BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 57

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Jemand darf nur dann in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht werden, wenn der Betroffene psychisch krank ist, wenn der Erkrankte eine ernste Gefahr für Leben oder Gesundheit für sich oder andere darstellt, bei Selbst- und Gemein­gefähr­dung und wenn andere ausreichende Behandlungs- und Betreuungsmög­lich­keiten fehlen. – Diese Voraussetzungen müssen vorliegen.

Das neue UbG regelt Folgendes. Erstens: Das Verhältnismäßigkeitsprinzip wird im Gesetz verankert, um die sogenannte Drehtürpsychiatrie zu vermeiden. Wie meine Vorredner schon angeführt haben, bedeutet das, dass nicht ausreichend stabilisierte Patienten entlassen werden und innerhalb kürzester Zeit wieder in der Anstalt landen.

Zweitens: Der zunehmenden Dezentralisierung psychiatrischer Stationen wird durch die Möglichkeit Rechnung getragen, dass die Vertretung der Patienten durch den örtlich zuständigen Verein für Patientenanwaltschaft wahrgenommen werden kann. Außerdem wird eine Generalklausel eingefügt, durch die die Kontrolle von bisher nicht im Gesetz geregelten Rechtsbeschränkungen möglich ist.

Drittens: Im Heimaufenthaltsgesetz wird unter anderem die Befugnis zur Anordnung von Freiheitsbeschränkungen neu geregelt. In beiden Gesetzen ist ausdrücklich die Überprüfung einer bereits aufgehobenen Unterbringung vorgesehen.

Wir sind aus folgenden Gründen für diese Regierungsvorlage: Seit zwei Jahrzehnten ist das Unterbringungsgesetz in Österreich in Kraft, das die Unterbringung von psychisch erkrankten Personen regelt. In dieser Zeit haben sich die gesellschaftlichen Zustände vielfach geändert. Daher ist die Änderung notwendig und sinnvoll. (Beifall bei FPÖ und Grünen.)

12.19


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte.

 


12.20.23

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer! Wir haben es hier zweifelsohne mit einer sehr gravierenden Gesetzesänderung zu tun, weil es um die individuellen Rechte und den Schutz der persönlichen Freiheit von Menschen geht, die besonderer Fürsorge bedürfen.

Ich habe auch die Debatte mitverfolgt und bin zufrieden – mit dem Ergebnis allerdings etwas weniger als mit dem Verlauf. Ich werde gleich erläutern, wo meiner Ansicht nach Verbesserungsmöglichkeiten bestehen, aber erlauben Sie mir, zunächst Folgendes kurz festzuhalten: Der Verlauf der Diskussion war sehr fair. Die Debatte war nicht untergriffig, und ich hatte das Gefühl, dass den Beteiligten wirklich das Wohlergehen aller Betroffenen am Herzen lag. Diese Aufrichtigkeit vermisse ich bei manch anderen Themenbereichen wie zum Beispiel bei der Migrations- und Asylpolitik. (Ironische Heiterkeit der Bundesrätin Mühlwerth.)

Frau Kollegin Mühlwerth, Sie werden sich jetzt, wie ich annehme, die Frage stellen: Was hat das mit diesem Thema zu tun? (Bundesrat Hensler: Mir ist das auch nicht klar!) Ich kann ganz kurz einen Konnex herstellen: Im Bereich Migrations- und Asylpolitik geht es um Menschen, die aufgrund ihrer Flucht traumatisiert sind – und wenn das nicht aufgrund ihrer Flucht geschehen ist, dann werden sie hier trau­matisiert, weil sich das jahrelange Zuwarten und erzwungene Nichtstun auch auf die Psyche niederschlägt.

Wenn man sich dann ansieht, welche Zugangsmöglichkeiten diese traumatisierten Personen zum Gesundheitssystem haben  insbesondere zum Beispiel beim Verein EXIT-sozial, der ja speziell Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen betreut –,


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite