BundesratStenographisches Protokoll777. Sitzung / Seite 111

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15.39.03 10. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. Oktober 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Aufhebungs- und Rehabilitationsgesetz erlassen wird (359 d.B. so­wie 8182/BR d.B. und 8188/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir kommen nun zum Punkt 10 der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Kaltenbacher. Ich bitte um den Bericht.

 


15.39.20

Berichterstatter Günther Kaltenbacher: Herr Präsident! Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Justizausschusses über den Be­schluss des Nationalrates vom 21. Oktober 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Aufhebungs- und Rehabilitationsgesetz erlassen wird.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor, daher komme ich sogleich zur Antragstellung.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 3. November 2009 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist als Erste Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte, Frau Kollegin.

 


15.40.14

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Schuld und Unschuld sind schon nach ihrem Begriff individuell zu betrachten. In diesem Fall, bei diesem Gesetz, glauben wir, dass ein kollektiver Freispruch für alle Deserteure ein Schlag ins Gesicht all jener ist, die unseren Respekt wirklich verdienen. Gerade die vollständige Rehabili­tierung aller Deserteure, wie sie in diesem Gesetz zu finden ist, findet nicht unsere Zu­stimmung.

Wenn jemand wegen politischer Aussagen einen politischen Prozess zu erhalten hatte, ist das ganz sicherlich anders zu behandeln, als wenn jemand seine Kameraden in den Tod geführt hat. Mit diesem Gesetz sollen aber alle Deserteure pauschal rehabilitiert werden, ungeachtet der Motive und der begangenen Taten. Es wird nicht beachtet, ob jemand gemordet hat. Aber auch eine Übergabe sensibler Daten kann durchaus dazu geführt haben, dass eine Einheit ins Verderben geführt worden ist. Auch das Verlassen eines Postens kann ähnliche Auswirkungen gehabt haben.

Auch bei der Wehrmacht waren weiß Gott nicht alle Anhänger des Regimes. Daher möchten wir nicht, dass alle Deserteure über einen Kamm geschoren und mit jenen gleichgestellt werden, die in Wirklichkeit klassische Opportunisten sind. Es gibt genü­gend Beispiele – welche auch in die Literatur Eingang gefunden haben –, die zuerst begeisterte Anhänger des Regimes waren und erst, als sie bemerkt haben, dass das Blatt sich wendet, die Seiten gewechselt haben. Diese wollen wir nicht unterstützen.

Diese werden aber jetzt ohne Prüfung des Einzelfalls und ohne Prüfung, ob strafrechtli­che Tatbestände bestehen, rehabilitiert. Das ist weder im Sinne der Kriegsteilnehmer, die, wie gesagt, oft genug nicht für das Regime waren, sondern fürs Vaterland ge­kämpft haben – ein Begriff, der uns heute ja schon fast abhanden gekommen ist –, aber auch nicht im Sinne der Widerstandskämpfer, die sich nicht erst in letzter Sekun­de dazu entschieden haben, Widerstandskämpfer zu sein.

Mit dieser Vorlage werden Sie unserer Ansicht nach den Anliegen der Opfer nicht ge­recht, weil man sich einfach nicht die Mühe macht, den Einzelfall zu prüfen, wie wir das


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