Bundesrat Stenographisches Protokoll 720. Sitzung / Seite 134

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einem Zettel in der Hand im Nationalrat herum und sammelt Unterschriften wie für einen Entschließungsantrag, aber er bekommt nicht genug Unterschriften zusammen. Und dann wird der Herr Bundeskanzler ganz gnädig und sagt: Muss ja nicht sein! Und dann setzen sich die Herren Scheibner und Molterer vor die Kameras und schütteln sich die Hand – und das ist es auch.

Wenn Sie mir erklären wollen, das sei politische Stabilität einer Regierung, die über die nächsten 16 Monate in der Lage ist, diese Republik initiativ und innovativ zu regieren, dann setzen Sie sich nicht in Widerspruch zu mir – ich bin da ganz unwichtig –, sondern zur übergroßen Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Das ist ja eine kurzfristige Entwicklung: Das Ganze hat am 4. April begonnen, vor zehn Tagen. Als im Nationalrat und rund um den Nationalrat zum ersten Mal darüber ge­sprochen wurde, da haben Sie, die Vertreter der Regierung, darauf hingewiesen, dass die Österreicherinnen und Österreicher trotz des Antrages, den Grüne und SPÖ im Nationalrat gestellt haben, nicht für Neuwahlen wären.

Tatsächlich waren zu diesem Zeitpunkt, Umfrage veröffentlicht am 7. April, nur 47 Pro­zent der Österreicherinnen und Österreicher für Neuwahlen. Das ist inzwischen Ge­schichte. Laut einer OGM-Umfrage, veröffentlicht am 12. April, sind jetzt bereits 57 Prozent für Neuwahlen. Und eine Meinungsänderung von 10 Prozent innerhalb von fünf Tagen sollte vielleicht sogar Ihnen zu denken geben. Hier ist einfach klar der Ein­druck entstanden ... (Bundesrat Mag. Himmer: Und wenn es nächste Woche wieder 5 Prozent weniger sind? – Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.)

Nein, Herr Kollege, Neuwahlforderungen nur aus parteipolitischem Jux sind in Öster­reich extrem unpopulär. Ich sage ganz ehrlich: Auf dem Höhepunkt der Proteste gegen die Pensionsreform hat es keine 35 Prozent gegeben, die für Neuwahlen eingetreten sind, obwohl sehr viel mehr diese Reform ablehnten.

Sie haben wirklich keine Ahnung von den Meinungsstrukturen in Österreich. Die Öster­reicher haben ihre Meinung zu politischen Problemen. Da können sie auch – und das sind sie sehr oft – im Gegensatz zur Meinung der jeweils Regierenden – das kann uns genauso betreffen – sein, aber sie sind grundsätzlich der Meinung, dass jene, die gewählt sind, ihre Aufgabe für die jeweils vollen vier – oder in den Ländern fünf oder sechs – Jahre erfüllen sollen.

Wer in den Augen der Bevölkerung mutwillig – mutwillig, sage ich – vorzeitige Wahlen vom Zaun bricht, ist noch immer abgestraft worden. Herr Kollege! Dass die Neuwahlen des Jahres 2002 von der Bevölkerung in der damaligen Situation nicht als mutwillig empfunden wurden, das zeigen Umfragen zu diesem Thema, und es hat sich auch am Resultat gezeigt. Das habe ich genauso zur Kenntnis zu nehmen.

Aber Sie sollten – noch einmal! – im Interesse des Landes zur Kenntnis nehmen, dass hier ein Wunsch der Bevölkerung nach Stabilität besteht, der ein sehr, sehr starker ist, und dass gerade deshalb in einem geradezu sensationellen Umfang diesem Expe­riment die Gefolgschaft versagt wird und dass die Versicherung, es sei ohnehin alles in Ordnung, nicht akzeptiert wird. Das sollte Ihnen zu denken geben.

Ich habe hier auch eine aktuelle Unterlage. Der „Kurier“ hat in seinem Web-Forum eine Umfrage gestartet, an der bisher rund 10 000 Personen teilgenommen haben. Der „Kurier“ ist nicht gerade das Zentralorgan der SPÖ, um das noch einmal in Erinnerung zu rufen, auch nicht der Grünen, soweit ich informiert bin. (Bundesrat Schennach: Nein!) Die Mehrheitsbeteiligung liegt da eher (in Richtung ÖVP) auf dieser Seite. (Bundesrat Schennach: Beim Giebelkreuz!) – Liegt beim Giebelkreuz. Und bei der Leserschaft ist es nicht so ganz anders.

 


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