BundesratStenographisches Protokoll790. Sitzung / Seite 60

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13.41.22

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesrätinnen und Bundesräte! Liebe Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer! Ich möchte kurz auf den ersten Debattenbeitrag eingehen, weil wir einen wirklich sehr sorgfältigen Diskussionsprozess geführt haben. Im Regierungsabkommen Anfang Dezember 2008 wurden zwei Themen behandelt, die seit vielen Jahren hin- und hergeschoben wurden. Eines der beiden Themen betrifft die Ortstafeln in Kärnten, doch darüber spreche ich jetzt nicht. Das zweite Thema ist die Frage der Erfüllung des Washingtoner Abkommens, und im Speziellen natürlich die Thematik der Restaurie­rung und der Erhaltung der jüdischen Friedhöfe.

Es war ein Prozess. 2001 ist richtigerweise das Washingtoner Abkommen abgeschlos­sen worden – in Wahrnehmung der Verantwortung, die wir gegenüber den Nachkom­men, aber natürlich auch gegenüber den Überlebenden der Schoah gehabt haben. Dann hat dieser Prozess der Kompetenzstreitigkeiten begonnen: Sind die Länder, der Bund oder die Gemeinden zuständig?

Dann haben wir sozusagen im Stillen die Diskussion und die Gespräche begonnen – einerseits mit den Vertretern der Kultusgemeinde, aber genauso auch mit den Vertre­tern der Länder. Wir haben am 21. Dezember 2009 mit dem Herrn Präsidenten Muzi­cant gesprochen, mit dem Herrn Landeshauptmann Pröll, mit dem Herrn Landes­hauptmann Häupl, also den Landeshauptleuten jener beiden Länder, wo sich die meis­ten jüdischen Friedhöfe befinden. Wir waren natürlich auch im Gespräch mit dem Herrn Landeshauptmann Niessl, denn auch im Burgenland gibt es einige jüdische Friedhöfe. Es waren auch der Vizekanzler, der Bundeskanzler und ich dabei.

Wir haben uns dabei auf Basis eines Vorschlags, den wir zuerst mit der Kultusgemein­de erarbeitet und mit den verschiedenen Akteuren vorbesprochen haben, auf genau diesen Weg geeinigt: dass die Republik 20 Jahre hindurch wertgesichert eine Million € zur Verfügung stellt, und dass genauso viele Drittmittel, von der Kultusgemeinde oder Dritten, zur Verfügung gestellt werden.

Im Laufe des heurigen Jahres haben wir noch eine mehrwertsteuerrechtliche Frage diskutiert. Am 21. Dezember 2009, also vor ungefähr elf Monaten, haben wir dann ein Gespräch gehabt, dann gab es kurz vor Weihnachten des letzten Jahres diese Einigung.

Wir haben die Dinge mit dem Städtebund und dem Gemeindebund weiterbesprochen und versucht, eine Kompetenzstreitigkeit zu lösen, indem wir gesagt haben: Wir als Bund übernehmen die Wiederherstellung, also den großen Aufwand, das Wiederher­stellen dessen, was eben kaputt gemacht wurde – durch die Zeit, durch die Witterung und teilweise auch, das muss man bedauerlicherweise sagen, durch Vandalenakte: Geschichten wie die des jüdischen Friedhofs in Eisenstadt, wo von Vandalen Grabstei­ne umgeworfen wurden, sind ja bekannt.

Wir haben gesagt: Wir übernehmen die Last, wiederherzustellen, was einmal war, das Ganze zu restaurieren, das sind relativ aufwendige Kosten. Auf der anderen Seite übernimmt die Stadt Wien teilweise Kosten, etwa beim Währinger Friedhof; und die Gemeinden müssen sich verpflichten, dass auch sie sozusagen ihre Last tragen, näm­lich jene Last, bei der viele davon ausgegangen sind, dass sie überhaupt zu den Ge­meinden gehört.

Mit dieser Maßnahme haben wir also die Gemeinden entlastet. Ich bitte nur, das zu re­spektieren. Ich habe mich sehr gefreut, dass wir nach der Diskussion im Verfassungs­ausschuss des Nationalrates zu einem einstimmigen Beschluss im Nationalrat gekom­men sind. Im Sinne der Verantwortung und des Respekts gegenüber den Verstorbe­nen, aber natürlich auch den Überlebenden und den Nachkommen des jüdischen Vol-


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