Bundesrat Stenographisches Protokoll 717. Sitzung / Seite 61

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Aber die Aufweichung beziehungsweise der Spin, den die Anträge von FPÖ und ÖVP im Nationalrat bewirkt haben, sodass die Ministerialvorlage dermaßen verändert worden ist, macht es uns nicht möglich, in diesem Punkt zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

11.49

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Universitätsprofessor Dr. Böhm. Ich erteile ihm das Wort.

 


11.49

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Die Bundesregierung hat ja bereits in ihrem Regierungsprogramm angekündigt, dem so genannten Sozialbetrug verschärft den Kampf anzusagen. Und sie hat das in­zwischen mit dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates über ein entsprechendes Sozialbetrugsgesetz auf legislativer Ebene auch voll verwirklicht.

Erklärte Zielvorstellung dabei war, das gesellschaftliche Bewusstsein dafür zu schär­fen, dass der Sozialbetrug kein geringfügiges oder gar Kavaliersdelikt darstellt; und das lediglich deshalb, weil dabei nicht – zwischen Anführungszeichen – „nur“ ein Indivi­duum, ein Mitbürger an seinem Vermögen geschädigt wird, zumindest nicht unmittel­bar, sondern vielmehr die Allgemeinheit – zwischen Anführungszeichen: „bloß“ die Allgemeinheit –, sei es im Sinne der Beitragsgemeinschaft im System der Sozialver­sicherung, sei es die Gemeinschaft der Steuerzahler. Dem gerade dieser Form der Kriminalität entsprechenden sozialen wie auch rechtlichen Unwertgehalt musste zwei­fellos mehr als bisher Ausdruck verliehen werden, und zwar auch mit den Mitteln des gerichtlichen Strafrechts, sosehr wir alle hier im Hohen Hause uns darüber im Klaren sind, dass die strafrechtliche Erfassung und Pönalisierung rechtswidrigen wie auch gesellschaftlich unerwünschten Verhaltens stets die Ultima Ratio im System der Sanktionen eines freiheitlichen Rechtsstaates bedeutet. Folglich galt es, sowohl eine Erweiterung bereits vorhandener Strafbestimmungen und die Ausdehnung ihres Straf­rahmens – das heißt auch höhere Strafsätze – vorzusehen, als auch neue Tatbestände zu schaffen, um bisher noch nicht erfasstes Unrecht in die Strafbarkeit des Sozial­betrugs mit einzubeziehen.

Ein Beispiel für eine bereits bestehende Strafbestimmung, die aber im Tatbestand er­weitert worden ist – wenn auch für manche Kritiker offenbar nicht weit genug –, ist der so genannte Sozialversicherungsbetrug. Unter dem neuen, präzisen – ich würde sagen: präziseren – Titel „Vorenthalten von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversiche­rung und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz“ wird zunächst der entsprechende Tatbestand vom ASVG, Allgemeinen Sozialversiche­rungs­gesetz, bisher § 114, in das Strafgesetzbuch, jetzt § 153 lit. c, übergeführt. Allein damit wird ein Zeichen gesetzt, dass dieses sozialwidrige Verhalten nicht bloß den Tatbestand einer strafrechtlichen Sondervorschrift im Sozialversicherungsrecht erfüllt, sondern künftig einen solchen des allgemeinen Strafrechts.

Das mag man mit der Bezeichnung als symbolische Gesetzgebung abtun, wie immer man zu einer solchen stehen mag. Demgegenüber sind aber darüber hinaus zwei neue Tatbestände geschaffen worden, einmal der § 153 lit. d Strafgesetzbuch zur schärferen Erfassung des betrügerischen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz mit einer Straf­drohung von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe. Zum anderen belegt der neue § 153 lit. e Strafgesetzbuch unter dem Titel „Organisierte Schwarzarbeit“ alle Formen des gewerbsmäßigen Anwerbens, Vermittelns oder Überlassens illegal erwerbstätiger Personen, der gewerbsmäßigen Beschäftigung oder Beauftragung einer größeren Zahl


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