BundesratStenographisches Protokoll807. Sitzung / Seite 22

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

9.52.32

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte ZuhörerInnen aus der Steiermark, ein herzliches Willkommen! Auch an die Bürgermeister aus Oberösterreich ein herzliches Willkommen!

Das Thema unserer heutigen Aktuellen Stunde ist Wachstum und Innovation. Schauen wir uns diese Thematik etwas genauer an: Innerhalb des Euroraums gibt es große Pro­duktivitätsunterschiede. Diese entstehen durch Unterschiede des Klimas, der Frucht­barkeit des Bodens, der Verfügbarkeit von Süßwasser, der zu überwindenden Entfer­nungen, der natürlichen Hindernisse für den Transport, der Verfügbarkeit von Energie­quellen, des Ausbildungsstands der Erwerbstätigen sowie der heranwachsenden Ge­neration, welche europaweit – wie es Kollegin Mühlwerth schon angesprochen hat – im Schrumpfen begriffen ist.

Diese und weitere Faktoren bestimmen in einem hohen Maße den Erfolg oder den Misserfolg wirtschaftlicher Unternehmungen. Die bisherigen Wachstumsstrategien und Innovationskonzepte der EU haben die langfristigen Probleme wie Klimawandel und andere Umweltgefahren zumeist ausgeblendet. Durch die Zunahme der steigenden Ungleichheit in den eigenen Ländern und zwischen den EU-Ländern ist die Lage noch ernster geworden. In vielen EU-Ländern ist die Arbeitslosigkeit gestiegen, die Löhne wurden gedrückt und die Armut gesteigert.

Welche Lösungsvorschläge haben die politisch Verantwortlichen erarbeitet? – Noch mehr sparen. Es braucht kein ExpertInnenwissen, um zu erkennen, dass diese angeb­lichen Lösungsvorschläge den Weg in die Rezession ebnen, dieser Weg ist vorpro­grammiert und zeichnet sich bereits ab. Kollege Schennach hat das auch schon skiz­ziert.

An dieser Stelle möchte ich auch einige Zahlen aus den unterschiedlichen EU-Ländern erwähnen. Spanien hat – wie es Kollegin Mühlwerth schon angesprochen hat – mittler­weile 24 Prozent Arbeitslosigkeit. Jeder zweite Jugendliche ist arbeitslos. 1,6 Millionen Arbeitslose kriegen derzeit vom Staat keinen einzigen Cent. Etwa 1 Million Spanier können die Raten für ihre Wohnungskredite nicht mehr bezahlen. Voriges Jahr wurden deshalb täglich – täglich! – bis zu 170 Hausbesitzer von ihrer Bank vor die Tür gesetzt.

Zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit möchte der spanische Ministerpräsident Minijobs mit einem Lohn von 400 € im Monat einführen. Alle Ministerien wurden angehalten, 16,9 Prozent ihrer Budgets zu kürzen, die Förderungen für Museen, Theater und so weiter wurden auch zusammengestutzt

In Griechenland schaut es nicht sehr viel anders aus: Drei Mal wurden seit 2011 die Pensionen gekürzt, zuletzt um 30 Prozent. In manchen Städten sammeln die Bürger­meister mittlerweile Lebensmittelkonserven, um sie an die Hungernden zu verteilen. Der Mindestlohn, der vor der Krise 876 € betrug, liegt heute bei 586 €. Das Arbeitslo­sengeld sank von 461 € auf 322 € und wird nur mehr ein Jahr lang ausbezahlt. Bis 2015 möchte die Regierung 150 000 Beamte des Staatsapparates entlassen. In der Hauptstadt Athen leben heute – nach der Krise – um 20 Prozent mehr Obdachlose. Vor den zwei Krankenhäusern von „Ärzte ohne Grenzen“ in Athen, die eigentlich für il­legale Flüchtlinge gedacht waren und eröffnet wurden, stellen sich mittlerweile tagtäg­lich 1 500 Griechen an.

In Ungarn ist es zu Massenentlassungen von kritischen JournalistInnen gekommen, Gewerkschaften wurden weitgehend entmachtet, das Arbeitslosengeld wurde auf nur 90 Tage beschränkt – es gibt 270 € –, und der Kündigungsschutz wurde gelockert. Wer obdachlos ist, wird von Orbáns Regierung auch noch mit einer Strafe in der Höhe von 340 € „bedacht“. (Bundesrat Mag. Himmer: Deshalb machen wir ja jetzt was! Deshalb machen wir ja jetzt was! Das ist ja die Begründung!)

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite