Bundesrat Stenographisches Protokoll 719. Sitzung / Seite 138

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Der Bundesrat hat weiter spüren lassen, dass er nicht gewillt ist, hier politisches Klein­geld zu wechseln, sondern an diesem großen Entwurf mitbauen möchte.

Nur nebenbei: Es geht natürlich nur um eine Ermächtigung zur Ratifizierung. Ich den­ke, wir sollten die Zeit bis zur Ratifizierung dazu nützen, diesen Diskussionsprozess abzuführen, und zwar verstärkt abzuführen, auch in dem Kreis, für den man selbst sich verantwortlich fühlt.

Ich glaube, dass Europa diese Diskussion braucht. Ich habe im Europäischen Rat und in europäischen Gremien so viele Diskussion mitgemacht, bei denen wir dann immer sagen, wir hätten ein Verständigungsproblem, wir hätten ein Kommunikationsproblem. Ich weiß, dass das ein schwieriges Thema ist, ich weiß, dass das schwierig zu ver­mitteln ist, aber ich glaube, dass die Politiker dazu aufgerufen werden sollten, aktiv selbst mitzuwirken, diesen Prozess der Vertiefung zu beschleunigen, denn auch das ist, glaube ich, eine wesentliche Agenda der nächsten Zeit. – Ich danke Ihnen. (Allge­meiner Beifall.)

19.22


Präsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Gudenus. – Bitte.

 


19.22.14

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Kolleginnen und Kollegen! Ich stehe diesem Ermächtigungsgesetz mit größ­tem inneren Misstrauen gegenüber. Im Grunde genommen lehne ich dieses Gesetz wirklich – bis zum fast äußerlich erkennbaren Widerwillen – ab, werde aber trotzdem, entgegen meiner inneren Stimme, diesem Gesetz zustimmen. Aus zwei Gründen:

Erstens: Allein dieses Gesetz abzulehnen, das hat nach außen so gut wie keine Wir­kung, bestenfalls steht man irgendwann einmal in einer Zeitung.

Zweitens: Es gibt einen Koalitionspakt, der vorsieht, dass wir innere Befindlichkeiten nicht in die Koalitionsabmachungen hineintragen. (Zwischenruf des Bundesra­tes Schennach.)

Die Aussagen meines Kollegen Peter Böhm kann ich vollkommen nachvollziehen – ich werde sie ein bisschen verstärken, vielleicht sogar sehr verstärken –, den Aussagen der anderen Kollegen wird jedoch durch meine Bemerkungen widersprochen. Staats­sekretär Morak kann ich nicht folgen. Jawohl, er dankt, er fordert die Diskussion – wohin? Was soll die Diskussion?! Die Sache wird beschlossen, Herr Staatssekretär! Diskutiert ist relativ wenig geworden.

Dass die Politiker die „Verantwortung übernehmen“, ist immer die schönste Aussage. Bis jetzt ist kein Politiker bei uns an dieser Verantwortung, die er getragen hat, zu­grunde gegangen. Er muss nur manchmal mit sich ins Reine kommen, und das scheint sogar beim Rasieren manchmal sehr leicht zu fallen.

Ich betrachte diese Europa-Gesetzgebung, die wir heute beschließen, wie schon vor­angegangene als verfassungskonforme anti-patriotische Gesetzgebung. Es bleibt von unserem Vaterland wirklich nur noch der Name übrig!

Ich habe in der heutigen Ausgabe von „Le Monde“ gelesen, dass Bundeskanzler Schüssel in einem Interview mit dieser Zeitung, bevor er heute nach Paris gefahren ist, gesagt hat: Für Österreich ist die EU-Verfassung ein zweiter Staatsvertrag.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Jahre 1955 wurden wir von vier Besatzungsmäch­ten befreit – und jetzt begeben wir uns in eine verfassungsmäßige Oberhoheit, die wir nie wieder beeinflussen können! Diese Aussage des Herrn Bundeskanzlers ist zumin-


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