Bundesrat Stenographisches Protokoll 724. Sitzung / Seite 55

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11.25.40

Bundesrätin Ana Blatnik (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Herr Landeshauptmann! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es tut gut in meinen Ohren, wenn der Herr Landeshauptmann von Kärnten heute ganz offiziell sagt, dass der Bundeskanzler das Recht und die Pflicht hat, die zweisprachigen Ortstafeln zu realisieren. In Kärnten ist es so, dass man vom Herrn Landeshauptmann auch hört, dass er sich von Wien nichts diktieren lässt, dass er wohl mitmischen will. Einmal ist es so, dass man, wenn man in Wien ist, das abschiebt, was wirklich wahr ist, denn Volksgruppengesetz ist Bun­dessache und nicht Landessache. Wenn man aber in Kärnten sitzt, dann wird es meistens so gebracht: Es ist alles anders, wir lassen uns von Wien nichts diktieren.

Lassen Sie mich bitte ein paar Sätze zu zweisprachigen Ortstafeln sagen. Wir sind in einem Rechtsstaat, wir leben in einem Rechtsstaat, und wenn die höchste Instanz eines Rechtsstaates, nämlich der Verfassungsgerichtshof, ein Erkenntnis formuliert, dann denke ich, dass man – wenn wir den Rechtsstaat ernst nehmen, und in seiner Äußerung hat unser Herr Landeshauptmann die Wichtigkeit eines Rechtsstaates für Europa betont – sich nicht aussuchen sollte, was für mich wichtig und was für mich unwichtig ist, was ich machen und nicht machen kann.

Unser Herr Landeshauptmann hat in Kärnten gesagt, er wird dafür sorgen, dass keine weitere zweisprachige Ortstafel aufgestellt wird, obwohl die höchste Instanz in einem Rechtsstaat durch ein Erkenntnis etwas anderes vorschreibt.

Zweisprachige Ortstafeln, meine Damen und Herren, gehören nicht nur mir als Kärnt­ner Slowenin allein. Die zweisprachige Ortstafel in meiner zweisprachigen Gemeinde Ludmannsdorf/Bilcovs beispielsweise gehört allen Bürgerinnen und Bürgern in Lud­mannsdorf. Dies ist nicht ein Privileg der Kärntner Sloweninnen und Slowenen. Diese zweisprachige Ortstafel gehört allen Bürgerinnen und Bürgern in der zwei­sprachigen Gemeinde Ludmannsdorf/Bilcovs.

Eine große Bitte und ein Appell: Ich möchte nicht, dass man Zweisprachigkeit oder Mehrsprachigkeit als nationales Element sieht. Versuchen wir es bitte zu entpolitisieren und es als sprachliches und kulturelles Gut und als Bereicherung in einem vereinten Europa zu sehen, das uns – wenn man die heutige Diskussion gehört hat – so wichtig ist.

Noch einmal: Es gibt keinen Grund, die Sprache zu verpolitisieren! Nehmen wir die Sprache endlich einmal als kulturelles Gut und nicht als politisches Gut! – Danke. (Bundesrätin Blatnik beendet ihre Ausführungen in slowenischer Sprache. – Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

11.29


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gelangt noch einmal Herr Landeshauptmann Dr. Haider. – Bitte.

 


11.29.42

Landeshauptmann von Kärnten Dr. Jörg Haider: Herr Präsident! Ich möchte noch etwas klarstellen. Frau Bundesrätin, Sie haben gesagt, wir sagen in Kärnten, wir lassen uns nichts diktieren, und in Wien sagen wir, es ist der Bund zuständig.

Sie waren oft genug bei Veranstaltungen und auch im Landtag, um zu wissen, dass es für Kärnten auch rechtlich ein Mitspracherecht gibt. Das heißt, wenn es einen Vorschlag des Bundesgesetzgebers gibt, dann wird Kärnten zwingend anzuhören sein. Das ist die Aufgabe der Landesregierung bei der Umsetzung von volksgruppen­gesetzlichen Maßnahmen. Das ist im Volksgruppengesetz so verankert. Daher ist es logisch, dass wir unser Mitspracherecht ausüben werden. Wir können aber nicht initiativ werden.

 


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