BundesratStenographisches Protokoll804. Sitzung / Seite 72

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12.17.34

Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Frau Abgeordnete Duzdar hat gemeint, dass die Justiz den Eindruck erwecke, dass mit zweierlei Maß gemessen wird. – Das weise ich für die Justiz wirklich auf das Schärfste zurück. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Mag. Duzdar: In der Bevölkerung!)

Vor den Staatsanwälten, vor dem Richter sind alle gleich, ohne Ansehung der Person, ohne Ansehung der politischen Stellung oder ihrer sonstigen Stellung. Es werden alle gleich behandelt. Aber man darf natürlich auch nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Das möchte ich schon auch festhalten.

Es gibt eben auch bei den Ermittlungsverfahren große Unterschiede. Es gibt Ermitt­lungsverfahren, die einfach einen höheren Ermittlungsaufwand haben, weil es kom­plexere Verfahren sind. Das sind gerade auch die von Ihnen angesprochenen großen Wirtschaftsstrafverfahren. Die sind sehr komplex geworden, vor allem auch durch die zunehmende Globalisierung in der Wirtschaft. Das spiegelt sich natürlich auch in diesen Verfahren wider. Wir haben da sehr oft internationale Verflechtungen. Diese bedingen Rechtshilfeersuchen, und das kostet natürlich auch Zeit. Das heißt, das muss man natürlich alles berücksichtigen.

Ich habe selbst bereits einige Staatsanwaltschaften besucht und konnte mir etwa bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt oder bei der Staatsanwaltschaft Wien die Akten­berge ansehen, die bei einzelnen Ermittlungsverfahren zu bewältigen sind.

Ein solches Ermittlungsverfahren in einem großen Wirtschaftsstrafverfahren hat einen Umfang, der natürlich mehr Zeit erfordert als andere Verfahren, die leichter aufzuklären sind, die leichter zu ermitteln sind. Ich glaube, man muss wirklich bei jedem Verfahren genau hinsehen, was die Gründe dafür sind, dass es lange dauert. Sind die Gründe dafür, dass zum Beispiel ein Rechtshilfeersuchen notwendig ist, sind die Gründe dafür zum Beispiel, dass ein Gutachten in Auftrag gegeben wurde und das länger dauert? – Das sind Gründe, die natürlich eine längere Dauer rechtfertigen können.

Nicht zu rechtfertigen ist es natürlich, wenn andere Gründe vorliegen, und das müssen wir uns immer genau ansehen. Aber von vornherein zu sagen, jedes lange dauernde Verfahren ist ein schlecht geführtes oder falsch geführtes Verfahren (Zwischenruf bei der SPÖ), das ist auch angesichts der sehr guten Arbeit, die in den Staatsanwalt­schaften geleistet wird, wirklich überzogen. Die Arbeit, die dort geleistet wird, ist Gott sei Dank eine sehr gute, aber, wie gesagt, es ist nicht immer einfach in diesen Fällen.

Gerade bei großen Wirtschaftsstrafverfahren kommt natürlich eines dazu: Bloße juristische Kompetenz reicht nicht bei der Bewältigung derartiger Fälle. Das heißt, wir brauchen da mehr wirtschaftliches Know-how. Das haben wir natürlich auch erkannt, dass da mehr wirtschaftliches Know-how notwendig ist.

Es macht keinen Sinn, dass wir alle unsere Staatsanwälte und Staatsanwältinnen zu echten Wirtschaftsexperten ausbilden, sondern sie sollen sehr gute Juristen sein – und das sind sie auch. Aber wir sind auch dazu übergegangen, ihnen Wirtschafts-Know-how zur Verfügung zu stellen, indem wir ihnen auch Wirtschaftsexperten zur Seite stellen, Wirtschaftsexperten, die sie dabei unterstützen, diese sehr komplexen Wirtschaftsfälle aufzuarbeiten. Denn eines ist klar: Eine juristische Beurteilung kann man erst dann vornehmen, wenn man auch den wirtschaftlichen Hintergrund versteht. Und das soll eben gemeinsam mit Wirtschaftsexperten bewältigt werden. Diese Wirtschaftsexperten, die wir den Staatsanwaltschaften zur Verfügung stellen, kommen etwa aus dem Bereich der Steuerberatung, der Wirtschaftsprüfung, des Controlling oder auch von der Oesterreichischen Nationalbank. Das soll natürlich auch helfen, diese Verfahren zu beschleunigen.

 


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