BundesratStenographisches Protokoll786. Sitzung / Seite 51

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

10.56.12

Bundesrat Josef Kalina (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Liebe Kol­leginnen und Kollegen! In einem hat Stefan Schennach sicher recht: Er ist wirklich kon­struktiv und meist positiv, und man kann ihm dafür, dass er hier soeben viel Positives aufgezählt hat, nur dankbar sein. Was für mich aber auch nach der Begründung des Kollegen Schennach wirklich schleierhaft bleibt, ist, warum die Grünen dann diesem wirklich wichtigen Gesetz letztendlich nicht zustimmen können.

Wenn man bei all dem, was du heute aufgezählt hast, eine Abwägung der Pros und Kontras vornimmt – und nur so kann Politik aus meinem Verständnis heraus funkti­onieren –, kann man diesem Gesetz als vernünftiger Mensch eigentlich nur zustimmen. Mir ist es schleierhaft, wieso die Grünen es den Freiheitlichen überlassen, eine Verfas­sungsmehrheit im Nationalrat zu schaffen – aber das müssen die Grünen ihren Leuten und Sympathisanten selbst erklären.

Zu einem Argument, das du angeführt hast, lieber Stefan, das gegen deine Zustimmung spricht, und zwar die Ausdehnung der regionalen Werbezeiten: Auch das halte ich ein­fach für verfehlt, und zwar aus meiner Erfahrung aus der Praxis. Ich war einige Jahre Manager und musste für regionale Produkte Werbung machen. Ich sage dir aus Erfah­rung: Jeder vernünftige Unternehmer in einem Bundesland, in einer Region geht so­wieso in die privaten, regionalen Medien hinein, weil er sie dort hat und weil er sie braucht: ins Radio, wenn es geht – aber das gibt es ja weniger – auch ins Fernsehen, aber selbstverständlich auch in die Zeitungen. Das, was man aber dann schmerzlich merkt, ist, dass einem der ORF für eine vernünftige Kampagnen-Reichweite für ein re­gionales Unternehmen einfach fehlt.

Ich spreche zum Beispiel von der Steiermark, wo ich für ein Printprodukt Kampagnen gemacht habe. Wenn man im ORF Steiermark nicht präsent ist, fehlen einem einfach ganz wesentliche Zielgruppen. Beim ORF musste man sich anstellen! Das war ja kein Werbezeiten-Verkauf, sondern es wurde sozusagen eine Mangelware vergeben; da musste man Listen führen, um zu sehen, wann man wieder einmal drankommen konn­te.

Ich glaube, dass damit ein Missstand beseitigt wird, was für die regionale Wirtschaft wirk­lich wichtig ist – auch dagegen kann kein vernünftiger Mensch sein.

Die Privaten werden dadurch sicher nicht benachteiligt, denn ich kann ja nicht noch mehr Geld in die „Antenne“ hineinbuttern, als ich ohnehin schon hineinbuttere, wenn mir nur der ORF gefehlt hat. – Dieses Argument zieht also nicht.

Das Wesentliche an dem Gesetz heute ist, dass es das für den Rundfunk- und Medien­standort Österreich überhaupt gibt. Ich denke, im heurigen Jahr sind zwei Meilensteine erreicht worden – und dafür muss man dem Herrn Staatssekretär und natürlich auch den Kollegen vom Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt wirklich sehr danken –: einerseits die Absicherung in den Verhandlungen mit der Europäischen Kommission bezüglich Gebührenfinanzierung des ORF, und andererseits das heute hier debattierte Gesetz über die Refundierung der entgangenen Gebühren.

Ich möchte Sie alle in aller Eindringlichkeit darum ersuchen, darüber nachzudenken, welche Auswirkungen es durch die negativen Auswirkungen auf den ORF auch auf den Medienstandort Österreich insgesamt gehabt hätte, wenn das eine oder das andere gescheitert wäre. Eines muss man nämlich schon festhalten: Dieser ORF ist für öster­reichische Verhältnisse ein einzigartiges, wichtiges Unternehmen und Leitmedium, und er erfüllt eine Funktion, die in Österreich eben niemand anderer erfüllen kann.

Wenn man sich vorstellt, der ORF wäre um die Möglichkeit einer ausreichenden Gebüh­renfinanzierung umgefallen, muss man sich fragen, wie dann ein halbwegs vernünf-


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite