BundesratStenographisches Protokoll744. Sitzung / Seite 72

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möchte heute nicht die generelle Diskussion, die wir bei der letzten Sitzung geführt haben, fortsetzen, sondern auf einige sehr wesentliche Punkte verweisen, die in diesem Bericht enthalten sind. Das kann naturgemäß nur eine Auswahl darstellen; die mag jeder nach seinen Prioritätensetzungen vornehmen.

Mir ist zunächst die in diesem Bericht enthaltene Orientierung der Europäischen Union in der Kohäsionspolitik auf die Umsetzung der Lissabon-Agenda ganz besonders wichtig, denn hier geht es um zentrale Elemente der europäischen Politik. Es geht darum, jene Stärkung der Wirtschaftskraft, der weltweiten Konkurrenzfähigkeit der Europäischen Union voranzutreiben und gleichzeitig die sozialen Elemente, das, was man eben immer wieder das europäische Sozialmodell nennt, zu betonen und einen Weg zu finden, die wirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit mit dieser starken sozialen Absicherung zu verbinden.

Wenn wir uns die Probleme in unserem eigenen Land anschauen, wenn wir uns die Entwicklung, die Konflikte und die Problemstellungen in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union anschauen, dann merken wir, wie vorrangig diese Zielsetzung ist. Der Europäische Rat hat schon im Jahr 2000 beschlossen, alle Politiken der EU auf die Ziele Wachstum und Beschäftigung, eben auf die Lissabon-Agenda auszurichten. Und es ist durchaus anzumerken, dass dieser Prozess noch lange nicht so erfolgreich ist, wie wir uns das wünschen würden und wie es Europa bräuchte.

Wir haben im Jahr 2004 vonseiten der Kommission einen Kohäsionsbericht vorgelegt bekommen. Der nächste derartige Bericht, der dann wieder zu einer Überprüfung der eingeschlagenen Richtung Anlass geben wird, ist im heurigen Jahr fällig.

Österreich hat als erster Mitgliedstaat – das ist durchaus hervorzuheben – im vergangenen Jahr im Oktober seinen nationalen strategischen Rahmenplan für die Verwendung der Mittel der EU-Kohäsionspolitik der Kommission vorgelegt, wobei dieser Plan auf einer sehr breiten Grundlage, insbesondere auch mit den Interes­senvertretungen, den Sozialpartnern, den Gemeindeverbänden und der Raum­planungskonferenz erarbeitet wurde. Das ist für Österreich deshalb von besonderer Bedeutung, weil ja die günstigeren Positionen, insbesondere was das Burgenland anbelangt, der Vergangenheit angehören, hier die Phasing-out-Programme – vor allem für das Burgenland – enthalten sein müssen. In diesem Papier werden zentrale Interessen formuliert, über die jetzt mit der Kommission verhandelt wird, wobei wir damit rechnen können, dass es im Frühjahr 2007 zu einer Zustimmung zu diesem Rahmenplan kommen wird.

Ich möchte einen zweiten Aspekt anschneiden, der schon deshalb so bedeutungsvoll ist, weil er sich in durchaus beispielgebender Weise auf ein Thema bezieht, das so in der umgangssprachlichen Kritik an der Europäischen Union eine große Rolle spielt, nämlich das Schlagwort „better regulations“, der Versuch, bestehende Regulierungen innerhalb der Europäischen Union zu vereinfachen, dadurch Verwaltungsbelastungen zu minimieren, obsolete Regelungen aufzuheben, die Folgenabschätzung Gestalt annehmen zu lassen und Regulierungsakte permanent und immer wieder zu screenen und erforderlichenfalls auch zurückzuziehen. Gerade wenn wir uns die populäre Kritik an der Europäischen Union als eine gewaltige Papierbedruckungsmaschine vor­stellen – und da haben wir uns immer mit der Kritik der Bevölkerung auseinander­zusetzen –, wenn wir uns jene manchmal zugespitzten, aber selten falschen Beispiele für Regulierungen, deren Sinnhaftigkeit sich vielen nicht erschließt, in Erinnerung rufen, dann bedeutet das einen wichtigen Ansatz, um die formalen Regeln der Europäischen Union mit dem Bewusstsein der europäischen Bürgerinnen und Bürger halbwegs zur Deckung zu bringen.

 


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