BundesratStenographisches Protokoll811. Sitzung / Seite 33

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Auch die private Gläubigerbeteiligung beim ESM ist nicht zu unterschätzen, auch die wurde von uns hineinverhandelt. Ja, es ist ein Problem, wenn Defizite ausschließlich auf die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen zurückfallen, keine Frage. Deswegen ist es uns so wichtig gewesen, dass auch Gläubiger einen Beitrag dazu leisten.

Schließlich haben wir es geschafft – und das halte ich überhaupt für die wichtigste Be­teiligung, und das ist einzigartig in Europa –, dass das österreichische Parlament mit­beschließen wird, wohin Gelder fließen, wenn gerettet werden muss. Wenn die FPÖ in den letzten Wochen oder zumindest Tagen von der „Finanzdiktatur“ spricht, dann kann ich nur sagen: Was ihr vorschlagt, ist, nichts zu tun. Ich kenne jedenfalls kein einziges Konzept von euch, ich kenne nur Schimpfereien. Ich habe keine Ahnung, obwohl ich immer genau zuhöre. Ich möchte immer wissen: Was würde die Freiheitliche Partei, würde sie Europa oder zumindest Österreich regieren, tun? Nichts! Kein einziges Kon­zept, nur apokalyptisches Menetekel-an-die-Wand-Malen. Wir haben heute auch schon Orakel gehört. Die Freiheitliche Partei ist jetzt also scheinbar eine Partei voller Zu­kunftsforscherInnen, die wissen, was passieren wird, aber es gibt kein einziges Kon­zept.

Nichts zu tun würde eine Finanzdiktatur bedeuten. Nichts zu tun, nicht solidarisch zu handeln würde bedeuten, dass Länder der Eurozone und der Europäischen Union hilflos den Finanzmärkten ausgeliefert wären, weil sie wegen der hohen Zinsen auf den Finanzmärkten kein Kapital mehr aufnehmen könnten. Die Finanzdiktatur würde dann kommen, wenn wir so handeln würden, wie die Freiheitliche Partei das will, indem wir eben nichts tun.

Wir übernehmen Verantwortung, und das gerne. Fällt es uns leicht? Nein. Bin ich zu­frieden? Nein. Stimme ich zu? Ja, weil es notwendig ist und weil es ein erster Schritt ist, mit dem ganzen Bauchweh, das damit verknüpft ist, und ich habe damit kein Pro­blem. – Danke. (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

10.28


Präsident Georg Keuschnigg: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Brückl. – Bitte.

 


10.29.00

Bundesrat Hermann Brückl (FPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Das, was wir hier beschließen – beziehungsweise nicht wir, wir beschließen es nicht mit, ihr beschließt es! –, das, was hier heute beschlossen werden soll, Hohes Haus, ist die Aufgabe der Eigenständigkeit unseres Staates, der freiwillige Verzicht auf die Souveränität unserer Heimat, der Ver­lust der Freiheit, selbst zu entscheiden, was mit meinem Geld passiert und wohin es fließen soll! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Mag. Klug.)

Das ist so, wie wenn ich jemandem erlauben würde, dass er auf mein Bankkonto zu­greift, sich nimmt, was er braucht, und ich am Ende des Tages nicht mehr den Über­blick über meine Gelder habe – weil das Geld für die Miete fehlt, weil das Geld für die Kreditdarlehen fehlt, weil das Geld für die Lebensmittel und die Treibstoffe nicht da ist! (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)

Aber wenn der Regierung das Geld ausgeht, dann hat die SPÖ hervorragende Vor­schläge, wie ich dieser Tage in den Medien lese. Da steht dann, die SPÖ will neue Steuern. Beim Pflegegeld geht offensichtlich wieder das Geld aus, und dann steht in der Zeitung: „Pflegegeld: SPÖ und Länder drängen auf neue Steuer“. (Bundesrat Stad­ler: Vermögenssteuer!)

Da fordert man neue Steuern für das Inland, weil wir in der Heimat Probleme haben; aber gleichzeitig ist Geld da für den ESM, für die Banken und für die Pleite-Länder in Europa. Aber für die Menschen bei uns fehlt dieses Geld, ist es nicht da.

 


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