BundesratStenographisches Protokoll790. Sitzung / Seite 62

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In 60,4 Prozent aller Beschwerden über Behörden veranlasste die Volksanwaltschaft eine detaillierte Überprüfung. In 4 084 Fällen ging es um Beschwerden, die zwar in die Aufgabenbereiche der Volksanwaltschaft fielen, wo aber von Anfang an kein Missstand festzustellen war.

Für viele Bürgerinnen und Bürger ist der Weg zur Volksanwaltschaft die einzige oder die letzte Möglichkeit, zu ihrem Recht zu kommen beziehungsweise Unterstützung in einem Verfahren zu erhalten. Sie wird im Osten Österreichs – Hauptaugenmerk auf Wien – von der Bevölkerung stärker in Anspruch genommen, weil hier die Volksanwalt­schaft sozusagen vor der Haustür ist. Je mehr man in den Westen kommt, desto mehr nimmt die Häufigkeit der Kontakte ab. Ob das von größerem Vertrauen der Menschen in die Arbeit der Behörden zeugt, wurde bisher nicht erforscht.

Dazu tragen natürlich auch die beiden Volksanwaltschaften, die in Tirol und Vorarlberg angesiedelt, aber unterschiedlich strukturiert sind, bei, allerdings handelt es sich dabei ausschließlich um den Prüfbereich der Landes- und Gemeindeverwaltung. Die Volks­anwaltschaft ist also eine Anlaufstelle für Menschen, die Sorgen haben und nicht zu ih­rem Recht kommen. Im Berichtsjahr ging es in knapp 4 500 Fällen um Fragen außer­halb des Prüfauftrages. Auch hier versuchte die Volksanwaltschaft, mit Auskunft, Rat und Tat zu helfen. Sie stellte den Kontakt mit den zuständigen Behörden her und skiz­zierte mögliche Lösungsansätze für die Betroffenen.

Die Volksanwaltschaft kontrolliert die gesamte öffentliche Verwaltung, also alle Behör­den, Ämter und Dienststellen, die mit dem Vollzug der Bundesgesetze beauftragt sind. Der Prüfauftrag reicht weit über die angeführten Bundesministerien hinaus und er­streckt sich von der Austro Control zum Beispiel über die Sozialversicherungsträger bis zum Bundesasylamt.

Im Jahr 2009 führte die Volksanwaltschaft insgesamt 3 775 Prüfverfahren in der Bun­desverwaltung durch. 2009 wurden außerdem 6 235 Prüfverfahren neu eingeleitet und 551 noch anhängige Verfahren aus den Vorjahren abgeschlossen. Insgesamt, auch das ist eine beachtliche Zahl, konnten im Berichtsjahr 6 761 Prüffälle erledigt werden – eine Diskussion über einen derartigen Bericht muss eben auch mit entsprechendem Zahlenmaterial geführt werden.

Für mich ist folgende Zahl ganz, ganz wichtig: Betroffene erfuhren im Schnitt innerhalb von 47 Tagen, ob in ihrem Fall ein Missstand in der Verwaltung vorlag. Ich denke, da können sich viele Behörden und Verwaltungseinrichtungen in Österreich eine dicke Scheibe abschneiden.

Die Bundesverfassung gibt der Volksanwaltschaft auch die Möglichkeit, amtswegige Prüfungen einzuleiten, wenn sie einen konkreten Verdacht bezüglich eines Missstan­des in der Verwaltung hat. Wie schon in den Vorjahren haben die Mitglieder der Volks­anwaltschaft von diesem Recht Gebrauch gemacht und leiteten 72 amtswegige Prüf­verfahren ein.

Es sei mir gestattet, aus diesem Bericht – mit etwa 424 Seiten, Einbände und Um­schläge abgezogen – nur einige wenige Bereiche herauszunehmen. Eine genauere Betrachtung würde wahrscheinlich zu einem neuen Rederekord im Bundesrat führen. Ein Bereich davon ist die Behindertenarbeit: Da wird vonseiten der Volksanwaltschaft immer wieder hervorragende Unterstützung angeboten, wie bei uns im Verfassungs­ausschuss von den Volksanwälten Dr. Brinek und Dr. Kostelka überzeugend darge­stellt wurde. Auch für die informativen Aussagen im Ausschuss einen herzlichen Dank!

Im Gegensatz zu anderen Bereichen wie etwa für Personen, die ein Gewerbe be­treiben, oder Arbeitnehmerinnen gibt es für Anliegen von behinderten Personen keine zentrale Anlaufstelle. Behinderte Menschen müssen zur Erlangung von Zuschüssen zu behindertengerechten Anschaffungen mit unterschiedlichen Stellen in Kontakt treten.


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