Bundesrat Stenographisches Protokoll 722. Sitzung / Seite 52

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Selbstverständlich ist es richtig, vorweg einmal mehr, wie alljährlich, dieses Werk in seiner ganzen Nützlichkeit für den, der außenpolitisch tätig ist, zu loben und zu unter­streichen, wie viel sinnhafte Arbeit da dahinter steckt, und auch zu loben, dass der Ver­such, Wiederholungen zu vermeiden und durch Verknappungen den Umfang zu redu­zieren, gelungen ist.

Der Außenpolitische Bericht bleibt – wie seit Jahrzehnten – ein wertvolles Arbeitshilfs­mittel und ein Stück Register der österreichischen Außenpolitik.

Zu diesem Bericht ist festzuhalten – und darauf komme ich jetzt zurück –, dass mit dem Jahr 2003 unter anderem ein ganz zentraler, die gesamte demokratische Welt in eine ernste, emotional und sachlich geführte Diskussion verwickelnder Vorgang ver­bunden war – und das wird in Wirklichkeit in diesem Bericht nicht ansatzweise deutlich.

2003 – ich darf daran erinnern – war das Jahr des Irak-Krieges. Ich lade Sie ein, den Außenpolitischen Bericht zum Thema UNO aufzuschlagen und die dürren Angaben zu Sicherheitsratsresolutionen, die dort vermerkt sind, Revue passieren zu lassen.

Nichts davon, was damals die Welt bewegt hat – und das zu Recht –, wird in diesem Bericht deutlich gemacht. Und ich halte das für keinen Zufall.

Jene verhängnisvolle Selbstpositionierung der österreichischen Außenpolitik im Jahr 2003, die mit dem unsäglichen Ausdruck der Politik der Mitte umschrieben wurde, als ob es zwischen der Einhaltung von UN-Resolutionen und ihrer Missachtung einen Mittelweg gäbe, jene unsägliche Positionierung wird hier noch einmal in ihrer ganzen Jämmerlichkeit deutlich.

Meine Damen und Herren! Das ist die Schwäche dieses Berichtes, und zwar die ganz zentrale Schwäche, dass er nicht wertet, dass er keine Rangordnung bildet und dass er nicht deutlich macht, welche Lehren österreichische Außenpolitik aus diesem Krieg, aus dieser Auseinandersetzung um den Krieg zu ziehen hätte, wenn wir – ich persön­lich bin dieser Meinung, und es gibt viele Ansätze in der Arbeit des Außenministeriums, die mich dazu verleiten, zu meinen, das könnte auch ein gemeinsamer Nenner wer­den – davon ausgehen, dass es so etwas wie Global Governance geben soll, wenn wir davon ausgehen, dass wir leidenschaftlich daran festhalten, dass das einzige Instru­ment, das wir für internationale Konflikte zur Verfügung haben, so unvollkommen es ist und sein mag, nämlich die UNO, genützt und geschützt werden muss gegen den Zugriff der Mächtigen, die sich halt einfach nicht darum scheren, wenn sie meinen, die politischen und militärischen Bedingungen für ein einseitiges Vorgehen herbeigeführt zu haben.

Dass dies nicht deutlich gemacht wird, dass dies nicht reflektiert wird, dass daraus für das Heute und das Morgen keine Konsequenzen gezogen werden, das halte ich für die Schwäche dieses Berichtes, aber es muss nicht eine Schwäche der Außenpolitik sein. Ich würde die Frau Bundesministerin einladen, hier oder bei jeder anderen Gelegen­heit – das soll nicht inquisitorisch sein – das Gespräch darüber weiterzuführen, wel­chen Beitrag unser Land gemeinsam mit seinen EU-Partnern dazu leisten kann, hier zu einem effizienteren System der UNO zu kommen, und welchen Beitrag es dazu leisten kann, den Beschlüssen der UNO mehr Geltung zu verschaffen und dafür zu sorgen, dass jene, die auf Handeln drängen, aufhören, sich um das Nichtvorhandensein von Beschlüssen nicht zu scheren.

Ich halte das für außerordentlich wichtig und für das zentrale Versäumnis dieses Be­richtes.

Aber ich will ein zweites Thema anschneiden, weil es genauso wichtig ist und weil hier auch ein Scheitern seit 2003 zumindest im ursprünglichen Ansatz erkennbar ist.

 


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