Bundesrat Stenographisches Protokoll 720. Sitzung / Seite 121

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auf die jeweilige Rechtssprechung, und darauf können wir uns auch einigen. Wenn hier von Kollegen Schennach Zahlen von 5 000 bis 8 000 Standgerichtsopfern genannt werden, dann kann ich nur sagen: Jawohl, ein Hohn auf die Rechtssprechung! Das war keine Rechtssprechung, es fanden überhaupt keine Verhandlungen in dem Sinne statt, dass man von Recht sprechen hätte können.

Hier wäre ein Ansatz zur Differenzierung gegeben, statt eine zeitgeistig-bequeme For­derung zu erheben und Lösungen zu bieten, welche nicht Recht, sondern neues Unrecht schaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.38


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Todt. Ich erteile ihm das Wort.

 


17.38.37

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Meine Damen und Herren! Kollege Gudenus hat vom Geschichtsbild und vom Zuhören gesprochen. – Ich habe sehr genau zugehört, Herr Kollege Gudenus, und ich bin mit Ihrem Geschichtsbild nicht einverstanden. Ich möchte mich ausdrück­lich von Ihrem Geschichtsbild distanzieren.

Wenn Sie davon sprechen, dass es Mut bedeutet, die Heimat zu verteidigen, mag das schon sein für den einen Teil, aber welchen Mut bedeutet es, dass man Vierzehn­jährige, Sechzehnjährige an die Front schickt, um diese Heimat zu verteidigen, oder Alte und Gebrechliche dazu verwendet, um diese Heimat zu verteidigen? Welchen Mut bedeutet es und was verstehen Vierzehnjährige, was verstehen Fünfzehnjährige, Sechzehnjährige davon, was sie hier tun? Was verstehen diese Leute davon? Was verstehen sie davon, wenn sie davonlaufen? Was haben sie davon verstanden?

Ich frage Sie, Kollege Gudenus: Was haben diese Leute davon verstanden? Und auch diese wurden hingerichtet oder zumindest verurteilt. (Bundesrat Mag. Gudenus: Aber nicht von Militärgerichten!) Auch diese Leute wurden hingerichtet und verurteilt. Daher, Kollege Gudenus, verstehe ich das nicht, was Sie hier gesagt haben, daher verstehe ich nicht, was Sie über Mut gesagt haben zur Verteidigung der Heimat.

Herr Kollege Gudenus! Wenn Sie einen Unterschied machen zwischen dem Begriff der Eroberung und der Befreiung, so mag das in Ihrem Bild schon richtig sein, aber Österreich hat zu diesem Zeitpunkt nicht bestanden, daher musste ja Wien von den Russen erobert und die deutsche Wehrmacht vertrieben werden. Oder ist das falsch, Kollege Gudenus? Oder wie würden Sie all das bezeichnen? Wie würden Sie das bezeichnen? War Wien besetzt oder war es Teil des Dritten Reiches? Wie ist das genau mit Eroberung und mit Befreiung? Wie ist das genau?

Für viele Menschen war der Sieg ... (Bundesrat Mag. Gudenus: Da ich nicht Minister bin, können Sie mich nicht befragen!) – Kollege Gudenus, Sie haben hier gesprochen, daher kann ich Sie natürlich fragen. Sie können es mir auch sagen. Ich werde die Frau Justizministerin natürlich auch einiges fragen, aber ich möchte mich zunächst ganz gerne damit auseinander setzen, wie das denn mit Ihrem Geschichtsbild ist, weil Sie den Appell ausgesprochen haben, den auch die Frau Präsidentin zuvor an uns ge­richtet hat, dass man mit diesem Thema hier sehr vorsichtig umgehen möge. Ich möchte nur Ihr Geschichtsbild ein bisschen „auseinander nehmen“, damit klar ist, wie Ihr Geschichtsbild ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Gudenus! Noch etwas. Wenn Sie von unglücklichen Menschen in Prozentsätzen sprechen, wenn Sie die Zahlen, die von Kollegen Schennach genannt wurden, in Prozenten bringen – ich weiß nicht, wie viele Millionen in der deutschen Wehrmacht umgekommen sind, ich habe mir das nicht so genau gemerkt –, so kann ich Ihnen


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