Bundesrat Stenographisches Protokoll 722. Sitzung / Seite 144

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Wir haben hier jetzt Adaptierungen vorzunehmen, die sich im Spannungsfeld des Schutzes des Einzelnen, der Pressefreiheit und der rasanten Modernisierung bewe­gen. Die rasante technologische Entwicklung in diesem Bereich ist atemberaubend.

Diesem Mediengesetz, mit dem wir heute nachziehen – Kollege Konecny hat gesagt, mit dem wir Lücken schließen –, werden wir unsere Zustimmung geben, obwohl ich, wie ich es auch im Ausschuss gesagt habe, eigentlich überrascht bin, dass es von Seiten der Bevölkerung in den letzten Monaten zwei wahre Reaktionslawinen gegeben hat, und zwar eine Reaktionslawine zur Europäischen Verfassung und eine wesentlich stärkere zu diesem heute zu beschließenden Mediengesetz. Ich hatte da allerdings das Gefühl, dass die AbsenderInnen einem Irrtum aufsitzen. Es geht natürlich um das Inter­net, eine hochsensible Materie. Es geht darum, ähnlich wie bei Printprodukten Absen­der dann, wenn sie geeignet sind, mit dem, was sie veröffentlichen, eine öffentliche Meinung zu beeinflussen respektive auch gewerblich etwas zu bewirken, zu ver­pflichten, das mit einem Impressum zu versehen. Der vorherrschende Irrtum ist – ich denke gerade an eine Aussendung, die heute in der Früh gekommen ist, in der sich jemand beschwert –, dass der, der eine Homepage macht, weil sein Kind Geburtstag hat, auf die alle zugreifen können, ein Impressum mit allen Daten dazusetzen müsste. Das ist ein Irrtum! Ich weiß nicht, wer das in die Welt setzt. Wenn es im absolut privaten Bereich ist, bewirkt das keine Beeinflussung der öffentlichen Meinung und gehört daher da auch nicht hinein.

Mit dieser Anpassung werden auch ein paar andere Dinge vereinfacht, zum Beispiel wertangepasste Entschädigungssummen, die wir noch nicht hatten und bei denen durch die Euro-Umrechnung besonders lustige Zahlenkombinationen entstanden sind. All das wird jetzt vereinfacht, und das ist auch wichtig.

Nun aber zu dem, was auch Professor Böhm angesprochen hat – ich habe das im Ausschuss auch schon gesagt –, was der wirkliche Wermutstropfen ist. Frau Bundes­ministerin, ich bin Ihrem Ministerium sehr dankbar für das, was Professor Konecny bereits angesprochen hat. Beim Mediengesetz, vor allem im Bereich dieser neuen Technologien handelt es sich um eine so hoch komplizierte Materie, und Sie haben darauf mit dem Einsatz einer Expertengruppe reagiert. Durch sie und die verschiede­nen Stellungnahmen, die gekommen sind, ist das, was heute hier vorliegt, zu einem sehr brauchbaren Gesetz für eine gewisse Zeit, auf Grund der Entwicklungen, die wir haben, geworden.

Was ich wirklich bedauere, ist, dass es einfach im völlig falschen Bereich geregelt ist. Mediengesetz ist, weil es immer so war und weil es eine Geschichte der österreichi­schen Rechtssprechung gibt – das hat aber andere Ursachen –, im Strafrecht geregelt. Bitte, das ist anachronistisch und es schränkt den Rechtszugang der Betroffenen dramatisch ein, denn in der zweiten Instanz ist Ende. Das heißt, jeder der sich in der zweiten Instanz nicht gerecht beurteilt fühlt, hat nur mehr einen sündteuren Weg, und das ist der nach Strassburg, das heißt, zum Europäischen Menschenrechtsgerichtshof. Sie alle werden wissen, dass zum Beispiel die Einführung privater Radios nur so mög­lich war, dass man sich an Strassburg wandte.

Meine Damen und Herren! Dazu kommt noch, dass wir mit jedem Gesetz, das wir ver­abschieden, eigentlich Rechtssicherheit schaffen sollten. Aber genau das passiert mit dieser zweiten Instanz eben nicht, da es die Möglichkeit einer Wahrungsbeschwerde der Generalprokuratur gibt. Die ist jedoch eine Ermessenssache, das ist Glückslotterie, ob es eine solche Klage gibt oder nicht. Hier haben wir eine ganz unterschiedliche Praxis, und das lebt fort. Gerade wenn wir bedenken, dass im Medienrecht – schließen Sie die Augen und denken Sie an die letzten „glamourösen Fälle“ – Einigungen, Ver­gleiche erzielt wurden, die im Strafrecht nicht vorgesehen sind – es wurden im Rahmen des Strafrechts Vergleiche gemacht, die es rein rechtlich gesehen gar nicht geben


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