BundesratStenographisches Protokoll812. Sitzung / Seite 98

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14.36.31

Bundesrat Franz Pirolt (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrter Herr Minister! Wenn wir dieses Thema heute aufbereiten, so sei vorweg gesagt, dass in diesem Bereich nicht alles schlecht ist, aber auch nicht alles besonders gut, und dass vor allem in Hinblick auf die Absicherung der einzelnen Betreuungs- und Pflegemodelle viel mehr zu tun ist.

Ein Indikator dafür, dass Pflege durchaus nicht schlecht ist, ist natürlich die Tatsache, dass wir älter werden. Dies ist jedoch nicht ausschließlich der ärztlichen Kunst und unserer Genetik zu verdanken, sondern wir werden vor allem deshalb älter, weil die Betreuung durchaus gut ist. Dennoch gibt es für mich ein paar Punkte, wo man, glaube ich, Überlegungen anzustellen hat, um die Betreuung und Pflege auch in Hinkunft sicherzustellen.

Erster Punkt muss wohl ein möglichst langer Verbleib in der häuslichen Umgebung sein. Dazu ist, glaube ich, die 24-Stunden-Betreuung – Betreuung und nicht Pflege, ich glaube, auch diesen Unterschied muss man definieren – ein geeigneter Weg, die Men­schen zu Hause zu belassen. Aber wir werden mit der 24-Stunden-Pflege die Absicherung auf Dauer nicht erreichen können. Das wird nämlich einerseits von der Leistbarkeit her schwierig sein. Ich sehe da durchaus ein Missverhältnis im Bereich der sozialen Staffelung im Hinblick auf die Leistung.

Andererseits schauen die zertifizierten Betreiber mit Argusaugen auf die 24-Stunden-Betreuung, weil bezüglich Nachvollziehbarkeit, Schulungen und so weiter Ungleich­gewicht herrscht.

Wir werden vor allem darauf schauen müssen, dass wir in diesem Bereich noch einen guten Mix zustande bringen – nämlich zwischen mobiler Betreuung, häuslicher Betreu­ung, stationärer und teilstationärer Betreuung – und eben verstärktes Augenmerk in diese Richtung legen.

Das Weitere betrifft nicht ausschließlich die 24-Stunden-Betreuung: die soziale Staffelung oder die Leistbarkeit. Wenn ich jetzt auf Kärnten schaue, wo man den Pflegeregress eingeführt hat – auch die Steiermark hat diesen –, so muss ich sagen, dieser Pflegeregress ist zumutbar; denn wenn man Menschen in der häuslichen Betreu­ung hat, hat man auf vieles zu verzichten, der finanzielle Radius und der Aktionsradius sind eingeschränkt, aber auch der mobile Aktionsradius für die pflegen­den Angehörigen ist massiv eingeschränkt.

 Der dritte Punkt: Die größte „Pflegeeinrichtung“ Österreichs überhaupt sind die Familien, die den bei Weitem größten Teil dieser Arbeit leisten. Und darauf, glaube ich, müsste der massivste Schwerpunkt überhaupt liegen, dass man diese pflegenden Angehörigen besserstellt in steuerrechtlicher Hinsicht und auch, was die AMS-Betreuung anlangt, das heißt, dass man beim Wiedereinstieg in den Beruf mehr Mittel in die Hand nimmt.

Und wo aus meiner Sicht auch noch zu wenig geschieht, das ist bei der Schulung. Pflegende Angehörige haben „Learning by doing“ erlebt, egal in welcher Zeit, und das wird in Schulungen überhaupt nicht anerkennt. Ich denke, das wäre auch ein Schritt, um vor allem Frauen wieder in ein Arbeitsverhältnis zu bringen, die sich vorher zuguns­ten der Familie dafür entschieden haben, zu Hause auf die Angehörigen zu schauen.

Ich glaube, damit könnte man dem Anspruch familiengerechter sozialer Leistungen gerecht werden. Es besteht sicherlich noch viel Betreuungsbedarf, und auch deshalb, weil man das Ganze nicht nur mit Blick auf die 24-Stunden-Betreuung sehen soll, werden wir diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

14.41

 


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