BundesratStenographisches Protokoll803. Sitzung / Seite 58

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Negativ ist und bleibt aber trotzdem, auch wenn, wie heute Vormittag gesagt worden ist, die Zahl der überbetrieblich ausgebildeten Lehrlinge zurückgegangen ist, dass wir von 2010 auf 2011 einen Anstieg von plus 2 400 gehabt haben. Es ist ein Rückgang zwar erfreulich, aber trotzdem sind wir noch immer nicht am wünschenswerten Ziel an­gelangt, denn das sollte von Haus aus eine Übergangslösung sein.

Begonnen hat man damit 1998, als der damalige Bundeskanzler Klima gesagt hat: Es soll im Herbst kein Lehrling mehr auf der Straße stehen! – Das ist ja grundsätzlich et­was Unterstützenswertes, denn wir alle wollen nicht, dass Jugendliche ohne jede Pers­pektive einem Freizeitvergnügen nachgehen, das man von Fall zu Fall auch als etwas Zweifelhaftes bezeichnen kann. Also die Intention war ja durchaus eine gute. Aber wie es so oft in Österreich der Fall ist, wenn einmal eine Übergangslösung oder ein Provi­sorium eingeführt ist, führt das dann zu einem Dauerfall, für fast alle Ewigkeit. Und das ist unsere Kritik daran: dass es uns nicht gelingt, Lehrlinge in Lehrstellen zu vermitteln. Wir haben ja nach wie vor eine Lehrstellenlücke, nämlich eine Lücke zwischen jenen, die Lehrstellen anbieten, und jenen, die Lehrstellen suchen, wobei – und das muss man schon einschränkend sagen – es natürlich auf die Branchen ankommt.

Im Tourismus werden – das weiß ich – Lehrlinge gesucht. Technikerlehrlinge gibt es auch nicht allzu viele. Das liegt aber daran, dass es immer noch nicht gelungen ist, den Lehrlingen klarzumachen, dass es nicht nur vier Lehrberufe gibt – im Vordergrund für die Buben den Kfz-Mechaniker und den Bürohandelskaufmann und für die Mädchen die Bürohandelskauffrau und die Frisörin, die immer an Top-Stelle sind –, sondern zirka 300 Lehrberufe, aus denen man wählen könnte. – Das ist ein Grund dafür.

Und ein weiterer Grund dafür ist, dass wir auch mit der Qualifikation künftiger Lehrlinge ein veritables Problem haben. So beklagen die Unternehmer immer wieder die man­gelnden Deutschkenntnisse sowie die mangelnden Lese-, Schreib- und Rechenfähig­keiten der Lehrlinge. Aber sehr oft kommt auch zum Ausdruck, dass viele der jungen Leute, die sich um eine Lehrstelle bewerben, nicht einmal die Grundzüge des guten Be­nehmens beherrschen.

Das alles sind Gründe, die dagegen sprechen, einen Lehrling aufzunehmen. Infolge­dessen finden sie sich in einer überbetrieblichen Werkstätte wieder, wo man dann hofft, dass man ihnen diese Grundzüge endlich beibringen kann. Das ist, wie ich meine, falsch. Da müssen wir in der Schule schon ansetzen. Es muss einfach möglich sein, nach neun Jahren lesen, schreiben und rechnen zu können, und zwar in ausreichender Form, wo man nicht mehr darüber diskutieren muss, ob ein Lehrling einen Prozentsatz beziehungsweise einen Skonto ausrechnen kann oder nicht.

Ich muss hier auch sagen, dass es sehr schade ist, dass es den Blum-Bonus in der ur­sprünglichen Form nicht mehr gibt. Gesagt werden muss auch, dass es auch unter den Betrieben schwarze Schafe gibt, die sich schlicht und einfach die Ausbildung der Lehr­linge sparen wollen, die froh sind, dass der Staat das für sie macht beziehungsweise übernimmt, um dann den fertig ausgebildeten Arbeiter zu bekommen. Da müssen wir, wie ich meine, neue Ansätze finden, weiterdenken, das Ganze weiterentwickeln, damit Betriebe wieder bereit sind, Lehrlinge aufzunehmen. Das ist auch mit ein Grund für un­sere Sorge, dass mit den überbetrieblichen Lehrwerkstätten die duale Ausbildung ins Hintertreffen gerät, obwohl sie so gut ist.

Da wir uns auch dagegen ausgesprochen haben, dass bei den überbetrieblichen Aus­bildungsstätten Lehrlingsvertrauensleute installiert werden, werden wir dieser Vorlage nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

11.46


Vizepräsident Reinhard Todt: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Hunds­torfer. Ich erteile es ihm.

 


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