jeder selber ausmalen, was passieren wird. Für mich wird heute die Umverteilung in Beton gegossen, und wir werden die Verlierer sein. Bitte denken Sie daran, wenn wir heute darüber abstimmen! Ich werde meinem Gewissen folgen und meine Zustimmung nicht erteilen. – Ich danke Ihnen aber trotzdem für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FPÖ.)
10.18
Präsident Georg Keuschnigg: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Schreuder. – Bitte.
10.18
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Es gibt so Momente in der politischen Zeit, in der politischen Arbeit, da hat man zwei Möglichkeiten, auf eine Herausforderung, die aktuell ansteht, zu reagieren. Man kann sich in die erste Reihe fußfrei hinsetzen, schimpfen und apokalyptische Bilder an die Wand malen, wie die FPÖ das macht, ohne selbst Konzepte zu liefern – ich habe von der FPÖ kein einziges Konzept gehört, wie sie mit der Finanzkrise in Europa umgehen möchte –, oder man krempelt die Ärmel hoch und übernimmt Verantwortung. Oder, um die Vizebürgermeisterin unserer schönen Bundeshauptstadt zu zitieren, frei zu zitieren, ich gebe es zu: Verantwortung übernehmen „ist nichts für Lulus“.
Dies hier zu sagen halte ich für wichtig, denn es hat sich in den letzten Monaten tatsächlich einiges in Europa verändert. Wir waren dem Taktstock von Sarkozy und Merkel ausgeliefert. Es gab tatsächlich kaum eine demokratische Umgangsweise mit der Krise, die wir in Europa derzeit erleben. Dann gab es eine Wahl in Frankreich, und jetzt sind wir in einem Moment, wo sich verschiedene politische Ideologien, Weltanschauungen treffen und miteinander um eine Lösung ringen. Die Grünen haben sich jetzt nicht gedrückt vor dieser Verantwortung, sondern haben verhandelt. Das unterscheidet uns ganz vehement von euch, Freiheitliche Partei. (Beifall bei den Grünen.)
Ist es eine leichte Entscheidung, hier dem ESM zuzustimmen? Nein, überhaupt nicht. Gibt es Grund zur Sorge? Ja. Aber ist es notwendig? Ja. Es ist ganz wichtig, das festzuhalten. Das Beispiel Griechenland ist ja heute schon sehr oft genannt worden – Kollege Zangerl ist gerade nicht mehr da. Unser Umgang mit Griechenland war ja das perfekte Beispiel dafür, wie es nicht passieren soll: aus wahltaktischen Gründen abwarten, so wie es in Deutschland passiert ist, und ganz lange nichts tun, so wie es passiert ist. Dann schlittern wir nämlich wirklich in eine veritable Krise. Es geht jetzt nicht darum, Griechenland hier zu bashen, sondern darum, zu überlegen, wie wir verhindern können, dass das in Zukunft noch einmal passiert.
Haben sich die Grünen bei den Verhandlungen komplett durchgesetzt? Nein. (Bundesrätin Mühlwerth: Es ist der falsche Weg!) Ich bin ja Wiener Grüner, und wer die Geschichte der Wiener Grünen kennt, weiß, dass wir vehemente Kämpfer für eine Vermögenssteuer sind; und ich hätte es jetzt hier beim Beschließen vom ESM natürlich gerne gehabt, dass wir auch Vermögen besteuern, um noch stärker diejenigen, die jahrelang profitiert haben, zur Kasse zu bitten, um einen Beitrag zu dieser Krise zu leisten. Ja, ich gebe zu, es schmerzt mich, dass ich jetzt zustimme und die Vermögenssteuer nicht dabei ist. Ich stimme trotzdem zu, weil ich nicht feig bin! (Beifall bei den Grünen sowie des Bundesrates Stadler.)
Wir hatten mehrere Probleme in dieser gesamten Krisenbewältigung, und auf die haben sich die Grünen in den Verhandlungen konzentriert. Da war einerseits das Demokratiedefizit. Das zweite Problem war: Wie können wir erreichen, dass Profiteure des bisherigen Systems auch ihren Beitrag zur Finanzierung leisten? Das dritte Problem war, dass sich natürlich die Frage stellt: Was ist denn nun eigentlich die Zukunft Europas?
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