BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 59

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11.57.32

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher vor den Bildschirmen! Wir haben es hier mit drei sehr unterschiedlichen bilate­ralen und unilateralen Abkommen zu tun, denen wir in einzelnen Fällen mit Bauchweh unsere Zustimmung erteilen werden.

Warum mit Bauchweh? – Internationale Abkommen und insbesondere Handelsab­kommen beziehungsweise Abkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit machen mich immer hellhörig. Für mich stellen sich in erster Linie die Fragen: Wem nützen diese Abkommen? Tragen wir mit der Unterzeichnung von Abkommen mit anderen Ländern dazu bei, dass sich zum Beispiel lokale und regionale Wirtschaftskreisläufe entwickeln können, dass die Menschen, die sich jetzt ihren Lebensunterhalt mit nicht wünschenswerter Beschäftigung verdienen müssen, eine Alternative bekommen? Wer sind die Unterzeichner dieser Abkommen, und wer sind deren Hintermänner? Wie schauen die tatsächlichen demokratischen Gegebenheiten aus, und wie geht die Regie­rung mit der Pressefreiheit um? – Diese Fragen müssen wir uns immer stellen, auch wenn es sich um Länder handelt, die sich, wie auch in diesen Beispielen, einer westlich-demokratischen Kultur verpflichtet fühlen.

Daher fordern wir eine klare und zentrale Verankerung der ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit in allen Abkommen und natürlich auch die Einhaltung der Menschen­rechte. Es ist sicher richtig, organisierte Kriminalität mit Hilfe internationaler Abkommen zu bekämpfen. Zusammenarbeit der staatlichen Sicherheitsorgane über nationale Gren­zen hinweg ist ein Gebot der Stunde. Natürlich müssen wir mafiosen Strukturen Einhalt gebieten. Gleichzeitig halte ich es aber für mindestens so notwendig, auch an der Beseitigung der Ursachen, die zu organisierter Kriminalität führen, zu arbeiten. Und das ist nur dann möglich, wenn wir unter anderem auch in Bildung und Ausbildung investieren. Auch diese Segmente sind als Teil der Wirtschaftspolitik zu verstehen. Das sieht auch die österreichische Wirtschaftskammer so, die genau das mit ganzseitigen Inseraten in den Zeitungen verkünden lässt.

Und was für uns hier in Europa gilt, hat auch für die restliche Welt Gültigkeit. Die Frage, wer konkret von der wirtschaftlichen Zusammenarbeit profitiert, stellt sich für mich konkret auch in Südafrika, einem äußerst entwicklungsorientierten Land mit steigendem Energiebedarf. Ich meine, die Frage, wie denn die EU-Kooperation mit Südafrika konkret aussieht, ist hier nicht nur berechtigt, sondern auch für die EU und Österreich relevant. (Vizepräsident Mag. Himmer übernimmt den Vorsitz.)

Wie schaut die Energiepolitik in Südafrika denn konkret aus? – Wir haben hier ein Zu­kunftsszenario für 2030. Energie soll zur Hälfte aus Kohle und zu 13 Prozent aus Atomstrom gewonnen werden. Nur ebenso viel Anteil erhalten erneuerbare Energie­träger: nur 14 Prozent, und das im Jahre 2030. Diese Entwicklung ist weder gut für die Menschen in Südafrika, noch nützt sie der globalen Entwicklung im Sinne der Nach­haltigkeit. Und gerade für Österreich, insbesondere für Oberösterreich, das über ein hervor­ragendes Know-how im Bereich der alternativen Energieträger verfügt, ist das kein so tolles Szenario. Deshalb wären die Anpassungen im Energiebereich, die vertraglich im Punkt 4 gestreift werden, noch detaillierter und verbindlicher zu formu­lieren.

Aus all diesen Gründen haben wir „Bauchweh“, wenn wir es nicht schaffen, von den alten, problembelasteten Entwicklungspfaden abzuweichen, um mit einer klima- und umweltschonenden Energiegewinnung neue Wege zu beschreiten.

Erfolgreiche Außenpolitik hat immer viele Standbeine. Die wirtschaftliche Zusam­menarbeit ist nur eine Achse. Andere liegen im kulturellen Sektor, wie es im Falle des


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