BundesratStenographisches Protokoll786. Sitzung / Seite 148

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fördert werden können, wie sie es brauchen würden. Da ist es unsere Aufgabe als Staat und als Gesellschaft, aber auch als Politiker, die Rahmenbedingungen zu schaffen, dass die Defizite dieser Kinder und Jugendlichen ausgeglichen werden können. Es kann und darf einfach nicht passieren, dass ein beträchtlicher Teil unserer Schulabgänger und Schulabgängerinnen aus den dritten Leistungsgruppen keine Lehrstelle findet, weil es eben an wesentlichen Qualifizierungen mangelt.

Da ist es notwendig, sich über die Ausgestaltung des Unterrichts Gedanken zu machen. Und das kann man halt nur, wenn man auch ein motiviertes Lehrpersonal hat, das unter­nehmungslustig ist und die jungen Menschen, Kinder und Jugendlichen zu einem kriti­schen Denken, zu einem eigenständigen Denken motiviert.

Aber im Augenblick sind eigentlich alle beteiligten Gruppen – und das unterstreiche ich: alle beteiligten Gruppen! – unzufrieden: einerseits die Lehrer und Lehrerinnen, die in unterschiedliche Kategorien mit unterschiedlicher Bezahlung eingeteilt werden, anderer­seits die Eltern, die Angst haben, ihre Kinder könnten unter Umständen durch eine fal­sche Schulwahl ins Hintertreffen gelangen, aber auch die Kinder selbst. Und das ist ei­gentlich der größte Skandal, und das ist das, was ich am meisten kritisiere an der laufen­den Debatte: dass nicht die Kinder und Jugendlichen im Mittelpunkt stehen, sondern meistens nur am Rande erwähnt werden!

Wir haben, wie eingangs angemerkt, nun schon seit Jahren und Jahrzehnten eine schwe­lende Bildungsdebatte, die immer wieder von einigen Wenigen, aber dennoch sehr Ge­wichtigen und Mächtigen leider Gottes, muss ich in dieser Sache betonen, erstickt wird – doch die Flammen lodern!

Die Flammen lodern – und ich freue mich, wenn die Wissenschaftsministerin ein „Gym­nasium für alle“ einfordert, der Wirtschaftskammerpräsident die erstarrte Haltung der ÖVP-Führungsclique kritisiert und für radikale Reformen eintritt.

Die Wirtschaft weiß ganz genau, was sie will, und sie weiß auch, was sie braucht, näm­lich Arbeitskräfte, die den Anforderungen des 21. Jahrhunderts gewachsen sind: selbst­bewusste, kritische, kreative Menschen, die etwas können und die sich auch etwas zu­trauen.

Ich möchte jetzt noch einmal in aller Deutlichkeit sagen: Unser Bildungssystem ist für unsere Kinder da – und nicht für die Vertreterinnen und Vertreter des ÖAAB! Natürlich sollen die Vertreter und Vertreterinnen der Lehrer deren Interessen auch vertreten, aber vertritt ein Herr Neugebauer wirklich noch die Interessen der Lehrerinnen und Lehrer, oder handelt er vielmehr aus Gewohnheit und Reflex?

Wie schon eingangs erwähnt, unterstütze ich die klitzekleinen Änderungen im Bildungs­system – aber nur deswegen, weil sie vor allem im Interesse der Kinder und Jugendli­chen sind! (Zwischenruf des Bundesrates Kainz.)

Es ist gut, wenn endlich modularer Unterricht erleichtert und gefördert wird, wenn das System durchlässiger wird, wenn die Auszahlung der Schülerbeihilfe eine Spur gerech­ter wird, wenn sich Lehrerinnen und Lehrer auch weiterbilden können.

Aber all das ist nicht genug! Wir brauchen eine umfassende Reform, die von der Kin­dergartenpädagogik, also vom Kleinstalter, bis zur Andragogik reicht. Dazu braucht es Mut und Durchsetzungskraft – und das wünsche ich vor allem der Bildungsministerin und dem Bundeskanzler, der sie dabei hoffentlich unterstützen wird! – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie des Bundesrates Dr. Schnider.)

17.43


Präsident Martin Preineder: Nächste Rednerin: Frau Bundesrätin Astleitner. – Bitte.

 


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