BundesratStenographisches Protokoll744. Sitzung / Seite 115

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Auch Kollege Konecny hat mich heute wirklich mit seiner Aussage verwundert – ja, natürlich gibt es das Glücksspiel, das wissen wir alle, und wir wissen auch alle, dass wir alle nur Menschen sind; bei den einen ist die Bereitschaft zur Sucht geringer, bei den anderen gar nicht gegeben und bei den anderen größer.

Aber hier zu stehen und zu sagen, die technischen Gegebenheiten hätten sich verändert und daher könne man überhaupt nichts dagegen machen, also das ist wirklich hanebüchen. Wir haben heute über das Produktpirateriegesetz gesprochen, da haben sich auch technische Voraussetzungen beim Fälschen von Waren, beim Vertrieb et cetera geändert. Da hinken wir zwar immer nach, aber wir finden doch auch einen Weg, diesbezüglich tätig zu werden. Genauso ist es natürlich beim Glücksspiel und genauso geht das beim Internet – auch bei den Videospielen über Codezugänge, wo die Eltern, gerade wenn wir von Jugendlichen sprechen, auch gefordert sind. Die technischen Möglichkeiten gibt es, man muss nur den Willen dazu haben, auch den politischen, das zu machen und dann umzusetzen.

Seit das Glücksspielmonopol gefallen ist und das „kleine Glücksspiel“ möglich gemacht wurde, haben das einige Länder sehr bereitwillig aufgegriffen. Klar, bringt ja auch Geld in die meist leeren oder nicht so vollen Kassen oder für Projekte, wo man sich dann selbst darstellen kann. Das nimmt man selbstverständlich gerne an.

Wien alleine nimmt zum Beispiel schon 47 Millionen € mit dem „kleinen Glücksspiel“ ein. Die haben 2 200 Automaten aufgestellt, da kommt eine Summe zusammen, die man sich nicht einfach so wegnehmen lässt. Durch den Entfall dieses Monopols entgeht jetzt natürlich dem Finanzminister einiges an Geld. Das „kleine Glücksspiel“ mit den Geldeinsätzen, wie Sie, Herr Staatssekretär, es heute gesagt haben, das ist es wahrscheinlich nicht, das werde ohnehin alles kontrolliert, wo wir ja immer sehr blauäugig sind, bis wir eines Besseren belehrt werden. Es gibt ein internes Schreiben des Ministeriums vom März 2006, das den Verdacht auf einen Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes beinhaltet. Es heißt weiter im Text zur Praxis der Geldeinsätze und Gewinnaussichten bei den Spielautomaten des „kleinen Glücks­spiels“:

Diese Praxis ist aus Sicht des Bundesministeriums für Finanzen problematisch, da durch die hohen Spielablaufgeschwindigkeiten insgesamt große Verluste für die Spieler möglich sind.

Also nichts da mit 50 Cent Einsatz und maximal 20 € kann man gewinnen! Selbst Ihr Ministerium ist schon zu der Ansicht gelangt, dass dem nicht so ist.

Auch wenn man den Einzelnen natürlich nicht in allen Belangen vor sich selbst schützen kann, obwohl man das manchmal machen müsste, nicht nur beim Spielen, bei manchen anderen Dingen auch, denke ich aber trotzdem, dass der Staat eine gewisse Verantwortung hat, gerade dann, wenn es um Jugendliche geht. Bei den Jugendlichen ist die Spielsucht laut Experten sprunghaft angestiegen. In Wien gibt es 28 000 Spielsüchtige, 56 000 sind potentielle Spielsüchtige. Österreichweit sind es 1,5 Prozent Spielsüchtige, und 3 Prozent sind immerhin gefährdet. Für 40 Prozent der Spielsüchtigen beginnt ihre Spielsuchtkarriere vor dem 18. Lebensjahr. Das heißt, wir sprechen hier fast noch von Kindern, denen jetzt noch viel mehr die Möglichkeit gegeben und es viel leichter gemacht wird, weil die Kontrolle einfach auch aufgrund des mangelnden Personals nicht effektiv genug ist. Man kann nicht sagen, man kann garantieren, dass das keiner unter 18 macht, keiner unter 18 in einem Lokal sitzt und zehn Mal hintereinander auf den Knopf drückt und sich dort verschuldet.

Auch die Schuldnerberatung sagt, dass seit dem Möglichmachen des „kleinen Glücks­spiels“ die Überschuldungen sprunghaft angestiegen sind, und, wie gesagt, Experten meinen, dass auch dort schon, weil die Schwelle so niedrig ist, die Spielsucht beginnt.


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite