mich als Befürworterin des Bundesheeres sehr, sehr bewegt. Ich sage es noch einmal: Ich bin der Meinung, wir brauchen ein Bundesheer, wir haben dieses Bundes­heer auszurüsten, wir haben die dort tätigen Menschen nicht nur in ihrer persönlichen Existenz zu unterstützen, ihre Sicherheit zu garantieren, sondern ihnen auch ein befrie­digendes Berufsleben zu garantieren, in dem man sie nicht mit rostigen Panzern herumfahren lässt. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Platter.) Sagen Sie mir jetzt nicht, Herr Minister, wir haben keine mehr! Das mag schon stimmen, das war nur ein rhetorischer Aufhänger von mir. Ich kann mich aber gut daran erinnern: Wir hatten in Linz Panzer, die nicht einmal so viel Benzin transportieren konnten, dass sie bis Freistadt gekommen wären.

Ich glaube, solche Dinge darf es in Zukunft nicht mehr geben, und es ist dafür zu sor­gen, dass die jungen Männer, die da jährlich durchs Bundesheer geschleust werden, auch trockene Füße und ausreichende Verpflegung und Ernährung bekommen. (Bun­desrat Bieringer: Das ist was anderes!)

Eurofighter in dieser ... (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Bieringer.) – Herr Kollege Bieringer, ich habe nicht behauptet, dass sie es nicht bekommen. Ich habe nur gesagt, dass es notwendig ist.

Und dass das Bundesheer auch als Wirtschaftsfaktor in der derzeitigen Form eine Be­deutung hat, das werden vielleicht auch jene wissen, die sich noch an die „Schleinzer-Jause“ erinnern können. Im Zusammenhang mit dieser Jause hat es in der Landwirt­schaft ganz enorme Absatzmöglichkeiten gegeben. Daran werden sich jene erinnern, die das schon ein bisschen länger beobachten oder das vielleicht selbst miterlebt haben.

Meine Damen und Herren! Ich gehe davon aus, dass ich Sie jetzt zum letzten Mal geärgert habe. Herr Kollege Bieringer! Wir waren sicherlich oft nicht einer Meinung. Auch ich habe mich gelegentlich geärgert, aber ich hoffe, ich habe das nicht so zum Ausdruck gebracht, dass es wirklich Gräben hinterlassen hätte. – Obwohl ich durchaus behaupte, dass nicht jede Äußerung, die hier in diesem Haus gefallen ist, unbedingt leicht zu überbrücken war.

Ich stehe heute durchaus mit einem weinenden Auge hier, weil mir die politische Arbeit immer sehr viel bedeutet hat, aber Geburtsdaten sind nicht veränderbar. Es hat sich seit einiger Zeit bereits angekündigt, dass ich die Ehre, diesem Hohen Haus angehö­ren zu dürfen, in Zukunft nicht mehr wahrnehmen werde.


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Ich wünsche dem Bundesrat in seiner Einheit, dass er als demokratische Einrichtung der Gesetzgebung erhalten bleibt, und ich möchte nicht erleben müssen, dass der Bundesrat ein Anhängsel anderer Entscheidungsbereiche wird. Mir liegt sehr viel dar­an, Ihnen mitzugeben, dass die Mitglieder des Bundesrates auch in Zukunft die Mög­lichkeit haben, ein freies Mandat auszuüben und in dieser Form auch ihre politische Verantwortung zu tragen. Und ich wünsche jedem Einzelnen von Ihnen, dass er diese Verantwortung mit Freude und persönlichem Erfolg verbinden kann.

In diesem Sinne wünsche ich sowohl der Institution als auch jedem Einzelnen von Ihnen recht, recht viel Glück, Erfolg und alles Gute für die Zukunft! (Allgemeiner Bei­fall.)

18.17

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Liebe Kollegin Kainz! Ich darf in diesem Reigen all derer, die uns verlassen werden, weiter fortsetzen und auch dir ganz, ganz herzlich danke sagen. Ich glaube, wir sind Kollegin Kainz ein besonderes Danke schul­dig. Es war nämlich in ihrer politischen Tätigkeit immer spürbar, dass sie auch einen Hintergrund hat, der überparteilich ist. Kollegin Kainz – das ist für Sie alle nicht neu – kommt aus dem Gewerkschaftsbund, und der Gewerkschaftsbund – ich glaube, darauf sollten wir Österreicher sehr stolz sein – ist ein Bund, der alle politischen Richtungen vereint.

Du hast sehr häufig klare und nicht immer leichte Worte an uns gerichtet, aber nie die Möglichkeit verbaut, doch einen Konsens zu finden. Das hast du hier herinnen reprä­sentiert, dafür sind wir dir wirklich Dank schuldig und wünschen auch dir alles, alles Gute. Genieß die Zeit, die auf dich zukommt! (Allgemeiner Beifall. – Bundesrätin Kainz: Danke!)

Der von den Bundesräten Professor Konecny, Hedda Kainz und KollegInnen einge­brachte Entschließungsantrag betreffend Überprüfung von Ausstiegsszenarien aus dem Kaufvertrag für den Eurofighter und das Verlangen nach einem Bericht an den Bundesrat ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Nittmann. – Bitte.

 


18.20

Bundesrat Dr. Klaus Peter Nittmann (Freiheitliche, Oberösterreich): Es ist nicht ganz leicht bei so vielen elegischen Reden, auf das Thema zurückzukommen. Ich möchte es dennoch tun.

Das Thema Abfangjäger steht heute zum fünften Mal auf der Tagesordnung. Wir erleben dennoch eine interessante, teilweise sogar erstaunliche Diskussion: Da ver­sucht sich Kollege Schennach als Hobby-Waffentechniker. Da beschwört Kollege Kraml das Traummännlein. Da bezweifelt Kollege Kaltenbacher, dass der Eurofighter bis 2007 fliegt. Das erinnert mich an jene „Experten“, die 1830 behaupteten, die Eisen­bahn werde sich nicht durchsetzen, weil ihre Geschwindigkeit für die Passagiere zu schnell sei. Den Vogel schießt aber Kollege Konecny ab – oder vielmehr sind es Zeitungsenten, die er in die Welt setzt. (Bundesrat Konecny: Herr Kollege! Wenn es mir gelänge, diesen Vogel abzuschießen, dann wäre ich sehr froh!)

Wir kennen den Herrn Kollegen ja als begnadeten Rhetoriker. Heute durften wir ihn auch als gnadenlosen Märchenerzähler kennen lernen. So will er uns weismachen, der deutsche Bundesminister Struck habe ihm unter vier Augen Bedenkliches zugeraunt. (Bundesrat Konecny: Lesen Sie das, was er geschrieben hat! Das ist bedenklich genug!) – Das wird auch jetzt kommen! – Professor Konecny scheint sich immer mehr zum reisenden Seelsorger der europäischen Sozialdemokratie zu entwickeln (Heiter­keit bei der ÖVP), aber wenigstens hält er sich an das Beichtgeheimnis, denn er wollte


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uns ja nicht verraten, was ihm der Bundesminister Struck so geklagt hat. In der Öffent­lichkeit sagt nämlich derselbe Struck über die Eurofighter etwas ganz anderes. Ich darf aus dem „Focus“ vom 8.9. zitieren, wo es heißt:

Dieses Flugzeug ist jeden Euro wert, sagt der SPD-Bundesminister Struck. Deshalb werden auch 180 neue Eurofighter in den Dienst der Bundeswehrkasernen geliefert. Auch militärisch wird sich der Eurofighter als Überlebenskünstler erweisen. Der zurzeit modernste und beste Militärjet – das ist alles direkte Rede – der Welt kann alle anderen Flieger auskurven, feindliche Radarschirme erblinden lassen und 20 Luftziele gleichzeitig verfolgen, und das bei Tag und Nacht. Dabei reagiert das komplexe Flugsteuerungssystem auf die Stimme des Piloten. Dieses Flugzeug – sagt Struck weiter – kann auch zu Air-policing-Einsätzen gerufen werden, um gekaperte Passagier­maschinen abzufangen. Die Bedeutung dessen ist spätestens seit dem 11.9.2001 augenfällig, sagt Struck. Allein in Deutschland wird der Bau des Flugzeugs 18 000 neue Jobs garantieren und rund 80 000 Arbeitsplätze europaweit. Also jeder, der daran herumfummelt – wortwörtlich Struck –, muss auch wissen, dass er Arbeitsplätze gefährdet. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das ist ganz einfach zu recherchieren, man muss nur auch Zeitungen lesen, die nicht nur die eigene Meinung unterstützen.

Weiter heißt es: Auch was die angeblichen Leistungsmängel betrifft, war Struck ein­deutig – im September noch. Was hier teilweise in dem Bericht als Mängel kritisiert worden ist – und er bezieht sich auf den Bericht des Bundesrechnungshofs –, sind keine Mängel. Es ist immer bekannt gewesen, dass dieses komplizierte Waffensystem in bestimmten Bereichen sozusagen noch angepasst werden muss. Das ist ein völlig normaler Vorgang. Wenn uns ein Flugzeug zugeliefert wird, das bestimmte Mängel enthält, dann können wir auch den Preis einbehalten, wie das im normalen Geschäfts­leben auch der Fall ist. – Zitatende.

Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie uns einem Sozialdemokraten Glauben schenken, auch wenn es in diesem Fall ein deutscher ist! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich für meinen Teil weiß nicht, mit welchem Struck Professor Konecny gesprochen haben will – vielleicht mit seinem Trafikanten, dem Hausbesorger oder dem Bäcker, bei dem er sich in der Früh die Semmeln holt. Der deutsche Bundesminister Struck kann es jedenfalls nicht gewesen sein.

Meine lieben Damen und Herren! Ich bin wahrscheinlich der letzte Redner heute, und es ist meine letzte Rede in diesem Haus. Ich will nicht so elegisch sein wie meine Kollegen, nur zwei Anmerkungen. Die erste: Ich habe mir immer gewünscht, dass es zwischen den Parteien eine größere Durchlässigkeit gibt.

Ich muss Ihnen sagen, Herr Kollege Schennach, vieles, was die Grünen machen, finde ich großartig. Ich war der Initiator des Temelίn-Volksbegehrens und habe doch dar­unter gelitten, dass die Grünen behauptet haben – leider auch Greenpeace, wo ich Mit­glied bin –, dass wir das nur aus Revanchismus getan haben. Glauben Sie mir, es war die Angst vor Atomreaktoren!

Es ist auch so, dass mir aufgefallen ist, wenn man einmal einem Grünen oder einem Sozialdemokraten applaudiert, dass man von den eigenen Leuten hie und da ein bisschen schief angeschaut wird, aber auch von jenen, denen man applaudiert, weil sie sagen, von einem Freiheitlichen wollen wir keinen Applaus, oder, der biedert sich an. Auch das ist nicht wahr. Man sollte nicht so vorurteilsbehaftet sein, in keiner Fraktion.

Zweite Anmerkung: Ich bin gerne hier gewesen, was mich aber geschmerzt hat, waren Situationen, in denen auf mich und meine Kollegen ein gewisser Gruppendruck ausge-


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übt worden ist. Professor Konecny weiß vielleicht am besten, was ich meine. Das hat bei mir dann schon zu einem innerlichen Bruch geführt, und deshalb gehe ich hier nicht mit einem weinenden und einem lachenden Auge fort, sondern mit dem Ruf: Es lebe das freie Mandat! – Herzlichen Dank Ihnen allen. (Allgemeiner Beifall.)

18.25

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Kollege Nittmann! Ich darf auch Ihnen sagen, dass es uns Leid tut, dass Sie uns verlassen, denn – und jetzt sage ich etwas, was ich vielleicht vom Präsidium herunter gar nicht so sagen dürfte – ich habe mich natürlich gefreut, als Sie jetzt gesagt haben, dass Sie für das freie Mandat sind. Da gibt es noch viele, die Ihrer Meinung sind, dass das freie Mandat etwas sehr, sehr Demokratisches ist, und wir sollten es wirklich hüten und schätzen.

Ich weiß nicht, ob ich jetzt nicht vom Präsidium aus zu weit gegangen bin. Da wir aber doch versuchen, hier menschlich miteinander umzugehen, möchte ich Ihnen sagen: Sie haben zu den Bundesräten gehört, die durchaus scharf in ihrer Beurteilung von Kollegen am Rednerpult waren, die scharf gekontert haben, die sich bei Zwischenrufen nicht zurückgehalten haben. Das belebt den Parlamentarismus. Ich bin überzeugt, das wird sich auch in Zukunft nicht ändern, auch in einer anderen Zusammensetzung des Hauses werden wir immer wieder konfrontiert sein mit Zwischenrufen, über die sich manche in den Fraktionen ärgern und wo man sich überlegt, wie man da jetzt zurück­schlagen könnte. Das gehört alles zum Parlamentarismus dazu, und ich hoffe, dass Sie uns trotz aller Bedenken, die Sie ein bisschen haben mitschwingen lassen, in guter Erinnerung behalten, und ich darf auch Ihnen wirklich alles, alles Gute für die Zukunft wünschen. (Allgemeiner Beifall. – Bundesrat Dr. Nittmann: Danke!)

*****

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Daher ist die Debatte geschlossen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Professor Konecny, Hedda Kainz und KollegInnen auf Fassung einer Entschließung betreffend Überprüfung von Ausstiegsszenarien aus dem Kaufvertrag für den Eurofighter und das Verlangen nach einem Bericht an den Bundesrat vor.

Ich lasse nun über diesen Entschließungsantrag abstimmen und bitte jene Bundes­rätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Minderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist daher abgelehnt.

Einlauf

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung beziehungsweise seit der letzten Sitzung acht Anfragen eingebracht wurden.

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin ist Donnerstag, der 6. November 2003, 9 Uhr in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Vorlagen in Betracht, die der Natio­nalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht bezie­hungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.


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Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, den 4. November 2003, ab 14 Uhr vorgesehen.

Ich wünsche Ihnen ein gutes Heimkommen und all denen, die wir nicht mehr sehen werden, wirklich von ganzem Herzen alles Gute!

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 18.29 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien