Bundesrat Stenographisches Protokoll 720. Sitzung / Seite 132

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Aber natürlich geht es bei dieser Dringlichen Anfrage nicht in erster Linie um die politische Performance dieser Regierung; die haben wir Ihnen bei vielen Dringlichen Anfragen, bei vielen Debatten und in anderen Formen vorgehalten, mit zunehmendem Gehör der Menschen in unserem Lande.

Es geht darum, ob es eigentlich noch eine Regierung gibt. (Bundesrat Dr. Kühnel: Die gibt es!) Stimmt, Sie haben Recht. Der Herr Staatssekretär sitzt hier, und ich glaube, er weiß, wohin er gehört. Gut, es gibt noch eine Regierung. (Bundesrat Dr. Kühnel: Wir haben heute schon zehn Mitglieder gesehen! Also gibt es eine!) Ja, es gibt eine. Die Frage ist die nach ihrer Legitimation. Sicher, die Regierung ist legitimiert. (Bundesrat Dr. Kühnel: Sie hat die Mehrheit im Parlament!) Sie hat, das sagen Sie, manchmal eine Mehrheit im Parlament. (Rufe bei der ÖVP: Immer! Immer!) Immer. In Abwandlung eines Werbeslogans: nicht immer, aber immer seltener! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ sowie den Grünen.)

Meine Damen und Herren von der ÖVP, Sie haben 2000 und 2002 eine Koalition geschlossen, vor der Sie viele gewarnt haben. Sie haben mit diesem Koalitionspartner die Politik, die ich mit ein paar Querverweisen nur gekennzeichnet habe, durchgeführt, und Sie haben nun einen Partner, dessen Struktur, Stärke, politische Zielsetzung in höchstem Maße zweifelhaft ist.

Es steht jedem zu, sich seine Partner auszusuchen, aber er wird auch danach beurteilt. Mein Urteil ist dabei absolut unmaßgeblich, aber ich werde es nicht verabsäumen, den Menschen in meinem Bezirk mein Urteil nahe zu bringen, und das werden meine Kolleginnen und Kollegen auch tun. Ich glaube, die Schlagzeilen der letzten Tage, auch in solchen Blättern, die üblicherweise wenig Sympathie für Rot, Grün oder eine andere Nicht-Regierungsgruppierung haben, haben Ihnen wohl deutlich gemacht, auf welchem Pfad Sie sich befinden: auf einem, der weit über jenen Kreis der Menschen, die die SPÖ politisch erreichen oder beeinflussen kann oder mit denen sie in Über­einstimmung agiert, hinaus massivst abgelehnt wird. Aber das sind Sie natürlich gewohnt, eine Politik zu machen, die in diesem Land massiv abgelehnt wird.

Ich bewundere – nein, bewundern tue ich ihn nicht, denn es geht um unser Land – Ihren Mut, aber es ist die Republik, die das Risiko trägt, nicht Sie persönlich. Das politi­sche Schicksal dieser Regierung und der Spitzenrepräsentanten, ja selbst der ÖVP ist nicht wirklich mein primäres Anliegen – verständlich; Sie werden mir nicht wider­sprechen. Aber naturgemäß ist das, was diesem Land angetan wird, in jeder Hinsicht mein primäres Anliegen. Und wenn zu einer falschen Politik eine Politik der Instabilität dazukommt, dann wird es für dieses Land und seine Zukunft gefährlich, und es wird von Woche zu Woche gefährlicher. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich möchte mich nicht in Mutmaßungen über die Motive dieses Verhaltens ergehen, aber die Fakten sind eindrucksvoll genug. Da beschließt die politische Führung der zweiten Koalitionspartei, sich von ebendieser Partei loszusagen und eine eigene Partei zu gründen, in Abgrenzung von zumindest einigen Vertretern der bisherigen Regie­rungspartei. Dieses BZÖ – jeder darf sich den Namen geben, den er will; auch unser Namensrecht ist ein sehr liberales, erst recht unser politisches Namensrecht – tritt also offensichtlich mit der Illusion an, nun würden – Herr Strache, Herr Mölzer und Herr Stadler ausgenommen – sämtliche Mitglieder, Wähler, Mandatare, Funktionäre der FPÖ – vielleicht auch Herr Gudenus ausgenommen – voll Begeisterung sagen: Ja, das ist es! (Bundesrat Mag. Gudenus: Nein! – Allgemeine Heiterkeit sowie Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Bundesrat Dr. Kühnel: Ihr von der SPÖ seid leicht zu unter­halten!)

Dann bricht eine Entwicklung los, an deren Ende selbst für einen aufmerksamen Beob­achter die Anzahl der Teile des ehemals Ganzen nicht so klar überschaubar ist. Es


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