Bundesrat Stenographisches Protokoll 722. Sitzung / Seite 56

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eine Grätsche zwischen den Interessen der Europäischen Union und den österreichi­schen Interessen gefunden werden soll.

Frau Bundesminister! Ich habe manchmal den Eindruck, dass die Interessen der Euro­päischen Union vor den Interessen der österreichischen Bevölkerung rangieren. Si­cherlich, 450 Millionen Einwohner, die die Europäische Union jetzt hat, bedürfen natür­lich auch einer verbalen und inhaltlichen Zuwendung durch unsere Bundesregierung. In erster Linie jedoch ist die Bundesregierung für die Österreicher da. Und ich bitte, dass der Österreichbezug und die Tatsache, dass Österreich im Mittelpunkt zu stehen hätte, in Zukunft mehr in der Politik auch dieses Ministeriums hervortritt.

Dieser Außenpolitische Bericht ist natürlich wie jedes Jahr, wenn ein außenpolitischer Bericht behandelt wird, ein Anhalt einer Tagesordnung, und es steht nichts im Wege, die Politik der letzten Jahre oder jene in den letzten Wochen mit einfließen zu lassen. So erkenne ich also, dass in die vorangegangenen Berichte nie die Idee einer Volks­abstimmung über Österreich und die EU eingeflossen ist. Es war in der Staatsdoktrin einfach nicht vorhanden, dass eine Volksabstimmung über dieses wesentliche Verfas­sungsvorhaben der Republik vorgesehen wäre. Und ich meine, gerade in der Außen­politik wäre es wichtig gewesen, zu zeigen, dass dieses Ministerium in erster Linie für Österreich und nicht für die EU da ist.

Frau Außenminister! In den letzten Tagen konnte man hören, Sie fordern höhere Beträge für die Entwicklungszusammenarbeit. Welches Ministerium fordert nicht für irgendwelche Anliegen höhere Geldbeträge? Ich als Seniorensprecher kann nur sagen, hier kann ich nicht mithalten. Wir brauchen das Geld auch in Österreich!

Ich kann mir nicht vorstellen, dass wegen erhöhter Beiträge im Bereich Entwicklungs­zusammenarbeit, die in weiterer Folge in insgesamt höheren EU-Beitragszahlungen resultieren, Steuererhöhungen vorgenommen werden sollen. So kann es doch wohl nicht sein!

Ich lehne jede Steuererhöhung ab und bin dafür, dass das Geld, das die Österreicher an Steuern zahlen müssen, in erster Linie für österreichische Anliegen verwendet wird und dass man nicht darüber spekuliert, auf einmal auf Grund nötigender interna­tionaler Absprachen in der EU Beitragserhöhungen beziehungsweise eine Erhöhung der Entwicklungshilfe vorzunehmen, von denen dann der österreichische Steuerzahler erst im Nachhinein erfährt, dass dies zu irgendwelchen Erhöhungen im steuerlichen Bereich und bei den Abgaben oder zu Minderungen im Sozialbereich führen kann.

Was die Menschenrechte anbelangt, wäre bei Gott viel zu tun. Ich denke da im beson­deren Maße an die US-amerikanischen Gefangenen in den mehr oder minder gehei­men – oder manchmal nicht einmal mehr geheimen – Gefängnissen – das eine auf Kuba, die anderen im Irak und weitere in Afghanistan. Da wäre ein lauter Aufschrei der Frau Außenministerin notwendig, um die Menschenrechte endlich auch auf diese mut­maßlichen Kriegsverbrecher – abgeurteilt ist keiner von ihnen, und solange gilt auch für diese Personen die Unschuldsvermutung – anzuwenden. Dieser Aufschrei fehlt mir, Frau Außenminister!

Bei den Medienberichten und Informationen fehlt die Ausgewogenheit: Medienberichte und Informationen erfolgen im Zusammenhang mit einer EU-lastigen Politik und einer vorauseilenden EU-Verfassungstreue. Ich meine, der österreichische Steuerzahler hat das Recht, ausgewogen über die österreichische Außenpolitik informiert zu werden und nicht nur schöne Berichte zu lesen, in denen der Außenpolitik Rosen gestreut wer­den, während man weiß – ohne dass das böswillig gemeint ist –, dass die Wirklichkeit eben anders ausschaut.

 


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