Fraktionen im Interesse, es zu tun – und trotzdem können wir keinen gemeinsamen Zieleinlauf schaffen, weil es an wenigen, aber nicht ganz unwichtigen Fragen gehangen hat.
Aber, Frau Kollegin, wir haben noch bis
2008 die Chance, zumindest in der Diskussion einige Korrekturen anzubringen,
uns vielleicht anzunähern oder bei dem einen oder anderen Punkt zu einigen. (Zwischenrufe der Bundesräte Diesner-Wais und Dr. Kühnel.)
Einer der springenden Punkte, Herr Minister, ist sicherlich das Weisungsrecht. Die Staatsanwaltschaft ist eine Administrativbehörde, und Sie haben für diese das Weisungsrecht. Nunmehr hat die Staatsanwaltschaft – das ist ein Philosophiewechsel! – das Heft in der Hand und führt die Untersuchung, das Verfahren. Da ist sie aber kein Organ mehr, sie ist jedoch auch kein Organ der unabhängigen Justiz.
Artikel 94 B-VG besagt, dass Justiz und Verwaltung in allen Instanzen getrennt zu halten sind. Nun gebe ich schon zu – und der Herr Minister wird in seiner Erwiderung wahrscheinlich darauf zu sprechen kommen –, dass die Staatsanwaltschaft keine Administrativbehörde wie hundert andere auch ist; sie ist etwas Besonderes, stimmt! Aber sie ist trotzdem eine Administrativbehörde! Die gesamte Diskussion hat gezeigt, die einen – also zwei – sind der Meinung, es passt so, die anderen – auch zwei – sind der Meinung, das verstößt gegen Artikel 94 B-VG. Also kam von unserer Seite, auch von sozialdemokratischer und von wissenschaftlicher Seite, der Vorschlag, das Weisungsrecht zu einem Bundesanwalt zu verlagern. Damit hätten wir eine tatsächlich weisungsungebundene Staatsanwaltschaft.
Wir sind ja mit dem Philosophiewechsel in der Verfahrensführung durchaus einverstanden, das ist richtig. Dieser Grundgedanke des Gesetzes ist richtig. Die Frage ist nur: Wie gehen wir mit dem Weisungsrecht um?
Der nächste Punkt – den haben ja auch Sie, Frau Kollegin, schon erwähnt – betrifft den Rechtsschutzbeauftragten. Beim Militärbefugnisgesetz ist die entsprechende Bestimmung aufgehoben worden, denn einen Rechtsschutzbeauftragten mit einfacher gesetzlicher Mehrheit sieht der Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig an, er muss weisungsfrei gestellt werden. Ich frage mich nun, warum wir sehenden Auges in dieselbe Bredouille laufen Die Nuancen sind zwar wieder ein bisschen verschieden, darum haben wir wieder die Zwei-Zwei-Situation bei den Verfassungsrechtlern, ich halte jedoch diesen Punkt trotzdem für noch weit gravierender als den ersten von mir genannten, weil der erste von mir genannte Punkt insofern abgeschwächt ist, als es eine besondere Behörde ist. Gleichwohl gilt Artikel 94!
Diese Konstruktion ist also schon einmal aufgehoben worden. Jetzt haben wir einen Justizminister, der im Zivilberuf Anwalt war und oft und vielmals als Verteidiger bei Verfahren anwesend war. Warum kommt von einem Minister, der im Zivilberuf Verteidiger war, jetzt diese Möglichkeit, den Verteidiger so leicht, viel zu leicht ausschließen zu lassen?
Das Positive an diesem Gesetz – und da ist wahrscheinlich wieder Böhmdorfer als Verteidiger beziehungsweise als Anwalt mit federführend – ist, dass der Verteidiger nunmehr ab sofort beizuziehen ist, dass er ab sofort anwesend ist und dass er vor allem auch Zusatzfragen stellen kann. Das gab es bis jetzt nicht. Aber das Gesetz sieht vor, dass man den Verteidiger auch wieder ausschließen kann, wenn der Zweck der Untersuchung gefährdet ist. Wir werden sehen, wie sich das in der Praxis – also erst ab 2008 – bewährt oder ob wir hier noch einen Kompromiss finden, mit dem wir die Hürde des Ausschlusses nach oben setzen.
Der zweite Punkt – da haben Sie sich bereits im Vorfeld Zweiklassenjustiz vorwerfen lassen müssen, Herr Minister – betrifft die Verfahrenshilfe. Wenn wir die Verfahrens-
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