Bundesrat Stenographisches Protokoll 706. Sitzung / Seite 95

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Ich freue mich daher diese Herren hier in unserer Mitte, möchte ich fast sagen, be­grüßen zu dürfen, und glaube, es ist zumindest in der Republik Österreich ein Ansatz gemacht, dass das Zusammenleben dort hoffentlich einmal mit anderen Mitteln erfolgt als bislang.

Nun zum Außenpolitischen Bericht. Ich werde ein paar Problempunkte daraus, die mir so aufgefallen sind, behandeln, zum Beispiel: die Türkei.

Immer wieder hört man von dem einen oder anderen Politiker – nicht nur in Österreich, auch in der Bundesrepublik Deutschland –, wie stark sie sich für die Aufnahme der Türkei in die EU einsetzen, etwas, das ein Gleichgewicht der Kulturen – ich glaube, so ähnlich hat es Bischof Kapellari vor wenigen Wochen in einer „Pressestunde“ am Sonntag formuliert – zu einem völligen Ungleichgewicht werden ließe. Ich bin befugt, für meine Fraktion zu sagen, dass wir derzeit und vermutlich auf längere Zeiten die Aufnahme der Türkei in die EU ablehnen.

Ich habe schon vorhin aus dem Artikel von Shlomo Avineri zitiert und wiederhole es: „Die Türkei hat in den vergangenen 80 Jahren einen schwierigen, bisweilen mangelhaf­ten Prozeß der Demokratisierung hinter sich gebracht.“

Ich lege dabei Wert auf das Wort „mangelhaft“, der Autor drückt sich ja sehr zurückhal­tend aus.

Ich meine: Wenn man die Türkei mit zu Europa rechnet, dann bitte gleich Südkorea auch, das ist in der Wirtschaftskraft viel stärker als die Türkei, ist viel weiter weg und wir brauchen nicht zu befürchten, dass alle Turkvölker, die die türkische Staatsbürger­schaft bekommen können, ungehindert nach Österreich, sprich in die EU einreisen können.

Es hat ja der Europäische Rat festgehalten, dass er im Dezember 2004 – und das ist aus dem Bericht – festlegen will, ob die Türkei die Aufnahmekriterien erfüllt. Lassen wir uns überraschen! Ich hoffe nicht, dass die Papierform, der Wunsch wie stets für die Tat genommen wird. So einfach sollten wir es uns nicht machen, denn eine solche Blauäugigkeit könnte uns einmal schwer zu schaffen machen.

Zum Zypern-Problem. Wir wissen, dass Zypern mit der Abstimmung vor Weihnach­ten – auch in dieser Kammer, mit zwei Gegenstimmen wohl, aber das betraf am wenigsten Zypern – in die EU aufgenommen worden ist. Hiezu gab es auch eine Be­merkung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, in der er meinte, dass die Zypernfrage Ende 2002 geklärt sein sollte. Im Ausschuss wurde uns erklärt, das die Zypernfrage jetzt, in den letzten Wochen, bis zu einem gewissen Termin – ich glaube April oder Mai – endgültig so geklärt werden soll, dass EU-Kompatibilität hergestellt ist. Also wenn man da Termine auf Termine setzt, fast wie bei einem Schirennen – wer ist schneller, wer überholt wen? –, dann sehe ich eigentlich schon jene Kriterien für diese Aufnahme, die die EU an und für sich berechtigterweise aufgestellt hat, nicht erfüllt. Schon heute traue ich mich das zu sagen, auch wenn dann, in einem Monat oder sechs Wochen, festgestellt werden sollte: Zypern hat es erreicht! Hurra! Wir haben es! – Nichts haben wir! Wir haben eine Papierform, die die Realität nicht wiedergibt.

Wir haben auch anlässlich der Debatte über die Aufnahme der zehn neuen Mitglieder die Kosten der Erweiterung nur antönen können, es war ja nicht viel Zeit an diesem Tag. Für mich war es interessant, dass die Kosten der Erweiterung eigentlich erst, nachdem alle Staaten zugestimmt hatten, ein tages- und medienpolitisches Thema geworden sind. Es wird dann erklärt, wir könnten ja die Subventionen da einschränken und die Grenzlandgebiete dort enger ziehen, und es könnte ja von 1 Prozent des BIP auf 1,24 erhöht werden. Und eigentlich sei alles in Ordnung.

 


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