BundesratStenographisches Protokoll790. Sitzung / Seite 15

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Es ist daher leider nicht gelungen, das Thema „Österreich im Weltsicherheitsrat“ in die öffentliche Wahrnehmung zu rücken. – Aber vielleicht liege ich da falsch.

Die Aktivitäten im Weltsicherheitsrat werden ja im Außenpolitischen Bericht aufgezählt und beschrieben, und sie sind meines Erachtens auch etwas spärlich, denn als die gro­ße Leistung wird die Resolution 1894 angeführt, welche tatsächlich auf Initiative Ös­terreichs beschlossen wurde und den Schutz von Zivilisten in Konfliktsituationen vor­sieht. – Vielleicht bin ich dahin gehend etwas pessimistisch und verfalle da manchmal in Nostalgie. Ich bin der Meinung, dass die fehlenden politischen Akzente in Wirk­lichkeit nur Ausdruck dessen sind, dass Österreich schon lange aufgehört hat, eine Rolle in weltpolitischen Belangen einzunehmen. (Zwischenrufe der Bundesräte Perhab und Mayer.)

Eine solche hatte Österreich aber einmal inne, nämlich mit einer aktiven Außen- und Neutralitätspolitik, mit der sogenannten Friedenspolitik, die die militärische Komponen­te der Neutralität zurückgedrängt hat. Damals erfolgte eine verstärkte Hinwendung zu den Staaten der Dritten Welt, vor allem auch im Rahmen der Vereinten Nationen, ein aktives Engagement im Nord-Süd-Dialog, die Etablierung von Wien als dritter UNO-Stadt. Es gelang Österreich, eine Reihe von Initiativen und Vermittlungsaktionen zu setzen und sich vor allem positiv in die internationale Gemeinschaft einzubringen. Die damalige Außenpolitik schaffte es, Österreich für die Welt zu öffnen und die Bevölke­rung für globale Themen positiv zu sensibilisieren.

Darauf werden natürlich viele jetzt sagen, das ist alles ein Relikt der Vergangenheit und die heutigen Rahmenbedingungen haben sich geändert. Das sehe ich aber nicht so. Und wenn es so wäre, dann frage ich mich: Warum schaffen es kleinere Länder wie Norwegen und Finnland, nach wie vor sehr aktiv in der internationalen Mediation zu sein – Norwegen im Nahostkonflikt, Finnland im Kosovo –, während ich den Eindruck habe, dass wir schon lange den weltpolitischen Weitblick verloren haben? (Zwischen­rufe bei der ÖVP.)

Natürlich hat sich die Weltpolitik geändert. Natürlich ist die Globalisierung heute Reali­tät, so wie auch die Europäisierung, und es haben sich natürlich auch die Akzente ver­schoben. Aber das bedeutet keineswegs, dass der klassische außenpolitische Gegen­stand verloren gegangen ist. Ich finde, Österreich hat es in den letzten Jahren verab­säumt, sich neue politische Betätigungsfelder zu suchen. Stattdessen reduziert sich die österreichische Außenpolitik seit dem Beitritt zur Europäischen Union nur auf Interes­senwahrnehmung innerhalb der Europäischen Union und auf ein bisschen Nachbar­schaftspolitik und auf ein bisschen Westbalkan – also eben in den konzentrischen Krei­sen.

Aber die Konzentration, finde ich, birgt für die österreichische Außenpolitik eine große Gefahr, denn jetzt schon haben wir große Kompetenzkonflikte in EU-Agenden mit dem Bundeskanzleramt. Im Jahr 2008 stammten lediglich 14 Prozent aller mit EU-Koordi­nierungsaufgaben befassten Personen aus dem Außenministerium, und das bei einem Ministerium, das seine Existenzberechtigung aus der Europäischen Union herleitet. Wenn irgendwann einmal alle EU-Agenden im Bundeskanzleramt angesiedelt sein werden, wird man sich natürlich berechtigt die Frage nach der Existenzberechtigung des Au­ßenministeriums stellen. (Ironische Heiterkeit bei Bundesräten der ÖVP. – Bundesrat Per­hab: So etwas Präpotentes hab ich schon lange nicht mehr gehört!)

Ich finde auch, dass die Außenpolitik der letzten Jahrzehnte und die zunehmende Ab­wendung von einer globalen Politik auch in der Bevölkerung Spuren hinterlassen hat, nämlich: Internationale Politik wird zunehmend als Sicherheits- und Verteidigungspolitik gesehen, Entwicklungsländer werden zunehmend nur mit Migration und Flüchtlingen assoziiert. Das ist fatal, denn das Interesse an der Weltpolitik rückt damit in den Hinter­grund.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite