Bundesrat Stenographisches Protokoll 706. Sitzung / Seite 151

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Der erste Hinweis vom Kollegen Fasching lautete, Frau Fuhrmann hätte sich als eine der Wenigen für die Jugend stark gemacht. – Das ist ein großer Irrtum! Wenn man der Auffassung ist, dass man sich für die Jugend stark macht, indem man ein funktio­nierendes Sozialversicherungssystem so lange diskreditiert, bis niemand mehr daran glaubt, wenn man den Jungen einredet, das Umlagensystem allein reiche nicht aus ... (Bundesrat Dr. Böhm: Weil es nicht finanzierbar ist!)

Ja, ich weiß, es unterscheiden uns grundsätzliche gesellschaftliche Sichtweisen. (Bun­desrat Dr. Böhm: Nein! Finanzierbar ist es nicht!) Sie sind der Auffassung, dass man einen Staat gesundschrumpfen muss, dass zu viel Staatsanteil die Reichtümer ... (Zwi­schenruf bei der ÖVP.) Ja, an denen Sie mitverantwortlich waren.

Aber der wesentliche Unterschied in der Sichtweise besteht darin, dass wir der Auffas­sung sind, dass die Gesellschaft Jahr um Jahr so viel mehr an Reichtümern produziert, dass es nur eine Frage der gesellschaftlichen Gerechtigkeit und der Verteilung ist, wo­für man das Geld verwendet.

Europaweit läuft man dem Irrtum des Neoliberalismus seit Jahrzehnten nach – auch die Sozialdemokraten –, während man in Amerika längst erkannt hat, dass das der falsche Weg ist, und man pflegt nun dort den Pragmatismus.

Wenn wir eine andere Wirtschaftspolitik machen würden und zum Beispiel die Frauen­beschäftigungsquote, die Erwerbsquote erhöhen würden, ... (Bundesrat Dr. Kühnel: In Wien können Sie es demonstrieren, wie Sie es machen würden! Kommen Sie nach Wien mit Ihren Erkenntnissen, und sagen Sie dem Bürgermeister Häupl, wie er das tun soll!) Gut.

Diese Situation haben wir in der Ersten Republik gehabt, nämlich dass man Rest-Ös­terreich von Wien isoliert und mit dem Finger auf Wien gezeigt hat – allerdings im posi­tiven Sinne. Zu diesem Zeitpunkt hat es aber noch verfassungsrechtliche Möglichkeiten gegeben, als Einzelland auszuscheren. (Bundesrätin Roth-Halvax: Also tun wir weiter!) Tun wir weiter, ja.

Herr Wirtschaftskammerpräsident Leitl hat als wesentliche Erklärung dieses Wahlsonn­tags in Salzburg und in Kärnten für die ÖVP von einem „Pleiten-, Pech- und Pannen-Syndrom“ gesprochen. (Zwischenrufe und Heiterkeit bei der ÖVP. – Bundesrat Konec­ny – in Richtung ÖVP –: Also die Heiterkeit der ÖVP nach diesem Sonntag finde ich beachtlich! So etwas pflegt man Galgenhumor zu nennen!)

„Pleiten, Pech und Pannen“ klingt so, als passiere etwas, und wem offensichtlich lau­fend etwas passiert, das sind leider Sie, Herr Minister Haupt. Sie sind offensichtlich der „Pleiten-, Pech- und Pannen-Minister“ im öffentlichen Erscheinungsbild. Stichwort: Ambulanzgebühr.

Wenn man sich in der Chronologie der letzten Jahre bei der Pensionsreform die einzel­nen Vor und Zurück anschaut, dann sieht man:

Erstes Szenario: Katastrophe, Verschuldung.

Zweites Szenario: Willige Experten liefern die Begründungen.

Drittes Szenario: Die Experten geben eine Expertise ab. Die Regierung macht das Gegenteil.

Viertes Szenario: Die Experten mit langer Erfahrung bringen Beweise für die Fehlerhaf­tigkeit der Vorlagen. – Die Arbeiterkammer und der ÖGB werden dann als Verhinderer, als Betonierer und als unwillige Reformierer bezeichnet.

Dann bringt man Beispiele beziehungsweise Belege dafür, dass die Experten Recht haben. Dann stehen Wahlen vor der Tür. Dann wird schnell repariert. Letztendlich lobt


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