Bundesrat Stenographisches Protokoll 722. Sitzung / Seite 80

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wenn kein Kompromiss notwendig ist, einen Kompromiss machen? Ich meine, ich bin ja fassungslos vor dem Schulterschlussfernsehen gesessen, als ich den Kardinal und den Gusenbauer gesehen habe. Was ist der Kompromiss? – Religionsunterricht ge­sichert. Bravo, Alfred Gusenbauer! Das Schuldgeld ist weg vom Tisch, ist aber über­haupt nirgendwo gefragt worden. Also was ist jetzt der Kompromiss? Jetzt heißt der Kompromiss: Wir haben doch wieder ein bisschen die Zweidrittelmehrheit gerettet. Das ist der Kompromiss. Das verstehe ich nicht. Das verstehe ich nicht, tut mir Leid. Deshalb werde ich, wenn ich irgendwann einmal meine politische Laufbahn beenden werde, mit dieser offenen Frage noch immer ratlos herumgehen. (Allgemeine Heiter­keit.) Was ist ein Kompromiss, wenn eine Regierung sowieso bereit ist, das zu strei­chen? Warum muss ich dann als Opposition etwas wieder zurückverhandeln, was die Regierung eigentlich gar nicht mehr wollte?

Sie hat es früher nicht gewollt, das stimmt schon. Aber es bedurfte eines Bildungs­gipfels, es bedurfte PISA 1, PISA 2, es bedurfte – ich schaue da hinüber (der Redner blickt in Richtung ÖVP) – der dankenswerterweise ergriffenen Schnider-Initiative einer Bildungsenquete des Bundesrates. Das soll man ja bei dieser Gelegenheit nicht vergessen. All dessen hat es bedurft. – Gut.

Ich bin ja kein pessimistischer Mensch. Das wissen langsam alle, die hier sitzen. Ges­tern saß ich im Auto – auch ein Grüner fährt manchmal Auto (Oh- und Ah-Rufe bei ÖVP und SPÖ) – und voll Faszination hörte ich die Nachrichten. Ich hörte ... (Anhal­tende Zwischenrufe.) Na, ist das jetzt so schlimm? Mein Gott! Wenn man es sinnvoll verwendet, ist alles gut. (Beifall der Bundesrätin Dr. Lichtenecker.) Da hörte ich in den Nachrichten eine gewisse Landesrätin Ploder-Edlinger. Da habe ich mir gedacht, sei doch optimistisch, es ist ja interessant, eine Landesrätin hat jetzt diese – ich glaube, die Frau Neuwirth hat es gesagt – offene Tür offensichtlich durchschritten.

Aber es ist eine Hoffnungsgeschichte, meine Damen und Herren. Hätten wir diesen lauen Kompromiss nicht, wäre die Türe ohnedies offen gewesen. Jetzt bin ich neu­gierig, ob wir weitere acht solche Erklärungen haben werden, wie wir sie hier aus der Steiermark gehört haben. Ich vermute, dass der Bildungsrebell der ÖVP – ich deute da hinüber (der Redner schaut in Richtung des Bundesrates Dr. Schnider) – ein bisschen dafür ausschlaggebend war. Auf jeden Fall Kompliment, dass die Landesrätin das ge­sagt hat.

Natürlich geht es darum, aber ich habe im Ausschuss auch gesagt – Kollege Hösele kennt diese Diskussion –: Bitte, eure angemessene Differenzierung erinnert mich als Mediensprecher fatal an das „anspruchsvolle Programm“ zur Hauptsendezeit des ORF. Wer versteht was unter „anspruchsvollem Programm“? Die einen sagen, der „Musikan­tenstadl“ ist das Nonplusultra des Anspruchsvollen, die anderen sagen, nein, „Rex“, weil man da sieht, wie man einen Hund dressiert und welche Dinge ein Hund tun kann, und die anderen wollen nur „Universum“. Also jetzt können Sie es sich aussuchen: Ist es der Krimi, ist es das „Universum“, ist es der „Musikantenstadl“? Alles geht unter dieses Dach, alles fällt da hinein, alles ist anspruchsvoll. Wir leben nur in einem anspruchsvollen ORF-Medienzeitalter.

Und so wird es auch hier werden. Liebe Leute, ich habe auch im Ausschuss gesagt, wenn wir es in diesem kleinen Ausschuss zustande bringen, dass zumindest nur vier unterschiedliche angemessene Differenzierungsformen herauskommen, dann werde ich mit meiner Fraktion reden, ob wir nicht sagen könnten, mein Gott, wir wollen ja die Abschaffung der Zweidrittelmehrheit, 90 Prozent – ich glaube nicht einmal, dass es 90 Prozent sind – oder 80 Prozent sind weg. Aber es wird nicht stattfinden.

Okay, Kollege Schnider, ich habe dir sehr gut zugehört. Du sagst genau das, was zu erwarten ist. Du siehst es als positiv. Ich habe gesagt, es wird uns nichts anderes übrig


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