BundesratStenographisches Protokoll790. Sitzung / Seite 56

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13.26.09

Bundesrat Kurt Strohmayer-Dangl (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Das Bundesgesetz, das uns jetzt zur Beschlussfassung vorliegt, befasst sich mit der Einrichtung eines Fonds, mit dem die Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich gesichert werden soll. Es ist dies ein Fonds, in den der Bund 20 Jahre lang jährlich 1 Million € einzahlt, ein Beitrag in ungefähr gleicher Höhe wird von der Israelitischen Kultusgemeinde geleistet, und Drittmittel sind ebenfalls möglich. Im Endausbau soll dieser Fonds mit 40 Mil­lionen € dotiert sein, und diese 40 Millionen € sollen den Bedarf abdecken, um die ins­gesamt 63 in Österreich bestehenden jüdischen Friedhöfe instandsetzen zu können.

Die Grundlage für diesen Fonds ist die Unterzeichnung des Washingtoner Abkommens im Jahr 2001, in dem Österreich sich verpflichtet hat, für die Erhaltung der jüdischen Friedhöfe einen effizienten Beitrag zu leisten. Mit dem heutigen Beschluss setzen wir ein wichtiges Bekenntnis zur Erhaltung des kulturellen jüdischen Erbes. Jüdische Fried­höfe sind vor allem steinerne Zeugen einer vernichteten und untergegangenen Kultur und darüber hinaus auch unverzichtbare Quellen in der biographischen Forschung, vor allem im Hinblick darauf, dass viele Archive während des Zweiten Weltkrieges unwie­derbringlich verloren gegangen sind. Die Republik Österreich nimmt da­mit ihre Verant­wortung gegenüber den Opfern des Nationalsozialismus wahr.

Ich zitiere aus einem Informationsblatt der Israelitischen Kultusgemeinde die einleiten­den Worte betreffend Arbeiten auf jüdischen Friedhöfen:

Die Friedhöfe der Israelitischen Kultusgemeinde Wien dienen der Bestattung verstor­bener Juden auf immerwährende Zeit. Sie sind darüber hinaus Stätten des persönli­chen und religiösen Gedenkens, Orte der Ruhe und Besinnung und in ihrer Erschei­nungsform kulturelles Spiegelbild der Zeit der jüdischen Gesellschaft. Alle Sanierungs­arbeiten auf jüdischen Friedhöfen müssen mit der zuständigen Kultusgemeinde abge­sprochen werden.

Dann folgt eine taxative Aufzählung der Tätigkeiten, die im Zuge dieser Arbeiten durch­geführt werden dürfen, und eine Übersicht, welche Tätigkeiten nicht durchgeführt wer­den dürfen. Das alles ist für mich nachvollziehbar, es ist auch in Ordnung und zu ak­zeptieren. Da ich aber selbst Bürgermeister einer Gemeinde bin, in der ein jüdischer Friedhof angesiedelt ist, und ich mit der Israelitischen Kultusgemeinde gerade in Ver­handlungen stehe, möchte ich einige Dinge vorbringen, die auf jeden Fall noch zu über­denken sind.

Die Mittel des Fonds können für die Instandsetzung erst dann in Anspruch genommen werden, wenn mit der jeweiligen Standortgemeinde ein Übereinkommen betreffend Pfle­ge und Instandhaltung des jeweiligen Friedhofs, geltend auf 20 Jahre, abgeschlossen wird. Genau hier sind meiner Meinung nach noch Verbesserungen beziehungsweise nachträgliche Änderungen, in welcher Form auch immer, notwendig.

Wir Standortgemeinden – und ich spreche hier speziell für meine Gemeinde – sind uns natürlich der moralischen und politischen Verantwortung im Hinblick auf Pflege und Er­haltung jüdischer Friedhöfe bewusst. Es ist uns durchaus auch bewusst, dass dort jü­dische Familien aus unseren Gemeinden begraben sind, die keine Nachkommen mehr haben oder irgendwo in der Welt leben. Wir haben diese jüdischen Friedhöfe auch bis dato gepflegt und instandgehalten.

Ich möchte aber festhalten, dass die Pflege und Instandhaltung eines jüdischen Fried­hofes weder mit anderen Friedhöfen noch mit Kriegsdenkmälern oder Kriegsgräbern verglichen werden kann. Bei normalen Friedhöfen gibt es einen Betreiber und Gebüh­ren und bei Kriegsgräbern dementsprechende gesetzliche Regelungen, die eine finan­zielle Grundlage für die Instandhaltung und Pflege darstellen.

 


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