Bundesrat Stenographisches Protokoll 706. Sitzung / Seite 63

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

sen haben –, sich dieser Kultusgemeinde, der orthodoxen Kultusgemeinde, anzuneh­men und den Betreffenden möglichst bald eine eigene, staatlich anerkannte Gemeinde zukommen zu lassen. – Das ist mein großes Anliegen, und ich habe es an dieser Stelle gut vorbringen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Freiheit der Kunst wurde schon erwähnt. Kollegen und Kolleginnen! Natürlich: Frei­heit der Kunst! Niemand wird etwas gegen die Freiheit der Kunst haben, und wenn ein ÖVP-Bundesrat hier Rosa Luxemburg zitiert, ist das doch immerhin sehr reizvoll, weil er an und für sich – so hoffe ich – mit Rosa Luxemburg nicht nur konform geht. (Bun­desrat Hösele: Kennen Sie das Gesamtzitat, in dem sie sich dann auch gegen Lenin ausspricht?) Ja, ja, ich kenne den Ausschnitt. Gib mir den dann, das ist sicherlich lehr­reich!

Ich meine, die Freiheit der Kunst hört dort auf, wo wesentliche Interessen anderer Men­schen betroffen sind, eingeschränkt werden und kriminell übergangen oder nieder­geschlagen werden. Und ich komme jetzt auf die Ausstellung von Herrn Muehl, dem Verbrecher Muehl, zu sprechen. Ich frage mich, Frau Bundesminister, wie es möglich ist, dass jemand, dem man ohnehin im Jahr 1998 schon eine Ausstellung gewidmet hat, nämlich vom 18. Februar bis zum 15. April – Herr Muehl durfte dann auch im Burg­theater auftreten und bekam vom 4. Februar 1998 bis 24. Februar 1998 eine Unter­kunft im Appartement 2 des Museums –, innerhalb einer so kurzen Frist von sechs Jahren schon wieder eine Ausstellung bekommt.

Frau Bundesminister, mir ist die Rechtssituation durchaus geläufig. Sie haben nur das Recht, ein Museum zu bezahlen, ihm die Geldmittel zukommen zu lassen. Sie haben nicht das Recht, in die Gestaltung der Museen und in die Gestaltung von Ausstellun­gen einzugreifen, aber es ist auch Ihr Recht, Ihren Unwillen über Vorgänge in Museen offen zu äußern. Und das fehlt mir! Ich gehe davon aus, dass Sie es in Ihrem Kabinett getan haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie, ich oder auch einige andere hier im Raum die Ausstellung von Muehl mit Begeisterung angeschaut haben. Immerhin ist er ein Verbrecher. Es liegen neue eidesstattliche Erklärungen vor, dass er bereits in den siebziger Jahren begonnen hat, Kleinkinder von vier bis fünf Jahren über viele Jahre hinweg regelmäßig zu missbrauchen, teilweise sogar im Beisein seiner Füh­rungsgruppe. Auch jetzt noch übt er in Portugal – aber das ist eine Angelegenheit der portugiesischen Rechtsorgane – „grenzübergreifende Zärtlichkeiten“ aus, wie er in der Zeitschrift „Die Zeit“ – leider nicht meine Zeitschrift „Zur Zeit“ – zitiert wird.

Wer Kinder missbraucht, Jugendliche vergewaltigt, deren Tagebücher verbrennt und zu Aschebildern verarbeitet und wer zudem die Unverschämtheit besitzt, diese Ver­brechen zur Kunst zu erheben, kann nicht nur nach seinen Werken beurteilt werden, sondern muss auch an seinem Leben gemessen werden, wird in der „Frankfurter All­gemeinen“ von vor wenigen Tagen geschrieben. Ich erhebe auch den Vorwurf gegen Prof. Noever, dass er nicht einsieht, dass dieser Verbrecher nicht zu Lebzeiten seiner Opfer schon wieder eine Ausstellung bekommen soll. Über seine Bilder, deren Qualität wirklich nicht hoch eingeschätzt wird, wie man in den Zeitungen „Kurier“, „Presse“, „Financial Times“ und „Kronen Zeitung“ lesen kann, maße ich mir kein Urteil an. Das überlasse ich jenen, die das in den eben erwähnten Zeitungen getan haben.

Christoph Hirschmann , der Kulturkritiker von „FORMAT“, schreibt am Schluss seines Artikels: Es ist ein romantischer Irrtum zu glauben, gute Künstler seien auch gute Menschen. – Ebenso falsch ist es, zu glauben – und das sind jetzt meine Worte –, schlechte Künstler seien schlechte Menschen. Bei Muehl aber, denke ich, geht es in diese Richtung: Er ist ein schlechter Künstler – aber das ist mein persönliches Wert­urteil, das braucht nicht übernommen zu werden –, und dass er ein schlechter Mensch ist, das müssen wir akzeptieren, denn sonst wäre er nicht sieben Jahre „gesessen“.

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite