Präsident Peter Mitterer: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Mag. Duzdar zu Wort. – Bitte.
9.13
Bundesrätin Mag. Muna Duzdar (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesrätinnen und Bundesräte! Sehr geehrte Frau Ministerin! Um ein bisschen auf das zu replizieren, was Kollege Schnider gesagt hat: Natürlich ist mir bewusst, dass der Begriff „Zugangsbeschränkungen“ nicht so schön ist und man natürlich versucht, da ein bisschen zu kaschieren. Aber ich möchte Sie schon darauf hinweisen, dass auch Frau Ministerin Karl immer nur von den sogenannten Zugangsbeschränkungen spricht. (Zwischenruf bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Schnider: Nein, von Zugangsregelungen spricht sie!)
Frau Bundesministerin, Sie haben gleich zu Beginn Ihrer Amtszeit mit Ihren politischen Statements aufhorchen lassen. Und das Erste, was ich von Ihnen vernommen habe, war, dass Sie für Studiengebühren sind. Und in den letzten Wochen haben Sie sich für die Zulassung von flächendeckenden Zugangsbeschränkungen starkgemacht. Daher möchte ich gleich zu Beginn meiner Ausführungen festhalten, Frau Ministerin, dass Sie immer auf unsere Unterstützung zählen können, wenn es um den Ausbau und die Verbesserung des österreichischen Hochschulwesens geht, dass Sie allerdings auf heftigen Widerstand stoßen werden, wenn Sie den freien Hochschulzugang in Österreich in Frage stellen. (Beifall bei der SPÖ.)
Aber wie ich bereits in Ihren letzten Interviews lesen konnte, sind Sie mittlerweile von Ihrer Forderung etwas abgerückt, was ich auch sehr vernünftig finde, denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen: Studiengebühren bedeuten soziale Ungleichheit, Studiengebühren benachteiligen Menschen aus bildungsfernen Schichten. Und die Vererbung der Bildungschancen in Österreich ist statistisch nachgewiesen: Laut einer OECD-Studie gehört Österreich zu jenen Ländern, wo die Wahrscheinlichkeit, dass jemand ein Hochschulstudium beginnt, zweieinhalb Mal größer ist, wenn der Vater ein Hochschulstudium abgeschlossen hat.
Gerade in diesem Zusammenhang erscheint es mir aber auch interessant, dass selbst bei Schulabgängern mittlerweile nachgewiesen wurde, dass der Abbruch der Bildungslaufbahn mit sozialen Hintergrundfaktoren verbunden ist. Vor allem Kinder von Eltern mit niedriger Qualifikation fallen aus unserem Bildungssystem heraus. Ich möchte dazu nur zwei Zahlen erwähnen: Bei Kindern von Eltern mit einer niedrigen Schulbildung beträgt der Anteil an Schulabbrechern fast 19 Prozent, bei Eltern mit einem höheren Bildungsabschluss sind es nur 4 Prozent.
Dies, liebe Kolleginnen und Kollegen, zeigt eindeutig, dass sich die soziale Ausgrenzung und die soziale Auslese durch das österreichische Bildungssystem wie ein roter Faden durchziehen, was eigentlich nicht sein sollte, denn Bildung sollte ja die Möglichkeit zu sozialem Aufstieg bieten, sollte die Möglichkeit zu gesellschaftlicher Teilhabe bieten. Es gibt kein besseres Mittel zur Bekämpfung von Armut und keinen geeigneteren Schutz gegen Arbeitslosigkeit als Bildung! – Leider Gottes ist das in Österreich nicht der Fall. Man hat eher den Eindruck, dass bestehende gesellschaftliche Strukturen einzementiert werden, dass soziale Ungleichheiten vertieft werden. Vor diesem Hintergrund sind natürlich Studiengebühren fatal, weil sie die soziale Auslese fördern. Die Aufgabe der Politik muss es aber immer sein, Ungleichheiten zu beseitigen und Privilegien im Bildungssystem aufzuheben.
Was die Zugangsbeschränkungen anlangt, so stoßen diese angesichts der Situation an österreichischen Universitäten auf Unverständnis. Erstens einmal weist Österreich eine der niedrigsten AkademikerInnenquoten auf. Im OECD-Vergleich liegt Österreich unter dem OECD-Durchschnitt, nämlich bei 22,1 Prozent – 38,7 Prozent sind der OECD-
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