Bundesrat Stenographisches Protokoll 723. Sitzung / Seite 39

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Das ist eigentlich seit 1920 ein außerordentlich unbefriedigender Zustand. Es hat sich einiges gebessert durch das Zustimmungsrecht. Aber ich möchte darauf verweisen, dass Reformvorstellungen, die im Bundesrat einstimmig als Gesetzesinitiative be­schlossen wurden – auch darauf hat der Herr Präsident verwiesen –, wie die frühzei­tige Einbindung in das Gesetzgebungsverfahren durch das Stellungnahmerecht, letzt­mals beschlossen im ersten Halbjahr 2003, im Nationalrat einfach jahrelang unbearbei­tet liegen gelassen werden, während andererseits, wenn es notwendig und geboten erscheint, eine Verfassungsänderung wie die heute hier von uns zu beschließende innerhalb weniger Tage möglich ist. Hier schiene es mir doch außerordentlich nützlich und wichtig, diese Diskrepanz zu schließen. (Beifall bei der ÖVP.)

Noch dazu, wo es zwar vielerlei unterschiedliche Vorstellungen darüber gibt, wohin der Bundesrat als echte Länderkammer reformiert werden sollte, aber allgemeiner Kon­sens auch im Österreich-Konvent darüber bestand – ich zitiere nur diesen entscheiden­den einen Satz –:

„Es besteht Einvernehmen darüber, dass in diesem Bereich ein besonders dringender Änderungsbedarf besteht, weil der Bundesrat derzeit seine primäre Aufgabe, die Inter­essen der Länder in der Bundesgesetzgebung zu wahren, nicht ausreichend effektiv wahrnehmen kann, ...“

Es gibt aber auch keine zweckmäßige Alternative, in Form der unmittelbaren Mitwir­kung der Länder selbst, zur Mitwirkung der Länder im Wege des Bundesrats. Das ist auch die Meinung des damaligen Konventsausschusses gewesen – wir waren beide dort und haben das auch einstimmig mitgetragen –, dass es keine zweckmäßige Alter­native zum Bundesrat an sich gibt, sondern es geht um die bestmögliche Ausgestal­tung.

So ist leider der Österreich-Konvent insgesamt ohne Konsens zu Ende gegangen. Nachdem nun im Zusammenhang mit der EU-Verfassung eine Nachdenkpause allge­mein notwendig geworden ist, könnten wir diese Zeit nützen und die Hausaufgaben in Österreich, auch in Bezug auf die Reform des Bundesstaates und des Bundesrates, erledigen.

Der österreichische Publizist Alfred Payrleitner, der auch einer der wesentlichen pub­lizistischen Wegbereiter des Österreich-Konvents war, hat darauf heute in einem Kommentar des „Kurier“ hingewiesen und auf ein mögliches „Mondfenster“ in diesem Zusammenhang aufmerksam gemacht.

Ich würde dies in unserem gemeinsamen Interesse sehr begrüßen. Vor allem aber soll vom heutigen Beschluss des Bundesrates aus meiner Sicht ein klares Signal aus­gehen: Der Bundesrat ist unverzichtbar, aber nicht unveränderbar. Die überwältigende, große Mehrheit der Mitglieder dieses Hauses leistet verantwortungsbewusste, gute und seriöse Arbeit, im Interesse der Demokratie und der Republik Österreich.

Wir wollen gemeinsam alles dazu beitragen, um die Reputation der Länderkammer durch unsere Arbeit weiter zu verbessern, im Interesse der Demokratie in Österreich. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ und der Grünen.)

10.30


Präsident Mag. Georg Pehm: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Pro­fessor Konecny. – Bitte.

 


10.30.38

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Das ist heute kein Ruhmestag: nicht für Österreich, nicht für die Demokratie – und auch nicht für den Bundesrat. Es ist dies ein Tag, an dem, zu­mindest ich, vor allem eines empfinde: Trauer. Was sonst soll man empfinden, wenn


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite