Bundesrat Stenographisches Protokoll 723. Sitzung / Seite 59

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das ist, was geschehen ist, dass wir jedoch diese Verantwortung mittragen müssen, und nicht, wie es in diesem Saal und ganz im Gegenteil hier passiert ist, diese Verant­wortung relativieren dürfen.

Ich bin Teil einer Generation, die sich aber auch nicht der Diskussion über die Rolle Österreichs sowie über die eigene Vergangenheit versperrt – das waren eher die Vertreter meiner Vorgängergeneration –, wir sind aber natürlich sehr froh darüber, dass es Vergangenheit ist. Wir sind weiters froh darüber, dass es einen gesellschaftlichen Grundkonsens gibt, der eigentlich genau das nicht ermöglichen sollte, was passiert ist, genau nicht ermöglichen sollte, zu versuchen, NS-Verbrechen zu relativieren.

Aber auch für mich und meine Generation gibt es immer wieder Situationen, in denen man das Gefühl hat, quasi in einer „Zeitreise“ in die Vergangenheit versetzt zu werden. Ich möchte Ihnen jetzt etwas erzählen, was sich vor einigen Monaten zugetragen hat.

Ich war in einem Lokal in Innsbruck, das nicht unbedingt ein Lokal ist, das von Leuten aus der rechten Szene frequentiert wird, um das so zu sagen. Plötzlich betrat eine Gruppe von Burschenschaftern diesen Raum, und ich dachte zuerst: Naja, die sind jetzt hier, um zu provozieren; schauen wir einmal, wie sie sich verhalten. Nach wenigen Minuten hat einer dieser Burschenschafter, in einer eher unbemerkten Ecke, den „Hitler-Gruß“ vollführt.

Ich war entsprechend entsetzt, habe diesen Burschenschafter dann zur Rede und die banale Frage gestellt: Kommst du dir nicht blöd vor, 60 Jahre später?! – Darauf habe ich die Antwort erhalten: Nein, nein, ihr von der Party-Generation, ihr werdet schon lernen, ihr werdet merken, das kommt alles wieder, wir warten nur auf den richtigen Zeitpunkt!

Diese Aussage von einem Burschenschafter hat mich nicht sonderlich überrascht, was mich allerdings entsetzt hat, waren die Reaktionen von vielen anderen Leuten in diesem Lokal, die das sehr wohl mitbekommen und mir dann geraten haben, wohl­meinend: Das musst du ignorieren, die gehen von selbst weg! – Meine Antwort war: Sie wurden 60 Jahre lang ignoriert; sie stehen mitten im Lokal und tun das immer noch!

Ich weigere mich, die Einstellung solcher Menschen zu ignorieren, und ich weigere mich auch, die Tatsache zu akzeptieren, im Jahre 2005 abends in einem Lokal mit rechtsradikalen Weltanschauungen konfrontiert zu werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Für mich ist es eine absolut abstoßende Vorstellung, in einem Land zu leben, wo solche Dinge möglich sind – und nicht mit einem entspre­chenden Aufschrei geahndet werden. Für mich ist es auch eine abstoßende Vorstel­lung, in einem Land zu leben, in dem Menschen wie Kollege Kampl derartige Ansichten über Geschichte haben – und noch dazu ein hohes Amt in unserem Staat hätten über­nehmen sollen. Ich bin wirklich froh darüber, dass das jetzt doch nicht geschieht.

Ich finde es wirklich abstoßend, was Kollege Gudenus zu dieser Tatsache immer wie­der von sich gibt – und bin wirklich froh darüber, dass er heute nicht hier ist. Ich finde, er sollte das fortsetzen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

11.56


Präsident Mag. Georg Pehm: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

 


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