Bundesrat Stenographisches Protokoll 722. Sitzung / Seite 84

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Präsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Blatnik. – Bitte, Frau Bundesrätin.

 


18.24.21

Bundesrätin Ana Blatnik (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Frau Ministerin! Gospod president! Gospa ministrica! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Dragi kolegi, drage kolegice! Erlauben Sie mir, dass ich, bevor ich zum eigentlichen Tagesordnungspunkt Stellung beziehe, dem Kollegen Kritzinger eine Informations- beziehungsweise Auf­klärungsfrage stelle. Er hat in seiner Rede von der Unterwanderung der Kärntner Slowenen gesprochen. – Ich will Ihnen nichts unterstellen, ich möchte nur Aufklärung darüber, was Sie damit meinen.

Jetzt zum eigentlichen Tagesordnungspunkt. Reformen im österreichischen Schulwe­sen waren und sind dringend notwendig. Es ist bewiesen, dass jede fünfte Schülerin, jeder fünfte Schüler im Alter von 15 Jahren weder ausreichende Kenntnisse im Lesen noch im Rechnen hat.

Es ist leider so, dass das österreichische Schulsystem die Effekte der sozialen Her­kunft noch verstärkt und nicht verkleinert. Das heißt, dass das österreichische Schul­system nicht gleiche Chancen für alle Schüler und Schülerinnen unabhängig von der Herkunft und vom finanziellen Hintergrund der Eltern schafft. Unser Schulsystem ist in vielen Bereichen den Anforderungen der modernen Arbeitsgesellschaft, in der beide Elternteile arbeiten, bei weitem nicht gewachsen.

Bei der letzten Nationalratssitzung ist die Zweidrittelmehrheit bei Schulgesetzen, die eine Blockade für die notwendigen Schulreformen darstellte, gefallen. Jede parlamen­tarische Mehrheit ist nun für die Qualität im Schulsystem verantwortlich! Die Ausreden der Zweidrittelmehrheit gelten nicht mehr. Alle Schulreformen können mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. Diese Voraussetzungen sind keine Garantie – ja, das wissen wir –, aber diese Voraussetzungen können eine Chance sein, die wir nützen sollen.

Wir brauchen einen Kompromiss, um diese Chance nützen zu können und vielleicht die Lähmung in der Schulreform zu durchbrechen. Folgende Punkte sind jetzt in der Verfassung verankert worden – und diese Punkte, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten von ganz besonderer Bedeutung –: die Schulgeldfreiheit, die Schulpflicht, das öffentliche Schulwesen, das Verhältnis Kirche-Schule sowie Ziele und Aufgaben der Schulen.

Zur Schulgeldfreiheit wäre zu sagen, dass der Zugang zur Bildung nichts kosten darf! Von den Regierungsparteien wurde den Universitäten versprochen, dass keine Stu­diengebühren zu zahlen sind, trotzdem ist das geschehen. Wir haben uns immer dagegen ausgesprochen.

Zum zweiten Punkt, meine Damen und Herren, der Schulpflicht, zähle ich auch die Berufsschulpflicht. Dadurch ist eine Absicherung der Berufsschulen gegeben, und das ist sehr, sehr wichtig. Die Berufsschulen sind eine wichtige Ergänzung der Ausbildung für jene Jugendlichen, die in einer beruflichen Ausbildung stehen. In den Berufsschulen werden neben beruflichen auch allgemein bildende Kenntnisse vermittelt.

Zum nächsten Punkt, dem öffentliches Schulwesen. Die Schule soll eine öffentliche Angelegenheit sein. Dadurch ist Chancengleichheit für alle Schüler, für alle Schülerin­nen gegeben. Wir lehnen alle Privatisierungstendenzen ab, denn nicht alle können sich eine Privatschule leisten.

Ziel der österreichischen Schule soll es sein, dafür zu sorgen, dass es Chancengleich­heit für alle Schülerinnen und Schüler gibt und dass die Schulen unabhängig von der Herkunft, der sozialen Lage und dem finanziellen Hintergrund der Eltern ein best- und


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