Ein paar Worte zum Bundesratsvorsitz. Ein halbes Jahr ist eine kurze Zeit. Heuer fällt aber – möglicherweise; wir werden sehen, wie die Geschichte spielt – in dieser Zeit die Entscheidung, ob es zu einer Verkleinerung von Nationalrat und Bundesrat kommt, sprich zu einer Verfassungsänderung. Wir werden diese Gelegenheit nicht vorbeigehen lassen, ohne nicht auch die inhaltliche Reform des Bundesrates zu betreiben.
In der Europapolitik ist die Reform des Bundesrates schon geschafft. Die Länderkammer hat in der Umsetzung des Vertrages von Lissabon in allen Fragen der Europäischen Union die vollen Rechte einer nationalen Parlamentskammer und hat zudem die Aufgabe übernommen, das „Scharnier“ der Bundesländer für die Initiativen in Richtung Europäische Union zu sein. Und wir üben diese Rechte intensiv aus. Da hat sich ein Quantensprung auch in der direkten, praktischen Zusammenarbeit des Bundesrates mit den Bundesländern ereignet, etwas, was vielen noch gar nicht richtig bewusst ist.
Ich war in der vergangenen Woche mit den Fraktionsobleuten unserer Parteien hier im Bundesrat in Berlin beim deutschen Bundesrat. Die deutschen Kolleginnen und Kollegen haben uns neben vielen interessanten Hintergründen über die Funktionsweise des Zusammenwirkens der deutschen Bundesländer mit dem Bund berichtet, dass die Materien in Bezug auf die Europäische Union schon fast 50 Prozent der Arbeit ausmachen. Europa ist gerade jetzt mehr denn je in Bewegung, und der Bundesrat kann da eine staatstragende Rolle als Europakammer der Gemeinden, der Regionen und der Bundesländer einnehmen.
Neben der Neuaufstellung in europäischen Angelegenheiten braucht es als Schritt zwei eine innerösterreichische Reform, und diese kann und wird nur gelingen, wenn es den Willen der Länder dazu gibt, sprich: eine klare Verhandlungsposition der Bundesländer. Ich werde die Gespräche mit den Landeshauptleuten und den Parteiobleuten der Bundesländer führen, damit dann, wenn es zu einer Verfassungsreform kommt, der Bundesrat mit dabei ist.
Inhaltlich werde ich dieses halbe Jahr dazu nützen, eine große und in dieser Schärfe und gesellschaftspolitischen Dimension neue Frage der österreichischen Politik zu thematisieren. Das ist die Frage, welche Antworten wir auf den globalen Trend der Verstädterung einerseits und der Abwanderung aus den Regionen andererseits geben – in der Bildungspolitik, auf den Arbeitsmärkten, bei der öffentlichen Mobilität, bei der Daseinsvorsorge.
Damit die Größenordnungen dieser Thematik allen bewusst sind: Die Statistik Austria prognostiziert, dass von den 107 politischen Bezirken Österreichs – ohne die Wiener Gemeindebezirke – im Jahr 2034 ein Drittel der Bezirke bei der erwerbstätigen Bevölkerung im Alter von 19 bis 64 Jahren ein Minus von zehn und mehr Prozent haben wird. Da sind die regionalen Ballungszentren eingerechnet. Das bedeutet, dass in den Tälern ein Minus von 20 Prozent und mehr zu verzeichnen sein wird.
Eine der Konsequenzen dieser Entwicklung ist, dass diese Regionen auch das Steuergeld verlieren, weil bei unserem Finanzausgleich die Bürger das auf sie entfallende Steuergeld quasi als Rucksack mitnehmen. Diese Regionen kommen in eine Negativspirale, und wir müssen uns damit befassen, wie wir politisch darauf reagieren, vor allem bezüglich dessen, wie wir für alle Bürger und Bürgerinnen eine gleichwertige Daseinsvorsorge, von der Kinderbetreuung bis zur Pflege, gewährleisten können.
Sehr geehrte Damen und Herren! Als Länderkammer sind wir wohl der am besten geeignete Partner, diese existenziellen Fragen der Regionen aufzuarbeiten und in die Gesamtpolitik einzubringen. Ich möchte dazu drei Veranstaltungen durchführen.
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