Bundesrat Stenographisches Protokoll 721. Sitzung / Seite 37

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bisher zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ und der Grünen.)

11.26


Präsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Lindinger. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


11.26.53

Bundesrat Ewald Lindinger (SPÖ, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Herr Präsident Straub! Die Verfassungen sind die Spielregeln der Staaten. In der Verfassung sind auch die Organe des Staates geregelt, wie zum Beispiel in Österreich der Bundespräsident, die Bundesregierung, der Nationalrat, der Bundesrat, die Organe der Länder und Gemeinden und der Gerichtshöfe. Die Verfassung regelt ebenso die Gesetzgebungsprozesse und die Aufgaben der Gebietskörperschaften.

Die Europäische Verfassung regelt das Zusammenleben der rund 450 Millionen Bürgerinnen und Bürger in derzeit 25 Mitgliedstaaten. Sie berücksichtigt auch schon den möglichen Beitritt weiterer Staaten zur Union. Die Europäische Verfassung stärkt das Europäische Parlament und wird neben dem Rat zum gleichberechtigten Gesetz­gebungsorgan. Das bedeutet, dass künftig 95 Prozent aller Gesetze nur noch gemeinsam mit dem Europäischen Parlament beschlossen werden können.

Bei der Zusammensetzung der Kommission kann nun das Europäische Parlament mitreden. Es wird in Zukunft auch den Kommissionspräsidenten wählen und nicht nur, wie derzeit, bestätigen. Die gesamte EU-Kommission einschließlich der neuen euro­päischen Außenministerin wird dem Parlament verantwortlich sein.

Mit dem europäischen Volksbegehren wird erstmals ein Instrument der direkten Demo­kratie eingeführt. Mit einem solchen von mindestens einer Million EU-Bürger unter­zeichneten Volksbegehren kann die EU-Kommission aufgefordert werden, einen bestimmten Gesetzesvorschlag auszuarbeiten.

Meine Damen und Herren! Auch die nationalen Parlamente sind in Zukunft besser und früher in die europäische Gesetzgebung eingebunden. Die europäische Gesetzgebung wird ein Mitentscheidungsverfahren und räumt dem Europäische Parlament die beste Möglichkeit der Mitgestaltung ein. Das Europäische Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und der Ministerrat als Staatenkammer werden also im Mitentschei­dungs­verfahren die beiden Arme der europäischen Gesetzgebung sein.

Darüber hinaus beschließen sie auch das Budget der Union. Die neuen Befugnisse des Europäischen Parlaments betreffen insbesondere die Bereiche Justiz, Innere Sicherheit sowie den großen Bereich der Agrarausgaben der Union.

Eine weitere Neuerung ist, dass in Zukunft die EU-Polizeibehörde Europol der parla­mentarischen Kontrolle unterliegen wird.

Meine Damen und Herren! Zu den Werten der Union zählen die Gleichheit von Frauen und Männern, Nichtdiskriminierung, Gerechtigkeit, Solidarität und Minderheitenschutz. Bisher waren hauptsächlich die Aussagen zu den wirtschaftlichen Zielen, wie der Begriff „offene Marktwirtschaft“, oder traditionelle liberale Werte, wie Freiheit und Rechtsstaatlichkeit, in den verschiedenen Verträgen verankert.

Die Europäische Verfassung verankert erstmals soziale Ziele, Werte und Rechte im Verfassungsrang. Außerdem sind neue Ziele, wie Frieden, Schutz der Werte und des Wohlergehens der Völker, ausgewogenes Wirtschaftswachstum sowie eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft, die Vollbeschäftigung und der soziale Fortschritt festgeschrieben.

 


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