Bundesrat Stenographisches Protokoll 717. Sitzung / Seite 69

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Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen nun in die Debatte ein. Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte, Frau Bundesrätin.

 


12.21

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Die Novellierung des UVP-Gesetzes beruht auf einer EU-rechtlichen Grundlage, nämlich der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie. Meiner Ansicht nach sind aber nicht alle Vorgaben bei dieser Umsetzung berücksichtigt worden, und in einigen Punkten gibt es sogar eine Verschlechterung gegenüber dem bisherigen Gesetz.

Prinzipiell ist die Einbindung von NGOs sehr positiv zu bewerten. Für mich stellt sich nur die Frage: Warum müssen zwei Minister bewerten, ob eine Umweltorganisation eine Umweltorganisation ist? Es gibt ganz genaue Kriterien dafür, nämlich dass der Zweck „Schutz der Umwelt“ in den Statuten dieser Organisation enthalten sein muss, dass dieser Zweck seit drei Jahren in den Statuten stehen muss und dass gemein­nützige Ziele verfolgt werden. Ich verstehe nicht ganz, warum da zwei Minister entscheiden müssen, ob diese Voraussetzungen erfüllt worden sind, noch dazu, wenn der zweite Minister der Wirtschaftsminister ist. Ob eine Umweltorganisation diese Kriterien erfüllt oder nicht, ist eine Rechtssache und nicht eine politische Entscheidung!

Warum können NGOs mit dieser Entscheidung dann nicht vor den Verwaltungs­gerichtshof gehen? Eigentlich müssten ja alle Parteien in einem Verfahren die gleichen Rechte und den gleichen Zugang zu den höheren Gerichten haben.

Ein weiterer positiver Punkt der Novelle ist die Verlängerung der Funktionsdauer des Umweltsenates.

Eine Schwachstelle wiederum sind fehlende Umsetzungen im Feststellungsverfahren. Es gibt ein EuGH-Urteil im Falle Wales gegen United Kingdom, in dem festgestellt wurde, dass auch Nachbarn und NGOs ein Recht darauf haben, ein Feststellungs­verfahren zu beantragen. Das ist auch europäisches Recht, aber in unserer Umset­zung der UVP-Richtlinie hat dieses Urteil leider keinen Niederschlag gefunden. Es ist ja sehr häufig so, dass die zuständigen Behörden nicht unbedingt willig sind, ein Um­weltverträglichkeitsprüfungsverfahren zu beantragen – es wird sehr oft umgangen oder „geleugnet“ oder wie auch immer man das formulieren mag –, und auch das Engage­ment der Umweltanwaltschaften ist nicht immer gleich toll. Die Gemeinden sind auch sehr oft zurückhaltend bei der Beantragung dieses Feststellungsverfahrens, weil sie eben in erster Linie die Arbeitsplätze und die nächsten Wahlen im Sinn haben. Warum also die Nachbarn und die NGOs dieses Recht, solch ein Feststellungsverfahren zu beantragen, nicht bekommen, ist mir nicht erklärlich. Es wäre eigentlich EU-Recht. (Beifall bei den Grünen sowie der Bundesrätin Auer.)

Ein positiver Punkt ist die Erweiterung der UVP-pflichtigen Vorhaben. Auch diese Erweiterung ist zum Großteil auf EU-Recht zurückzuführen. Daneben waren einige Problemfälle aus der Praxis Anlass für diese positive Änderung, wie zum Beispiel – etwas, was die Grünen schon bei der Umweltverträglichkeitsprüfungsnovelle 2000 gefordert haben –, dass die UVP-Pflicht für sämtliche Maßnahmen in Gletscher­schigebieten gegeben ist. Bei der Erweiterung der UVP-pflichtigen Vorhaben handelt es sich allerdings in erster Linie um zusätzliche Vorhaben in den Spalten 2 und 3, für die ein verkürztes Verfahren durchzuführen ist und die deshalb keinerlei Bürger­beteili­gung beinhalten.

Zum Zeitplan der Umweltverträglichkeitsgutachten: Bisher war es so, dass die Aus­wirkungen des Vorhabens gemäß § 1 nach dem Stand der Technik und nach dem


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