Bundesrat Stenographisches Protokoll 718. Sitzung / Seite 45

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Aber gestatten Sie mir, dass ich ein bisschen hinter die Ernennung der drei Re­gierungsmitglieder zurückgehe, denn es ist ja nicht so, dass hier eine wohl geplante Operation, ein Optimierungsprozess der Regierungsmannschaft stattgefunden hat – der Herr Bundeskanzler war sehr zurückhaltend in seiner Darstellung der Genese dieser Regierungsumbildung, was ich ehrlich finde –, sondern es sind dieser Bundes­regierung, was ja keine neue Erscheinung ist, Mitglieder abhanden gekommen. Ich spekuliere nicht darüber, was Herrn Minister Strasser zu seinem überstürzten Rückzug veranlasst hat. Ich spekuliere auch nicht darüber, was den Herrn Bundeskanzler, der uns damals in der Öffentlichkeit für notfalls Mitte Jänner eine Neubesetzung des Innen­ressorts angekündigt hat, dazu veranlasst hat, die zwischenzeitliche Mitbetrauung des Ministers Platter mit diesem Ressort innerhalb von 48 Stunden wieder rückgängig zu machen. Mit Verlaub gesagt, ich muss nicht alles wissen. So angenehm wird das nicht gewesen sein.

Ich habe mit Interesse den Prozess des Rückzuges von Minister Haupt verfolgt. Dass Minister Haupt nicht ganz gesund war, das haben wir alle gewusst und auch immer wieder merken müssen. Es ist ihm zu wünschen, dass das Nationalratsmandat mit einem schonungsvolleren Umgang mit seiner Gesundheit vereinbar ist. Aber wenn Sie mir erzählen wollen, Herr Bundeskanzler, dass das der Rückzug in den Vorruhestand war, völlig freiwillig von Minister Haupt veranlasst, dann muten Sie mir zu, dass ich noch an das Christkind glaube. (Beifall bei der SPÖ.)

Jene denkwürdige Sitzung der FPÖ, wo ein einjähriger Sägeprozess am Ministersessel des Herrn Haupt letztlich erfolgreich war, gehört nicht zu den Ruhmesblättern des humanen Umgangs mit Mandatsträgern der eigenen Partei. Aber auch das habe ich nur zu registrieren, und ich habe nicht die geringste Absicht, darüber zu spekulieren.

Wo wir allerdings klare Ansagen und klare Aussagen erwarten, ist, ob diese neuen Regierungsmitglieder, notabene die beiden Bundesministerinnen, jene Politik, die wir aus gutem Grund heftigst kritisiert haben, eins zu eins fortzusetzen beabsichtigen oder ob dieser Personalwechsel auch die Hoffnung rechtfertigt, dass es zumindest gewisse Korrekturen geben wird.

Die Frau Bundesminister für Inneres hat im ersten Überschwang der Gefühle erkennen lassen, dass sie mit wesentlichen Bestimmungen oder wesentlichen Haltungen und Handlungen im Bereich des Asylwesens nicht so glücklich ist. Das Atemanhalten auf Seiten der Opposition über dieses Einbekenntnis hat aber nicht sehr lange dauern müssen. Die Frau Bundesminister hat sich dann ganz offensichtlich entschlossen, auf wessen Anraten auch immer und unter welchem Druck auch immer, dafür zu sorgen, dass das, was hier völlig ineffizient aufgebaut wurde, rhetorisch stark, unmenschlich, aber im Kern einfach nicht effizient, jetzt ganz offensichtlich eins zu eins mit ein paar weiteren Strafmaßnahmen fortgesetzt werden soll.

Ich bewundere Ihren Mut, Herr Bundeskanzler, solche Zeugnisse einer sensiblen Aus­einandersetzung mit dem Drogenproblem und den Ausländern, die damit in Verbin­dung stehen, was niemand in Zweifel zieht, hier als Beleg für die Politik, die Ihre Bun­desregierung in diesem Feld betreibt, vorzubringen. Wir schätzen beide den „Falter“, aber ich kann aus dem zitierten Artikel nicht herauslesen, dass das ein Indossament für eine brutale, aber völlig wirkungslose Asyl- und Ausländerpolitik gewesen ist. Ganz im Gegenteil!

Ich lade Sie ein – und ich lade auch Sie ein, Frau Bundesminister –, darüber nachzu­denken, ob man mit weniger Säbelgerassel, aber einer subtileren Vorgangsweise, die nichts mit Nachgiebigkeit zu tun hat, die nichts mit Schwäche zu tun hat, nicht einen wesentlichen größeren Effekt erzielen könnte. Sie haben gerade im Innenressort tat-


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