BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 160

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schluss mit jeder Beurkundung nicht nur das verfassungsmäßige Zustandekommen, sondern auch den verfassungsmäßigen Inhalt bestätigen würde. Natürlich wäre der Verfassungsgerichtshof an diese Beurteilung nicht gebunden, aber für wünschenswert hielte ich solche Auswirkungen nicht.

Die Nichtbeurkundung der Änderung der Gewerbeordnung wird verschiedentlich wegen der offenkundigen Verfassungswidrigkeit des Gesetzes als gerade noch vertret­barer Grenzfall und als einmal notwendiges Signal an den Gesetzgeber angesehen. Das mag man so sehen, und das mag so sein. Hinsichtlich einer inhaltlichen Prüfung von Gesetzesbeschlüssen sollte es aber schon bei dem bleiben, was bisher durch viele Jahre bewährte Staatspraxis war und was der damalige Nationalratspräsident Dr. Heinz Fischer, heute Bundespräsident, laut „Standard“ vom 14. Juli 1992 in folgende Worte gekleidet hatte – ich zitiere –:

„,Es geht nicht, dass der Bundespräsident vom Parlament beschlossene Gesetze nicht unterschreibt oder liegen läßt, weil er mit ihrem Inhalt nicht einverstanden ist. Die Verfassung verpflichtet ihn, dies unverzüglich zu tun.‘“ – So weit die Worte des Herrn Bundespräsidenten.

Der „Standard“ schrieb dazu weiter Folgendes – Zitat –:

„Dies erklärte Nationalratspräsident Heinz Fischer ... zur Ankündigung des neuen Amtsinhabers Thomas Klestil, er werde vom Nationalrat beschlossene Gesetze nicht automatisch unterschreiben.“ „Er“ – gemeint ist Fischer – „stellte klar, daß der Bun­despräsident mit seiner Unterschrift nicht den Gesetzesinhalt sanktioniert, sondern nur das verfassungsgemäße Zustandekommen des Gesetzes bestätigt.“ – Ende des Zitats aus dem „Standard“. Ich denke, das sollte auch heute noch gelten.

Eine Woche später ist der damalige Nationalrat und stellvertretende Vorsitzende des Verfassungsausschusses, Dr. Andreas Khol, im „Standard“ Bundespräsident Klestil beigesprungen und hat die ganze Diskussion relativiert. In seiner Stellungnahme hat er dann folgenden versöhnlichen Schlusssatz gefunden – ich zitiere –:

Kennt man die handelnden Personen und die politische Kultur in Österreich, so weiß man auch, dass nichts auf die Spitze getrieben wird. – Zitatende.

Das möchte ich auch für die Zukunft gerne hoffen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.39


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zum Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Breiner. Ich erteile ihm dieses.

 


19.39.39

Bundesrat Franz Breiner (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Inhaltlich ist der De­zember-Debatte nichts hinzuzufügen. Wir werden klarerweise dem Gesetz zustimmen.

Interessant ist jedoch tatsächlich das Faktum, dass der Bundespräsident die Unter­schrift verweigert hat. Ich sehe es als einen Ruf zur Ordnung, so wie es Kollege Weiss vorhin gesagt hat: Die Vielzahl der Gesetze, die wir auf einen Haufen beschlossen haben – das ist eigentlich nicht der rechte Umgang mit dem Parlament! Dies lässt Diskussionen nicht zu, es lässt auch teilweise eine ordentliche Arbeit tatsächlich nicht zu, weil ja die Ausschüsse und dergleichen darunter leiden.

Wenn wir es schaffen, dass wir so eine Gesetzesfülle abwenden können und das Parlament nicht heuer wieder Ähnliches wie voriges Jahr macht, als es uns das herübergeschaufelt hat – anders kann man das fast nicht mehr bezeichnen –, dann kann man sich auch ordentlich mit den Gesetzen auseinandersetzen.

 


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