BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 46

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Der Vertrag selbst ist ja bereits von zwei Dritteln der Mitgliedstaaten bestätigt worden, und es wird jetzt spannend sein, wie der Vertrag nach 2008 aussieht. Sie wissen, dass zwei neue Raketenstandorte oder zwei neue Produktionen hier kommen sollen, insbe­sondere die russische „Sojus“ und die von einigen ESA-Mitgliedstaaten produzierte „Vega“-Rakete. An beiden ist Österreich nicht beteiligt. Umso wichtiger ist es auch jetzt, dass Österreich hier bei der Verlängerung dabei war.

Aber, Herr Kollege Kühnel, wenn wir jetzt alle zustimmen – oder mehrheitlich, ich weiß das jetzt nicht –, sollten wir nur ganz kurz schon auch an eines denken: Es ist schön, dass Europa mit der Raketentechnik und mit der Forschung den internationalen Anschluss hat, aber das hat auch einen Preis. Das hat für die Bewohner von Franzö­sisch-Guyana den Preis, dass sie aufgrund des Weltraumhafens, des europäischen Weltraumhafens Kourou, nie ihre Eigenstaatlichkeit und ihre Eigenständigkeit erhalten werden, einerseits aufgrund von innerfranzösischen Diskussionen, aber andererseits braucht Europa für dieses Programm einen Standort in der Nähe des Äquators, um Ra­keten in die entsprechenden Umlaufbahnen zu schicken. Deshalb liegt der europäische Weltraumhafen, -flughafen – wenn man das vielleicht so bezeichnen will – Kourou in Französisch-Guyana, und damit bleibt der Status von Französisch-Guyana als einzi­gem Überseedépartement am Festland Lateinamerikas; ich glaube, man darf hier die Bezeichnung Kolonie, Noch-Kolonie, durchaus verwenden.

Wenn Europa mit der gesamten Weltraumtechnologie nach Kourou kommt, ja schon seit 1999 dort ist, stellt man sich natürlich auch die Frage: Warum schauen denn dann die sozialen Daten und Fakten für Französisch-Guyana so schlecht aus? Dort gibt es eine ständige Arbeitslosigkeit von über 20 Prozent. Dadurch, dass die Franzosen 1951 Gott sei Dank die Strafkolonie auf der Teufelsinsel geschlossen haben, kam es dazu, dass sich diese ehemaligen Strafgefangenen in Französisch-Guyana niedergelassen haben, was zu ungeheuren sozialen Problemen in der Bevölkerung führte. Frankreich hat sich dann einige Jahre später entschieden, diese furchtbaren sozialen Probleme insofern aus der Welt zu schaffen, als man die ehemaligen Häftlinge dann nach Frank­reich zurückgeholt hat. Man hat nur mehr die geisteskranken Häftlinge dort gelassen, die aufgrund der desolaten Verhältnisse in den französischen Gefängnissen auf Fran­zösisch-Guyana alle erbärmlich verstarben.

Ich erwähne das auch deswegen, weil modernste Technologien und Forschungen eben einen Preis haben, und diesen Preis müssen die Menschen von Französisch-Gu­yana bezahlen, und zwar mit ihrer Unabhängigkeit. Wir sind froh, dass dieses Pro­gramm weitergeht, aber man sollte vielleicht auch auf europäischer Seite überlegen, ob man für jene Profite und Erfolge, die wir durch dieses Weltraumprogramm und den Weltraumflughafen in Kourou haben, nicht doch auch diesem Land etwas zurückgeben sollten, damit dieses Land, in dem es heute durchgängig über 20 Prozent Arbeitslosig­keit gibt, das nicht die Möglichkeit hat, sich selbst zu versorgen, sondern zu mehr als zwei Dritteln auf Lebensmittelimporte angewiesen ist, zumindest einen gewissen Aus­gleich erhält.

Ich denke, das ist nicht nur eine moralische Verpflichtung, sondern das ist eine poli­tische Verpflichtung aller, die an dem ESA-Programm, das ein gutes Programm ist, teil­nehmen. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie des Bundesrates Mitterer.)

11.22


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Dr. Hahn das Wort.

 


11.22.04

Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Dr. Johannes Hahn: Herr Vor­sitzender! Meine Damen und Herren! In der Tat bin ich nicht ursächlich zuständig, habe


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