Bundesrat Stenographisches Protokoll 720. Sitzung / Seite 109

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Zu den Fragen 6 bis 8:

Die Frage allfälliger weiterer Rehabilitierungsschritte im Gedenkjahr 2005 wird der­zeit, soweit es mein Ressort betrifft, auch im Justizausschuss diskutiert. Ich ersuche daher um Verständnis, dass ich den kommenden Beratungen an dieser Stelle nicht vorgreifen möchte.

Zur Frage 9:

Bei der dem Bundesministerium für Justiz zur Verfügung stehenden Datenbank „Wehr­machtsdeserteure“ handelt es sich um ein wichtiges wissenschaftliches Pro­jekt des Instituts für Staatswissenschaften der Universität Wien, das dazu dienen sollte, die Problematik „Opfer der NS-Militärjustiz“ zu beleuchten und deren Dimension eini­germaßen zu erfassen. Wie von den Erstellern dieser Datenbank selbst betont wird, erfasst diese auf Grund des vielfach unvollständigen beziehungsweise unzugänglichen Archivmaterials jedoch nur einen Bruchteil der potenziell Betroffenen. Zudem sind einige der historischen Datensätze für eine weitere Bearbeitung unzureichend, weil sowohl notwendige Identifizierungsmerkmale – zum Beispiel der Geburtsort, aber auch das Geburtsdatum – fehlen und Quellenangaben beziehungsweise Urteilsdaten nicht vollständig sind. Selbst die für die praktische Umsetzung wesentliche Frage, wer von den erfassten Personen überhaupt noch am Leben ist, kann mit dem eingeschränkt zur Verfügung stehenden Material oft nicht beurteilt werden.

Bei der von Ihnen geforderten amtswegigen Vorgangsweise, auf die ich später noch näher eingehen möchte, wären daher in jedem Einzelfall umfangreiche Erhebungen dahin gehend durchzuführen, um wen es sich bei der angeführten Person jeweils han­delt, ob und gegebenenfalls wo diese lebt beziehungsweise wer allenfalls die in Betracht kommenden Angehörigen sind, denen ein Beschluss zugestellt werden könnte. Die praktische Verwendbarkeit dieser Datenbank für eine unmittelbare Be­schlussfassung ist damit sehr stark eingeschränkt.

Weiters ist zu berücksichtigen, dass der historische Gesetzgeber unmittelbar nach dem Krieg bei der Normierung einer amtswegigen Vorgangsweise im Auge hatte, dass die Justizbehörden bei der Bearbeitung anhängiger Fälle nicht auf eine Antragstellung durch – allenfalls noch in Kriegsgefangenschaft befindliche – Betroffene angewiesen sein sollten. – Das war der Grund für die Amtswegigkeit.

Das neben der Beschlussfassung auf Antrag vorgesehene Tätigwerden von Amts we­gen ist naturgemäß im zeitlichen Zusammenhang mit dem Inkrafttreten dieser Gesetze zu sehen. Damals waren die von dieser Bestimmung betroffenen Verfahren gerade erst abgeschlossen oder noch anhängig und die jeweiligen Verjährungsfristen für die allenfalls noch weiter zu verfolgenden nicht militärischen Straftaten vielfach noch nicht abgelaufen.

Nunmehr, nach 60 Jahren, sind eine rückwirkende Ausforschung und Verständigung der wenigen noch lebenden Betroffenen – wie Sie richtig ausgeführt haben, leben leider nur mehr sehr wenige von den davon betroffenen Menschen – beziehungsweise ihrer Angehörigen und die Veranlassung einer entsprechenden Beschlussfassung von Amts wegen ein äußerst komplexes und schwer durchführbares Unterfangen. Daher wurden jene Personen, die bisher als Sprecher der Betroffenen aufgetreten sind oder mit ihnen insbesondere im Zuge der Datenbankerstellung persönlichen Kontakt hatten, um ihre Unterstützung ersucht.

Während sich eine Gruppe dieser Betroffenen äußerst kooperativ zeigte und die mit entsprechender Eigeninitiative bislang namhaft gemachten Fälle – das waren in Sum­me 34 – umgehend einer entsprechenden Beschlussfassung im Wege einer Antrag­stellung durch die Staatsanwaltschaft, was ich betonen möchte, zugeführt werden


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite