BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 128

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Diese Meldung ist der vorerst jüngste negative Höhepunkt über die durch die Bun­desfinanzierungsagentur verursachten Spekulationsverluste, die zu Recht das Ver­trauen der Österreicherinnen und Österreicher in die Finanzgebarung des Bundes nachhaltig erschüttern. Dies nicht zuletzt deshalb, da Sie, Herr Vizekanzler, noch im Februar dieses Jahres aufgrund einer Anfrage der grünen Fraktion hier in diesem Hohen Haus zum Besten gaben, dass die Geschäftsführung der ÖBFA eine sehr konservative Veranlagungsstrategie betreibe, um die Risken für den Bund möglichst gering zu halten.

Angesichts der in diesem Zusammenhang vom Rechnungshof dargestellten Zahlen muss die Geschäftsführung der ÖBFA offensichtlich einen – vorsichtig ausgedrückt – etwas differenzierten Zugang zum Begriff „konservative Veranlagung“ haben.

Verehrter Herr Vizekanzler! Dieses Thema artet in einen Skandal aus und ist längst kein nur oppositionelles Thema mehr, wie auch die letzten Zeitungsberichte beweisen. Denn Josef Cap, Klubobmann der SPÖ, SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer und der oberösterreichische SPÖ-Chef Erich Haider sind sicherlich nicht in Opposition (Zwischenrufe bei der ÖVP), sondern sind mit Ihnen in einer Koalition. Und dass sich zuletzt, wie gestern aus dem schönen Bregenz zu vermelden war, nun auch der Kanzler selbst in das Geschehen einmischt und die scharfe Retourkutsche Ihrerseits beweisen, dass hier Feuer am Dach ist.

Sehr geehrter Herr Vizekanzler, dieses Thema eignet sich nicht für parteipolitisches Geplänkel (Heiterkeit bei der SPÖ – Ruf bei der ÖVP: Wozu dann dieses Theater?), weil die Bevölkerung, der Steuerzahler, die Geschädigten ein Anrecht darauf haben, zu erfahren, was mit ihrem Geld passiert. Da Sie selbst nicht mit der Wahrheit heraus­rücken, müssen wir als Oppositionelle an Sie die entsprechenden Fragen stellen. Das ist das gute Recht einer Opposition des Hohen Hauses, des Bundesrates, der ja auch eine Kontrollfunktion auszuüben hat.

Und schon gar nicht ist dieses Thema für provozierte Neuwahlen geeignet. Die Bevöl­kerung fordert Aufklärung, Schadensbegrenzung und Maßnahmen für die Zukunft. Die Österreicherinnen und Österreicher haben ein Recht darauf, darüber informiert zu werden, was mit ihrem Geld passiert ist.

Warum ignoriert das Finanzministerium zum Beispiel Empfehlungen des Rech­nungshofes? Wir und Österreichs Steuerzahler warten gespannt auf Ihre Antworten auf die Fragen, die Sie von uns in schriftlicher Form erhalten haben, insbesondere auf die Frage, wie es passieren konnte, dass aus dem Paulus ein Saulus wurde oder aus der ÖBFA die „ÖBSA“, aus der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur die Öster­reichische „Bundesspekulationsagentur“. (Beifall bei Bundesräten ohne Fraktions­zugehörigkeit.)

16.04


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zur Beantwortung hat sich der Herr Bundes­minister für Finanzen Dipl.-Ing. Pröll zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.

 


16.05.00

Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu dem Thema, das jetzt in aller Munde ist, der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur, und auch zu den Fragen, die Sie natürlich legitimerweise – es ist das ein zentrales Recht auch der Abgeordneten – an mich stellen, nehme ich gerne Stellung, und ich bin auch dankbar deswegen, weil ich in diesem Rahmen Punkt für Punkt aufgrund Ihrer Fragen – und ich sage, Gott sei Dank auch darüber hinaus – Antworten geben kann zu einem Thema,


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