BundesratStenographisches Protokoll812. Sitzung / Seite 93

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Performance des Computers, und 60 Prozent des ganzen Handelsvolumens werden bereits im Hochfrequenzhandel ausgeführt. Das ist sicherlich nicht förderlich und beeinflusst die Kurse wesentlich mehr als Leerverkäufe, Swap oder andere Positionen, die du, Kollege Beer, hier genannt hast.

Zur Geschichte der Börse: Die gibt es schon sehr lange, aber 2 000 Jahre, glaube ich, noch nicht. Vielleicht weißt du ja mehr, aber die erste Börsenkrise war im 17 Jahr­hundert. Derivate tauchen noch später auf, die gibt es überhaupt erst seit Einführung der ganzen Futures Markets; seit 1985, 1990, also so lange ist das noch nicht her. Diese Futures Markets sind ausgeufert. Das hängt zusammen mit der Devisenfreigabe, ist ein EU-Produkt, mit der Niederlassungsfreiheit des Kapitals. Dadurch gibt es auch diesen Futures Market. Da ist es relativ leicht, gewisse Termingeschäfte zu tätigen, die ja gar nicht so sinnlos sind.

Wenn ich schon jetzt weiß, dass der Euro im Abwärtstrend ist, wenn ich schon jetzt weiß, hier hat sich eine Tendenz, ein Trend gebildet, werde ich den Euro nicht ewig behalten, sondern ich werde versuchen, den Euro jetzt, wo er noch etwas wert ist, zu verkaufen. Warte ich dann bis Dezember, bis der Euro irgendwann weiter herun­tergeht? Nein! Ich werde nicht warten, bis die Verluste realisiert sind, sondern ich werde versuchen, das jetzt klarzustellen und Gewinne oder zumindest ausgleichende Positionen mitzunehmen. Das ist Sinn und Zweck des Termingeschäfts.

Da hier kurz das Jahr 1929 in den USA erwähnt wurde: Der Grund, warum die Krise, die im Herbst 2008 begonnen hat, halbwegs glimpflich verlaufen ist, besteht darin, dass US-Notenbankpräsident Ben Bernanke seine Habilitation über die Great Depression – 1929 bis 1932 – geschrieben hat. Bernanke hat daher gewusst, dass damals das Geldvolumen nicht entsprochen hat, dass es deswegen damals eine Deflation von über 20 Prozent gegeben hat, dass es einfach einen Run zu den Banken gegeben hat, einen Run auf die Industrie, die einfach die Produkte nicht mehr anbieten konnte, weil kein Geld mehr da war. Deswegen gibt es ja jetzt diese Geldschwemme, die es damals nicht gegeben hat. Das ist der große Unterschied zwischen heute und damals.

Es gibt einen Grundsatz, ein Prinzip: Ein Derivat kann man nur dann kaufen, wenn man das Underlying kennt. Überspitzt gesagt: Wenn die europäischen Banken Produkte kaufen, die sie nicht kennen, ist nicht der Anbieter schuld, sondern eigentlich der Käufer, denn anbieten kann ich alles, ich muss aber nicht alles kaufen.

Wenn ich in Erinnerung rufen darf: Damals, im Frühjahr 2009, als Lehman Brothers definitiv in Konkurs gegangen ist und andere vor der Tür gestanden sind, war es die Fed, die US-Notenbank, die gesagt hat: Ihr Europäer könnt euch in New York finanzieren. Das ist der große Unterschied. Und bei dem gesamten Kapital, das Ben Bernanke zur Verfügung gestellt hat – vor zwei, drei Jahren ist es im Senat herausgekommen –, haben sich zu drei Viertel europäische Banken bedient.

Das heißt, diese ganzen toxischen Papiere haben lauter europäische Banken gehabt, die USA nicht mehr. Also ist jetzt der Anbieter oder ist der Käufer schuld? Und das ist auch ein Beispiel: Warum leiden die spanischen Banken so sehr darunter? Weil sich die spanischen Banken bis heute von diesen toxischen Papieren nicht bereinigt haben, bis heute haben sie das noch in ihren Büchern. Und da sehe ich überhaupt nicht ein, dass wir Österreicher und Österreicherinnen mit unseren Steuergeldern diese spanischen Banken unterstützten, die damals diese Papiere gekauft haben und sie bis heute nicht abgeschrieben haben, sie noch immer in ihren Büchern haben. (Bundesrat Mag. Klug: Das haben wir schon gehört!)

Die Staatsanleihen werden der Fokus der nächsten Jahre sein. Die Zinsen kann man manipulieren, die Inflation kann man falsch ausweisen, den Wechselkurs aber kann


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