Bundesrat Stenographisches Protokoll 720. Sitzung / Seite 117

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Der Zweite Weltkrieg war ein von Nazi-Deutschland verschuldeter Angriffs- und Ver­nichtungskrieg. Die als Deserteure verurteilten Menschen – ob sie sich nun aus Angst um ihr Leben oder aus Gewissensgründen widersetzt haben – haben einen Beitrag geleistet, dieses System zu Fall zu bringen. Verurteilt wurden sie von einem ver­brecherischen Regime – ja natürlich ist so etwas ein Unrechtsurteil! Jetzt, 60 Jahre später, sind wir in einer Demokratie, und die Geschichte holt uns immer noch ein: Es ist noch immer nicht möglich, dass diese Menschen rehabilitiert werden. Es wäre keine so große Sache; ich glaube, da stehen wir uns eher selbst im Weg. Es wäre leicht zu machen.

Nachdem ich, obwohl ich es nicht gerne tue, heute schon H. C. Strache zitieren musste, werde ich jetzt mit einem Zitat enden, das mir um vieles besser gefällt, nämlich einem von Bertolt Brecht: „Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht.“ (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.19


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Mag. Gudenus das Wort.

 


17.19.14

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Kollegen und Kolleginnen! In der heutigen Debatte wollen wir uns doch darüber im Klaren sein – so wie auch Frau Präsidentin Haselbach gesagt hat –, dass wir die Position des anderen verstehen mögen. Ich glaube, das ist ein sehr vernünftiger Grundsatz – nicht nur bei diesem Thema, aber vielleicht besonders bei diesem Thema –, wenn man ein bisschen von der hier bisher von manchen geäußerten Mei­nung abweicht.

Es ist dies ein Thema, welches man als historisch bezeichnen könnte, und da gilt es die Differenz zwischen einer Betrachtung ex tunc oder ex nunc zu beachten. Auf welcher Seite Personen standen, die unmittelbar nach dem Krieg gelebt haben, und wie sie innerlich gefühlt haben, können wir hier und heute gar nicht mehr nach­vollziehen. Wir wissen aber, dass sie ein anderes Geschichtsbild, ein anderes Be­wusstsein hatten und der Situation von damals ein anderes Fühlen entgegenbrachten als wir heute, die aus historischen Fakten, die uns erst in den letzten 20, 30 Jahren bekannt gemacht worden sind, die Zeit von damals sehen, sehen können und sehen müssen.

Mein Vorredner Schennach hat das Wort Mut gebraucht. Mut ist, wenn man im Bewusstsein der Konsequenz seines Handelns dieses Handeln auch umsetzt. Das trifft für einen Deserteur und Widerstandskämpfer ebenso zu wie für einen Soldaten, egal welchen Dienstgrades, speziell in den letzten Kriegsmonaten, in denen das Ende im Grunde absehbar war und er trotzdem die Kameradschaft, die Zusammenarbeit mit seinem – ich drücke es soldatisch aus – Haufen nicht sein ließ, sondern im Bewusst­sein seines möglichen Ablebens in diesem „Haufen“ nicht abgehauen ist. In den letzten Kriegswochen, als die Front wirklich schon an die Heimat gerückt war, ist es auch Mut gewesen, sich zur Verteidigung einzelner Ortschaften nicht nur im Sinne der Kamerad­schaft, sondern auch der Bevölkerung, die sich dort aufgehalten hat, hingestellt zu haben. Hier im Osten Österreichs waren es die sowjetischen Soldaten, die sicherlich nicht als Befreier gekommen sind, sondern als Eroberer. Es bezeugen auch die Kriegsauszeichnungen, die die Sowjets haben, dass sie Wien erobert und nicht befreit haben – im Gegensatz etwa zu Prag und Warschau. Dort bekamen sie Befreiungs­medaillen, hier und in Budapest Eroberungsmedaillen und in Berlin auch. Dann gab es noch Feldzugsmedaillen für den deutschen Feldzug und den Japanfeldzug. Die hat jeder Soldat bekommen, der da mitgemacht und es dann hoffentlich auch überlebt hat.

 


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