Bundesrat Stenographisches Protokoll 720. Sitzung / Seite 141

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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung des Bundesrates die Redezeit eines jeden Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Wiesenegg. – Bitte.

 


19.09.35

Bundesrat Helmut Wiesenegg (SPÖ, Tirol): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Es ist sicher schwierig, nach der vorangegangenen Debatte über die Wiedergutmachung zur Tagesordnung überzu­gehen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich an Ihrer Stelle würde doch ein wenig warten.

Sehr geehrtes Hohes Haus! Dieses Thema ist mir sehr wichtig, da bereits vieles gesagt wurde.

Geschätzte Damen und Herren! Es ist offensichtlich kein Problem, in der Säulenhalle des Parlaments einen Biertisch aufzustellen und kurzum eine neue Fraktion zu gründen, die – wenn es nach den Auslegungen von ÖVP, FPÖ und BZÖ, wie auch im­mer, geht – noch dazu Gelder der Steuerzahler beziehen will. Da nützt auch die rechtliche Auslegung nichts, Herr Staatssekretär, noch dazu ohne jegliche Legitimation unserer Bürger und ohne jegliche Legitimation eines klaren Demokratieverständnisses! Moral, meine geschätzten Damen und Herren, scheint hier völlig außer Acht gelassen zu sein.

Haider meinte im Jahr 1993 – Frau Präsidentin, Sie gestatten, dass ich zitiere –: Es könne nicht angehen – und das ist jetzt der Punkt, meine Kollegen von der FPÖ oder BZÖ, wie auch immer –, dass jemand mit einer Partei Mandate und Funktionen erringt, aus dieser austritt, sie kritisiert, aber keine Konsequenzen zieht. – Zitatende.

Geschätzte Damen und Herren, besonders an die Adresse der ÖVP gerichtet! Die Vorkommnisse der letzten Tage sind für mich ein Skandal, der seinesgleichen in unserer Republik sucht! (Bundesrat Ing. Kampl: Das ist eine Beleidigung!) ÖVP-AK-Präsident Dinkhauser spricht sogar von einer Gefahr für die Republik und die Demokratie insgesamt. Nicht die Sozialdemokratie, sondern ein ÖVP-Spitzenfunktionär des Bundeslandes Tirol wählt diesen Stil.

Geschätzte Damen und Herren! „FORMAT“ berichtet heute (Oje-Rufe bei den Freiheitlichen) von einer Zuspielung von Steuergeldern eines FPÖ- oder – wie sollen wir es nennen? – BZÖ-geführten Ministeriums an eine FPÖ-Vorfeldorganisation, die dafür Schuldenrückzahlung an die FPÖ leisten sollte. Dies ist heute nachzulesen. – Sie, meine Damen und Herren dieser Notgemeinschaft von FPÖ, ÖVP und BZÖ, tragen diesen Skandal mit! (Ruf bei der SPÖ: Das ist ein Skandal!)

Eine große österreichische Tageszeitung titelt sogar – ebenfalls an die Adresse der ÖVP gerichtet –: „Taktik statt Sache – italienische Verhältnisse am Ring“.

Geschätzte Damen und Herren, da liegt des Pudels Kern! Mit Ihrem Gesamtverhalten, dem Versperren von Neuwahlen und dem chaotischen Goutieren von FPÖ und BZÖ, geben Sie nicht nur die politischen Parteien unseres Landes, sondern auch unsere Demokratie der Lächerlichkeit preis. (Abg. Ing. Kampl: Warum so überlegen? Das soll man nicht machen, geschätzter Freund!) Zusätzlich wirkt sich das auf das öster­reichische Erscheinungsbild im In- und Ausland aus – ich weiß, wovon ich rede –, dessen Schaden heute noch gar nicht abschätzbar ist; ganz abgesehen davon, dass das Chaos des Augenblicks die Stabilität Österreichs ohnehin in Zweifel zieht.

 


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